Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.01.2019, Az. 8 B 37/18

8. Senat | REWIS RS 2019, 10979

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Gegenstand

Spielhalle; Mindestabstand; Ersetzung von Bundesrecht durch Landesrecht


Gründe

1

Der Kläger betreibt eine Spielhalle. Die ihm hierfür unter dem 6. November 2012 auf der Grundlage von § 33i Abs. 1 [X.] von der [X.]eklagten erteilte Erlaubnis enthielt den Hinweis, dass mit Ablauf des 30. Juni 2013 ein Mindestabstand zu anderen Spielhallen eingehalten werden und der Kläger daher damit rechnen müsse, dass der [X.]etrieb der Spielhalle ab dem genannten Zeitpunkt unzulässig sei. Der Kläger beantragte am 25. Februar 2013 die Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 des [X.] ([X.]). Mit [X.]escheiden vom 26. Juni 2013 und vom 24. Juli 2013 lehnte die [X.]eklagte diesen Antrag ab und untersagte den [X.]etrieb der Spielhalle. Widerspruch und Klage gegen diese [X.]escheide blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die [X.]eschwerde des [X.].

2

Die allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

3

Soweit sich die Klage gegen die Ablehnung der Erteilung der Spielhallenerlaubnis richtet, hat das [X.]erufungsgericht die [X.]erufung mit der [X.]egründung zurückgewiesen, dass der Kläger einer Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 Satz 1 [X.] bedürfe, die die Erlaubnis nach § 33i [X.] ersetze. Da die Spielhalle den nach § 42 Abs. 1 [X.] erforderlichen Mindestabstand zu zwei weiteren Spielhallen nicht einhalte, sei die Erlaubnis nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu versagen. §§ 41 und 42 [X.] verstießen nicht gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung, weil der Landesgesetzgeber durch diese Vorschriften die bundesrechtliche Norm des § 33i [X.] im Sinne des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt habe, indem er in eigener Verantwortung die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für Spielhallen neu geregelt, dabei die bundesrechtliche Regelung teilweise übernommen und diese um weitere Anforderungen ergänzt habe.

4

Die hierzu von dem Kläger aufgeworfene Frage,

wann eine Änderung einzelner bundesrechtlicher Regelungen durch ein Landesgesetz über eine bloße, unzulässige Änderung hinaus zu einer zulässigen (Teil-)Ersetzung des [X.]undesrechts führt,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlich klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt und erläutert werden, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung der aufgeworfenen, bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten [X.](n) des [X.]undesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder einer der in § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO genannten Vorschriften führen kann (stRspr, vgl. u.a. [X.], [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91>, vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 9). Daran fehlt es hier.

5

Das [X.]erufungsgericht hat seine entscheidungstragende Annahme, dass dem Antrag des [X.] auf Erteilung einer Erlaubnis für den [X.]etrieb seiner Spielhalle der Erfolg zu versagen sei, auf § 41 Abs. 1 und 2 Nr. 2 i.V.m. § 42 Abs. 1 [X.] und damit auf Vorschriften des irrevisiblen Landesrechts gestützt, das nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann (§ 137 Abs. 1 VwGO).

6

Anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger mit seiner Grundsatzrüge geltend macht, die genannten landesrechtlichen Vorschriften stünden mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, namentlich mit Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG, nicht im Einklang. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von [X.]undesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung und Anwendung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der [X.]eschwerdebegründung darzulegen (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.]eschlüsse vom 17. März 2008 - 6 [X.] 7.08 - [X.] 451.20 § 12 [X.] Nr. 1 Rn. 9, vom 8. Mai 2008 - 6 [X.] 64.07 - [X.] 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 132 Rn. 5 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 13). Das leistet die [X.]eschwerdebegründung nicht. Sie zeigt auch nicht auf, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des [X.]undesrechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (vgl. dazu u.a. [X.], [X.]eschlüsse vom 21. September 2001 - 9 [X.] 51.01 - [X.] 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 44, vom 19. August 2013 - 9 [X.] 1.13 - [X.] 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 56 Rn. 4 und vom 29. Juni 2015 - 10 [X.] 66.14 - juris Rn. 15).

