Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.07.2023, Az. V R 13/21

5. Senat | REWIS RS 2023, 6027

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Gegenstand

Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug


Leitsatz

Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm daher kein Abzugsrecht zu.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 18.12.2020 - 5 K 175/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist die Berechtigung der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die von ihr als indirekte Zollvertreterin geschuldete Einfuhrumsatzsteuer ([X.]St) als Vorsteuer abzuziehen.

2

Die Klägerin, eine GmbH, meldete am 07.02.2018 beim Hauptzollamt ([X.] X als indirekte Zollvertreterin gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Alternative 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 952/2013 des [X.] und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union [X.] ([X.] --ABl[X.]-- 2013, Nr. L 269, 1) für die in der [X.] ansässige L Elektronikartikel zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Das [X.] überließ die Ware antragsgemäß und setzte gegenüber der Klägerin --als Gesamtschuldnerin mit L-- [X.]St in Höhe von 227,81 € fest. Da die Ware nicht bei der in der [X.] ([X.]) ansässigen Empfängerin ankam, verzichtete die Klägerin darauf, das für die Abgabe der Zollanmeldung mit L vereinbarte Entgelt einzufordern.

3

Die Klägerin machte die [X.]St in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2018 als Vorsteuer geltend. Der Einspruch gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs durch den Vorauszahlungsbescheid des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) vom 22.08.2018 hatte keinen Erfolg.

4

Die auf Änderung des zwischenzeitlich erlassenen [X.] 2018 vom 24.06.2020 gerichtete Klage wies das Finanzgericht ([X.]) ab. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) seien nicht erfüllt, da die [X.]St kein Kostenelement eines Ausgangsumsatzes der Klägerin geworden sei, nachdem die Klägerin auf eine Vergütung ihrer Dienstleistung verzichtet habe. Als Bestandteil ihrer Gemeinkosten sei die [X.]St ebenfalls nicht abzugsfähig, weil der L durch die Dienstleistung der Klägerin entstandene Vorteil nicht nur nebensächlich sei. Der [X.] werde auf andere Weise als durch die Gewährung des Vorsteuerabzugs für die Klägerin gewährleistet.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) reiche die Stellung als Steuerschuldner beziehungsweise Importeur aus, um zum Vorsteuerabzug der [X.]St berechtigt zu sein. Dies ergebe sich aus dem Beschluss des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) Weindel Logistik Service vom 08.10.2020 - [X.]/19 ([X.]:[X.]), der die im [X.]-Urteil [X.] vom 25.06.2015 - [X.]/14 ([X.]:C:2015:421) niedergelegten Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs für die [X.]St erweitert habe, wobei dieser implizit an die [X.]-Urteile Kommission/Vereinigtes Königreich vom 09.02.2006 - [X.]/03 ([X.]:[X.]) und [X.] vom 29.03.2012 - [X.]/10 ([X.]:[X.]) anknüpfe.

6

Die für den Vorsteuerabzug der Umsatzsteuer entwickelte Leistungs- und Kostenformel passe nicht für die [X.]St, weil diese unter anderen Bedingungen entstehe als die Umsatzsteuer; insbesondere spiele die Verfügungsmacht keine Rolle. Außerdem sei bei der [X.]St Steuerschuldner und Abzugsberechtigter dieselbe Person. Da die Verfügungsmacht für die Entstehung der [X.]St irrelevant sei, verstoße es auch gegen Art. 167 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wenn diese zur Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gemacht werde. Dasselbe gelte für den Wert der beförderten Ware, der lediglich eine Bemessungsgrundlage sei. Das [X.]-Urteil verstoße schließlich gegen den [X.], weil dem indirekten [X.] für die [X.]St versagt werde, obwohl die [X.]St im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit entstehe. Die Klägerin dürfe nicht auf ihren zivilrechtlichen Anspruch gegen ihre Auftraggeberin verwiesen werden. Von dieser könne man nicht verlangen, sich in [X.] umsatzsteuerrechtlich registrieren zu lassen.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2018 in der Fassung des Bescheids vom 24.06.2020 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 227,81 € herabgesetzt wird.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe

[X.]

9

Der [X.] entscheidet in der geschäftsplanmäßigen Besetzung ohne den gemäß § 51 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) i.V.m. § 41 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO) [X.] am [X.] mit dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] für dessen Vertretung zuständigen Richter am [X.] B.

