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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 103/11
vom
29. März 2012
in dem
Zwangsversteigerungsverfahren
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2012
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter [X.]und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. [X.]und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.]vom 31. März 2011 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.]beträgt .
Gründe:
I.
Die Beteiligten zu 2
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waren Miteigentümer des im Eingang des [X.]bezeichneten Grundstücks. Die Beteiligte zu 4
betreibt aus sechs Grundschulden die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die
Anordnung
der Zwangsversteigerung wurde am 31. Oktober 2007 in
das Grundbuch eingetra-gen. Mit Beschluss vom 12. August 2008 wurde der Verkehrswert des Grund-
Am 4. Mai 2009 wurden die Aufteilung des beschlagnahmten [X.]gemäß § 8 WEG und die Beteiligte zu
1
(Rechtsbeschwerdeführerin) als Erwerberin der im Aufteilungsplan mit Nr.
1 bezeichneten Räume in das Grundbuch eingetragen.
Zuvor hatte die [X.]zu
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auf Bitten des beurkundenden Notars dem Grundbuchamt einen Grundschuldbrief übersandt, welchen das Grundbuchamt zur Vollziehung der Aufteilung angefordert hatte.
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Auf Anfrage des Vollstreckungsgerichts
teilte die Beteiligte zu 4
mit, dass sie den Verfügungen über das Grundstück nicht zustimme. Mit Schreiben vom 1. Juni 2010 vertrat die Beteiligte zu 1
die Auffassung,
die Beteiligte zu 4
habe ihre Zustimmung bereits konkludent durch die Übersendung des Briefes erklärt. Sie hat eine getrennte Versteigerung der ihr veräußerten
Wohnungseigentums-einheit sowie eine gesonderte
Verkehrswertermittlung
beantragt.
Die gegen die Ablehnung dieses Antrags gerichtete Beschwerde ist [X.]geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1
ihre Anträge weiter.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Bildung von Wohnungseigentum ver-stoße gegen die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG bestehende Beschlagnahme-wirkung und sei deswegen gegenüber der Gläubigerin unwirksam. In der Über-sendung des Grundschuldbriefes könne keine
Zustimmung der Gläubigerin zu den Verfügungen der Schuldner gesehen werden. Das Zwangsversteigerungs-verfahren sei deswegen in das bisherige Grundstück fortzusetzen.
III.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Die
Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2, §
575 ZPO zulässig, insbesondere steht ihr § 95 ZVG nicht entgegen. Danach ist ge-gen Entscheidungen, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfol-gen, die Beschwerde zwar nur statthaft, soweit die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betroffen ist. Die [X.]zu 1
beruft sich jedoch der Sache nach auf ein der Zwangsversteigerung entgegenstehendes Recht und möchte damit die Aufhebung des Verfahrens in seiner bisherigen Form erreichen (§ 28 Abs. 1 ZVG). Gegen die Ablehnung die-3
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ses Antrags kann sie mit der Beschwerde und
nach Zulassung
mit der Rechtsbeschwerde vorgehen
(vgl. Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 28 Rn. 38; [X.]in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG,
13. Aufl., § 28 Rn. 46;
Noethen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstre-ckung, § 28 ZVG
Rn. 38).
2. Das Beschwerdegericht geht zutreffend davon aus, dass eine im Zwangsversteigerungsverfahren zu beachtende Aufteilung des beschlagnahm-ten Grundstücks in Wohnungseigentumseinheiten der unveränderten Fortset-zung des Verfahrens entgegenstünde. Aufgrund des geänderten [X.]müsste eine neue Wertfestsetzung erfolgen, eine eventuell schon erfolgte Terminsbestimmung wäre neu zu fassen,
und im Termin wäre § 63 ZVG zu beachten
(vgl. [X.]in Dassler/Schiffhauer/
Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 23 Rn. 16). Die
mögliche Veräu-ßerung einer der neu gebildeten Einheiten
an die Beteiligte zu 1
wäre hingegen für das Verfahren
ohne Bedeutung:
Die Zwangsversteigerung ist wegen dingli-cher Ansprüche angeordnet, gemäß § 26 ZVG hätte somit eine Veräußerung
selbst
wenn sie
gegenüber der Beteiligten zu 4
wirksam wäre
auf das [X.]keinen Einfluss (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007
V ZB 125/05, BGHZ
170, 378, 383 Rn.
12). Der Erwerber von
dinglich belastetem
Grundbesitz
muss nach § 26 ZVG die
bereits geschaffene Vollstreckungslage hinnehmen (Böttcher, ZVG, 5. Auflage, § 26 Rn. 7).
3. Richtig ist auch die weitere
Annahme des Beschwerdegerichts, dass die Aufteilung des beschlagnahmten Grundstücks in Wohnungseigentumsein-heiten gegen das [X.]aus § 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG, §§ 135, 136 BGB verstößt.
