Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2016, Az. 4 AZR 990/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 15683

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Gegenstand

Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel - Gleichstellungsabrede - Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen - Voraussetzungen der Entstehung einer betrieblichen Übung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. September 2013 - 9 [X.]/13 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] - [X.] Bad Kreuznach - vom 13. November 2012 - 6 [X.]/12 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ([X.]) in seiner jeweils geltenden Fassung sowie hieraus resultierende Zahlungsansprüche für die Zeit von März bis September 2012.

2

Die Klägerin ist seit 1995 in den von der [X.]eklagten betriebenen Kliniken für Rheumatologie als [X.]ankenpflegerin beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag vom 31. März 1995 heißt es:

        

§ 2   

        

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem [X.] ([X.]) sowie den jeweils ergänzenden, ändernden, ersetzenden und sonstigen für die Art der Tätigkeit des [X.]eschäftigten einschlägigen Tarifvereinbarungen.“

3

Die Klägerin war zuletzt in [X.]. [X.]. IV, Stufe 9 [X.] eingruppiert. Seit März 2004 erhält sie eine monatliche Vergütung in Höhe von insgesamt 2.358,04 Euro brutto.

4

Die [X.]eklagte war zunächst mehrheitlich im [X.]esitz öffentlicher Anteilseigner, namentlich der Stadt [X.] und des [X.]. Mit Wirkung zum 1. Januar 1999 erwarb die [X.] [X.] der Aktien.

5

In § 5 II Nr. 5 des zwischen der [X.] auf der einen und der Stadt [X.] sowie dem [X.] auf der anderen Seite geschlossenen [X.] heißt es:

        

„Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Mitarbeiter werden weiterhin nach [X.]-[X.]MT-G entlohnt und deren Zusatzversorgung nach dem einschlägigen Tarifvertrag gewährleistet.“

6

Die [X.]eklagte war zunächst Mitglied im [X.]. Mit Ablauf des 31. März 1999 wurde sie aufgrund der neuen Eigentumsverhältnisse aus dem Verband ausgeschlossen, da die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht mehr gegeben waren.

7

Die [X.]eklagte gab die zum 1. April 1999, 1. August 2000, 1. September 2001, 1. März 2003 und 1. März 2004 für den öffentlichen Dienst vereinbarten tariflichen Entgelterhöhungen an ihre Arbeitnehmer weiter.

8

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die [X.]eklagte sei verpflichtet, sie nach der [X.] 4a, Stufe 5 [X.] für den Dienstleistungsbereich [X.]ankenhäuser im [X.]ereich der [X.] ([X.]-K) zu vergüten. Der Anspruch ergebe sich aus § 2 des Arbeitsvertrags. Zudem enthalte § 5 II Nr. 5 des [X.] einen echten Vertrag zugunsten Dritter. Die mehrfache Weitergabe der [X.] in den Jahren 1999 bis 2004 habe schließlich in Ansehung der genannten Erklärung im Aktienkaufvertrag zu einer Vertragsänderung geführt, jedenfalls aber eine betriebliche Übung begründet.

9

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an sie 840,21 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz aus jeweils 120,03 Euro brutto seit dem 1. Mai 2012, 1. Juni 2012, 1. Juli 2012, 1. August 2012, 1. September 2012 und 1. Oktober 2012 zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die [X.]eklagte verpflichtet ist, sie ab Oktober 2012 nach der [X.] 4a, Stufe 5 TVöD-K zu vergüten.

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der arbeitsvertraglichen [X.]ezugnahmeklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der ehemaligen Senatsrechtsprechung. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitgeberverband wirkten die in [X.]ezug genommenen Tarifverträge deshalb nur noch statisch fort. Aus dem Aktienkaufvertrag folge nichts anderes. Dieser Vertrag binde sie nicht. Sie sei nicht Vertragspartei, sondern vielmehr nur Gegenstand des Vertrags gewesen. § 5 II Nr. 5 des [X.] enthalte keine Pflicht zur Gewährung künftiger [X.] an Dritte. Allein die mehrmalige Weitergabe von [X.] führe überdies nicht zu einer betrieblichen Übung und damit einer entsprechenden Verpflichtung für die Zukunft.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die [X.]eklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und begründet. Das [X.] durfte der Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Klageabweisung (§ 563 Abs. 3 ZPO).

