Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.02.2000, Az. 1 StR 33/00

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2971

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[X.]/00vom29. Februar 2000in der [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 29. Februar 2000 beschlos-sen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 9. September 1999, soweit es ihn betrifft,mit den Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO). In die-sem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die [X.]sten des Rechtsmittels, an eine andere[X.] des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen eines gemeinschaftlich mitdem früheren Mitangeklagten [X.]begangenen schweren Raubes zu siebenJahren Freiheitsstrafe verurteilt. [X.]wurde zu drei Jahren Freiheitsstrafe ver-urteilt. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig.Die Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg; die [X.] hateinen Beweisantrag nicht rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.1. Im wesentlichen aufgrund der Angaben von [X.]ist folgendes festge-stellt:a) [X.]hat am 24. Februar 1999 ein Ehep[X.]r unter Einsatz einer ([X.]) Gaspistole und eines Messers "mit einer Gesamtlänge von 28 Zenti-meter, Klingenlänge 17 Zentimeter, einseitig geschliffen und spitz zulaufend" indessen Wohnung überfallen. Er erbeutete 3.300 DM, seine Erwartung, aus- 3 -dem Tresor einen größeren Geldbetrag erbeuten zu können - er rechnete [X.], tatsächlich befanden sich dort 170.000 DM - erfüllte sich [X.], da er sich in einer "Rangelei" mit dem Ehemann nicht durchsetzenkonnte und daher floh.b) Die Idee zur Tat stammte vom Angeklagten, der den zögerlichen [X.]nach wiederholtem Zureden und nachdem [X.]schon mehrere vergeblicheAnläufe unternommen hatte, erst am Tattag zur endgültigen Tatbegehung ver-anlaßte. An der unmittelbaren Tatausführung war er nicht beteiligt, da er [X.] persönlich bekannt war. Er hat jedoch am Tattag [X.]das Mes-ser und die Pistole gegeben und ihn mit seinem Pkw vor das [X.]. Es war vereinbart, daß er in einer nahgelegenen Seitenstraße auf[X.]warten sollte, um ihn - nach vorheriger Teilung der Beute - zum [X.] bringen, von wo [X.] in die [X.] fliegen sollte. Tatsächlich hatte sich [X.] aber bereits entfernt, als [X.]zum vereinbarten Treffpunkt kam.2. Der Angeklagte hat eine Beteiligung an der Tat bestritten. Sein Be-mühen, die Glaubhaftigkeit der Aussagen von [X.]zu erschüttern, ist [X.]) Eine Reihe von Alibizeugen sieht die [X.] als unglaubwürdigan.b) Die vom Angeklagten in den Raum gestellte Möglichkeit, daß ein an-derer Hintermann des [X.]gewesen sein könnte, hat die [X.] verneint.[X.]) Bei [X.]wurde ein vom Tattag stammender Busfahrschein mit einemFahrtziel in der Nähe der Wohnung des [X.]. gefunden. [X.]. hatte durch ein Geschäft mit dem Geschädigten im Ergebnis hohe Verluste er-litten. Jedoch war [X.]. ausweislich seines Passes am Tattag in [X.], [X.] - 4 -war am Morgen des [X.] zu einer in der Nähe von dessen Wohnung gele-genen Firma gefahren, wo er sich vergeblich um einen Arbeitsplatz bewarb.bb) [X.] hatte einen Teil der Beute dem D. überlassen. [X.] hatte er jedoch - offenbar zufällig - am Tag nach der Tat erstmals [X.] wieder getroffen.c) Die [X.] hat auch die Möglichkeit verneint, daß nicht der An-geklagte [X.]die Pistole gegeben hat. In diesem Zusammenhang hat der An-geklagte geltend gemacht, daß [X.]schon früher im Besitz