Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.03.2010, Az. 14 W (pat) 25/07

14. Senat | REWIS RS 2010, 7927

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff" – zur Neuheit bei Verfahren zur Reformierung von Erdgas zu Kohlendioxid und Wasserstoff


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 199 55 150.2 - 41

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. [X.], der Richter [X.] und [X.] sowie der Richterin Dr. Schuster

beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff

Anmeldetag: 17. November 1999

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zu Grunde:

Patentansprüche 1 bis 3 vom 11. Juli 2002,

Beschreibung Spalten 1 bis 3 gemäß [X.] mit der Maßgabe in Spalte 1 Zeile 49 das Wort „bevorzugt“ und in Spalte 1 Zeile 62 das Wort „bevorzugten“ zu streichen,

2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2 gemäß [X.].

Gründe

I

1

Mit Beschluss vom 4. September 2007 hat die Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.] die Patentanmeldung 199 55 150.2 - 41 mit der Bezeichnung

2

„Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff“

3

zurückgewiesen.

4

Die Zurückweisung ist unter Hinweis auf die Entgegenhaltungen

5

(1) [X.] 4 113 446 A

6

(3) WO 00/18681 A1 und

7

(4) [X.]/30464 A1

8

im Wesentlichen damit begründet, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei gegenüber der nachveröffentlichten, älteren Anmeldung (3) nicht mehr neu und beruhe ferner gegenüber einer Kombination der Entgegenhaltungen (1) und (4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

9

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, das beanspruchte Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff sei durch die Aufnahme des [X.]s „ausgenommen Erdgas und Methan“ in den Anspruch 1 gegenüber der nachveröffentlichten, älteren Anmeldung (3) neu. Darüber hinaus beruhe es auch gegenüber der Entgegenhaltung (1) auf einer erfinderischen Tätigkeit, da das dort beschriebene Verfahren in eine andere Richtung weise, nämlich dahin, den eingesetzten Katalysator zu verbessern, um das angestrebte Ziel, ein Heizgas mit möglichst hohem Brennwert zu produzieren, erreichen zu können. Auch eine Zusammenschau mit dem weiteren Stand der Technik könne das beanspruchte Verfahren nicht nahe legen.

Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren mit den im Tenor genannten Unterlagen weiter. Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff, bei dem Kohlenwasserstoffe mit Ausnahme von Erdgas und Methan und/oder Alkohole bei einer Temperatur von 550 °C bis 700 °C in überkritischem Wasser ohne Einsatz eines Katalysators umgesetzt werden.“

Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 3 sind auf weitere Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet; wegen ihres Wortlauts und weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Anmelderin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 3 vom 11. Juli 2002 sowie Beschreibung und Zeichnungen gemäß [X.] mit der Maßgabe in Spalte 1 Zeile 49 das Wort „bevorzugt“ und in Spalte 1 Zeile 62 das Wort „bevorzugten“ zu streichen.

II

1. Die Beschwerde ist zulässig (§ 73 [X.]) und hat auch Erfolg.

2. Bezüglich ausreichender Offenbarung des Verfahrens nach den geltenden Ansprüchen 1 bis 3 bestehen keine Bedenken; ihre Merkmale lassen sich aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 3 in Verbindung mit den Angaben auf Seite 4, dritter Absatz der ursprünglich eingereichten Beschreibung herleiten.

Die Aufnahme des [X.]s „ausgenommen Erdgas und Methan“ in den geltenden Anspruch 1 ist nicht zu beanstanden. Die Anmelderin hat den Anspruch durch den [X.] in zulässiger Weise beschränkt, denn es handelt sich bei den ausgenommenen Ausgangsstoffen Erdgas und Methan um Kohlenwasserstoffe, die als solche ursprünglich offenbart waren (vgl. urspr. Anspr. 1 und 2 i. V. m. [X.], erster und letzter Abs.). Dabei steht die Bezeichnung Erdgas für ein Gemisch aus gasförmigen und gegebenenfalls flüssigen Kohlenwasserstoffen, das je nach Quelle unterschiedliche Beimischungen enthalten kann, und bei dem Ausgangsstoff Methan handelt es sich um die erste Verbindung in der homologen Reihe der Alkane. Ferner hat sie mit der Aufnahme des [X.]s Gegenstände der älteren Anmeldung (3) vom beanspruchten Verfahren ausgenommen und damit die vorliegende Anmeldung gegenüber diesem älteren Recht abgegrenzt. Die Ausnahme der Ausgangsstoffe Erdgas und Methan vom beanspruchten Verfahren stellt somit keine unzulässige Erweiterung dar und ist daher zulässig.

