Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. 3 BGs 211/12

Ermittlungsrichter | REWIS RS 2012, 4804

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[X.] Ermittlungsrichter 3 [X.] 211/12 2 [X.] 162/11-2
BESCHLUSS vom 11. Juli 2012 In dem Ermittlungsverfahren gegen ... u.a. wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Mordes und anderer Straftaten gemäß §§ 129a, 211 StGB u.a. ...
1. Auf Antrag des [X.] beim [X.] und nach Anhörung d. [X.]und Verteidiger wird gemäß §§ 99, 100 Abs. 1, § 162 Absatz 1 Satz 1, § 169 Abs. 1 Satz 2 [X.] der [X.]aufgegeben, dem vom [X.] beauftragten Bundeskriminalamt

für die Zeit ab dem

Auskunft zu erteilen a. über sämtliche an [X.]

, -straße , gerichteten oder von B. herrührenden Postsendungen sowie b. über die näheren Umstände des [X.].... - 2 - 2. Soweit die gemäß Ziffer 1 a und b zu erteilende Auskunft auf dem Wissen der für die oben genannte Anschrift zuständigen Postzustelle-rin [X.] beruht, wird der [X.]

gestattet, ih-rer Auskunftsverpflichtung durch die Erteilung einer Aussagegeneh-migung für die genannte [X.] nachzukommen.

Gründe: [X.] Der [X.] führt gegen d. B.

ein Er-mittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung einer terroristischen Vereinigung und anderer Straftaten sowie gegen weitere Mitbeschuldigte we-gen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und an-derer Straftaten. Konkret ist [X.]

verdächtig, gemeinsam mit

eine terroristische Vereinigung

gegründet zu haben, die in der
Folgezeit

eine Serie von Straftaten, ins-besondere

beging. Es besteht ferner der dringende Verdacht, dass sich d. B. neben den

durchgängig bis

an dieser Vereinigung als Mitglied beteiligt hat. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird insbesondere auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.]s vom

sowie auf die Beschlüsse des 3. Strafsenats des [X.]s vom und vom

Bezug ge-nommen. 1 - 3 - I[X.] Die bisherigen Ermittlungen drängen zu dem Schluss, dass d. B.

gemeinsam mit

vom

bis zum

die von der Gruppierung genutzte Wohnung in der -straße in

bewohnt hat. Die für diesen Be-reich zuständige [X.], [X.]

, hat gegenüber den [X.] bekundet, sie könne über die näheren Umstände des Postver-kehrs d. [X.] (Absender/Adresspersonalien, Häufigkeit von Postsendungen) Angaben machen, benötige hierfür jedoch eine Aussage-genehmigung ihrer Arbeitgeberin, der [X.] . Der [X.] hat daraufhin die [X.]

um die Erteilung einer Aussagegenehmigung für die genannte Mitarbeiterin gebeten. Hierzu hat die [X.] mit Schreiben vom 18. Mai 2012 Stellung ge-nommen und mit Blick auf Art. 10 GG, § 39 [X.], § 206 StGB und §§ 99, 100 [X.] die Rechtsauffassung vertreten, dass sie sich ohne eine richterliche An-ordnung gemäß §§ 99, 100 [X.] außerstande sehe, der [X.] eine Aussagegenehmigung zu erteilen. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorge-nannte Schreiben vom 18. Mai 2012 verwiesen. II[X.] Der [X.] hat beantragt, die [X.]

gemäß §§ 99, 100 Abs. 1 [X.] zu verpflichten, durch Erteilung einer Aussagegeneh-migung für ihre Angestellte [X.]

