Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. 2 StR 340/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 6588

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:040718U2STR340.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 340/17

vom
4. Juli 2018
in der Strafsache
gegen

wegen des Verdachts des Betruges

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
4. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. [X.],

die Richterinnen am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
die
Richter am [X.]
Dr. Grube,
[X.],

[X.] beim [X.]

in der Verhandlung,
Staatsanwalt beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
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3
-

1.
Das Urteil des [X.] vom 30.
November 2016
wird, soweit es den Angeklagten [X.]

betrifft,
a)
auf die Revision der Staatsanwaltschaft,
b)
auf die Revision des Angeklagten, soweit er verurteilt worden ist,
jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Land-gerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

unter Freispruch im Übri-
gen wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt,
deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf des ban-den-
und gewerbsmäßigen Betruges in 40
Fällen und des Versuchs hiervon in neun Fällen, davon in sieben Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger [X.],
hat es den Angeklagten freigesprochen.
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Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsan-waltschaft wendet sich mit der Sach-
und Verfahrensrüge
insbesondere
gegen den Freispruch. Das
unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel, mit dem die [X.] etwa auch die rechtsfehlerhaft unterbliebene Verurteilung als [X.] gerügt hat, hat mit der Sachrüge den aus der Urteilsformel ersichtli-chen Erfolg. Es führt auch zur Aufhebung des Schuldspruchs, da dieser zu Las-ten des Angeklagten rechtsfehlerhaft
ist (§
301 StPO).
Auch die auf die
Rüge
der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Die Revision der Staatsanwaltschaft
1.
Der Freispruch des Angeklagten
a)
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrem Rechtsmittel gegen den Teilfreispruch des Angeklagten und begehrt dessen Verurteilung wegen

banden-
und gewerbsmäßigen
Betruges
in zwei Fällen
(Fälle [X.] und 2 der Urteilsgründe) jeweils tateinheitlich begangen mit Beihilfe zum banden-
und gewerbsmäßigen Betrug in 41 Fällen.
aa)
Zum [X.] hat das [X.] folgende Feststellungen getroffen:
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Der Angeklagte war seit 1995 im Bereich der Vermittlung von [X.] und seit 1998 auch in der Vermittlung von Mantelgesellschaften tätig. Ab dem [X.] vereinbarte er mit dem Angeklagten M.

diesbezügli-
che gemeinsame Geschäfte. [X.]

s Aufgabe sollte dabei die Verkäuferakqui-
se sein, während M.

die Gewinnung und Betreuung der Käufer übernehmen
sollte. Insbesondere vermittelten die Angeklagten M.

und [X.]

dabei auch
Gesellschaften mit solider Bonität an Käufer, die eben diese Bonität nutzen
wollten, um noch vor der registerrechtlichen Umsetzung des Inhaber-
und
Geschäftsführerwechsels Warenlieferungen oder den Abschluss von Leasing-verträgen über die Firmenhülle zu tätigen. Einige dieser Geschäfte gerieten zum Rückschlag für M.

und [X.]

, so dass sich insbesondere der Mitange-
klagte M.

Mitte 2013 in einer prekären finanziellen Lage
befand. Er und der
Mitangeklagte [X.]

kamen im Dezember 2013 mit dem Angeklagten A.

überein, dauerhaft und fortgesetzt
durch Warenbestellbetrug Geld zu erlangen.
bb) Keine sichere Überzeugung von einer Täterschaft
des Angeklagten hat sich das [X.] in den Fällen
[X.] und 2 der Urteilsgründe verschaf-fen können, in denen M.

, [X.]

und A.

den Verkäufer der Mantelfir-
ma (Fall [X.] der Urteilsgründe) und einen beurkundenden Notar (Fall [X.] der Urteilsgründe) betrogen:
Als Hülle für die vorzunehmenden Bestellungen
sollte die J.

AG
dienen, die über eine gute Bonität verfügte und die ihr Inhaber, der
Zeuge
S.

verkaufen wollte. [X.]

kam als Käufer nicht in Betracht, da der
Zeuge S.

nicht bereit war, an einen Ausländer zu verkaufen, so dass
der vormals Mitangeklagte A.

, handelnd unter dem [X.].

,

M.

begleitete und als Käufer auftrat. Entgegen vorheriger Absprache, jedoch
wie von den Angeklagten geplant,
zahlte M.

S.

nicht den Kaufpreis in
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Höhe von 10.000
Euro in bar,
was weitere Treffen notwendig machte, in deren Verlauf die Angeklagten auf Drängen schließlich 7.000 Euro zahlten. Diese Teilzahlung nahmen sie allein vor, um die Aufdeckung bereits unter dem
Firmenmantel getätigter Betrugshandlungen zu verhindern. Der Angeklagte
[X.]

nahm an zumindest einem dieser Treffen Anfang Januar 2014 teil und
gab sich dabei gegenüber
dem Zeugen S.

sowie dem als Steuerberater
und Aufsichtsratsvorsitzenden der J.

