Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2006, Az. VII ZB 74/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5440

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF [X.]/05
vom 24. Januar 2006 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein ZPO § 788 Abs. 1 Die vom Schuldner übernommenen Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs sind regelmäßig notwendige Kosten der [X.]. Das gilt auch für die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandene Vergleichs- oder Einigungsgebühr. [X.], Beschluss vom 24. Januar 2006 - [X.]/05 - [X.] [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 24. Januar 2006

durch [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Gläubigerin werden der Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] vom 20. Mai 2005 und der Beschluss des [X.] vom 28. Juli 2004, mit dem der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungs-beschlusses hinsichtlich eines Betrags von 392,42 • zurückgewie-sen worden ist, aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Der Schuldner trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. [X.]: 392,42 • Gründe: [X.] Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid. Während des [X.] schloss sie, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, im Juli 2000 mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung. Darin wurde dem Schuldner [X.] - 3 - stattet, die Forderung in monatlichen Raten von 500 DM (255,65 •) zu tilgen; bei einem Zahlungsrückstand sollte die gesamte Restforderung sofort fällig werden. Der Schuldner trat der Gläubigerin zur Sicherheit drei Werklohnforde-rungen ab und übernahm die Kosten der Vereinbarung. 2 Der Schuldner geriet mit seinen Ratenzahlungen in Rückstand. Die Gläubigerin beantragte den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbe-schlusses wegen eines Gesamtbetrages von 4.717,13 •. Darin sind Rechtsan-waltsgebühren in Höhe von 392,42 • für den Abschluss der Ratenzahlungsver-einbarung enthalten. Der Rechtspfleger hat es abgelehnt, insoweit den [X.] und Überweisungsbeschluss zu erlassen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Beschwerde-gericht zugelassene Rechtsbeschwerde. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist begründet. 3 1. Das Beschwerdegericht geht davon aus, dass durch die Ratenzah-lungsvereinbarung eine [X.] nach § 23 [X.] entstanden ist. Es meint jedoch, diese könne nicht gemäß § 788 Abs. 1 ZPO beigetrieben werden. Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne dieser Vorschrift seien nur solche, die der Vorbereitung und Durchführung der Zwangsvollstreckung unmittelbar dienten. Das sei bei der Ratenzahlungsvereinbarung nicht der Fall. Diese [X.] die freiwillige Befriedigung des Gläubigers. Fraglich erscheine zudem, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Gläubigerin als Großunter-nehmen für den Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung notwendig [X.] - 4 - sen sei. Der Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit rechtfertige letztlich keine andere Beurteilung. 5 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Wesentlichen nicht stand. Der Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wurde hinsichtlich des Betrags von 392,42 • zu Unrecht abgelehnt. 6 a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass durch die Ra-tenzahlungsvereinbarung eine [X.] nach § 23 [X.] angefallen ist. Es liegt ein Vergleich mit gegenseitigem Nachgeben vor. Die Gläubigerin hat sich mit Ratenzahlungen begnügt. Der Schuldner hat ihr zur Sicherheit drei Werklohnforderungen abgetreten (vgl. [X.], Rpfleger 1992, 408; [X.], [X.] 1979, 1642, 1643; [X.]