Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2017, Az. 5 StR 532/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2017, 17742

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:100117B5STR532.16.0

Nachschlagewerk: ja
[X.]St : ja
Veröffentlichung : ja

[X.] § 38 Abs. 3 Nr. 1, § 39 Abs. 3d Nr. 2
StGB § 2 Abs. 3
OWiG § 4 Abs. 3
[X.] § 354a

Durch die Neufassung von §
38 Abs.
3 Nr.
1, § 39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] zum 2.
Juli
2016 ist es zu keiner Lücke in der [X.] von Insiderhandel und Marktmanipulation gekommen.

[X.], Beschluss vom 10. Januar 2017

5 [X.]16

LG Hamburg

[X.]:[X.]:[X.]:2017:100117B5STR532.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
[X.]16

vom
10. Januar 2017
in der Strafsache
gegen

wegen leichtfertiger Marktmanipulation

Nebenbeteiligte:

-
2
-
Der 5. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. Januar 2017 gemäß §
349 Abs.
2 [X.] beschlossen:

Die Revisionen des Angeklagten und der Nebenbeteiligten [X.] das Urteil des [X.] vom 11.
April 2016 werden als unbegründet verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen der Ordnungswidrigkeit der leichtfertigen Marktmanipulation zu einer Geldbuße in Höhe von 650.000 [X.] verurteilt, die in Höhe von 97.500 [X.] als vollstreckt gilt, und ihn im Übrigen freigesprochen. Gegen die von dem [X.] K.

vertretene [X.] hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 390.000 [X.] ange-ordnet.

Die hiergegen gerichteten, jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisio-nen

im Falle des Angeklagten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt

decken keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer auf (§
349 Abs.
2 [X.]). Der Erörterung bedarf nur das Folgende:

1. Das [X.] hat auf die im März 2007 begangenen Taten des [X.] §
39 Abs.
2 Nr.
11, Abs.
4, §
20a Abs.
1 Nr.
1 [X.]
in der zum Ur-1
2
3
-
3
-
teilszeitpunkt bis zum 1.
Juli 2016 gültigen Fassung angewandt. Den [X.]

, an dessen ebenfalls im März 2007 verübte Tat die [X.] gegen die Nebenbeteiligte anknüpft, hat es wegen (vorsätzlicher) Marktmanipulation in Tateinheit mit unrichtiger Darstellung und vorsätzlichem Insiderhandel gemäß §
331 Nr.
2 HGB, §
38 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
1, §
39 Abs.
2 Nr.
11, §
14 Abs.
1 Nr.
1, §
20a Abs.
1 Nr.
1 [X.] aF verurteilt. Dass das [X.] dabei entgegen §
2 Abs.
2 und 5 StGB, §
4 Abs.
1 OWiG auf die im [X.]punkt der Urteilsverkündung geltende Gesetzesfassung abgestellt hat, ist unschädlich. Denn gegenüber den zur Tatzeit geltenden Fassungen der Vorschriften ergeben sich

bei jeweiliger Wahrung der Unrechtskontinuität

keine sachlich relevanten Unterschiede (vgl. UA S.
134).

2. Die mit Inkrafttreten des [X.]

1.
FiMaNoG
vom 30.
Juni 2016 ([X.] I 1514) am 2.
Juli 2016 (vgl. Art.
17 Abs.
1 des Gesetzes) gegenüber der Rechtslage bei Urteilsverkündung einge-tretenen Änderungen der maßgeblichen Vorschriften des [X.] haben

ebenso wie die späteren

nicht zu einer gegenüber dem [X.] für den Angeklagten R.

und den [X.] K.

günsti-geren Gesetzeslage mit der Folge geführt, dass diese gemäß §
2 Abs.
3 StGB, §
4 Abs.
3 OWiG i.V.m. § 354a [X.] auf die Taten anzuwenden wäre.