Nach § 51 Abs. 1 [X.]O gelten für die Ausschließung oder Ablehnung der [X.] die §§ 41 bis 49 ZPO sinngemäß. Auf der Grundlage des § 41 Nr. 6 ZPO ist [X.] unter anderem ausgeschlossen in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. Die Regelung betrifft die Mitwirkung beim Erlass der angefochtenen Entscheidung selbst in einer früheren (unteren) Instanz ([X.]-Urteil vom 04.07.2013 - V R 8/10, [X.]E 242, 271, [X.], 969, Rz 23 sowie [X.]-Beschlüsse vom 31.01.2001 - II R 49/00, [X.]/NV 2001, 931 und vom 06.02.1996 - X B 95/95, [X.]/NV 1996, 752). Dies trifft auf [X.] am [X.] zu, der als Berichterstatter und Beisitzer an dem Urteil der Vorinstanz beteiligt war.

I[X.]

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a [X.]O. Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unter Hinweis auf die maßgeblichen Gründe unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Dieser Verfahrensweise steht weder die Revisionszulassung durch das [X.] noch der bis zuletzt aufrecht gehaltene Antrag der Klägerin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung entgegen ([X.]-Beschlüsse vom 15.03.2022 - V R 46/19, [X.]E 275, 500, [X.] 2022, 595, Rz 20; vom 29.08.2012 - XI R 19/09, [X.]/NV 2013, 272, Rz 14; vom 20.10.2021 - XI R 19/20, [X.]/NV 2022, 429, Rz 25).

Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, dass die Klägerin, die in Bezug auf die eingeführten Gegenstände lediglich [X.] und gegebenenfalls Beförderungsdienstleistungen erbracht hat, aus der gegen sie festgesetzten [X.]St nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

1. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG kann der Unternehmer die entstandene [X.]St für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für die Einfuhr von Gegenständen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.]. Danach besteht das Abzugsrecht des Steuerpflichtigen (Unternehmers) für "die Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen in diesem Mitgliedstaat geschuldet wird oder entrichtet worden ist", soweit "die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden". Der [X.] legt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG entsprechend Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] richtlinienkonform aus ([X.]-Urteil vom 11.11.2015 - V R 68/14, [X.]E 251, 522, [X.] 2016, 720, Rz 13).

2. Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG erfordert die Einfuhr für das Unternehmen eine Verwendung des eingeführten Gegenstandes für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers. Dies setzt voraus, dass er den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für diese Umsätze verwendet.

a) Das Verwendungserfordernis ist für alle Fälle des § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG nach denselben Kriterien zu bestimmen. [X.] ergibt sich dies bereits daraus, dass sich der Einleitungssatz des Art. 168 MwStSystR[X.] auf alle der dort genannten Fallgruppen des Vorsteuerabzugs bezieht. Dementsprechend überträgt der [X.] seine Rechtsprechung, mit der er die Verwendung für Zwecke besteuerter Umsätze bei entgeltlichen [X.] (Art. 168 Buchst. a MwStSystR[X.]) nach dem Kriterium eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz und einer darauf aufbauenden Kostenbetrachtung bestimmt (vgl. z.B. [X.]-Urteile SKF vom 29.10.2009 - [X.]/08, [X.]:[X.], Rz 57; [X.] vom 16.02.2012 - [X.], [X.]:[X.], Rz 46 ff.; jeweils m.w.[X.]), auf den Vorsteuerabzug für die Einfuhr gemäß Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2015:421, Rz 49). Dies führt in Bezug auf den Vorsteuerabzug zu der sachlich gebotenen Gleichstellung eingeführter und im Inland gelieferter Gegenstände (zutreffend Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 1145).

Hieraus leitet der [X.] ab, dass "der Wert der beförderten Waren" --und damit der Wert des eingeführten [X.] in den Preis der vom Unternehmer erbrachten [X.]eistung einfließen muss ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2015:421, Rz 50). Auf dieser Grundlage verneint der [X.] den Abzug der [X.]St als Vorsteuer für den Unternehmer, der eingeführte Gegenstände lediglich befördert, ohne "deren Einführer oder Eigentümer" zu sein ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2015:421, Rz 51).

