Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2014, Az. IX ZR 199/13

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 2627

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

IM NAM[X.]N D[X.]S VOLK[X.]S

URT[X.]IL
IX ZR 199/13

Verkündet am:

25. September 2014

Klu[X.]kow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Ges[X.]häftsstelle
in dem Re[X.]htsstreit

Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 675, 665
a)
Der Steuerberater ist ohne besonderen Anlass ni[X.]ht verpfli[X.]htet, die Jahresberi[X.]h-te des [X.]s einzusehen.
b)
Der Steuerberater darf einen im Auftrag des Mandanten eingelegten [X.]inspru[X.]h ni[X.]ht eigenmä[X.]htig zurü[X.]knehmen.
[X.], Urteil vom 25. September 2014
-
IX ZR 199/13 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung vom 26. Juni 2014
dur[X.]h die Ri[X.]hter
[X.], Prof. Dr. [X.], die Ri[X.]hterin
[X.], [X.] Pape und die Ri[X.]hterin Möhring

für Re[X.]ht erkannt:

Die Revision
gegen
das Urteil der Zivilkammer 3 des [X.] vom 24. Juli 2013
wird auf Kosten der Beklagten zurü[X.]k-gewiesen.

Von Re[X.]hts wegen

Tatbestand:

Die beklagte Steuerberatergesells[X.]haft beriet den Kläger steuerli[X.]h. Im Rahmen der [X.]inkommensteuererklärung
für das Jahr 2006
ma[X.]hte sie für ihn Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung geltend, die dadur[X.]h ent-standen waren, dass der Kläger seinen Hauptwohnsitz aus privaten Gründen verlegt, seine Wohnung am Ort seiner berufli[X.]hen Tätigkeit aber
als Zweitwoh-nung
beibehalten hatte.
Das Finanzamt lehnte eine Berü[X.]ksi[X.]htigung dieser Kosten ab. Die Beklagte legte weisungsgemäß [X.]inspru[X.]h ein. Na[X.]hdem das Finanzamt erklärt hatte, an seiner bisherigen Re[X.]htsauffassung festhalten zu wollen, nahm die Beklagte den [X.]inspru[X.]h am 12.
Februar 2009 ohne Rü[X.]k-spra[X.]he mit dem Kläger zurü[X.]k.
1
-
3
-

Am
5.
März 2009 änderte der [X.] seine Re[X.]htspre[X.]hung. [X.]ine berufli[X.]h begründete doppelte Haushaltsführung sei au[X.]h dann anzuneh-men, wenn die Hauptwohnung verlegt und die bisherige Wohnung als Zweit-wohnung am Bes[X.]häftigungsort beibehalten werde
([X.], [X.], 420;
VI
R 58/06, [X.], 413; VI R 53/07, [X.]; VI
R 31/08, [X.], 1256).

Der Kläger verlangt nunmehr S[X.]hadensersatz in Höhe des
Betrages, um den si[X.]h seine Steuers[X.]huld bei Berü[X.]ksi[X.]htigung des
Mehraufwandes
redu-ziert hätte. Das Amtsgeri[X.]ht hat die Beklagte unter Abweisung der weiterge-henden Klage zur Zahlung von 1.108,06

ufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgeri[X.]ht zugelas-senen Revision will die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage errei[X.]hen.

[X.]nts[X.]heidungsgründe:

Die Revision bleibt im [X.]rgebnis ohne [X.]rfolg.

I.

Das Berufungsgeri[X.]ht hat ausgeführt:
Die ni[X.]ht mit dem Kläger abge-stimmte Rü[X.]knahme des [X.]inspru[X.]hs stelle eine erhebli[X.]he
Verletzung
der Pfli[X.]hten aus dem Beratungsvertrag
dar.
Die Beklagte hätte von der mögli[X.]her-weise bevorstehenden Änderung der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]s wissen müssen. Sie sei zwar ni[X.]ht gehalten gewesen, eine im [X.] in der 2
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4
-
Zeits[X.]hrift "Der [X.]rtragssteuerberater"
([X.], 27) veröffentli[X.]hte [X.] zur Kenntnis zu nehmen,
in wel[X.]her das Problem behan-delt worden sei,
weil diese
Zeits[X.]hrift ni[X.]ht zur Pfli[X.]htlektüre eines Steuerbera-ters gehöre. Sie hätte jedo[X.]h den Jahresberi[X.]ht des [X.]s für das [X.] lesen müssen. Die im [X.] veröffentli[X.]hten Jahresberi[X.]hte seien frei verfügbar und wiesen -
übersi[X.]htli[X.]h gegliedert
-

