Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.12.2014, Az. 15 W (pat) 14/07

15. Senat | REWIS RS 2014, 464

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Isoxadifen II" – Erteilungsverfahren eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel – die Wirkungsentfaltung eines für den Gebrauch in einer Pflanzenschutzmittelzubereitung zugelassenen Stoffs ist anhand einer objektiv wissenschaftlichen Bewertung zu bestimmen - Auslegung der Begriffe 'Wirkstoff' und 'Erzeugnis'


Leitsatz

Isoxadifen II

1. Ob ein für den Gebrauch in einer Pflanzenschutzmittelzubereitung zugelassener Stoff eine eigene toxische, phytotoxische oder pflanzenschützende Wirkung entfaltet, ist anhand einer objektiv wissenschaftlichen Bewertung zu bestimmen. Auf eine von der Zulassungsbehörde vorgenommene – ggf. wechselnde und nur vorübergehende – rein verwaltungstechnische Einordnung eines Bestandteils einer Pflanzenschutzmittelzubereitung, hier eines Safeners, als Wirkstoff oder als Beistoff kommt es im Erteilungsverfahren eines ergänzenden Schutzzertifikats insoweit nicht an.

2. Entfaltet ein in einer Pflanzenschutzmittelzubereitung zugelassener Stoff (hier: Isoxadifenethyl) eine eigene, unmittelbar pflanzenschützende Wirkung, die zwar nicht in der Hemmung eines Schadorganismus besteht, jedoch den Schutz der Nutzpflanze vor einem Herbizid bewirkt, indem die toxische Wirkung des Herbizids auf die Nutzpflanze herabgesetzt wird (Herbizid-Antidot, Safener), so handelt es sich um einen „Wirkstoff“ i.S.d. Art. 1 Nr. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel und damit um ein „Erzeugnis“ gemäß Art. 1 Nr. 8 und Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Schutzzertifikatsanmeldung 103 99 028.3

für das Grundpatent [X.] 594 09 995 (EP 0 719 261)

hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 10. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.], Kätker und Dr. Lange

beschlossen:

[X.] Der Beschluss der [X.] 1.44 des [X.] vom 12. März 2007 wird aufgehoben.

I[X.] Der Antragstellerin wird ein ergänzendes Schutzzertifikat für Pflanzenschutzmittel für das Erzeugnis „Isoxadifen und dessen Salze und [X.]“ mit einer Laufzeit vom 9. September 2014 bis 10. April 2016 erteilt.

Tatbestand

I.

1

Sachverhalt

2

Die Beschwerdeführerin beantragt die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel für das Erzeugnis "[X.] und dessen Salze und [X.]".

3

Sie ist Inhaberin des am 8. September 1994 angemeldeten und auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents EP 0 719 261 [X.], [X.]. [X.] 594 09 995.1 (Grundpatent) mit der Bezeichnung "[X.], Verfahren zu deren Herstellung, diese enthaltende Mittel und deren Verwendung als [X.]".

4

Die von dem Grundpatent geschützten Wirkstoffe 4,5-Dihydro-5,5-diphenyl-3-isoxazol-carbonsäure ([X.]) und 4,5-Dihydro-5,5-diphenyl-3-isoxazol-carbonsäureethylester ([X.]-ethyl) werden Pflanzenschutzmitteln beigefügt, um die Toleranz von Nutzpflanzen  gegenüber Herbiziden zu erhöhen, ohne die Wirkung der Herbizide auf Unkräuter zu beeinträchtigen.

Abbildung

5

2CH3)

6

Die pflanzenphysiologische Wirkung von [X.] und dessen [X.] lässt sich durch die Fachbegriffe „herbicide [X.]“, kurz „[X.]“, und „herbicide antidot“ bezeichnen.