/ Walker, ZPO, 3. Aufl., § 788 Rdn. 11). b) Ob die Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlosse-nen Vergleichs zu den nach § 788 Abs. 1 ZPO beitrei[X.]aren notwendigen Kos-ten der Zwangsvollstreckung gehören, ist in Rechtsprechung und Literatur um-stritten. Zum Teil wird diese Frage verneint mit der Begründung, der Vollstre-ckungsvergleich diene nicht unmittelbar der Durchführung der [X.], sondern gerade der Vermeidung von [X.]. Die Gegenansicht verweist auf prozessökonomische Gesichtspunkte und darauf, dass der Schuldner die Kosten des Vollstreckungsvergleichs veranlasst habe. Zum Teil wird darauf abgestellt, ob der Schuldner die Kosten im Vergleich übernommen hat (vgl. die Nachweise bei MünchKommZPO-Karsten [X.], 2. Aufl., § 788 Rdn. 15 und bei [X.]/Walker aaO). 7 c) Der Senat entscheidet die Streitfrage dahin, dass die Kosten eines Vollstreckungsvergleichs regelmäßig nach § 788 Abs. 1 ZPO beigetrieben wer-den können, wenn der Schuldner in dem Vergleich die Kosten übernommen 8 - 5 - hat. Ohne eine solche Vereinbarung wären die [X.] in entspre-chender Anwendung von § 98 Satz 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben [X.] (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 788 Rdn. 7). Eine [X.], auch im Wege des § 788 Abs. 1 ZPO, käme von vornherein nicht in [X.]. [X.]) Der Senat muss sich nicht abschließend dazu äußern, ob Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 788 Abs. 1 ZPO nur solche Aufwendun-gen sind, die unmittelbar und konkret zum Zwecke der Vorbereitung und [X.] der Zwangsvollstreckung gemacht werden oder ob - weitergehend - alle Aufwendungen des Gläubigers erfasst werden, die anlässlich der [X.] entstanden sind oder kausal auf diese zurückzuführen sind (vgl. zum Meinungsstand [X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.], NJW 2005, 2460). Nach der zuletzt genannten Auffassung zählen die [X.] zu den Kosten der Zwangsvollstreckung. Die Anwendung des § 788 ZPO auf die [X.] ist aber auch dann sachgerecht, wenn man der engeren [X.] folgt. § 788 Abs. 1 ZPO wird von dem [X.] beherrscht ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] aaO; MünchKomm-ZPO-Karsten [X.], 2. Aufl., § 788 Rdn. 1); die [X.] wurden vom Schuldner, der es zum Zwangsvollstreckungsverfahren hat kommen [X.], veranlasst. Der Vergleich dient ebenso wie eine Vollstreckungsmaßnahme unmittelbar der Durchsetzung und Befriedigung der titulierten Forderung des Gläubigers. Für die Anwendbarkeit von § 788 Abs. 1 ZPO sprechen zudem pro-zessökonomische Erwägungen (vgl. auch [X.], Rpfleger 1994, 367). Mit § 788 ZPO wird dem Gläubiger ein vereinfachtes Verfahren zur Beitreibung der ihm entstandenen Vollstreckungskosten zur Verfügung gestellt. Er soll nicht darauf angewiesen sein, eine erneute Klage wegen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs erheben zu müssen ([X.], Beschluss vom 14. April 2005 - [X.] aaO). Gerade diesen auch für den Schuldner mit - 6 - weiteren Kosten verbundenen Weg müsste er aber beschreiten, wenn man ihm versagen wollte, die [X.] nach § 788 Abs. 1 ZPO beizutreiben. 10 Dass gegebenenfalls ein Gerichtsvollzieher im Rahmen seiner Zustän-digkeit zu überprüfen hat, ob ein Vergleich vorliegt und ob eine Anwaltsgebühr entstanden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er ist auch sonst mit der Prüfung materiell-rechtlicher Fragen, etwa im Rahmen des § 775 Nr. 4 ZPO, und von Gebührentatbeständen befasst (MünchKommZPO-Karsten [X.], aaO, Rdn. 15). [X.]) Die Kosten eines Vollstreckungsvergleichs sind regelmäßig auch als notwendig im Sinne von § 788 Abs. 1, § 91 ZPO anzusehen. Es handelt sich um Kosten, deren Entstehung der Gläubiger bei vernünftiger Würdigung der Sachlage objektiv für erforderlich halten durfte, um die Befriedigung seines titu-lierten Anspruchs durchzusetzen (MünchKommZPO-Karsten [X.], aaO, Rdn. 15, 22). 