auf wenigen Seiten die wi[X.]htigsten anhängigen Revisionsverfahren aus. Im Jahresberi[X.]ht 2007 sei un-ter Punkt [X.] 2 unter dem S[X.]hlagwort "Doppelte Haushaltsführung in Wegver-legungsfällen"
über das
im se[X.]hsten [X.]
anhängige Revisionsverfahren [X.]
beri[X.]htet worden. Ob der Jahresberi[X.]ht für das [X.] bereits im Netz gestanden habe und damit für die Beklagte verfügbar gewesen sei, könne da-hinstehen. Der [X.] habe dem Verfahren [X.]
ersi[X.]htli[X.]h ei-ne besondere Bedeutung beigemessen. Bei dieser Sa[X.]hlage sei die Beklagte verpfli[X.]htet gewesen, vor der Rü[X.]knahme des [X.]inspru[X.]hs Rü[X.]kspra[X.]he mit dem Kläger zu nehmen.

II.

Diese Ausführungen tragen die angefo[X.]htene [X.]nts[X.]heidung ni[X.]ht.
Der Beklagten kann ni[X.]ht
vorgeworfen werden, dass sie im
Zeitpunkt der [X.] des [X.]inspru[X.]hs vom Fortbestand der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] zu den Voraussetzungen
der einkommensteuerre[X.]htli[X.]hen Berü[X.]ksi[X.]hti-gung einer
doppelten Haushaltsführung
ausgegangen ist.

1.
Allerdings
gab es im Zeitpunkt der Rü[X.]knahme des [X.]inspru[X.]hs am 12.
Februar 2009
die vom Berufungsgeri[X.]ht festgestellten
Anhaltspunkte
für eine bevorstehende Änderung der Re[X.]htspre[X.]hung des
[X.]s.
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-
5
-

a) Na[X.]h §
9 Abs.
1
Satz 3
Nr.
5 [X.] in der seinerzeit maßgebli[X.]hen Fassung vom 15.
Dezember 2003
([X.]l.
I, 2645)
stellten notwendige Mehr-aufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus berufli[X.]hem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstanden, abzugsfähige Wer-bungskosten dar. [X.]ine doppelte Haushaltsführung lag vor, wenn der [X.] außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhielt, bes[X.]häftigt war und au[X.]h am Bes[X.]häftigungsort wohnte (§
9 Abs.
1 Satz 3 Nr.
5 Satz 2 [X.]). Der [X.] verneinte in ständiger Re[X.]htspre[X.]hung die berufli[X.]he Veranlassung einer doppelten Haushaltsführung, wenn der [X.] die Familienwohnung aus privaten Gründen vom Bes[X.]häftigungsort wegverlegt hatte und von der am Bes[X.]häftigungsort beibehaltenen oder von einer dort neu begründeten
Zweitwohnung aus seiner bisherigen Bes[X.]häftigung weiter na[X.]hging ([X.], 322,
325 f; 126, 511, 513 f; 126, 518, 520; vgl. au[X.]h [X.], 420, 423);
die doppelte Haushaltsführung sei in einem sol[X.]hen Fall ni[X.]ht berufli[X.]h, sondern privat veranlasst.

b) Die
zitierte
Re[X.]htspre[X.]hung
des [X.]s
wurde in der Kommentar-
und [X.]
kritisiert
(vgl. etwa [X.]/[X.], [X.], 27.
Aufl., §
9 Rn.
147 sowie die Na[X.]hweise bei [X.], 420, 423).
Das Amtsgeri[X.]ht hat eine in der Zeits[X.]hrift [X.], 27 veröffentli[X.]hte [X.] herangezogen, in wel[X.]her auf das Revisionsverfahren [X.] hingewiesen worden ist.
Das Revisionsverfahren VI
R 23/07 wurde [X.] in den Jahresberi[X.]hten des [X.]s von 2008 und 2009 erwähnt. Im Jahresberi[X.]ht 2009 wurden unter der Übers[X.]hrift "Doppelte Haushaltsfüh-rung in [X.]n"
weitere
anhängige
Revisionsverfahren
aufgeführt
(VI
R 58/06, VI
R 53/07 und VI
R 31/08).
Ob dieser Beri[X.]ht im Zeitpunkt der [X.]inspru[X.]hsrü[X.]knahme bereits im
[X.] abrufbar war, hat das Berufungsge-8
9
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6
-
ri[X.]ht allerdings ni[X.]ht feststellen können. Alle genannten Revisionsverfahren [X.] si[X.]h s[X.]hließli[X.]h au[X.]h in der monatli[X.]h als Anlage zum Bundessteuerblatt ers[X.]heinenden Liste der beim [X.], [X.] und [X.] anhängigen Verfahren in Steuersa[X.]hen.