7

Den am 10. Juli 2003 beim [X.] eingegangenen Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel , der [X.] und dessen Salze und [X.] als Erzeugnis bezeichnet und für den das Aktenzeichen 103 99 028.3 vergeben wurde, stützte die Anmelderin auf die am 21. März 2003 vom [X.] in [X.] ([X.]) für das Inverkehrbringen des Pflanzenschutzmittels [X.]® erteilte vorläufige Zulassung nach § 15c des [X.] Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG a. F. gültig bis zum 13. Februar 2012). In dieser Genehmigung mit der Zulassungsnummer 5045-00 sind als Wirkstoffe Foramsulfuron, [X.] (als [X.] = [X.]-ethyl) und Iodosulfuron von [X.] genannt, [X.]-ethyl mit dem in Klammern gesetzten Zusatz „[X.]“. Die Anmelderin gab als erste Genehmigung in der [X.] die am 10. April 2001 in [X.] für das Pflanzenschutzmittel [X.] erteilte Zulassung an. [X.] enthält nach der [X.] Produktbeschreibung Fenoxaprop-p-ethyl und [X.]-ethyl.

8

Das [X.] hat mit Bescheid vom 17. Januar 2006 die vorläufige Genehmigung von [X.]® bis zum 30. Juni 2006 verlängert. In diesem Bescheid ist [X.] als Wirkstoff mit dem Zusatz in Klammern "[X.]" aufgeführt. In der anschließenden endgültigen Zulassung des [X.] von [X.]® vom 12. Juni 2006 mit der Zulassungsnummer 5045-00 - sie wurde von der Antragstellerin im Jahr 2009 zurückgezogen - und der für 10 Jahre erteilten, sogenannten endgültigen Zulassung vom 19. Dezember 2007 mit der Zulassungsnummer 6169-00 ist [X.] bzw. [X.]-ethyl bei den Wirkstoffen nicht mehr aufgeführt.

9

Das [X.] hat den Antrag auf Erteilung des Schutzzertifikats mit Beschluss vom 12. März 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, eine vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG reiche ® für die Erteilung eines Zertifikats nicht aus. Auch richte sich der Antrag lediglich auf einen Wirkstoff, genehmigt sei aber eine Wirkstoffkombination. Im Übrigen könne die [X.] Genehmigung nicht als erste Genehmigung in der [X.] herangezogen werden, da sie für eine andere Wirkstoffkombination erteilt worden sei.

Gegen die Zurückweisung hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie weist darauf hin, dass in der Zwischenzeit mehrere Entscheidungen des [X.] ergangen seien, die eine Aufrechterhaltung der Zurückweisungsgründe nicht mehr rechtfertigten.

Diese Ausführungen hat der Senat des [X.] in einem rechtlichen Hinweis vom 2. Mai 2012 bestätigt, jedoch darauf hingewiesen, dass Zweifel bestünden, ob es sich bei [X.], einem [X.], tatsächlich um einen Wirkstoff im Sinne der Zertifikatsverordnung für Pflanzenschutzmittel Nr. 1610/96 handle. Denn in der Verordnung ([X.]) Nr. 1107/2009 des [X.] und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der [X.]/[X.] und 91/414/[X.] des Rates werde zwischen Wirkstoffen, [X.]n und Synergisten unterschieden.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2012 (an [X.] Statt zugestellt am 6. Dezember 2012)hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem [X.] zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 und des Art. 1 Nr. 8 und Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 1610/96 des [X.] und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„Sind die Begriffe Erzeugnis in Art. 3 Abs. 1, Art. 1 Nr. 8 und Wirkstoff in Art. 1 Nr. 3 dieser Verordnung dahin auszulegen, dass auch ein [X.] darunter fällt ?“

Hierauf hat der [X.] in der Rechtssache [X.]/13 mit Urteil vom 19. Juni 2014 für Recht erkannt:

Der Begriff „Erzeugnis“ in Art. 1 Nr. 8 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 1610/96 des [X.] und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel und der Begriff „Wirkstoffe“ in Art. 1 Nr. 3 dieser Verordnung sind dahin auszulegen, dass ein Stoff, der für einen Gebrauch als [X.] bestimmt ist, unter diese Begriffe fallen kann, wenn er eine eigene toxische, phytotoxische oder pflanzenschützende Wirkung entfaltet.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Gründe

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73 [X.] § 16a Abs. 2 [X.]). Sie hat auch Erfolg.

