Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2016, Az. 3 StR 231/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 8995

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:300616B3STR231.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 231/16
vom
30. Juni 2016
in der Strafsache
gegen

wegen schwerer räuberischer Erpressung

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 30. Juni 2016 gemäß §
349 Abs.
2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.]s
Düsseldorf vom 9.
März 2016 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer [X.] in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit [X.] auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Über-prüfung des Urteils hat aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht. Der Erörterung bedarf lediglich die von der [X.] abgelehnte Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB). Hierzu gilt:

1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen begann der Angeklagte bereits in seiner Jugend, in erheblichem Umfang Alkohol zu trinken. Später kam er mit Betäubungsmitteln in Berührung und konsumierte seit dem 1
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Jahr 1986 Heroin. Bis zum [X.] absolvierte er deswegen zwei Therapien; seit einigen Jahren befindet er sich im [X.]. [X.] [X.] sich die persönliche und finanzielle Situation des Angeklagten zu. [X.] war, dass seine in [X.] lebende Ehefrau an Leukämie erkrankt war, weshalb der Angeklagte ihr regelmäßig Geldbeträge nach [X.] überwies, um die Behandlung mit Blutplasmapräparaten zu finanzieren. Dies wurde ihm zunehmend schwieriger, insbesondere auch, nachdem ihm seine Fahrerlaubnis -
unter anderem wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr -
entzogen [X.] war, er aufgrund dessen seine Selbständigkeit im Kleintransportgewerbe nicht mehr ausüben konnte und von Sozialleistungen leben musste. Im Juli 2015 war es ihm schließlich nicht mehr möglich, seiner Ehefrau weitere Geld-beträge zu übermitteln. In dieser Situation begann der Angeklagte, wieder
Heroin zu rauchen und vermehrt Alkohol zu trinken. Am 27. Juli und 10.
September 2015 sah er jeweils -
nach vorangegangenem Konsum von
Methadon und Heroin -
nur noch die Möglichkeit eines Banküberfalls, um die für die Behandlung seiner Ehefrau
erforderlichen finanziellen Mittel zu beschaf-fen. In beiden Fällen nahm er, nachdem er bereits wesentliche Tatvorbereitun-gen getroffen hatte, erhebliche Mengen Wodka zu sich, um sich [X.]. Sodann suchte er durch den Alkohol enthemmt eine Filiale der Volksbank D.

eG in N.

auf und brachte die Bankangestellten unter Vorhalt einer ungeladenen Schreckschusspistole bzw. einer täuschend echt Einen Großteil des Geldes versendete er anschließend nach [X.].

2. Diese Feststellungen tragen die Ablehnung der [X.] nach §
64 StGB. Allerdings erweist sich die Begründung, mit der die [X.] das Vorliegen eines Hangs im Sinne von §
64 Satz 1 StGB verneint hat, als rechtsfehlerhaft. Soweit sie im Hinblick auf die Drogensucht des [X.]
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ten darauf abgestellt hat, dieser habe vor seinem Rückfall mehrere Therapien mit zum Teil längerfristigem Erfolg beendet und sei "immer wieder" in der Lage gewesen, sein Leben zu organisieren, kommt es hierauf nicht an, weil maßgeb-lich die Umstände im Zeitpunkt der [X.] und der letzten tatrichterlichen Hauptverhandlung sind ([X.], Beschluss vom 8. Juni 2010 -
3 [X.], juris Rn.
9; vgl. auch [X.], Beschluss vom 30. März 2010 -
3 [X.], [X.], 216). Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe [X.] nicht im Übermaß zu sich genommen, lässt sich anhand der Urteils-gründe nicht nachvollziehen, da das [X.] keine Feststellungen zu sei-nen [X.] und -gewohnheiten getroffen hat. Zudem steht die Erwä-gung der [X.] in Widerspruch dazu, dass sie einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß §
35 Abs. 1 Satz 1 BtMG zugestimmt hat, weil sie eine Therapie
"für sinnvoll, wenn nicht gar geboten hält, um den Lebensweg des Angeklagten wieder in eine geordnete Bahn zurückzulenken". Schließlich hat sich das [X.] nicht erkennbar mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Angeklagte einen Hang zum übermäßigen Konsum von Alkohol hat, obwohl die Urteilsgründe diese Prüfung angesichts der Feststellungen zu dessen Vor-leben nahelegten.

Indes tragen die Urteilsgründe die Hilfserwägung der [X.], dass die ausgeurteilten Taten nicht auf einen Hang des Angeklagten, Alkohol oder Betäubungsmittel im Übermaß zu konsumieren, zurückgingen. Dieser sympto-matische Zusammenhang erfordert, dass die [X.] in dem Hang
ihre Wur-zel findet ([X.], Urteil vom 11. September 1990 -
1 StR 293/90, NStZ 1991, 128), wobei eine Mitursächlichkeit ausreicht ([X.], Beschluss vom 19. Mai 2009 -
3 [X.], [X.]R StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 5). Dies ist auf Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen [X.]. Es besteht kein Anhalt, dass der jeweilige Entschluss, die Volksbank 5
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zu überfallen, (auch) auf den Heroinkonsum des Angeklagten zurückging, denn Motivation war allein, die für die ärztliche Behandlung der Ehefrau erforderli-chen Geldmittel zu beschaffen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das [X.] zudem rechtsfehlerfrei ausgeschlossen, dass sich die Einnahme von Heroin und Methadon jeweils einige Stunden vor den Taten bei deren Be-gehung noch auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten auswirkte. Hinsicht-lich des vor der Tat zu sich genommenen Alkohols war dies zwar nicht der Fall, weil der Angeklagte erst durch diesen enthemmt in der Lage war, seinen [X.] umzusetzen. Indes hatte der Alkoholgenuss in beiden Fällen nicht den
[X.] bei dem Angeklagten ausgelöst; vielmehr war er umgekehrt nur ein vom Angeklagten gezielt eingesetztes Mittel, um sich -
nach Planung und Vorbereitung der Taten -
psychisch in die Lage zu versetzen, den [X.] auch durchzuführen. Dies begründete den symptomatischen Zusammenhang zwi-schen Hang und [X.] noch nicht (vgl. [X.], Urteil vom 11. September 1990 -
1 StR 293/90, NStZ 1991, 128; MüKoStGB/[X.], 2. Aufl., §
64 Rn. 45).

Becker

Schäfer Mayer

Gericke Spaniol

Meta

3 StR 231/16

30.06.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2016, Az. 3 StR 231/16 (REWIS RS 2016, 8995)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8995

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 88/10

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