Auskunft über die näheren Um-stände des Postverkehrs d. [X.]

zu erteilen. Die Verteidiger 2 3 4 - 4 - d. [X.] haben mitgeteilt, zu diesem Antrag keine Stellungnahme abgeben zu wollen. [X.] Die Voraussetzungen für die Anordnung der Postbeschlagnahme gemäß §§ 99, 100 [X.] liegen vor. 1. Wegen des gegen [X.]bestehenden (dringenden) Tat-verdachts wird auf die Ausführungen unter [X.] verwiesen. 2. Es ist anerkannt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der [X.] gemäß § 99 [X.] statt dieser die - mit einem geringeren Eingriff in das Brief- und Postgeheimnis verbundene - Auskunft über die Postsendun-gen verlangt werden kann, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von ihm herrühren oder bei denen Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sie von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind (vgl. [X.]], Beschluss vom 31. August 2011 - 2 [X.] 458/11, unter [X.]; [X.], [X.], 404; [X.] in [X.], 6. Aufl., § 99 Rn. 11; [X.], [X.], 54. Aufl., § 99 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 25. Aufl., § 99 Rn. 29; ebenso Nr. 84 Satz 1 [X.]). Die Auskunft kann sich in entsprechender Anwendung des § 99 [X.] auch auf solche Sendungen beziehen, die sich nicht mehr im Gewahrsam des [X.] befinden ([X.] [Ermittlungsrichter], Beschluss vom 31. [X.] 2011 - 2 [X.] 458/11, aaO; [X.] in [X.], aaO; BeckOK-[X.]/[X.], Stand 1. Juni 2012, § 99 Rn. 16; ebenso Nr. 84 Satz 2 [X.]; a.A. [X.], aaO S. 404 f.; [X.], [X.], 54. Aufl. § 99 Rn. 14; [X.]/[X.], aaO Rn. 30). 5 6 7 8 - 5 - V. Angesichts der Schwere des Vorwurfs und des [X.] ist die angeordnete Maßnahme auch verhältnismäßig, zumal nicht der konkrete Inhalt von Postsendungen, sondern lediglich ihre äußeren Umstände Gegenstand der Anordnung sind. Die Maßnahme ist zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts erforderlich. Angesichts der besonders intensiven Abschottung d. [X.] und der weiteren Mitglieder gegenüber der Außenwelt sind [X.] über die Art und den Umfang der dennoch erfolgten Kommunikation von ho-her Bedeutung, um näheren Aufschluss sowohl über das Verhalten d. B. und der übrigen Mitglieder

als auch über das Verhalten und die Kommunikationswege der bereits bekannten und möglicher weiterer Unterstützer der Gruppe zu gewin-nen. Ein milderes Mittel, das ebenso erfolgversprechend wie die angeordnete Maßnahme ist, steht nicht zur Verfügung. Auch ist angesichts des vorstehend genannten Ermittlungszwecks eine engere als die in Ziffer 1 des Tenors vorge-nommene Eingrenzung der Auskunftsverpflichtung weder in zeitlicher Hinsicht noch in Bezug auf die Art der Postsendungen sachgerecht. Die Anordnung ist vielmehr angesichts der hier gegebenen Besonderheiten auf den gesamten Zeitraum, in dem [X.]ihren Wohnsitz in der -straße in

hatte, und auf alle an sie gerichteten oder von ihr herrührenden Post-sendungen zu erstrecken. V[X.] Im Hinblick darauf, dass die [X.]

als Auskunftsverpflichtete in ihrer oben genannten Stellungnahme für den Fall des Erlasses eines richter-9 10 11 - 6 - lichen Beschlusses gemäß §§ 99, 100 [X.] in Aussicht gestellt hat, der für den früheren Wohnsitz [X.] zuständigen [X.] [X.] eine Aussagegenehmigung zu erteilen, ist es sachgerecht, der [X.] zu gestatten, ihrer Auskunftsverpflichtung, soweit die [X.] auf dem Wissen der genannten [X.] beruht, durch die Erteilung einer Aussagegenehmigung nachzukommen (Ziffer 2 des Tenors). Die [X.]sverpflichtung der [X.]

hinsichtlich möglicher weitergehen-der Erkenntnisse bleibt hiervon unberührt.

Dr. [X.] Richter am [X.]

Meta

3 BGs 211/12

11.07.2012

Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter

Sachgebiet: BGs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2012, Az. 3 BGs 211/12 (REWIS RS 2012, 4804)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4804

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