der Pistole war.Hierzu hat der Zeuge [X.]bekundet, [X.]habe ihm im [X.] 1998 eine Pi-stole zum Ausgleich von Schulden angeboten. Soweit er, [X.] , bei der Polizeiangegeben habe, er habe diese Pistole auch von [X.]gezeigt bekommen, seidiese Angabe allerdings nicht richtig gewesen.Die [X.] hat aus dem [X.] [X.] s geschlossen, daßer insgesamt unglaubwürdig sei.3. Der Angeklagte hat sich mit einem Beweisantrag auf das Zeugnis [X.] Ka. - Türsteher einer Diskothek - und [X.]berufen, daß diese dasvon [X.]bei der Tat verwendete Messer schon früher in dessen Besitz [X.] hätten. Ergänzend heißt es in dem Antrag, [X.]habe einen Raub [X.] von [X.]begangen.a) Diesen Antrag hat die [X.] abgelehnt, "weil auch nach nähe-rer Erläuterung der Verteidigung die [X.] aufs geradewohl be-hauptet werden .... Soweit der Zeuge B. einen gegen ihn gerichteten [X.] Angeklagten [X.]bestätigen soll, wird dieser als wahr unterstellt".- 5 -b) Soweit dieser Beschluß auf nähere Erläuterungen der [X.] nimmt, ergibt die Niederschrift der Hauptverhandlung, daß der [X.] den Antrag vor dessen Bescheidung zweimal erläutert hat:[X.]) Der erste Vermerk sagt über den Inhalt der Erläuterungen nichtsaus.bb) Ausweislich des zweiten Vermerks hat der Verteidiger erklärt, [X.] genannten Zeugen "beim Angeklagten [X.]vor dem 24. Februar 1999 eingroßes Messer gesehen haben [X.] Gegen diesen Beschluß (vgl. oben 3a) wendet sich die [X.]) In tatsächlicher Hinsicht trägt sie vor, im Rahmen der Erläuterung [X.] habe sie folgendes geltend gemacht:[X.]) [X.]habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Türstehereiner Diskothek bei [X.]ein "ca. 30 cm großes, '[X.]' ... gesehenund ihn aufgefordert, dieses Messer abzugeben, sonst werde ihm der [X.] verweigert".bb) Bei dem Raub zum Nachteil von [X.]habe [X.]ein ca. 30 cm lan-ges "[X.]" bei sich geführt.b) Wie dargelegt, ergibt sich dies aus der Niederschrift der [X.] so nicht. Soweit diese - nur im zweiten Vermerk - überhaupt inhaltli-che Ausführungen enthält (vgl. oben 3b), stehen sie zu dem jetzigen Vorbrin-gen nicht in Widerspruch, sondern präzisieren es. Die absolute [X.] (§ 274 StPO) bezieht sich nicht auf die Begründung von Anträ-gen (vgl. [X.] in [X.]. § 273 Rdn. 10 m.w.Nachw.). Von der Mög-- 6 -lichkeit, eine Revisionsgegenerklärung abzugeben (§ 347 Abs. 1 Satz 2 StPO;vgl. auch Nr. 162 Abs. 2 [X.]), hat die St[X.]tsanwaltschaft keinen Gebrauchgemacht. Auch der [X.] hat seinem Antrag vom [X.] das [X.] zugrundegelegt.Unter diesen Umständen sieht der Senat keine Veranlassung, die Rich-tigkeit des [X.]s zum Inhalt der Erläuterungen in tatsächlicherHinsicht zu überprüfen, obwohl sie von der Niederschrift der Hauptverhandlungnicht belegt wird.5. [X.] hat Erfolg.a) Ein auf die Vernehmung eines Zeugen gerichteter Beweisantrag [X.] sowohl die Behauptung einer konkreten Tatsache als auch die Behaup-tung, daß der Zeuge diese Tatsache aus eigener Wahrnehmung bekundenkann. Darüber hinaus muß erkennbar sein - hierauf hebt der Generalbun-desanwalt ab -, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema be-kunden können soll. In Fällen, in denen sich dieser Zusammenhang nicht vonselbst versteht, ist die "[X.]nnexität zwischen [X.] und Beweismittel"näher darzulegen (BGHSt 43, 321, 329 f. m.w.