Die in Anspruch genommene vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG ist eine Genehmigung im Sinne von Art. 3 Abs. 1b, das im Antrag bezeichnete Erzeugnis ist ein Wirkstoff im Sinne von Art. 1 Nr. 3b [X.] Art. 1 Nr. 8 und Nr. 1b und genügt auch als Teil der genehmigten Wirkstoffkombination dem Art. 1 Nr. 8, jeweils der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel.

Die [X.] Genehmigung, die dieses Erzeugnis enthält, kann als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der [X.] und damit zur Berechnung der Laufzeit des Schutzzertifikats herangezogen werden.

Auch die übrigen Bedingungen der Verordnung Nr. 1610/96 für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats sind erfüllt.

1. Nach Maßgabe des Urteils des Europäischen Gerichtshofs [X.]/13 vom 19. Juni 2014 ist das in der hier maßgeblichen Zulassung 5045-00 vom 21. März 2003 als Wirkstoff mit dem Zusatz „[X.]“ gekennzeichnete [X.] auch ein Wirkstoff i. S. d. Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel.

a) Auf den Vorlagebeschluss des 15. Senats vom 6. Dezember 2012 hat der Europäische Gerichtshof in dem Urteil [X.]/13 vom 19. Juni 2014 entschieden, dass der Begriff „Erzeugnis“ in Art. 1 Nr. 8 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1610/96 und der Begriff „Wirkstoffe“ in Art. 1 Nr. 3 dieser Verordnung dahin auszulegen sind, dass ein Stoff, der für den Gebrauch als [X.] bestimmt ist, dann unter diese Begriffe fallen kann, wenn er eine eigene Wirkung in toxischer, phytotoxischer oder pflanzenschützender Hinsicht entfaltet.

Der [X.] hat in dem Urteil [X.]/13 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Einordnung von in den Zulassungen (unter anderem) auch als [X.] ausgewiesenen Stoffen, unter Beachtung der Verordnung Nr. 1610/96, nach einer ihnen eigenen toxischen, phytotoxischen oder pflanzenschützenden Wirkung vorzunehmen ist.

In Art. 1 der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel werden die Begriffe „Wirkstoff“ und „[X.]“ im Zusammenhang mit dem Begriff „Erzeugnis“ definiert.

Nach Art. 1 Nr. 1 sind Pflanzenschutzmittel Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten…, und die dazu bestimmt sind,

- Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen, insoweit diese Stoffe oder Zubereitungen im folgenden nicht anders definiert werden,

- die Lebensvorgänge von Pflanzen in einer anderen Weise als ein Nährstoff zu beeinflussen, z.B. Wachstumsregler,

- Pflanzenerzeugnisse zu konservieren…,

- unerwünschte Pflanzen zu vernichten, oder

- Pflanzenteile zu vernichten, ein unerwünschtes Wachstum von Pflanzen zu hemmen oder einem solchen Wachstum vorzubeugen.

Nach Art. 1 Nr. 3 sind Wirkstoffe Stoffe und Mikroorganismen, einschließlich [X.], mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung

- gegen Schadorganismen,

- auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.

Nach Art. 1 Nr. 8 ist ein Erzeugnis der Wirkstoff im Sinne von Nr. 3 oder die [X.] eines Pflanzenschutzmittels.

b) Die Definitionen eines Pflanzenschutzmittel, eines Wirkstoffs und einer [X.] sowie eines Erzeugnisses in Artikel 1 der Verordnung 1610/96 stehen einer Einordnung von [X.] bzw. von [X.] als Wirkstoffe i. S. d. Verordnung nicht entgegen. Denn [X.] bzw. [X.] beeinflussen in ihrer Eigenschaft als Herbizid-Antidot die Lebensvorgänge von Pflanzen in einer anderen Weise als ein Nährstoff, so dass sie zweifelsfrei unter die betreffende Alternative der Definitionen eines Pflanzenschutzmittels bzw. eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs (Art. 1 Nr. 1b) und als Wirkstoffe mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung auf Pflanzen (Art. 1 Nr. 3b) bzw. betreffende Erzeugnisse (Art. 1 Nr. 8) einzuordnen sind.