b) Abweichendes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem [X.]-Beschluss [X.] ([X.]:[X.]). Danach steht Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] der Gewährung eines Anspruchs auf Abzug der Mehrwertsteuer an einen Importeur entgegen, wenn dieser mit den Gegenständen nicht wie ein Eigentümer verfahren kann und wenn vorherige [X.] nicht vorhanden sind oder diese nicht im Preis der einzelnen Ausgangsumsätze oder im Preis der Gegenstände und Dienstleistungen enthalten sind, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit liefert beziehungsweise erbringt (ABl[X.] 2021, Nr. [X.] 44, 9). Dies ist, wie sich insbesondere daraus ergibt, dass sich der [X.] zur Auslegung von Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] in Rz 45 f. seines Beschlusses [X.] ([X.]:[X.]) darauf beschränkt, auf die Rz 49 f. seines Urteils [X.] ([X.]:[X.]:2015:421) zu verweisen, dahingehend zu verstehen, dass auch der Importeur nur dann aus der [X.]St abzugsberechtigt ist, wenn er den eingeführten Gegenstand selbst und damit dessen Wert für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet. Nichts anderes folgt aus dem in den Rz 44 und 49 des [X.]-Beschlusses [X.] ([X.]:[X.]) verwendeten Begriff der [X.] ("coûts d'importation"), der sich auf den Wert des eingeführten Gegenstandes (zutreffend Monfort, [X.] --UR-- 2021, 79, 81), nicht aber auf die vom [X.] gesondert erwähnte Mehrwertsteuer für die Einfuhr bezieht.

Als Importeur ist dabei insbesondere die Person anzusehen, die aufgrund der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr [X.] in Bezug auf den eingeführten Gegenstand ist ([X.]-Beschluss [X.], [X.]:[X.], Rz 16). Als Schuldner der [X.]St im Sinne von § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 77 Abs. 3 [X.] ist er jedoch auch dann nicht zum Abzug der [X.]St als Vorsteuer berechtigt, wenn er zwar den eingeführten Gegenstand in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, er aber --wie zum Beispiel in dem [X.]-Beschluss [X.] ([X.]:[X.]) als Erbringer einer Umverpackungsdienstleistung-- nicht den Wert des eingeführten Gegenstandes für sein Unternehmen verwendet, so dass dieser Wert auch nicht in den Preis der von ihm erbrachten [X.]eistung einfließt.

c) Keine andere Bedeutung kommt der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu, nach der der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG voraussetzt, dass dem Unternehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand zusteht (z.B. [X.]-Urteile vom 16.03.1993 - V R 65/89, [X.]E 170, 481, [X.] 1993, 473, unter [X.] zum fehlenden Abzugsrecht des am eingeführten Gegenstand lediglich Nutzungsberechtigten; vom 11.11.2015 - V R 68/14, [X.]E 251, 522, [X.] 2016, 720, Rz 20 zum fehlenden Abzugsrecht einer Zolllagerbetreiberin), wie der [X.] bereits unter Berücksichtigung des [X.]-Urteils [X.] ([X.]:[X.]:2015:421) entschieden hat ([X.]-Urteil vom 11.11.2015 - V R 68/14, [X.]E 251, 522, [X.] 2016, 720, Rz 19). Der Streitfall gibt lediglich Veranlassung dies dahingehend zu präzisieren, dass der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG gehören muss, damit die auf diesen Wert bezogene [X.]St zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird.

3. Danach hat das [X.] den Vorsteuerabzug der Klägerin zutreffend verneint. Erbringt der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine [X.] oder eine Beförderungsdienstleistung, steht ihm kein Abzugsrecht zu.

a) Die [X.]St gehörte nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes der Klägerin, da es schon keinen Ausgangsumsatz gab, der mit der Entstehung der [X.]St auch nur kausal zusammenhängen könnte. Wie das [X.]-Urteil, ohne dass dies mit Verfahrensrügen angegriffen wurde, festgestellt hat, kamen die Klägerin und [X.] konkludent überein, dass die Klägerin angesichts des Abhandenkommens der Ware ihre Verzollungsdienstleistung nicht in Rechnung stellt.

b) Der Wert der eingeführten Gegenstände gehörte --auch unter Berücksichtigung der beabsichtigten, aber fehlgeschlagenen entgeltlichen Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber [X.]-- nicht zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Für die Klägerin gilt dasselbe wie für den Hauptverpflichteten, der Gegenstände in einem externen Versandverfahren befördert, dabei --wie die [X.] die Zollabfertigung übernimmt und wegen eines Verstoßes gegen die zollrechtlichen Versandverfahrensvorschriften zum Schuldner der [X.]St wird ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2015:421, Rz 15 ff.), für den Betreiber eines Zolllagers, der wegen Unregelmäßigkeiten bei der [X.]agerhaltung die [X.]St schuldet ([X.]-Urteil vom 11.11.2015 - V R 68/14, [X.]E 251, 522, [X.] 2016, 720, Rz 20), und den Dienstleister, der [X.] in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, umverpackt und wieder ausführt ([X.]-Beschluss [X.], [X.]:[X.], Rz 16). Entscheidend ist, dass die Klägerin ebenso wie ein Frachtführer oder [X.]agerhalter den eingeführten Gegenstand nicht zur Erbringung einer Ausgangsleistung (z.B. Beförderungs- oder Verzollungsdienstleistung) verwendet hat, sondern der eingeführte Gegenstand lediglich das Objekt war, an dem die Klägerin ihre [X.]eistung erbracht hat (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 1145).