§
38 Abs.
3 Nr.
1 [X.] verweist nunmehr auf Art.
14 Buchst.
a der [X.] ([X.]) Nr.
596/2014 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (im Folgenden: Marktmissbrauchsverord-

39 Abs.
3d Nr.
2 [X.], auf den §
38 Abs.
1 Nr.
2 [X.] verweist, wird auf Art.
15 [X.] Bezug genommen. Gemäß §
39 Abs.
3d Nr.
2, Art.
15, 12 Abs.
1 Buchst.
c [X.] ist die Tat des Angeklagten R.

auch nach geltendem Recht eine Ordnungswii-4
5
-
4
-

n-über dem zur Tatzeit geltenden Recht verschärft worden ist (vgl. §
39 Abs.
4a [X.]). Bei der der Verfallsentscheidung zugrundeliegenden Tat des [X.] K.

handelt es sich weiterhin um eine Straftat nach §
38 Abs.
3 Nr.
1 [X.], Art.
14 Buchst. a, Art.
8 Abs.
1 und 4, Art.
7 Abs.
1 Buchst.
a [X.].

3. Im Zusammenhang mit den durch Inkrafttreten des [X.] eingetretenen Änderungen des [X.] ist es

entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2689; [X.]/Zierden, [X.] 2016, 443)

auch nicht zu einer Ahndungslücke gekommen, die gemäß §
2 Abs.
3 StGB, §
4 Abs.
3 OWiG zur Folge gehabt hätte, dass das jeweilige Handeln des [X.]

und des Angeklagten nicht mehr ahndbar wäre. Letzteres hätte im Falle des Angeklagten dazu geführt, dass die Rechtsgrundlage für seine Verurteilung
entfallen und deshalb die Beschränkung seines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam gewesen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juni 2016

5 [X.]/16 mwN).

a) Das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz hat mit seinem Inkrafttre-ten am 2.
Juli 2016 die zur Tatzeit einschlägigen Regelungen des §
20a [X.] aF (Verbot der Marktmanipulation) und des §
14 [X.] aF (Verbot des Insider-handels) aufgehoben und die darauf bezogenen Straf-
und Bußgeldvorschriften der §§
38, 39
[X.] wie bereits dargestellt geändert. Die [X.], auf die nunmehr in §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] verwiesen wird, wurde am 12.
Juni 2014 im [X.] veröffentlicht ([X.] [X.]). Sie ist gemäß Art.
39 Abs.
1 [X.] am zwanzigsten s-6
7
-
5
-
ordnung der [X.] geworden. Die meisten ihrer Vorschriften, un-ter anderem Art.
14 [X.] (Insiderhandel) und Art.
15 [X.] (Marktmanipulation) sowie die zugehörigen Begriffsbestimmungen der Art.
7, 8 und 12 [X.], sind gemäß Art.
39 Abs.
2 [X.] jedoch erst ab dem 3. Juli 2016 in den [X.] der [X.] als unmittelbar geltendes Recht anwendbar. Ein solches Hinausschieben des Geltungszeitpunkts ermöglicht es den Mitgliedst[X.]ten und den Organen der [X.], auf der Grundlage des Rechtsakts die ihnen vorab ob-liegenden Verpflichtungen zu erfüllen, die sich als unerlässlich für dessen spä-tere vollständige unmittelbare Anwendung erweisen (vgl. [X.] [4. Kammer], Urteil
vom 17. November 2011

-412/10, NJW 2012, 441, 442 Rn. 24).

b) Die Abweichung des Inkrafttretens der Änderungen des [X.] (2. Juli 2016) vom Beginn der unmittelbaren Anwendbarkeit der maßgeblichen Bezugsnormen der Marktmissbrauchsverordnung in den Mit-gliedst[X.]ten der [X.] (3. Juli 2016) hat nicht zur Folge, dass die Verweisungen des Gesetzes auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften am nicht mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht gewesen wären (vgl. [X.]/[X.], [X.], 1801; [X.]/[X.], [X.], 347). Die Bezugnahmen in §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] auf Art.
14 und 15 der [X.] führten vielmehr dazu, dass diese Vorschriften der [X.] bereits vor ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit ab dem 2.
Juli 2016 durch den Bundesgesetzgeber im Inland für (mit)anwendbar erklärt wurden (vgl. [X.]/[X.], [X.]O, S.
1801, 1805 ff.; aA [X.]/[X.], [X.]O, S.
2689, 2690 ff.).