[X.]) Jedenfalls nach den dargelegten Erläuterungen war klargestellt, wo-her die Zeugen wissen sollten, daß [X.]schon bei vor der Tat liegenden meh-reren Gelegenheiten im Besitz eines ca. 30 cm langen Messers war. [X.] es in dem Beweisantrag auch, daß die Zeugen bekunden sollten, daß essich bei dem von ihnen gesehenen Messer um das bei der Tat verwendeteMesser gehandelt hat. Bei der Tat waren die Zeugen offensichtlich nicht anwe-send, woher sie dies sonst wissen sollten, ist nicht erkennbar. Bei [X.] handelt es sich bei diesem Vorbringen jedoch nicht um die- 7 -Beweisbehauptung, sondern um das Beweisziel (vgl. BGHSt 39, 251, 253 f.).Nach dem Willen des Antragstellers sollte die [X.] im Falle des Gelin-gens des angebotenen Beweises aus der Feststellung, daß [X.]schon [X.] Besitz eines Messers war, den Schluß ziehen, daß er entgegen seinen An-gaben das bei der Tat verwendete Messer nicht erst am Tattag vom Ange-klagten erhalten hatte. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daßdas bei der Tat verwendete Messer - wie sich schon aus dessen genauer [X.] in den Urteilsgründen (vgl. oben 1a) ergibt und was im übrigen [X.] der Hauptverhandlung bestätigt - dem Gericht vorlag. Eine Aus-sage der Zeugen, daß dieses Messer in seinem Aussehen dem Messer ent-spricht, das sie früher bei [X.]gesehen haben, erscheint daher möglich.c) Letztlich war der Beweisantrag damit auf die Feststellung einer [X.] als "Hilfstatsache" bezeichneten Tatsache gerichtet, da sie die [X.] anderen [X.] (hier: Glaubwürdigkeit der Aussage [X.]s,er habe das Messer erst am Tattag vom Angeklagten erhalten) ermöglichensollte (vgl. [X.] in Löwe/[X.], [X.]. § 244 Rdn. 219 m.w.Nachw.), ohne daß sich selbst im Falle des [X.] hierauszwingend eine für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerung ergebenmüßte. Selbst wenn sich ergeben sollte, daß schon früher ein ähnliches Mes-ser im Besitz von [X.]war, wäre die [X.] nicht gehindert gewesen,gleichwohl die Überzeugung zu gewinnen, daß er das bei der Tat verwendeteMesser erst am Tattag vom Angeklagten erhalten [X.]) Die [X.] hätte den Beweisantrag daher als bedeutungslos(§ 244 Abs. 3 Satz 2 2. Alternative StPO) ablehnen können. Da die Bedeu-tungslosigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache aber nicht offenkundig ist,hätte sie in einem Ablehnungsbeschluß (§ 244 Abs. 6 StPO) konkret begrün-- 8 -den müssen, warum sie selbst im Fall des [X.] die erhoffteSchlußfolgerung nicht ziehen würde (st. Rspr., vgl. nur BGHR StPO § 244 Abs.3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 15 m.w.Nachw.). All dies ist nicht geschehen.e) Grundsätzlich kann das Revisionsgericht eine fehlerhafte [X.] nicht durch eine andere Begründung ersetzen (vgl.[X.]/[X.], StPO 44. Aufl. § 244 Rdn. 86; [X.] [X.]ORdn. 364 jew. m.w.Nachw.). Es kann je nach den Umständen des Einzelfallesallenfalls ausschließen, daß das Urteil auf der fehlerhaften Begründung [X.] beruht (vgl. [X.] [X.]O). Angesichts der [X.] (vgl. oben 2) kann der Senat, dem eine eigene [X.] ist, hier aber nicht ausschließen, daß die [X.] insgesamt [X.] [X.] s in einer für den Angeklagten günstigeren Weise bewertet [X.], wenn sie zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß dessen Aussage hinsicht-lich des Messers falsch ist.Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.[X.][X.]Wahl Boetticher Schluckebier

Meta

1 StR 33/00

29.02.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.02.2000, Az. 1 StR 33/00 (REWIS RS 2000, 2971)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2971

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