2.
Der Beklagten gerei[X.]ht es
auf der Grundlage des vom Berufungsge-ri[X.]ht festgestellten Sa[X.]hverhalts
jedo[X.]h ni[X.]ht zum Vers[X.]hulden, dass sie diese Hinweise ni[X.]ht wahrgenommen
hat.

a) Grundsätzli[X.]h darf der Steuerberater auf den Fortbestand einer hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung vertrauen. Wegen der ri[X.]htungsweisenden Bedeutung, die hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen [X.]nts[X.]heidungen für die Re[X.]htswirkli[X.]hkeit zukommt, hat si[X.]h
der Berater bei der Wahrnehmung seines Mandats grund-sätzli[X.]h an dieser Re[X.]htspre[X.]hung auszuri[X.]hten; denn von einer gefestigten hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung pflegt nur in Ausnahmefällen abgewi[X.]hen zu werden. Maßgebli[X.]h ist die jeweils aktuelle hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Re[X.]htspre-[X.]hung im Zeitpunkt der Beratung.
Über
deren
[X.]ntwi[X.]klung
muss si[X.]h der Bera-ter anhand
der amtli[X.]hen Sammlungen
und
der eins[X.]hlägigen Fa[X.]hzeits[X.]hriften unterri[X.]hten.

b) [X.]ine Änderung der Re[X.]htspre[X.]hung
hat der
Berater
allerdings dann in Betra[X.]ht zu ziehen, wenn ein oberstes Geri[X.]ht sie in Aussi[X.]ht stellt
oder neue [X.]ntwi[X.]klungen in Re[X.]htspre[X.]hung und Re[X.]htswissens[X.]haft Auswirkungen auf eine ältere Re[X.]htspre[X.]hung haben können und es zu einer bestimmten Frage an neueren hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen [X.]rkenntnissen fehlt. [X.]ine Verpfli[X.]htung des [X.], die Re[X.]htspre[X.]hung der Instanzgeri[X.]hte und das S[X.]hrifttum eins[X.]hließ-li[X.]h der [X.] heranzuziehen, kann ausnahmsweise au[X.]h dann [X.], wenn ein Re[X.]htsgebiet aufgrund eindeutiger Umstände in der [X.]ntwi[X.]klung 10
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begriffen und neue hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Re[X.]htspre[X.]hung zu erwarten ist. Hat der Berater eine Angelegenheit aus einem sol[X.]hen Berei[X.]h zu bearbeiten, muss er au[X.]h Spezialzeits[X.]hriften in angemessener Zeit dur[X.]hsehen, wobei ihm ein [X.] Toleranzrahmen zuzubilligen ist. [X.]s kommt auf die besonderen Um-stände des [X.]inzelfalls an. Dabei ist darauf abzustellen, mit wel[X.]hem Grad an Deutli[X.]hkeit ([X.]videnz) eine neue Re[X.]htsentwi[X.]klung in eine bestimmte Ri[X.]htung weist und eine neue Antwort auf eine bisher anders ents[X.]hiedene Frage nahe legt. Ferner kann ins Gewi[X.]ht fallen, mit wel[X.]hem Aufwand -
au[X.]h an Kosten
-
der neuen Re[X.]htsentwi[X.]klung im Interesse des Mandanten Re[X.]hnung getragen werden kann ([X.], Urteil vom 6.
November 2008 -
IX ZR 140/07,
[X.]Z 178, 258 Rn.
9; vom 23.
September 2010 -
IX
ZR 26/09, [X.], 2050 Rn.
17).

[X.]) Der Jahresberi[X.]ht des [X.]s
ist ni[X.]ht Teil der amtli[X.]hen Sammlung und
gehört ni[X.]ht zu den eins[X.]hlägigen Fa[X.]hzeits[X.]hriften, wel[X.]he ein Steuerberater auszuwerten hat.