I. Die Revision ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Die Beschwer der [X.] ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht durch die Zahlung der titulierten Entgeltforderung (teilweise) entfallen.

1. Die Beschwer einer zur Zahlung verurteilten Partei entfällt, wenn sie den titulierten Betrag nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zahlt, sondern den [X.] aus freien Stücken ohne Vorbehalt (endgültig) erfüllen will. Ob das eine oder andere anzunehmen ist, richtet sich nach den dem Zahlungsempfänger erkennbaren Umständen des Einzelfalls ([X.] 21. März 2012 - 5 [X.] - Rn. 12).

2. Im Streitfall war die Beklagte von der Klägerin nach Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das [X.] unter Fristsetzung zur Zahlung der vom Arbeitsgericht titulierten Forderung aufgefordert worden. Das der Klage stattgebende, vom Berufungsgericht bestätigte erstinstanzliche Urteil war auch vorläufig vollstreckbar (§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Beklagte konnte daher das Schreiben der Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 [X.]) auch ohne ausdrücklichen Hinweis als Inaussichtstellung der Zwangsvollstreckung verstehen. Anders als in der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des [X.] hat die Beklagte nicht im Zusammenhang mit der Zahlung zum Ausdruck gebracht, die Klägerin könne das Geld unabhängig vom Ausgang eines Revisionsverfahrens behalten (vgl. [X.] 21. März 2012 - 5 [X.] - Rn. 14).

II. Die Revision der [X.] ist begründet. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der [X.] 4a, Stufe 5 [X.]-K und die Zahlung der entsprechenden Vergütungsdifferenzen für den Zeitraum von März bis September 2012.

1. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, durch die Weitergabe der [X.] in den Jahren 1999 bis 2004 sei eine - die Beklagte für die Zukunft bindende - betriebliche Übung entstanden.

a) Die Beurteilung, ob die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen die Annahme einer betrieblichen Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen rechtfertigen oder nicht, unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. nur [X.] 19. August 2015 - 5 [X.] - Rn. 20; 5. Mai 2015 - 1 [X.] - Rn. 26; 31. Juli 2007 - 3 [X.] - Rn. 17; 18. April 2007 - 4 [X.] - Rn. 45; grundlegend 28. Juni 2006 - 10 [X.] - Rn. 39 mwN, [X.]E 118, 360).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden ([X.] 23. März 2011 - 4 [X.]/09 - Rn. 59).

aa) Aus einem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 [X.]), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 [X.]) verstehen musste und durfte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr setzt ein, wenn aus der Sicht des Erklärungsempfängers der Erklärende einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat ([X.]. nur [X.] 23. März 2011 - 4 [X.]/09 - Rn. 60; 17. März 2010 - 5 [X.] - Rn. 20, [X.]E 133, 337).

bb) Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern wiederholt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet, kann eine betriebliche Übung dann entstehen, wenn deutliche Anhaltspunkte in seinem Verhalten dafür sprechen, dass er die Erhöhungen - auch ohne das Bestehen einer tarifvertraglichen Verpflichtung - künftig, dh. auf Dauer übernehmen will ([X.] 19. Oktober 2011 - 5 [X.] - Rn. 14; 23. März 2011 - 4 [X.]/09 - Rn. 61 mwN).

(1) Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, entsteht regelmäßig lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Entgelts, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige [X.] weiterzugeben ([X.] 20. Juni 2001 - 4 [X.] 4 c bb der Gründe). Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber will sich grundsätzlich nicht für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände unterwerfen. Dies ist gerade Sinn des nicht erfolgten Beitritts zu einem Arbeitgeberverband. Die fehlende [X.] verdeutlicht - für die Arbeitnehmer erkennbar - den Willen des Arbeitgebers, die Erhöhung der Löhne und Gehälter zukünftig nicht ohne Beitrittsprüfung entsprechend der Tarifentwicklung vorzunehmen ([X.] 19. Oktober 2011 - 5 [X.] - Rn. 15; 23. März 2011 - 4 [X.]/09 - Rn. 61 mwN).

