Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. VI ZB 1/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6509

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB
1/13
vom

8. April 2014

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 B, Fe
Zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Beginns der Übertragung einer Rechts-mittelbegründung mittels Telefax.
[X.], Beschluss vom 8. April 2014 -
VI [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der VI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am
8. April
2014
durch den [X.], [X.], Pauge und [X.] und die Richte-rin von Pentz
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4.
Zivilsenats des [X.] vom 5.
Dezember 2012 wird auf Kosten des Streithelfers des [X.] als unzulässig verworfen.
[X.]: 46.200

Gründe:
I.
Mit Urteil vom 24.
August 2012 hat das [X.] die auf Unterlassung der Verbreitung von Fotos gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des [X.] am 30.
August 2012 zugestellt worden. Hiergegen hat er am Montag, dem 1.
Oktober 2012 Berufung eingelegt. [X.]sbegründung ist nach Ablauf der bis zum 30.
Oktober 2012 laufenden Frist am 31.
Oktober 2012 um 00.02
Uhr beim [X.] eingegangen.
Auf den Hinweis des [X.]s vom 9.
November 2012 hat der Kläger am 15.
November 2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er
-
anwaltlich versichert durch seinen Prozessbevollmächtigten
-
vorgetragen,
dieser habe am 30.
Oktober 2012 um 23.45 Uhr versucht, das Telefax mit dem 1
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-
3
-

[X.]satz zu
übersenden,
und
danach
im Wahlwieder-holungsmodus zunächst alle 15 Sekunden, später
in minütlichen Abständen versucht, eine Verbindung aufzubauen. Dies sei jedoch erst um 00.00
Uhr ge-glückt, so dass die Übertragung erst um 00.02
Uhr abgeschlossen gewesen sei.
Das [X.] hat ihn daraufhin mit Verfügung
vom 16. Novem-ber 2012 darauf hingewiesen, dass sein
Vorbringen im Widerspruch zu dem [X.] des Gerichts stehe. Danach sei das Faxgerät am 30.
Oktober 2012 um 22.27
Uhr für 45
Sekunden mit dem Empfang einer Faxsendung belegt und anschließend bis zum Empfang der [X.] nicht mehr aktiv gewesen. Es seien keine Gründe in der Sphäre des Gerichts erkennbar, dass um 23.45 Uhr keine Verbindung hätte zustande kommen können. Deshalb
dürfte eine Glaubhaftmachung durch anwaltliche (und nicht eidesstattliche) Ver-sicherung nicht genügen. Zudem dürfte es erforderlich sein, die [X.] am 30.
Oktober 2012 und die Gründe für das Scheitern
durch geeignete technische Aufzeichnungen zu belegen. Der Prozessbevollmächtigte des [X.] hat daraufhin vorgetragen, welche Ursache die zunächst fehlgeschlagenen Übertragungsversuche gehabt hätten, lasse sich nicht mehr feststellen. Eine fehlerhafte "Amtsholung"
sei jedoch auszuschließen, weil die Nebenstellenan-lage in der Kanzlei automatisch zunächst über die "0" eine Amtsleitung aufbaue und erst danach die Teilnehmernummer wähle. Es werde anwaltlich versichert, dass diese "Amtsholung" erfolgreich verlaufen sei. Da im [X.] schließlich der Verbindungsaufbau gelungen sei, sei
davon auszugehen, dass die Nummer des [X.]s ursprünglich korrekt eingegeben worden sei. Weitere Mittel als die Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versi-cherung stünden nicht zur Verfügung. Insbesondere sei es nicht möglich, ein Telefaxprotokoll vorzulegen, da dieses nur das Ergebnis der Wahlwiederholung
protokolliere, nicht aber die vorausgegangenen erfolglosen Versuche.
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-
4
-

Das [X.] hat den Antrag des [X.], ihm Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungs-frist zu bewilligen, abgelehnt, weil nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei, dass die Fristversäumung
nicht auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten beruhe. Zugleich hat es die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der auf Seiten des [X.] als Streithelfer
beigetretene Prozessbevollmächtigte II.
Instanz mit der Rechtsbeschwerde.

II.
Die gemäß §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt
den
Klä-ger
weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wir-kungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechts-staatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG). Danach darf einem Beteiligten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines [X.] versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der [X.] eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Juni 2012 -
VI
ZB 54/11, [X.], 1411 Rn.
5; vom 10. September 2013 -
VI
ZB 61/12, NJW-RR 2013, 1467
Rn.
5).
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5
-