4. Die Einwendungen der Klägerin hiergegen greifen nicht durch.

a) Der [X.] hat in seinem [X.]-Beschluss [X.] ([X.]:[X.]) seine bisherige Rechtsprechung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geändert, sondern bestätigt (s. oben I[X.]2.b), wovon auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum ausgeht (Monfort, [X.], 80 f.; Summersberger/[X.], [X.] Praxis 2021, 95, 96 f.; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 1144; Weymüller in Dorsch, Zollrecht, § 15 UStG Rz 35).

b) Die Stellung als Schuldner der [X.]St oder "[X.]" ist keine hinreichende Bedingung für das Recht auf Vorsteuerabzug der [X.]St, wie sich bereits aus dem Einleitungssatz des Art. 168 MwStSystR[X.] und daraus ergibt, dass der [X.] seine Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a MwStSystR[X.] auf Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] übertragen hat (s. oben I[X.]2.a). Auch hiergegen wendet sich die Klägerin zu Unrecht.

aa) Anders als die Klägerin meint, ergibt sich nichts anderes aus den [X.]-Urteilen [X.]/[X.] ([X.]:[X.]:2006:90) und [X.] ([X.]:[X.]:2012:183). Die erstgenannte Rechtssache betraf nicht den Vorsteuerabzug, sondern die Frage, ob die Gewinnspanne eines Auktionators bei einer Versteigerung eines Gegenstandes, der im Rahmen des zollrechtlichen Verfahrens der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführt wurde, ein eigenständiger steuerbarer Umsatz oder nur bei der Bemessungsgrundlage der Einfuhr zu berücksichtigen war ([X.]-Urteil [X.]/[X.], [X.]:[X.]:2006:90, Rz 15, 26). [X.]ediglich in diesem Kontext hat der [X.] die unterschiedlichen Entstehungsgründe der Mehrwertsteuer bei Einfuhr und [X.]ieferung genannt ([X.]-Urteil [X.]/[X.], [X.]:[X.]:2006:90, Rz 33). Das [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.]:2012:183) behandelt die Frage, ob der Vorsteuerabzug von der Zahlung der Mehrwertsteuer abhängig gemacht werden dürfe; dass die dortige Klägerin im Übrigen zum Vorsteuerabzug berechtigt war, wurde dabei vorausgesetzt ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2012:183, Rz 17).

bb) Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Auffassung auf Instanzgerichte (Urteil des [X.] Hamburg vom 19.12.2012 - 5 K 302/09, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 562, aufgehoben durch [X.]-Urteil vom 13.02.2014 - V R 8/13, [X.]E 245, 263, [X.] 2014, 595 und Vorlagebeschluss des [X.] Hamburg vom 18.02.2014 - 4 K 150/12, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2014, 519) verweist, lässt sie außer Betracht, dass die in diesen Entscheidungen vertretene Rechtsauffassung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung von [X.] und [X.] (s. oben I[X.]2.) nicht vereinbar ist.

c) Abweichendes folgt auch nicht aus den von der Klägerin angenommenen Besonderheiten der Einfuhrmehrwertsteuer.

aa) Gegen die Sonderrolle der [X.]St spricht, dass die "Einfuhr von Gegenständen" im Titel [X.] MwStSystR[X.] --nach [X.]ieferung, innergemeinschaftlichem Erwerb und [X.] als steuerbarer Umsatz behandelt wird. Die MwStSystR[X.] verwendet auch keinen --auf eine dogmatische Eigenständigkeit hinweisenden-- eigenständigen Begriff ("Einfuhrmehrwertsteuer"), sondern spricht zum Beispiel in Art. 168 Buchst. e MwStSystR[X.] von der "Mehrwertsteuer, die für die Einfuhr von Gegenständen […] geschuldet wird" (hierzu [X.] in [X.]/Söhn/[X.], § 21 UStG Rz 16). Beim Vorsteuerabzug legt der Eingangssatz von Art. 168 MwStSystR[X.] einheitlich für sämtliche Eingangsumsätze fest, dass die einzelnen Eingangsumsätze "für die Zwecke [der] besteuerten [Ausgangs-]Umsätze verwendet werden" (s. oben I[X.]2.a).