(2) Auch ein tarifgebundener Arbeitgeber, der die [X.] - ungeachtet der [X.] des einzelnen Arbeitnehmers - an alle Arbeitnehmer weitergibt, will sich - auch insoweit für die Arbeitnehmer erkennbar - im Regelfall nicht über die Zeit seiner [X.] hinaus ohne die Möglichkeit einer Kündigung des Tarifvertrags oder eines Verbandsaustritts dauerhaft (vertraglich) binden (vgl. [X.] 19. Oktober 2011 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN).

c) Danach hat die Beklagte mit der Weitergabe der [X.] in den Jahren 1999 bis 2004 keine betriebliche Übung begründet, auf die die Klägerin ihren [X.] stützen könnte. Es fehlt an den erforderlichen - über die bloße Weitergabe der [X.] hinausgehenden - deutlichen Anhaltspunkten im Verhalten der [X.], aus denen sich für die Klägerin erkennbar der Wille ergäbe, sie wolle auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Erhöhungen ohne Weiteres übernehmen. Dabei kann dahinstehen, ob § 5 II Nr. 5 des [X.] zugunsten der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bei der [X.] beschäftigten Mitarbeiter eine dynamische Bindung an die künftigen Tarifentwicklungen vorgeben wollte. Dafür könnte der Wortlaut („weiterhin“; „dem einschlägigen Tarifvertrag“) sprechen. Die Vertragsklausel beruht jedoch weder auf einem Verhalten der [X.] noch enthält sie eine an die Arbeitnehmer gerichtete Erklärung (vgl. dazu [X.] 23. März 2011 - 4 [X.]/09 - Rn. 66).

aa) Die Beklagte war nicht Partei, sondern vielmehr Gegenstand des [X.]. Es fehlt bereits an einem eigenen Verhalten der Arbeitgeberin, das ein Vertrauen der Klägerin begründen könnte, die - bloße - Weitergabe der [X.] erfolge mit Rechtsbindungswillen auch hinsichtlich künftiger Erhöhungen. Allein aus der Zahlung der erhöhten Tariflöhne ergeben sich noch keine deutlichen Anhaltspunkte dafür, die Beklagte habe einer von der Erwerberin der Aktien möglicherweise übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtung nachkommen wollen.

bb) Die Vertragsklausel war überdies nicht an die Arbeitnehmer der [X.] gerichtet. Sie entfaltete lediglich schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien des [X.]. Selbst wenn die Arbeitnehmer - möglicherweise sogar trotz einer in demselben Vertrag enthaltenen Verschwiegenheitspflicht - von der Klausel Kenntnis gehabt haben sollten, wäre diese aus Sicht eines objektiven Empfängers auch aus diesem Grund nicht geeignet gewesen, dem Verhalten der [X.] einen über die Weitergabe der jeweiligen Entgelterhöhung hinausgehenden vertraglichen Erklärungsgehalt beizumessen.

2. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 561 ZPO).

a) Ein Anspruch auf die Weitergabe der [X.] folgt nicht aus § 2 des Arbeitsvertrags. Die dort enthaltene Bezugnahmeregelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Ihre Dynamik endete daher mit dem [X.] der [X.] zum 31. März 1999.

aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Senats galt die - widerlegbare - Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat der Senat die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge [X.] in aller Regel als sog. [X.] auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde de[X.]alb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen [X.] nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei (st. Rspr., [X.]. nur [X.] 23. Februar 2011 - 4 [X.] - Rn. 17 f. mwN).

bb) Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche [X.], die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die [X.] lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf [X.] an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. Januar 2002 vereinbart worden sind ([X.] 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 24 ff., [X.]E 116, 326; 18. April 2007 - 4 [X.] - Rn. 29 ff., [X.]E 122, 74; bestätigt durch [X.] 26. März 2009 - 1 [X.] - und 21. April 2009 - 1 BvR 784/09 -).

cc) In Anwendung dieser Grundsätze verweist § 2 des Arbeitsvertrags lediglich statisch auf den am 31. März 1999 geltenden [X.].