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des [X.] mit der Begründung zurückgewiesen, es sei
nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Pro-zessbevollmächtigten beruht.
a) Nach §
233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ge-währen, wenn eine [X.] ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungs-begründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der [X.] zuzurechnen (§
85 Abs.
2 ZPO). Die [X.] muss die die Wieder-einsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§
236 Abs.
2
Satz 1
ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit of-fen bleibt, dass die Fristversäumnis von der [X.] bzw. ihrem
Prozessbevoll-mächtigten verschuldet war (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
April 2011
[X.], [X.], 1417 Rn.
8).
Dies ist hier der Fall.
b) Zwar hat der Nutzer mit der Wahl einer Telefaxübertragung bei ord-nungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der [X.] das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24.00
Uhr zu rechnen ist (vgl. [X.], Be-schlüsse
vom 1.
Februar 2001 -
V [X.], NJW-RR 2001, 916; vom 20.
De-zember 2007 -
III ZB 73/07, juris Rn.
4;
vom 11.
Januar 2011 -
VIII ZB 44/10, juris Rn.
8; vom 6.
April 2011 -
[X.], aaO Rn.
9). Wird die [X.] durch Telefax durch ein Gericht eröffnet, dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels
herrüh-renden besonderen Risiken nicht auf die Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Das gilt im Besonderen für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in 6
7
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-
6
-

der Sphäre
des Gerichts (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11.
Januar 2011 -
VIII ZB 44/10, aaO; vom 6.
April 2011 -
[X.], aaO).
c) Im Streitfall ist aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder eine Störung des Empfangsgeräts im Gericht noch eine solche bei dem Telefaxgerät des Prozessbevollmächtigten des [X.] noch ein rechtzeitiger Beginn der Übertragung seitens des Prozessbevollmächtigten des [X.] glaubhaft gemacht.
Das [X.] hat anhand einer
Überprüfung des [X.]s des Gerichts festgestellt, dass das Faxgerät am 30.
Oktober 2012 um 22.27
Uhr für 45
Sekunden mit dem Empfang einer Faxsendung belegt und an-schließend bis zum Empfang der [X.] im hiesigen Ver-fahren nicht mehr aktiv war. Da es bei der Übersendung des Faxes um 0.00
Uhr einwandfrei funktionierte und den Eingang dieser Sendung speicherte, sind keine Gründe ersichtlich und auch nicht vom Beschwerdeführer dargetan, die auf eine Störung im Bereich des Gerichts hinweisen könnten. Eine Störung des Faxgeräts seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger nicht vorgetra-gen.

Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungs-gericht alleine die anwaltliche Versicherung, der Prozessbevollmächtigte habe mit dem Versuch einer Übersendung der Berufungsbegründung um 23.45
Uhr begonnen, nicht als ausreichend angesehen hat. Trotz des Hinweises, dass eine anwaltliche (und nicht eidesstattliche) Versicherung nicht ausreiche, hat der Kläger auch mit seiner ergänzenden Stellungnahme keine weiteren Mittel der Glaubhaftmachung, insbesondere keine eidesstattliche Versicherung, zu dem Vortrag vorgelegt, die [X.] hätten bereits um 23.45
Uhr be-gonnen. Er hat auch kein Sendeprotokoll vorgelegt, sondern nur anwaltlich ver-sichern lassen, es gebe kein Telefaxprotokoll, das auch die erfolglosen Anwähl-9
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versuche protokolliert habe. Letzteres hat der Beschwerdeführer
im [X.] durch seine eidesstattliche Versicherung und eine Bestäti-gung des Geräteherstellers, dass die Faxmodelle [X.] die einzelnen [X.] nicht einzeln protokollierten, ergänzt. Unabhängig davon, ob die eidesstattliche Versicherung im Rechtsbeschwerdeverfahren noch zu berücksichtigen ist, reicht sie jedenfalls für die nach §
236 Abs.
2
Satz
1
ZPO erforderliche Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begrün-denden Tatsachen nicht aus. Insoweit kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob die [X.] bereits um 23.45
Uhr begonnen haben.
Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Verletzung des [X.] auf rechtliches Gehör wegen eines Verstoßes des Berufungsgerichts gegen §
139 ZPO liegt schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht mit der Verfügung vom 16.
November 2012 den erforderlichen Hinweis erteilt hat. Im Übrigen ist
auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts anderes vorgetra-gen, als der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde liegt. Selbst
wenn der Sendebericht, der nach wie vor nicht vorgelegt ist, die Darstellung des [X.] nicht widerlegen würde, dass nur das
Ergebnis der Wahlwiederho-lung protokolliert werde, ist er
nach dem Vortrag des Beschwerdeführers
nicht geeignet, dessen Darstellung hinsichtlich der behaupteten [X.] glaubhaft zu machen.
d) Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
kann mithin nicht gewährt werden, weil zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der [X.] bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschul-det war.
2. [X.] war demgemäß nach §
522 Abs.
1 Satz
2 ZPO als unzu-lässig zu verwerfen, weil der Kläger sie entgegen §
520 Abs.
2 ZPO nicht [X.] begründet hat. Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax 12
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übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signa-le noch vor Ablauf des letzten Tages der
Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Mai 2013 -
III
ZR 289/12, [X.], 2514 Rn.
11 mwN). Dies war nicht der Fall. [X.]sbegründung ist unstreitig erst nach Ablauf der bis
zum 30.
Oktober 2012 laufenden Frist am 31.
Oktober 2012 um 00.02
Uhr beim [X.] eingegangen.
Galke
[X.]
Pauge

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.08.2012 -
3 O 1794/11 -

O[X.], Entscheidung vom 05.12.2012 -
4 U 1590/12 -

Meta

VI ZB 1/13

08.04.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. VI ZB 1/13 (REWIS RS 2014, 6509)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6509

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZB 1/13

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VIII ZB 44/10

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