bb) Unterschiede in Bezug auf die Definitionen des Einfuhrumsatzes (Art. 30 MwStSystR[X.]) und der [X.]ieferung (Art. 14 MwStSystR[X.]) haben keine Auswirkungen auf die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs. Zwar ist die "Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen" (Art. 14 Abs. 1 MwStSystR[X.]), Voraussetzung nur für die [X.]ieferung. In Bezug auf den Vorsteuerabzug umschreibt der [X.] das Kriterium der Verfügungsmacht aber nur als die Verwendung des eingeführten Gegenstandes seinem Wert nach (s. oben I[X.]2.b).

cc) Das Zusammenfallen von Steuerschuld und Vorsteuerabzugsrecht ist --entgegen der Annahme der [X.] keine Besonderheit der [X.]St, sondern liegt auch bei [X.]ieferungen vor (§ 13b Abs. 5 und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). Hieraus folgt keine gegenüber [X.]ieferungen abweichende Beurteilung für den Vorsteuerabzug.

dd) Im Übrigen bestehen keine grundlegenden Unterschiede in Bezug auf die Bedeutung, die dem Wert eines gelieferten und eines eingeführten Gegenstandes zukommt. Denn ähnlich wie das vereinbarte Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der entgeltlichen [X.]ieferung ist (§ 10 Abs. 1 UStG), bestimmt der Transaktionswert, das heißt der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, grundsätzlich die Bemessungsgrundlage für die [X.]St (§ 11 Abs. 1 UStG i.V.m. Art. 70 Abs. 1 [X.]).

ee) Schließlich besteht kein Widerspruch zu Art. 167 MwStSystR[X.]. Da diese Bestimmung lediglich den zeitlichen Zusammenhang zwischen Steueranspruch und dem Recht auf Vorsteuerabzug regelt, verbietet sie es nicht, den Abzug der [X.]St als Vorsteuer von anderen und dabei den ausdrücklich in Art. 168 MwStSystR[X.] genannten Voraussetzungen abhängig zu machen.

d) Das [X.]-Urteil steht --entgegen der Auffassung der [X.] im Einklang mit der "Konzeption" des Vorsteuerabzugs im Sinne der Art. 167 ff. MwStSystR[X.] und verstößt auch nicht gegen den [X.] (Art. 1 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystR[X.]).

aa) Die Mehrwertsteuer wird bei allen Umsätzen nur abzüglich des [X.] geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente der Gegenstände und Dienstleistungen unmittelbar belastet hat (vgl. z.B. [X.]-Urteil [X.] u.a. vom 07.08.2018 - [X.]-475/17, [X.]:[X.]:2018:636, Rz 33). Auf diese Weise erlaubt der Vorsteuerabzug dem [X.]eistenden, die von ihm zum Beispiel an seinen [X.]eistenden gezahlte Mehrwertsteuer nicht als Preiselement behandeln zu müssen. Für [X.]ogistikdienstleistungen, die sich auf die entgeltliche Beförderung von Waren beschränken, ist der Wert der beförderten Ware dagegen kein Kostenbestandteil des für diese Dienstleistung in Rechnung gestellten Entgelts ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2015:421, Rz 50; [X.]-Beschluss [X.], [X.]:[X.], Rz 46).

bb) Dass die [X.]St im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin entstanden ist, ist keine hinreichende Bedingung für den Vorsteuerabzug. Die Neutralität der [X.]St wird --wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat-- dadurch gewährleistet, dass sich der drittländische Auftraggeber des indirekten Zollvertreters --im Streitfall [X.]-- in [X.] umsatzsteuerrechtlich registriert. Dass er hierzu nicht verpflichtet ist, ändert daran nichts. Somit folgt der [X.] nicht einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Killmann, [X.], in Summersberger, Einfuhr und innergemeinschaftliche [X.]ieferung, 2014, S. 135), wonach sich zum Beispiel das Recht eines Spediteurs zum Abzug der von ihm geschuldeten [X.]St als Vorsteuer aus dem [X.] ergeben soll.

5. Der [X.] hat die Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür von der [X.]-Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen getroffen (vgl. [X.]-Urteile vom 10.02.2021 - IV R 35/19, [X.]E 272, 152, Rz 34 und vom 08.09.2022 - V R 26/21, [X.]E 278, 348, [X.] 2023, 361, Rz 26).

6. Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts, die ein an den [X.] gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen erforderlich machen könnten, verneint der [X.].

7. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 13/21

20.07.2023

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 18. Dezember 2020, Az: 5 K 175/18, Urteil

§ 15 Abs 1 S 1 Nr 2 UStG 2005, Art 167 EGRL 112/2006, Art 168 Buchst a EGRL 112/2006, Art 168 Buchst e EGRL 112/2006, Art 267 AEUV, UStG VZ 2018

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.07.2023, Az. V R 13/21 (REWIS RS 2023, 6027)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6027

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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