3. Das Verfahren nach Anspruch 1 ist neu.

Die nachveröffentlichte, ältere Anmeldung (3) beschreibt ein Verfahren zur Reformierung von Erdgas zu Kohlendioxid und Wasserstoff in überkritischem Wasser (Anspr. 1). Das Verfahren wird bei Temperaturen im Bereich von etwa 400°C bis etwa 600°C ohne Einsatz eines Katalysators durchgeführt (Anspr. 2 und 6).

Das Verfahren nach Anspruch 1 vorliegender Anmeldung unterscheidet sich von dem in der Entgegenhaltung (3) beschriebenen Verfahren somit dadurch, dass es anstelle von Erdgas und Methan andere Kohlenwasserstoffe und/oder Alkohole als Ausgangsstoffe zur Erzeugung von Wasserstoff einsetzt.

4

Dem Verfahren nach Anspruch 1 vorliegender Anmeldung ist daher die Neuheit gegenüber Entgegenhaltung (3) zuzuerkennen.

Auch gegenüber den Druckschriften (1) und (4) ist die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 gegeben, da die Durchführung des Verfahrens zur Erzeugung [X.] mit hohem Brennwert aus flüssigem oder festen organischem Material nach Entgegenhaltung (1) nicht im beanspruchten Temperaturbereich von 550°C bis 700°C erfolgt (vgl. Beisp. 1 i. V. m. Tab. II) und das Verfahren zur Zersetzung feuchter Biomasse unter Gewinnung eines Gasgemisches, insbesondere Wasserstoff, gemäß Entgegenhaltung (4) in Anwesenheit eines Katalysators durchgeführt wird (vgl. Anspr. 1 [X.], [X.] 22 bis [X.], [X.] 3).

4. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aufgabe der vorliegenden Anmeldung ist es, ein weiteres Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff aus einer überkritischen wässrigen Lösung anzugeben, mit dessen Hilfe sich der Wasserstoffanteil von organischen Verbindungen und der durch [X.] aus der Wasserabspaltung resultierende Anteil ohne Einsatz eines Katalysators nahezu vollständig in gasförmigen Wasserstoff konvertieren lässt, wobei die [X.] in höheren Konzentrationen einsetzbar ist und auf die Zugabe von Sauerstoff verzichtet werden kann (urspr. einger. Beschreibung [X.], vorl. Abs.).

Die Aufgabe wird gelöst mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1.

2 ) mit dem vorliegend beanspruchten Verfahren (vgl. urspr. einger. Beschreibung [X.], letzt. Abs. mit 71,9 Vol.-% H 2 ) zeigt. Die Entgegenhaltung (1) führt insofern in eine andere Richtung.

Die Entgegenhaltung (4) kann ebenfalls nichts zur anmeldungsgemäßen Lösung der gestellten Aufgabe beitragen. Ihre Lehre geht nicht über den [X.] der Entgegenhaltung (1) hinaus, da auch sie die Umsetzung feuchter Biomasse unter Gewinnung eines Gasgemisches ausschließlich in Gegenwart eines Katalysators lehrt (vgl. Anspr. 1).

Nach alledem ist das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass der Anspruch 1 gewährbar ist.

5. Das Gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3, die weitere über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffen.

Meta

14 W (pat) 25/07

30.03.2010

Bundespatentgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.03.2010, Az. 14 W (pat) 25/07 (REWIS RS 2010, 7927)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7927

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