AG tätigen Zeugen

G.

.

B.

aus. Bei diesem Treffen übergab der Zeuge

G.

Abschlusszahlen
für 'das [X.] und einen von ihm unterschriebenen Umlaufbeschluss (Fall
[X.] der Urteilsgründe für die Angeklagten M.

und [X.]

).
Zwischen dem 3. und 9. Januar begleitete der Angeklagte [X.]

den
Mitangeklagten
A.

in das Notariat

Fr.

und

H.

nach
W.

, wo die

.

.

AG
beglaubigt werden sollte. Wie von Anfang an geplant, wurde die [X.] über 146,43 Euro nicht beglichen (Fall [X.] der Urteilsgründe für die Angeklagten M.

und [X.]

).
Das [X.] hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass auch der Angeklagte [X.]

in jene Tathandlungen einbezogen war. Zwar habe
dieser

nach dem bereits abgeschlossenen Kaufvertrag über die Anteile an der
J.

AG

die Zeugen S.

und

G.

über seine Identi-
tät getäuscht, jedoch keinen Einfluss auf Ablauf oder Inhalt von Verhandlungen mit ihnen genommen.
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Des Weiteren hat das [X.] die Einlassung des Angeklagten
[X.]

, von den betrügerischen Absichten der Mitangeklagten keine Kenntnis
gehabt und dem Mitangeklagten M.

nur als Berater zur Seite gestanden zu
haben, als unwiderlegt angesehen (UA S.
120
ff.). Der Aussage des [X.]

, der Angeklagte [X.]

sei in die Tatplanung eingeweiht gewe-
sen, hat es keine Bedeutung beigemessen, weil es sich dabei um pauschale Behauptungen gehandelt habe, zu denen sich der Angeklagte M.

auch nicht
weiter eingelassen habe
(UA S.
120, 123).
b) Der Freispruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
aa) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an [X.] Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regel-mäßig hinzunehmen; denn die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem [X.] Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder
Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 9.
Juni 2005

3 [X.], NJW 2005, 2322, 2326; vom 16. August 2012

3
StR 180/12, juris Rn. 5). Dies ist hier der Fall.
bb) Die Erwägungen, mit denen das [X.] objektive Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Angeklagten verneint hat, lassen besorgen, dass es über-spannte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung gestellt hat. 13
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Darüber hinaus fehlt eine Gesamtwürdigung aller Indizien, die für eine Kenntnis des Angeklagten sprechen könnten. Das [X.] hat vielmehr jedes festge-stellte Indiz lediglich einzeln abgehandelt und verneint, dass es jeweils die Kenntnis belegt. Das [X.] hätte jedoch im Rahmen der Beweiswürdi-gung nachvollziehbar darlegen müssen, wieso der Angeklagte selbst unter
einem Falschnamen auftrat und das Auftreten des A.

vor einem Notar

unter einem Falschnamen unwidersprochen hinnahm, ohne die betrügerische Absicht gegenüber dem Verkäufer und dem Notar wahrzunehmen. Auch wäre zu erörtern gewesen, welchen Zweck die Anwesenheit des Angeklagten bei den Terminen hatte, wenn nicht jenen, die Angeklagten in [X.] zu unterstüt-zen. Auch die Tatsache, dass der Angeklagte am selben Tag oder wenige Tage später mit derselben [X.] eine Betrugshandlung unter dem Firmen-mantel vornahm, hätte das [X.] in seine Gesamtabwägung einbeziehen und darlegen müssen, wieso es sich dem im Tatzeitpunkt seit 15 Jahren in der Vermittlung von Mantelgesellschaften tätigen Angeklagten nicht erschloss, dass die übrigen Angeklagten den Aufwand des Erwerbs einer Mantelgesellschaft nicht nur für die eine Tat, für die er verurteilt wurde (Fall [X.] der [X.]), trieben.
c) Auf die Verfahrensrüge, mit der die Staatsanwaltschaft geltend macht, das [X.] habe [X.] zwischen den Angeklagten M.

und
[X.]

nicht bzw. nicht umfassend in seine Beweiswürdigung einbezogen,
kommt es damit nicht an; sie ist im Übrigen

wie der [X.] in seiner Zuschrift vom 15.
Dezember 2017 zutreffend dargelegt hat

unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des §
344 Abs.
2 Satz
2 StGB entspricht.
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2. Die Verurteilung des Angeklagten
a) Soweit das [X.] den Angeklagten verurteilt hat, liegen dem fol-gende Feststellungen zugrunde:
Am 9. Januar 2014 verhandelte der Angeklagte
[X.]

wiederum unter
der [X.].

