Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. 3 StR 418/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 5127

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:190917B3STR418.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 418/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Mordes u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. September 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23.
März 2017 aufgehoben, so-weit von einer Unterbringung des Angeklagten in einer Ent-ziehungsanstalt abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf [X.] und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die sich insbesondere gegen die Ablehnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt richtet, hat den aus der Entscheidungsformel ersicht-lichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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1. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen geriet der An-geklagte, der sich im [X.] befand und zusätzlich täglich Heroin konsumierte, in einem alkoholisierten und von Methadon und Morphin beeinflussten Zustand, der seine Steuerungsfähigkeit erheblich ein-schränkte, in der Küche der gemeinsamen Flüchtlingsunterkunft mit dem [X.] H.

in Streit. Im Verlauf der Auseinandersetzung stach er mit Tötungsvorsatz unvermittelt mehrfach auf diesen ein. Verletzt flüchtete der [X.] auf den Flur. Der Angeklagte verfolgte ihn und brachte ihm weitere Stiche bei. Schließlich konnte der Nebenkläger in [X.] des Zeugen
Ho.

ausweichen, die Tür von innen verriegeln und einen Notruf absetzen. Er konnte von den alsbald eingetroffenen Rettungskräften notärztlich versorgt und schließlich gerettet werden.
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch der Straf-ausspruch ist frei von durchgreifenden [X.] zum Nachteil des Ange-klagten.
3. Dagegen hält die Versagung der Unterbringung nach § 64 StGB [X.] Prüfung nicht stand. Der [X.] hat dazu in seiner Zulei-tungsschrift ausgeführt:
"Das [X.] hat seine Entscheidung, die Maßregel zu versagen, nicht begründet, obgleich sich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des §
64 StGB -
auch jenseits des von der [X.] urteilsfremd vorgetragenen vorbereitenden Sachverständi-gengutachtens -
aufdrängte:
a)
Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte an einem [X.] teil und konsumierte darüber hinaus ein Bubble Heroin am Tag; nach seiner Inhaftierung litt er an Entzugserscheinungen (UA S.
4).
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Zwar wird im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass in [X.] fachgerechter [X.] von [X.] kein Hang im Sinne des §
64 StGB vorliege (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Paeffgen, StGB, 5.
Aufl., §
64 Rn.
46; [X.] NStZ 2003, 484, 485). Diese Auffassung wird indes von der Rechtsprechung nicht geteilt. Vielmehr geht diese davon aus, dass der Umstand einer Methadonbehandlung einen Hang zum [X.] nahelegt und deshalb eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen des §
64 StGB erfordert ([X.] NStZ-RR 2001, 12; [X.] NStZ 2003, 484; [X.], Beschluss vom 4.
November 2015 -
4 StR 337/15).
b)
Zudem lässt sich auch ein symptomatischer Zusammenhang zwi-schen der Tat und einem Hang nach den Urteilsgründen nicht ohne Weiteres ausschließen. Denn es ist nach ständiger Rechtsprechung nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige oder vorrangige Ur-sache der [X.] ist; vielmehr ist es ausreichend, dass der Hang neben anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Ange-klagte erhebliche Straftaten begangen hat ([X.] NStZ 2010, 83, 84 mwN). Vorliegend ist das [X.] davon ausgegangen, dass aufgrund des Betäubungsmittelkonsums im Zusammenhang mit ge-nossenem Alkohol im Tatzeitpunkt die Steuerungsfähigkeit des [X.] in der [X.] erheblich vermindert war i.S.d. §
21 StGB ([X.], 7, 24 -
26).
Es hat deshalb die Strafe gemäß §§
21, 49 Abs.
1 StGB gemildert ([X.]). Dies legt einen symptomati-schen Zusammenhang zwischen einem Hang zum [X.] und der Tat nahe.
c)
Anhaltspunkte dafür, dass ohne Weiteres von einer fehlenden [X.] auszugehen sein könnte (vgl. §
64 S.
2 StGB), lassen sich den auf die Sachrüge allein zu [X.] Urteilsgründen gleichfalls nicht entnehmen.
d)
Da zudem der Angeklagte neben seiner Teilnahme am [X.] weiterhin Heroin konsumierte ([X.]), scheidet eine Geeignetheit und Erforderlichkeit
der Unterbringung als Vorausset-zung für die Verhältnismäßigkeit der [X.] gleichfalls nicht ohne Weiteres aus.
Damit lag ein Fehlen der Voraussetzungen des §
64 StGB nicht in einer Art und Weise auf der Hand, dass die bloße Mitteilung des Landge-richts, die Maßregel komme 'nicht in Betracht' ([X.]), als aus--
5
-
reichende Begründung angesehen werden könnte. Liegen nämlich Umstände vor, die nahe legen, dass die Unterbringungsvoraussetzun-gen gegeben sein könnten, und wird die Maßregel dennoch nicht
ver-hängt, so muss unabhängig von gestellten Anträgen im Urteil dargelegt werden, warum von der Anordnung abgesehen worden ist ([X.] in [X.] Kommentar, StGB, 3.
Aufl., §
64 Rn.
119). Da es an solchen Erörterungen mangelt, ist das Urteil im beantragten Umfang aufzuheben; die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können [X.] bestehen bleiben."

Diesen zutreffenden Erwägungen schließt sich der Senat an.
Es ist auszuschließen, dass die rechtsfehlerhafte Ablehnung der Unter-bringung nach §
64 StGB Einfluss auf den Strafausspruch gehabt hat. Dieser kann daher bestehen bleiben.
Schäfer Gericke Tiemann

Berg

Hoch
5
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Meta

3 StR 418/17

19.09.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2017, Az. 3 StR 418/17 (REWIS RS 2017, 5127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5127

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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