Die Reichweite des [X.]bestimmt sich nach seinem Zweck, den Gläubiger nach der Beschlagnahme vor ihm nachteili-gen Maßnahmen des Schuldners zu schützen. Die Schaffung von Wohnungs-eigentumseinheiten verhindert,
wie ausgeführt,
die unveränderte Fortsetzung des Versteigerungsverfahrens
und kann zu erheblichen Verzögerungen führen. Davor soll der Gläubiger durch die zu seinen Gunsten erfolgte Beschlagnahme 7
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geschützt werden. Die Aufteilung wäre somit gegenüber der Beteiligten zu 4
als betreibender
Gläubigerin nur wirksam, wenn diese
ihr zugestimmt hätte
(siehe insgesamt LG Würzburg, Rpfleger 1989, 117 f. mit zustimmender Anm. Meyer-Stolte; Böttcher, ZVG, 5. Auflage, § 23 Rn. 11; [X.]in Dassler/Schiffhau-er/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 23 Rn. 16 und § 63 Rn. 10 sowie in Hintzen/Wolf, Handbuch zu Zwangsvollstreckung, Zwangsversteige-rung und Zwangsverwaltung,
Rn. 11.266; [X.]in Löhnig, ZVG, § 23 Rn.
5; [X.]in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvoll-streckung, § 23 ZVG
Rn. 6; Stöber, ZVG, 19. Aufl, § 23 Anm. 2.2.b
und in ZVG-Handbuch, 9. Aufl., [X.]Rn. 141 a; Armbrüster in Bärmann, WEG, 11. Aufla-ge, § 1 Rn. 216; differenzierend Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteige-rungsverfahrens, 11. Auflage, B. 5.3.1.(8); aA LG Essen, Rpfleger 1989, 116 f.; Eickmann, Zwangsversteigerungs-
und Zwangsverwaltungsrecht, 2. Aufl., S.
106 f.; vgl. auch OLG Frankfurt, [X.]1987, 266, 267, jedoch primär zur
Frage des Grundbuchvollzugs).
4. Ob eine solche Zustimmung vorliegt, ist jedoch
entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts und in Übereinstimmung mit der Auffassung des Voll-streckungsgerichts im Zwangsversteigerungsverfahren nur eingeschränkt zu prüfen. Das Vollstreckungsgericht hat als Vollstreckungsorgan keine umfassen-de Prüfung der materiellen Rechtslage vorzunehmen. Es ist bereits bei der [X.]gemäß § 17 Abs. 1 ZVG auf die formelle Prüfung beschränkt, ob der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks [X.]ist
(vgl. Stöber, ZVG, 19. Auflage, § 17 Rn. 2). Der Versteigerung entge-genstehende Rechte Dritter sind vom Vollstreckungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 ZVG grundsätzlich nur zu beachten, wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Sonstige Rechte müssen hingegen vor dem Prozessgericht geltend ge-macht werden und sind von dem Vollstreckungsgericht grundsätzlich erst bei Vorliegen einer entsprechenden Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. § 37 Nr.
5 ZVG
i.V.m. §
771 ZPO;
Jobst in Löhnig; ZVG, § 28 Rn. 2; Noethen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 28 9
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ZVG
Rn. 2). Bei der von der Beteiligten zu 4 angeführten Aufteilung des [X.]handelt es sich nicht um ein aus dem Grundbuch ersichtliches Recht nach §
28 Abs. 1 ZVG. Der Vollzug der Aufteilung im Grundbuch erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der
Versteigerungsvermerk bereits eingetragen war. Nach [X.]ist die Aufteilung somit gegenüber der Beteiligten zu
4
unwirksam und für das Zwangsversteigerungsverfahren folglich unbeachtlich. Eine Zustimmung der Beteiligten zu 4
wäre vom [X.]nur dann zu beachten, wenn sie innerhalb des [X.]erklärt wird. Die materielle Rechtslage
also insbesondere die Frage, ob mög-licherweise in der Grundschuldbriefübersendung oder in weiteren von der Rechtsbeschwerde angeführten Handlungen
der Beteiligten zu 1
eine
konklu-dente Zustimmungserklärung liegt
ist im formalisierten Zwangsvollstreckungs-verfahren hingegen nicht zu prüfen. Das Amtsgericht hat den Antrag der Betei-ligten zu 1
somit zu Recht und mit zutreffender Begründung
zurückgewiesen.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten des [X.]nicht als Parteien im Sinne der [X.]gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007
V ZB 125/05, BGHZ 170, 378, 381
Rn.
7 f.) und sich die Pflicht zur Gerichtskosten-
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tragung aus dem Gesetz ergibt.
Der Gegenstandswert wurde nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG festgesetzt.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch
Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
AG Passau, Entscheidung vom 12.10.2010 -
803 K 300/07 -
LG Passau, Entscheidung vom 31.03.2011 -
2 T 20/11 -
Meta
29.03.2012
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2012, Az. V ZB 103/11 (REWIS RS 2012, 7560)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 7560
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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