.

GmbH
über den Verkauf von 220 Fernsehgeräten sowie zweier kostenlos dazu gelie-ferter Geräte. Der Angeklagte wusste, dass die 220 Geräte nicht bezahlt und nach Abholung gewinnbringend weiterveräußert werden sollten. Er [X.], eines der beiden kostenfreien Geräte für sich zu verwenden. Nach durchge-führter Bonitätsprüfung bot die D.

GmbH die Lieferung von 220
Geräten zum Preis von 71.995
Euro brutto
bei einer Anzahlung von 50% des Kaufpreises an. Eine Lieferung erfolgte nicht (Fall
[X.] der Urteilsgründe,
UA S.
44
f.).
b) Die Angeklagten M.

und [X.]

hat das [X.] wegen 37
(M.

) und 33 ([X.]

) weiterer, der Vorgehensweise im vorgenannten Fall
[X.] der Urteilsgründe weitgehend entsprechender, zum Teil im [X.] verbliebener Taten verurteilt.
c) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hält der Schuld-spruch gegen den Angeklagten wegen Betruges in Fall [X.] der Urteilsgründe revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
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zu einer Vermögensverfügung der Geschädigten kam, die zu einer Ver-mögensgefährdung geführt hat. Wäre die Geschädigte durch den
Abschluss eines Kaufvertrages eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Lieferung der Geräte eingegangen, wäre zwar eine [X.] insoweit eingetreten, als sie der J.

AG als einem nicht
erfüllungsbereiten oder erfüllungsfähigen Vertragspartner gegenüber
vorleistungspflichtig war (vgl. [X.] NStZ 1998, 85). Aus den [X.] ergibt sich aber nicht zweifelsfrei, dass ein entsprechender Kaufver-trag mit einer
Pflicht zur zumindest teilweisen Vorleistung überhaupt
zustande gekommen ist.
Die Kammer hat zwar festgestellt, der Angeklagte habe mit dem Zeugen
Sc.

eine
über die Lieferung der Fernsehgeräte ge-
troffen ([X.]), wobei sie davon
ausgeht, dass er die Liefer-
und [X.] mit dem Zeugen ausgehandelt hat (UA S.
123). Das steht aber im Widerspruch dazu, dass nach den Feststellungen der Mit-angeklagte M.

die Firma D.

erst im Nachgang zu dem Telefo-
nat des Angeklagten um ein schriftliches Angebot gebeten hat. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass das daraufhin von der Firma
D.

abgegebene Angebot verbindlich war und nur noch der
Annahme durch die Angeklagten bedurfte, lassen die weiteren [X.] aber offen, ob das Angebot -
insbesondere die darin enthaltenen Zahlungsbedingungen

der mit dem

n-öglich ist nach den lückenhaften Ausführungen im Urteil auch, dass es gerade in dieser Hinsicht von der telefonisch
getroffenen

Seiten der Angeklagten ohnehin nicht
in Betracht kam. Hierfür spricht der Umstand, dass die als Bedingung für eine Lieferung geforderte
Anzahlung in Höhe von 50% des Kaufpreises durch die Angeklagten
weder geleistet werden konnte, noch tatsächlich geleistet wurde (UA S.
44). Ob der Angeklagte schon durch die mit dem Zeugen Sc.

ge-
troffene Vereinbarung aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, um eine Lieferung der Fernsehgeräte oder zumindest eine Teillieferung ohne Vorkasse zu erhalten, lässt sich den Urteilsgründen ebenfalls nicht zweifelsfrei entnehmen. Die im Urteil wiedergegebene Aussage des
Zeugen Sc.

, bei Zustandekommen des Geschä

Gratisgeräte
versprochen worden ([X.]), deutet vielmehr darauf hin, dass auch der Angeklagte nicht davon ausgegangen ist, bereits durch die telefonisch getroffene Vereinbarung sei eine rechtsgeschäftli-che Verpflichtung zur Lieferung entstanden. Daher kommt auf der Grund--
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lage der bisherigen Feststellungen auch eine Verurteilung wegen ver-

Dem schließt sich der Senat an.
[X.] Die Revision des Angeklagten
Aus den oben I.2
genannten Gründen hat auch die gegen die [X.] gerichtete Revision des Angeklagten Erfolg.
[X.]

[X.]

[X.]

Grube

[X.]

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25

Meta

2 StR 340/17

04.07.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. 2 StR 340/17 (REWIS RS 2018, 6588)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6588

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 340/17

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