Die Eigenschaft bzw. die Funktion von [X.] als Wirkstoff bzw. als Wirkstoff in einer Wirkstoffkombination geht bereits aus dem Grundpatent hervor (vgl EP 0 719 261 [X.] [0001] bis [0003] [X.] [0008], [0034], [0035] sowie [0056]). Demnach ist [X.] ein Herbizid-Antidot.  Ein Antidot ist ein Gegenmittel bzw. Gegengift, dessen Wirkung auf verschiedenen physiologischen Effekten beruhen kann. Insoweit als das Antidot die toxische Wirkung eines Gifts, hier eines herbiziden Wirkstoffs, durch eine eigene Wirkung auf den Stoffwechsel der  Nutzpflanzen herabsetzt, weist [X.] als solches eine eigene pflanzenschützende Wirkung auf und erfüllt damit die Voraussetzungen, unter denen nach den Vorgaben des [X.] ein safener unter die Begriffe „Erzeugnis“ und „Wirkstoff“ fällt.

Eine detaillierte Darstellung biochemischer und physiologischer Mechanismen der Wirkung von [X.]n ist der Fachliteratur zu entnehmen.

Wie von der Beschwerdeführerin im Verlauf des vorliegenden Beschwerdeverfahrens zutreffend dargelegt, entfalten die meisten [X.] ihre Wirkung über eine Erhöhung der Aktivität von Enzymen, beispielsweise [X.] und [X.], welche die Herbicide deaktivieren (vgl. [X.] v. 29. Juni 2012 [X.] Anlage 9), und damit durch eine eigene, direkte Wirkung auf den Stoffwechsel der zu schützenden Nutzpflanze. Der Senat hat sich durch Einsicht in die Fachliteratur davon überzeugen können, dass auch [X.] seine pflanzenschützende Wirkung durch unmittelbare Beeinflussung des Stoffwechsels der betreffenden Nutzpflanzen entfaltet (vgl. [X.], [X.] (2011) 1970 bis 1985).

[X.] bzw. [X.] hat damit eine eigene, unmittelbar pflanzenschützende Wirkung. Die Verordnung unterscheidet dabei nicht, ob die pflanzenschützende Wirkung in einer Hemmung eines Schadorganismus oder in dem Schutz der Nutzpflanze vor einem Herbizid besteht.

Die Vorgaben des [X.] in seiner Antwort in dem Urteil [X.]/13 auf die Vorlagefrage sind deshalb für [X.] bzw. [X.] vollständig erfüllt.

c) Die Beschwerdeführerin hat im Übrigen ausführlich dargelegt, dass sich an dem sachlichen Prüfungsumfang für die Zulassung von [X.]n auch nach deren Herausnahme aus der Gruppe der Wirkstoffe im nationalen Zulassungsverfahren und dem damit verbundenen, rein formalen [X.] nichts geändert hat (vgl. [X.] v 24. August 2012, Anlagen, i. V.m. endgültige Zulassungen Nr. 5045-00 vom 12. Juni 2006 sowie Nr. 6169-00 vom 19. Dezember 2007). Auch deshalb kann im Hinblick auf die Erwägungsgründe der Verordnung Nr. 1610/96 ein nunmehr als [X.] kategorisierter Wirkstoff wegen des für eine erfolgreiche Zulassung unverändert gleich gebliebenen hohen Forschungs-, Entwicklungs- und Prüfungsaufwand nicht von einem erweiterten Schutz durch ein ergänzendes Schutzzertifikat ausgeschlossen werden.

Die nach dem nationalen Zulassungsverfahren vorzunehmende, gegebenenfalls wechselnde und nur vorübergehende, rein verwaltungstechnische Einordnung von [X.] als Wirkstoff oder als Beistoff muss nach der Entscheidung des [X.] [X.]/13 gegenüber einer objektiv wissenschaftlichen Bewertung in den Hintergrund treten. Ohne Belang für die vorliegende Entscheidung ist deshalb auch, ob die spätere Kategorisierung von Safernern als Beistoffe durch das [X.] konform mit der Verordnung Nr. 1107/2009 ist oder zu der darin enthaltenen Definition von Beistoffen im Widerspruch steht.