[X.]) Die Straf-
und Bußgeldvorschriften in §§
38, 39 [X.] waren und sind als Blankettnormen ausgestaltet. Sie knüpfen Sanktionen an Verstöße ge-8
9
-
6
-
gen anderweitig geregelte Verhaltenspflichten, auf die in den jeweiligen [X.] Bezug genommen wird. Eine solche Verweisung bedeutet rechtlich den Verzicht, den Text der in Bezug genommenen Vorschriften in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufzunehmen.

(1) Die Auslegung der verweisenden Normen des [X.] ergibt hier, dass ihre Gültigkeit nicht von derjenigen der Rechtsnormen abhängig ist, auf die verwiesen wird. Es ist der Wille des [X.] Normge-bers ersichtlich, unionsrechtliche Vorschriften ungeachtet ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit im nationalen Recht in eine Blankettnorm aufzunehmen (vgl. [X.] [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521, 522). Dabei ist nicht zweifelhaft, dass der Gesetzgeber eine lückenlose Ahndung von Marktmanipulation und Insider-handel erreichen wollte. Hierzu war er auch bereits vor dem 3. Juli 2016 durch die Richtlinie 2003/6/EG des [X.] und des Rates vom 28.
Januar 2003 über [X.] und Marktmanipulation ([X.] 96/16 vom 12. April 2003

MAD I) verpflichtet. Unerheblich für die Ermittlung des Wil-lens des Gesetzgebers ist es dabei, ob die Abweichung des Inkrafttretens der Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes (2. Juli 2016) vom Beginn der unmittelbaren Anwendbarkeit der maßgeblichen Bezugsnormen der [X.] (3. Juli 2016) auf einem gesetzgeberischen Versehen (vgl. die unterschiedlichen Angaben zum Anwendungszeitpunkt der [X.] im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.]. 18/7482 [X.] und 80) oder auf einer bewussten Entscheidung beruhte ([X.], Presseerklärung vom 8.
Juli 2016, vgl. hierzu [X.]/[X.], [X.]O, S.
1804
ff.).

10
-
7
-
[X.] Der Wortlaut der Regelungen in §
38 Abs.
3, §
39 Abs.
3d [X.]

596/2014 [...] verstößt, inddiesem Verständnis nicht entgegen (aM [X.]/[X.], [X.]O, 2691
f.). Es handelt sich um die übliche Regelungstechnik, mit der der Gesetzgeber die ge-in den darauf folgenden Verbotsregelungen keine Vollzitate der Verordnung liegt im Übrigen auch dann vor, wenn die in Bezug genommenen Vorschriften der Verordnung bereits vor dem dort bestimmten [X.]punkt ihrer Anwendbarkeit in allen Mitgliedst[X.]ten der [X.] ab dem 2. Juli 2016 durch den Bundesgesetzgeber in [X.] für (mit)anwendbar erklärt wurden.

bb) Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken gegen die Verweise der §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] auf Art.
14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung bereits am 2. Juli 2016.

(1) Der Gesetzgeber darf bei der Umschreibung des Tatbestandes auch auf Vorschriften anderer Normgeber, unter anderem auch auf das [X.]srecht verweisen ([X.], [X.], 3648, 3650
f.; [X.]E 47, 285, 312). An [X.] auf [X.]srecht sind keine strengeren verfassungsrechtlichen An-forderungen zu stellen als an solche auf innerst[X.]tliches Recht (vgl.
[X.]E
29, 198, 210). Der Gesetzgeber ist grundsätzlich auch nicht daran gehindert, auf nicht unmittelbar anwendbares [X.]srecht zu verweisen (vgl. oben sowie [X.] [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521, 522; [X.], Beschluss vom 20. November 2013

1 [X.]).