7

Unabhängig davon sind die aus Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Anforderungen an die Ersetzung von [X.]undesrecht durch Landesrecht, soweit hier erheblich, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für das Recht der Spielhallenerlaubnisse hinreichend geklärt.

8

Eine Ersetzung erfordert, dass der Gesetzgeber die Materie, gegebenenfalls einen abgrenzbaren Teil, in eigener Verantwortung regelt ([X.]VerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 - 1 [X.]vR 636/02 - [X.]VerfGE 111, 10 <29 f.>). Im Recht der Spielhallenerlaubnisse ist dies für den Erlaubnisvorbehalt der § 24 Abs. 1 und § 29 Abs. 4 des [X.] (GlüStV) in der Fassung des [X.] vom 15. Dezember 2011 (G[X.]l. [X.]W 2012, [X.]) zu bejahen, weil diese Vorschriften nicht lediglich einzelne Worte oder Sätze des § 33i [X.] abändern, sondern den gewerberechtlichen Erlaubnistatbestand für einen abgegrenzten Teil des [X.] durch eine weitere, ausschließlich vom Landesgesetzgeber verantwortete glücksspielrechtliche Erlaubnisregelung ergänzen. Da der gewerberechtliche Erlaubnistatbestand nach der früheren bundesgesetzlichen Regelungskonzeption keine den §§ 25 f. GlüStV vergleichbaren Abstandsgebote, Verbundverbote und Werbeeinschränkungen enthalten hat, entsteht durch eine solche landesrechtliche Regelung keine unklare Mischlage, bei der eine eindeutige parlamentarische Verantwortlichkeit für die Gesamtregelung verloren ginge. Vielmehr sind die vom Landesgesetzgeber und vom [X.]undesgesetzgeber verantworteten [X.] formell klar abgegrenzt (vgl. [X.], Urteil vom 5. April 2017 - 8 C 16.16 - [X.] 11 Art. 12 GG Nr. 304 Rn. 29).

9

Diese maßstabsbildenden Erwägungen, mit denen sich die [X.]eschwerde nicht auseinandersetzt, lassen sich - ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte - auf die hier maßgeblichen Rechtsnormen übertragen. Sie beanspruchen für § 41 [X.] erst Recht Geltung, weil diese landesrechtliche Norm ausdrücklich anordnet, dass die auf ihrer Grundlage erteilte Erlaubnis die Erlaubnis nach § 33i [X.] nicht nur ergänzt, sondern ersetzt (§ 41 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Zudem enthält das [X.] Landesrecht anders als das frühere [X.]undesrecht ebenfalls Abstandsgebote sowie Anforderungen an die Ausübung des [X.]etriebs sowie an die Werbung und Ausgestaltung (§§ 42 ff. [X.]). Der Gesetzgeber verfolgte mit diesen Regelungen die Absicht, die Voraussetzungen für eine Spielhallenerlaubnis allein im Landesglücksspielgesetz zu regeln ([X.]. 15/2431, [X.]). Damit enthalten das [X.]undesrecht einerseits und das [X.] Landesrecht andererseits klar abgegrenzte [X.] und genügen dem Gebot der Rechtsklarheit, dem Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG dient ([X.], Urteil vom 5. April 2017 - 8 C 16.16 - [X.] 11 Art. 12 GG Nr. 304 Rn. 29).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 37/18

28.01.2019

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 11. Juni 2018, Az: 6 S 2581/17, Urteil

Art 125a Abs 1 S 2 GG, § 24 Abs 1 GlüStVtr BW 2012, § 41 Abs 1 S 1 GlSpielG BW, § 42 Abs 1 GlSpielG BW, § 42 Abs 2 Nr 2 GlSpielG BW, § 33i GewO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.01.2019, Az. 8 B 37/18 (REWIS RS 2019, 10979)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10979

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1 BvR 636/02

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