(1) Die Beklagte war bei Abschluss des Arbeitsvertrags im März 1995 nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG aufgrund ihrer Verbandsmitgliedschaft im [X.] an den [X.] gebunden. Ihre [X.] endete durch den [X.] zum 31. März 1999. Die nach diesem Zeitpunkt vorgenommenen Tarifänderungen einschließlich der in den Jahren 2005 und 2006 erfolgten Ablösung des [X.] durch den [X.] und den [X.] werden von der [X.] nicht mehr erfasst.

(2) Aus der [X.] oder den Begleitumständen ergeben sich im [X.] keine Anhaltspunkte für ein abweichendes Verständnis der vertraglichen Regelung. Insbesondere rechtfertigt die - bloße - Weitergabe mehrerer [X.] nicht die Annahme, die Beklagte habe eine unbedingte dynamische Bezugnahme vertraglich vereinbaren wollen (so allerdings [X.] 9. September 2011 - 9 [X.] - zu [X.] 1 c der Gründe). Zwar kann die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die Arbeitsvertragsparteien Anhaltspunkte für deren tatsächlichen Willen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein. Der bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachte objektive Gehalt der wechselseitigen Willenserklärungen kann aber durch die spätere tatsächliche Handhabung nicht mehr beeinflusst werden ([X.] 7. Juni 2006 - 4 [X.] - Rn. 43).

(3) Die Arbeitsvertragsparteien haben nach dem 31. Dezember 2001 keinen „Neuvertrag“ abgeschlossen.

(a) Der von der Rechtsprechung gewährte Vertrauensschutz für „Altverträge“ entfällt, wenn die [X.] nach dem 31. Dezember 2001 erneut vereinbart wird. Bei der Änderung eines von einem Arbeitgeber geschlossenen „[X.]“ ist dies der Fall, wenn die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist ([X.] 8. Juli 2015 - 4 [X.] - Rn. 26; 13. Mai 2015 - 4 [X.] - Rn. 26; 24. Februar 2010 - 4 [X.] - Rn. 25 mwN).

(b) Eine ausdrückliche Vertragsänderung nach dem 31. Dezember 2001, in der die Parteien § 2 des Arbeitsvertrags erneut zum Gegenstand ihrer rechtsgeschäftlichen Willensbildung gemacht hätten, ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine konkludente Vertragsänderung sind ebenfalls nicht gegeben. Allein die Weitergabe der [X.] lässt nicht auf einen entsprechenden vertraglichen [X.] schließen.

b) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht - wie von ihr geltend gemacht - aus § 5 II Nr. 5 des [X.] iVm. §§ 328 ff. [X.]. Die Vertragserklärung stellt keinen (echten) Vertrag zugunsten Dritter dar. Schon der Wortlaut der Regelung bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Auslegung, es handele sich um einen Vertrag iSv. § 328 [X.], der unmittelbare Rechte zugunsten der Klägerin und der anderen Arbeitnehmer begründe. In § 5 II Nr. 5 des [X.] heißt es lediglich, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Mitarbeiter würden weiterhin nach [X.]-[X.] entlohnt. Daraus ergibt sich allenfalls die Verpflichtung der [X.] gegenüber den Verkäuferinnen, die Beschäftigten trotz des Übergangs der Kliniken weiterhin nach dem [X.] oder dem [X.] zu vergüten. Darüber hinausgehende Verpflichtungen der [X.] gegenüber den Arbeitnehmern, die innerhalb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden sollten, enthält dieser Passus nicht (ebenso hinsichtlich derselben Klausel [X.] 29. November 2007 - 2 [X.] - Rn. 21).

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Eylert    

        

    Treber    

        

    Rinck     

        

        

        

    Drechsler    

        

    Th. [X.]     

                 

Meta

4 AZR 990/13

24.02.2016

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Mainz, 13. November 2012, Az: 6 Ca 517/12, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 151 BGB, § 328 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2016, Az. 4 AZR 990/13 (REWIS RS 2016, 15683)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15683

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Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 295/17

5 Sa 167/15

8 Sa 477/17

8 Sa 284/17

8 Sa 285/17

11 Ca 1907/20

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