[X.] Blankettnormen im Straf-
und Ordnungswidrigkeitenrecht müssen al-lerdings den Anforderungen des [X.] genügen; die möglichen 11
12
13
14
-
8
-
Fälle der Strafbarkeit oder Ordnungswidrigkeit müssen sich schon aufgrund des Gesetzes voraussehen lassen (st. Rspr., vgl. etwa [X.], [X.], 3648, 3650
f.; [X.]E 14, 174, 185 f.). Dafür müssen die Blankettnormen [X.] klar erkennen lassen, worauf sich die Verweisung bezieht (vgl. BVer-fGE
14, 245, 252 f., [X.], [X.], 3648, 3650). Auch die ein Blankett-strafgesetz ausfüllende Vorschrift muss den Anforderungen des Art.
103 Abs.
2
GG

gegebenenfalls i.V.m.
Art.
104 Abs.
1 Satz 1 GG

genügen (vgl. [X.]E 23, 265, 270). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass Blankettstrafgesetze auf das
[X.]srecht verweisen (vgl. [X.] [Kammer], [X.]K 17, 273, 293).

(a) Erforderlich ist somit zunächst, dass die in Bezug genommenen [X.] dem [X.]en durch eine frühere ordnungsgemäße Veröffent-lichung zugänglich sind (vgl. [X.] [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521 mwN). Diese Voraussetzung war bei der Marktmissbrauchsverordnung, die im Jahr 2014 im Amtsblatt der [X.] verkündet worden ist, ohne Weiteres erfüllt.

(b) Bei den Bezugnahmen der §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2
[X.] auf Art.
14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung handelt es sich um statische Verweisungen in dem Sinne, dass die bei Verabschiedung der Neufassung der §§
38, 39 [X.] bereits in [X.] getretene Fassung der in Bezug genommenen Vorschriften der Marktmissbrauchsverordnung in Geltung gesetzt wurde (vgl. [X.]/[X.], [X.]O, 1807; [X.]/[X.], [X.]O, 2691; [X.], [X.], 305, 312; aA

dynamischer Verweis

[X.], [X.], 528, 537). Dies ist daraus zu ersehen, dass §
38 Abs.
3 [X.] in einem Vollzi-tat auf die Marktmissbrauchsverordnung Bezug nimmt, ohne dass

wie etwa in §
1 Abs.
1 Nr.
6 Buchst.
e [X.]

auf die jeweilige Fassung der Verordnung 15
16
-
9
-
verwiesen wird (vgl. [X.]/[X.], [X.]O; [X.], [X.]O). Auch §
39 Abs.
3d [X.] enthält keine dynamische Erweiterung des Verweises.

Statische Verweisungen sind

in Abgrenzung zu dynamischen

verfas-sungsrechtlich unbedenklich, weil der zuständige Gesetzgeber weiß, welchen Inhalt das in Bezug genommene Recht hat, und prüfen kann, ob er es sich mit diesem Inhalt zu eigen machen will ([X.], [X.], 3648, 3650;
[X.]E
26, 338, 366; [X.] [Kammer], NVwZ-RR 1992, 521).

(c) Dem Bestimmtheitsgebot widerspricht es nicht, dass Art.
14 und 15 [X.], auf die §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] verweisen, ihrerseits das verbotene Verhalten nicht tatbestandlich beschreiben, sondern lediglich die

(Art.
15 [X.]) verwenden, deren Verständnis sie voraussetzen ([X.]/[X.] [X.]O, S.
350).

