Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2002, Az. 3 StR 506/01

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 3477

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[X.]/01vom25. April 2002in der Strafsachegegen1.2.wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des [X.] und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. April 2002 ge-mäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. Juni 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat die Angeklagten, zwei Brüder, wegen Einfuhr [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Han-deltreiben mit diesen zu Freiheitsstrafen von je fünf Jahren verurteilt. Die hier-gegen gerichteten Revisionen der Angeklagten haben mit einer auf die Verlet-zung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg; auf dieweiteren [X.], die der [X.] zum Anlaß für seinen Aufhe-bungsantrag genommen hat, kommt es daher nicht an.Nach den Feststellungen waren die aus der Nähe von [X.] stammen-den Angeklagten mit dem [X.] [X.]zu einer Kurzreise von [X.] gefahren. Dort verstec[X.] dieser 3,5 kg Kokain im PKW [X.] und trennte sich von ihnen, um die Heimreise mit dem Zug anzu-treten. Bei der Einreise der Angeklagten nach [X.] wurde das [X.] in deren PKW entdeckt und diese festgenommen. Sie haben sich dahineingelassen, das Kokain sei ohne ihr Wissen und Wollen von [X.] dort- 3 -versteckt worden. Die [X.] hat dies auf Grund verschiedener Indizien[X.] widerlegt erachtet. In der Hauptverhandlung hatten die Verteidiger beiderAngeklagter u. a. beantragt, die in [X.]/[X.] wohnende Zeugin [X.],die Freundin des [X.], die mit der Schwester der Angeklagten be[X.]eundetist, zum Beweis da[X.] zu vernehmen, [X.] [X.]gemeinsam mit ihr den [X.] habe, die beiden Angeklagten zu der Kurzreise nach [X.] zuveranlassen, dort heimlich Rauschgift in deren PKW zu verstecken und sie soals ahnungslose Kuriere zu miûbrauchen. Die [X.] hat diesen Be-weisantrag nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt, da eine weitereSachaufklrung nicht zu erwarten sei. Es sei angesichts des Verdachts [X.] schon [X.]aglich, ob die Zeugin der Ladung folgen werde; aberselbst wenn sie erscheine, sei damit zu rechnen, [X.] sie insoweit von ihremAuskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch machen werde.Diese Abllt einer rechtlichen Nachprfung nicht stand. Nach§ 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann die Vernehmung eines [X.] ab-gelehnt werden, wenn sie nach [X.] Ermessen zur Erforschungder Wahrheit nicht erforderlich ist. [X.] Kriterium dabei ist, ob [X.] des Beweises ein Gebot der Aufklrungspflicht ist ([X.]St 40, 60,62).Die Möglichkeit, nach dieser Vorschrift einen Beweisantrag auf Verneh-mung eines [X.] abzulehnen, [X.] nicht nur Flle der voraus-sichtlichen Unergiebigkeit der Zeugenaussage oder der Unerreichbarkeit [X.], sondern - als Unterfall der Unerreichbarkeit - grundstzlich auch sol-che Fallgestaltungen, in denen der Aufenthalt eines Zeugen zwar bekannt,aber damit zu rechnen ist, [X.] er entweder einer Ladung nicht folgen oder [X.] seines Erscheinens keine Angaben zur Sache machen werde. Dies giltinsbesondere [X.], die der Beteiligung an der Tat verchtig sind unddenen deswegen ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zusteht(vgl. [X.], [X.]. vom 16. Mrz 1994 - 5 StR 84/94; ferner [X.] die Behandlungeines inlischen Zeugen als unerreichbar [X.]R StPO § 244 Abs. 3 Satz 2Unerreichbarkeit 17).Bei der Anwendung der Vorschrift des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO ist [X.] zu beachten, [X.] das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom11. Januar 1993 ([X.] f.) mit dieser von Anfang an umstrittenen [X.] nur um den schmalen Bereich erweitert hat, um dendie Ablehnungsgrs bis dahin allein anwendbaren Abs. 3 Satz rdie Aufklrungspflicht hinausreichen (vgl. amtl. [X.]. zum Entwurf des [X.]. 