2. Die in dem angefochtenen Beschluss des [X.] ausgeführten Gründe für die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel greifen nicht.

Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel wird das Zertifikat erteilt, wenn zum Zeitpunkt der Anmeldung das Erzeugnis durch ein in [X.] befindliches Grundpatent geschützt ist (Art. 3 Abs. 1a), für das Erzeugnis als Pflanzenschutzmittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 4 der [X.][X.] oder einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift (hier § 15c PflSchG) erteilt wurde (Art. 3 Abs. 1b), bei der es sich um die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel im Antragsland handeln muss (Art. 3 Abs. 1d), und für das Erzeugnis noch kein Zertifikat im Antragsland erteilt worden ist (Art. 3 Abs. 1c).

a) Die in Anspruch genommene vorläufige Zulassung nach § 15c PflSchG mit der Zulassungsnummer 5045-00 ist eine Zulassung i. S. d. Art. 3 Abs. 1b der Verordnung Nr. 1610/96 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (vgl. [X.] GRUR 2011, 213 – [X.]/Bayer).

b) Soweit der Antrag auf Erteilung eines Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel auf [X.], dessen Salze und [X.] und damit lediglich auf einen (Mono)Wirkstoff als Erzeugnis gerichtet ist, der Gegenstand der vorläufigen Zulassung nach § 15c PflSchG mit der Zulassungsnummer 5045-00 jedoch eine [X.] aus den Wirkstoffen Foramsulfuron, [X.] und Iodosulfuron ist, steht dem die betreffende Schutzzertifikatsverordnung nicht entgegen. Denn gemäß Entscheidungen des [X.] ist Art. 3 Abs. 1b dahin auszulegen, dass es den Behörden nicht verwehrt ist, ein ergänzendes Schutzzertifikat für einen in den Ansprüchen des Grundpatents genannten Wirkstoffs zu erteilen, wenn das Arzneimittel, dessen Genehmigung zugrunde gelegt wird, nicht nur diesen Wirkstoff, sondern auch weitere Wirkstoffe enthält (vgl. [X.] C-422/10 vom 24. November 2011 – [X.]; [X.]/10 vom 25. November 2011 – Queensland).

c) Dass die im Antrag als erste Genehmigung in der [X.] bezeichnete [X.] Genehmigung für eine andere Wirkstoffkombination erteilt worden ist als die [X.] Genehmigung, steht ihrer Heranziehung zur Laufzeitberechnung aus den vorstehend unter 2b) ausgeführten Gründen nicht entgegen.

Da es sich bei der für fünf Jahre erteilten [X.]n Genehmigung nicht um eine vorläufige Genehmigung handelt, ist sie gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 1610/96 zur Berechnung der Laufzeit des vorliegend beantragten ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel heranzuziehen.

d) Auch die übrigen Bedingungen und Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Schutzzertifikats sind erfüllt.

Das Erzeugnis, für das das Zertifikat erteilt wird, fällt unter den Schutz des Grundpatents (Art. 3 Abs. 1a; EP 0 719 261 [X.] Anspr 1 [X.] S. 14 bis 15 Herstellungsbeispiele 1, 6 und 18).

Der Antrag auf Erteilung eines Schutzzertifikats wurde innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach der gültigen Genehmigung eingereicht (Art. 7 Abs. 1). Das Grundpatent war zum Zeitpunkt der Antragsstellung in [X.] (Art. 3 Abs. 1a) und für das Erzeugnis war zuvor noch kein Zertifikat erteilt worden (Art. 3 Abs. 1c). Die Zulassung ist im [X.] die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Pflanzenschutzmittel.

3. Die Laufzeitberechnung ergibt sich aus Art. 13 der Verordnung 1610/96 und gibt für das hier zu erteilende ergänzende Schutzzertifikat eine ergänzende Schutzdauer von 1 Jahr, 7 Monaten und 2 Tagen.

Demnach beginnt die Laufzeit am 9. September 2014 und endet mit Ablauf des 10. April 2016.

Meta

15 W (pat) 14/07

10.12.2014

Bundespatentgericht 15. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.12.2014, Az. 15 W (pat) 14/07 (REWIS RS 2014, 464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 464

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