Inhalt des [X.] ist die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass [X.] und Anwendungsbereich zu erkennen sind und sich durch Auslegung [X.] lassen (st.
Rspr. seit [X.]E 25,
269, 285). Der [X.] soll vor-hersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist
([X.]E 87, 363, 391). Das Gebot der Gesetzesbestimmtheit bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen ist, sämtliche Straftatbestände aus-schließlich mit deskriptiven, exakt erfassbaren Tatbestandsmerkmalen zu um-schreiben (vgl. [X.]E 4, 352, 358; 28, 175, 183). Unbestimmte, wertausfül-lungsbedürftige Begriffe sind im Strafrecht jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen [X.] eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet und 17
18
19
-
10
-
damit hinreichende Bestimmtheit gewinnt (vgl. [X.], [X.], 3648, 3650
f.; [X.]E 96, 68, 97 f.).

Art.
14 und 15 [X.] verwenden für das verbotene Verhalten Begriffe, die in Art.
7, 8 und 12 [X.] definiert werden. Für die Bestimmung der Reichweite der Verbote sind darüber hinaus insbesondere die in Art.
2 und 3 [X.] enthal-tenen allgemeinen Regelungen zum Geltungsbereich der Verbote und zu weite-ren Begriffsbestimmungen sowie die [X.] der Art.
5 und 6 [X.] erheblich. Ohne Einbeziehung dieser Bestimmungen wäre die vorge-nommene Verweisung inhaltslos; nur sie umgrenzen das verbotene Verhalten. Es versteht sich daher von selbst, dass ein Mitgliedst[X.]t, der Verstöße gegen Verbotsvorschriften eines Regelungswerks der [X.] mit Strafe oder Geldbuße bewehrt, diese mit all ihren Bezügen in nationales Recht um-setzt und nicht etwa durch eine punktuelle Verweisung nur
auf die jeweilige [X.] eine lex imperfecta schafft. Dies gilt umso mehr, als es ihm

wie auch hier

darum gehen wird, das Regelungswerk in seiner Gesamtheit in das inner[X.] Recht zu implementieren. Hinzu kommt, dass es dem nationalen Rechtsanwender bereits nach allgemeinen Regeln nicht verwehrt ist, eine
unionsrechtskonforme Auslegung der nationalen Blankettbestimmung auf der Grundlage von Normen einer bereits in [X.] getretenen [X.]-Verordnung vorzu-nehmen, und zwar unabhängig davon, ob einzelne Vorschriften der Verordnung bereits gelten (vgl. zu [X.], Europäisches Strafrecht, 5.
Aufl., §
10 Rn.
30, 34).

(d) Die Voraussetzungen der [X.] des durch §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] erfassten Verhaltens sind durch die Regelungen der Art.
14 und 15 [X.] i.V.m. Art.
7, 8 und 12 [X.] hinreichend konkret bestimmt. Die der [X.] (vgl. Art.
12 Abs.
5 [X.]) und der Europäi-20
21
-
11
-
schen Wertpapier-
und Marktaufsichtsbehörde

[X.]

(vgl. Art.
7 Abs.
5 [X.]) übertragenen Befugnisse stehen dem nicht entgegen. Sie beziehen sich nicht auf die im vorliegenden Fall einschlägigen Regelungen der Art.
12 Abs.
1 Buchst. c, Art.
7 Abs.
1 Buchst. a [X.] und betreffen im Übrigen lediglich die Erstellung oder Präzisierung von für die Normauslegung erheblichen Indikato-ren, nicht aber die Bestimmung von Tatbestandsmerkmalen selbst.

Die Verbotsregelungen der Art.
14 und 15 [X.] i.V.m. Art.
7, 8 und 12 [X.] sind auch noch hinreichend transparent, so dass die ihnen unterworfenen Rechtssubjekte vorhersehen können, welches Verhalten verboten und in §§
38, 39 [X.] mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist (zur Regelungsstruktur von Art.
12 [X.] vgl. [X.] 2016, 434, 437 f., 441 f.). Dabei ist zu berück-sichtigen, dass es sich bei den Adressaten der Verbote aus dem Kreis der na-türlichen Personen in der Regel um solche mit einer fachspezifischen Ausbil-dung handelt; soweit dies nicht der Fall ist, obliegt es ihnen [X.], sich fachlich fortzubilden und gegebenenfalls beraten zu lassen (vgl. [X.]E 26, 186, 204; 48, 48, 57; siehe
auch [X.], [X.], 3648, 3651 Rn.
52).