11 Umstritten ist allerdings, ob dieser Grundsatz auch für die Vergleichsge-bühr nach § 23 [X.] (nunmehr Einigungsgebühr nach [X.] Nr. 1000) gilt. Diese soll nach einem Teil der Literatur nur erstattungsfähig sein, wenn der Gläubiger wegen besonderer Umstände sich anwaltlicher Hilfe habe bedienen müssen. Denn nur für Prozesse gelte, dass die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts ohne Notwendigkeitsprüfung ersetzt würden (MünchKommZPO-Karsten [X.], aaO, Rdn. 16; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 788 Rdn. 8 Stichwort Vergleich). 12 Dem folgt der Senat nicht. Auch von den Vertretern dieser Ansicht wird nicht in Zweifel gezogen, dass in aller Regel der Gläubiger einen Rechtsanwalt mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragen darf und dass die dadurch entstandenen Kosten als notwendig anzuerkennen sind ([X.] - 7 - KommZPO-Karsten [X.], aaO, Rdn. 23). Es besteht kein Anlass, diesen Grundsatz auf die Tätigkeiten zu beschränken, die durch die Gebühren nach § 57 [X.] (nunmehr [X.] Nr. 3309, 3310) abgegolten sind, und den [X.] eines Vergleichs auszunehmen. § 788 Abs. 1 ZPO verweist ohne Ein-schränkung auf § 91 ZPO, also auch auf dessen Abs. 2 Satz 1. Nach dieser Vorschrift werden die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsan-walts in allen Prozessen ohne Notwendigkeitsprüfung erstattet. Das gilt auch dann, wenn er ein Großunternehmen vertritt. Die Vorschrift ist durch die [X.] im Zwangsvollstreckungsverfahren entsprechend anwendbar (Zöl-ler/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 788 Rdn. 7, 9; HK-ZPO/[X.], § 788 Rdn. 24; [X.]/Walker, ZPO, 3. Aufl., § 788 Rdn. 11; [X.], Kostengesetze, 33. Aufl., § 57 [X.] Rdn. 74). Dem steht nicht entgegen, dass der Gläubiger gehalten ist, die Zwangs-vollstreckungskosten möglichst niedrig zu halten ([X.]/Stöber, aaO, Rdn. 9). Der Abschluss eines Vollstreckungsvergleichs und die damit verbundene [X.] weiterer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kann sich durchaus auch für den Schuldner kostengünstig auswirken. Denn jede einzelne Vollstre-ckungsmaßnahme, die durch den Vergleich vermieden wird, ist eine eine Ge-bühr auslösende (besondere) Angelegenheit nach § 58 Abs. 1 [X.] bzw. § 18 Nr. 3 RVG (vgl. hierzu [X.]/Walker, aaO). Dem Gläubiger kann zu-dem kaum zugemutet werden, dann, wenn sich die Möglichkeit eines Vollstre-ckungsvergleichs abzeichnet, die Sache seinem Anwalt zu entziehen, den [X.] selbst zu schließen, und, falls die Durchführung des Vergleichs scheitert, die weitere Vollstreckung wiederum dem Anwalt zu übertragen (vgl. [X.], [X.] 2000, 125, 126). 14 d) Nach diesen Grundsätzen kann die Gläubigerin die [X.] nach § 788 Abs. 1 ZPO beitreiben. Anhaltspunkte dafür, dass diese Kosten 15 - 8 - ausnahmsweise nicht als notwendig anerkannt werden können, sind nicht er-sichtlich. Der entsprechende Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde somit zu Unrecht nicht erlassen. Der Rechtspfleger wird über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden haben. Dressler [X.] Kuffer [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 28.07.2004 - a M 4017/04 - [X.], Entscheidung vom 20.05.2005 - 9 T 1854/04 -

Meta

VII ZB 74/05

24.01.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2006, Az. VII ZB 74/05 (REWIS RS 2006, 5440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5440

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZB 42/14 (Bundesgerichtshof)

Ruhendstellung einer Kontopfändung: Gerichtliche Anordnung eines vorläufigen Verfügungsrechts nach Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung zwischen Gläubiger und …


VII ZB 42/14 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 57/05 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 25/05 (Bundesgerichtshof)


VII ZB 142/05 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.