12/1217 S. 36; ferner zum Diskussionsstand: [X.] inLöwe-Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 339). Die Bundesregierung [X.] ihrer ablehnenden Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, [X.] die [X.] Kommunikationswege den [X.] in die Lage versetzen [X.], [X.] ohne wesentliche Verzögerungen nachzugehen (BTDrucks.12/1217 S. 67). Im [X.] ist dazu die Erwartung ausgesprochenworden, die Rechtsprechung werde im Rahmen des ihr eingermten Ermes-sens bercksichtigen, welche praktischen Probleme die Ladung eines [X.] Zeugen bereiten [X.] (vgl. zum Gang der Gesetzgebung Siegis-mund/[X.], [X.], 81, 86).Danach sind bei der [X.], ob die Aufklrungspflicht die Ladung einesbenannten [X.] gebietet, neben dem Gewicht der Strafsache [X.] und der Beweiswert dieses weiteren Beweismittels vor dem Hinter-grund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme einerseits und der- 5 -zeitliche und organisatorische Aufwand einer Aufklrungsmaûnahme mit dendamit verbundenen Nachteilen durch die Verzrung des Verfahrens ande-rerseits unter Beachtung des Grundsatzes der Verltnismûigkeit abzuw(vgl. [X.] NJW 2001, 695 f.). Dabei wird nicht unbeachtet bleiben k, obdie zu treffende Maûnahme nur durch ein aufwendiges Rechtshilfeersuchenoder auch durch dire[X.] Kontaktaufnahme in [X.] erledigtwerden kann (vgl. zum "kleinen Rechtshilfegrenzverkehr" [X.]/[X.],[X.], 81, [X.] die Entscheidung des [X.] nicht ge-recht. Die Strafsache ist von erheblicher Bedeutung, da die bislang unbestraf-ten Angeklagten zu je ff Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. [X.] sind die [X.] sprechenden Indizien [X.] gewichtig, [X.] ihr Beweiswert nicht durch eine die Einlassung der [X.] erscttert werden [X.], andererseits kommt derbenannten Zeugin eine wesentliche Rolle im Geschehen zu, die [X.] eine nichtunerhebliche Beweisbedeutung spricht. Dr diese Zeugin ist nach [X.] der Kontakt zwischen [X.] und den Angeklagten herge-stellt worden; auch hat [X.], als er sich [X.] die Rckreise in [X.]von den Angeklagten trennte, diesen einen Zettel mit der Telefonnummer [X.] nach dem Hinweis gegeben, r diesen [X.], falls es Probleme gebe. Auch wenn die Zeugin in [X.] zurckgeblie-ben ist und zchst nur r die dort getroffenen Absprachen mit [X.] ,nicht aber r die Gesprche zwischen [X.] und den Angeklagten in[X.] berichten kann, kme einer solchen Tatplanung [X.] die Beurteilungerhebliche Bedeutung zu.- 6 -Bei dieser besonderen Beweisltte es die Aufklrungspflicht erfor-dert, [X.] das Gericht nicht lediglich auf Grund der mutmaûlichen Interessenla-ge der Zeugin von der fehlenden Bereitschaft ausgeht, vor Gericht zu erschei-nen und trotz eines Auskunftsverweigerungsrechts auszusagen. Vielmehr [X.] die - wenn auch mlicherweise nur geringe - Chance, eine Aussage [X.] zu erlangen, wahrnehmen und wenigstens einen Ladungsversuch oderzumindest eine [X.]eibeweisliche Klrung der Aussagewilligkeit, etwa durch [X.] (gegebenenfalls unter Zusicherung [X.]eien Geleits), unternehmenmssen, zumal der zeitliche und organisatorische Aufwand solcher Maûnah-men in vertretbarem Rahmen geblieben wre.[X.] [X.] [X.] am [X.] von [X.] und [X.] am [X.] [X.]sind infolge Urlaubs an der Unterschrift ge- hindert. [X.]Nachschlagewerk:ja[X.]St: neinVerffentlichung:[X.] § 244 Abs. 5 Satz 2Bei der [X.], ob die Aufklrungspflicht die Ladung eines benannten Zeugenim Ausland gebietet, sind neben dem Gewicht der Strafsache die Bedeutungund der Beweiswert des weiteren Beweismittels vor dem Hintergrund des [X.] -gebnisses der bisherigen Beweisaufnahme einerseits und der zeitliche undorganisatorische Aufwand der Ladung und Vernehmung mit den damit verbun-denen Nachteilen durch die Verzrung des Verfahrens andererseits unterBeachtung des Grundsatzes der Verltnismûigkeit abzuw.[X.], [X.]. vom 25. April 2002 - 3 [X.] - [X.] Kleve

Meta

3 StR 506/01

25.04.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2002, Az. 3 StR 506/01 (REWIS RS 2002, 3477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 3477

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