cc) Die Bezugnahmen der §
38 Abs.
3 Nr.
1, §
39 Abs.
3d Nr.
2 [X.] auf Art.
14 und 15 der Marktmissbrauchsverordnung bereits am 2. Juli 2016 sind auch europarechtlich zulässig. Zwar ist die Marktmissbrauchsverordnung gemäß Art.
39 Abs.
2 [X.] erst seit dem 3.
Juli
2016 anwendbar. Aus europa-rechtlicher Perspektive ist jedoch kein Grund ersichtlich, weshalb der [X.] Gesetzgeber sie nicht früher für in [X.] anwendbar erklären durfte (vgl. [X.]/[X.], [X.]O, S.
1806; aA [X.]/Zierden, [X.]O, S.
447).

22
23
-
12
-
(1) Die Umsetzung am 2.
Juli
2016 widerspricht nicht Art.
39 Abs.
2 [X.]. Diese Vorschrift räumt den Mitgliedst[X.]ten [X.] ein, um die notwendigen Vorschriften zur Umsetzung des neuen Marktmissbrauchsregimes zu erlassen (vgl. [X.] Erwägungsgrund 88). Sie verbietet ihnen jedoch nicht, die Markt-missbrauchsverordnung oder einzelne Regelungen aus ihr schon früher umzu-setzen. Es ergeben sich aus ihr keine Hinweise darauf, dass der [X.]

Zierden, [X.]O) angeordnet hat, wonach die strafrechtsrelevanten Normen erst ab dem 3. Juli 2016 angewandt werden dürften. Ein Ausschluss einer früheren Anwendung von Vorschriften der Marktmissbrauchsverordnung ist auch nicht daraus abzuleiten, dass Art.
39 Abs.
2 [X.] (nur) für einen Teil ihrer Regelun-gen eine frühere Geltung (ab dem 2. Juli 2014) bestimmt.

[X.] Ein Verbot der frühzeitigen Umsetzung folgt auch nicht aus der [X.] 2014/57/[X.] des [X.] und des
Rates vom 16. Ap-ril
2014 über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (im Folgenden: Marktmissbrauchsrichtlinie

[X.]), die eine wirksame
Durchführung der Marktmissbrauchsverordnung sicherstellen soll. Zwar sind nach Art.
13 Abs.
1 Unterabs.

anzuwenden. Jedoch galt zuvor die Richtlinie 2003/6/EG des [X.] vom 28. Januar 2003 über [X.] und [X.] (MAD
I) und war von den nationalen Gesetzgebern umzusetzen. Dem Zweck der [X.] einer Vereinheitlichung und Verschär-fung der Sanktionsregime der Mitgliedst[X.]ten würde es
widersprechen, wenn man Art.
13 Abs.
1 Unterabs.
2 [X.] die Aussage entnehmen würde, die Mit-gliedst[X.]ten dürften Marktmissbrauch erst ab dem 3.
Juli
2016 mit strafrechtli-chen Sanktionen belegen, zumal dem [X.]-Gesetzgeber bekannt war, dass dies 24
25
-
13
-
in vielen Mitgliedst[X.]ten, unter anderem in [X.], schon unter Geltung der [X.] der Fall war (vgl. [X.]/[X.], [X.]O, 1806).

4. Den der Nebenbeteiligten durch die Tat des [X.] K.

zugeflossenen [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Januar 2010

5 [X.], NStZ
2010, 339 ff.)
hat die sachverständig beratene [X.] auf hinreichender Tatsachengrundlage unter Anwendung nachvollziehbarer Methoden und Berücksichtigung des [X.] rechtsfehlerfrei geschätzt.

Mutzbauer
Schneider
Dölp

König
Mosbacher

26

Meta

5 StR 532/16

10.01.2017

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2017, Az. 5 StR 532/16 (REWIS RS 2017, 17742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17742

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