[X.]) Wel[X.]he Zeits[X.]hriften dies sind, hat der [X.] bisher offen gelassen. Die Frage bedarf au[X.]h im vorliegenden Fall keiner [X.]nts[X.]heidung. In Betra[X.]ht kommen vor allem das vom [X.] herausgegebene Bun-dessteuerblatt und die
von der [X.] herausgegebene Zeits[X.]hrift "Deuts[X.]hes Steuerre[X.]ht". [X.]s muss si[X.]h um Zeits[X.]hriften handeln, wel[X.]he die für die Beratungspraxis benötigten Informationen dank einer redakti-onellen Aufarbeitung gebündelt auffinden lassen. Da der Berater ni[X.]ht nur die hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Re[X.]htspre[X.]hung, sondern au[X.]h die aktuellen [X.]ntwi[X.]klungen in Gesetzgebung und Literatur zu verfolgen hat, kann von ihm ni[X.]ht die Kennt-nis jeder einzelnen [X.]nts[X.]heidung des [X.]s erwartet werden. Au[X.]h reine [X.]nts[X.]heidungssammlungen, etwa die Zeits[X.]hrift [X.], brau[X.]ht er [X.] ni[X.]ht vollständig auszuwerten. [X.]r darf vielmehr darauf vertrauen, über etwa-13
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8
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ige neue Re[X.]htsentwi[X.]klungen dur[X.]h die allgemeinen steuerre[X.]htli[X.]hen Fa[X.]h-publikationen unterri[X.]htet zu werden ([X.], Urteil vom 23.
September 2010, [X.]O, Rn.
24 ff).

[X.]) Hinsi[X.]htli[X.]h der no[X.]h ni[X.]ht ergangenen, sondern erst bevorstehen-den hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]hen [X.]nts[X.]heidungen können keine höheren Anforderungen gestellt werden. [X.]in Steuerberater ist ni[X.]ht gehalten, die monatli[X.]h als Anlage zum Bundessteuerblatt ers[X.]heinende Liste der beim [X.] anhängi-gen Verfahren dur[X.]hzusehen ([X.], Urteil vom 6. November 2008, [X.]O Rn.
25). Glei[X.]hes gilt für die Jahresberi[X.]hte des [X.]s. Dem Beru-fungsgeri[X.]ht ist zuzugeben, dass eine
Dur[X.]hsi[X.]ht dieser Beri[X.]hte ohne großen Aufwand mögli[X.]h ist. Ihnen
ist ein Inhaltsverzei[X.]hnis vorausgestellt, wel[X.]hes das Auffinden der eingegangenen Revisionen von besonderem Interesse (Ab-s[X.]hnitt D) und der zu erwartenden [X.]nts[X.]heidungen von besonderer Bedeutung (Abs[X.]hnitt [X.]) in den einzelnen Re[X.]htsgebieten erlei[X.]htert. Adressat der Jahres-beri[X.]hte ist jedo[X.]h ni[X.]ht der einzelne Steuerberater. Sie
stehen im Zusammen-hang mit der Jahrespressekonferenz des [X.]s, auf wel[X.]her der Präsident oder die Präsidentin des Geri[X.]hts die Ges[X.]häftsentwi[X.]klung des ver-gangenen Jahres erläutert, einen Überbli[X.]k über im Beri[X.]htsjahr neu eingegan-gene wi[X.]htige Streitverfahren gibt und zudem auf Verfahren von besonderem Interesse hinweist, die im
laufenden Jahr zur [X.]nts[X.]heidung anstehen. Der
je-weilige
Jahresberi[X.]ht wird an die Teilnehmer dieser Veranstaltung verteilt und ans[X.]hließend auf der [X.]seite des Geri[X.]hts veröffentli[X.]ht. Au[X.]h wenn der Beri[X.]ht also jedermann zugängli[X.]h ist, ri[X.]htet er si[X.]h do[X.]h
vorrangig an die [X.] der allgemeinen Presse und der Fa[X.]hpresse, die ihn publizistis[X.]h verwer-ten. Der einzelne Steuerberater kann si[X.]h darauf verlassen, die für ihn bedeut-samen
Informationen der allgemeinen Presse und der Fa[X.]hliteratur entnehmen zu können.
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-
9
-

d) Die Zeits[X.]hrift "Der [X.]rtragsteuerberater"
gehört ni[X.]ht zur Pfli[X.]htlektüre eines Steuerberaters. Gegenteiliges folgt entgegen der Ansi[X.]ht der Revisions-erwiderung ni[X.]ht daraus, dass "sogar"
das Amtsgeri[X.]ht, ein Zivilgeri[X.]ht, den hier
eins[X.]hlägigen Aufsatz [X.], 27 aufgefunden habe. [X.]ine Datenbank-Re[X.]her[X.]he zum Themenkreis der [X.] mit dem bekannten Ak-tenzei[X.]hen VI
R 23/07 führt sehr s[X.]hnell zu diesem Aufsatz und zu weiteren Aufsätzen in der genannten Zeits[X.]hrift. Allein deshalb muss diese jedo[X.]h ni[X.]ht
von jedem Berater fortlaufend gelesen werden. Dass die seit dem Jahre 2004 beim [X.] anhängigen Revisionsverfahren Gegenstand eines Auf-satzes oder einer Anmerkung in einer allgemeinen Fa[X.]hzeits[X.]hrift gewesen wä-re, hat der insoweit darlegungs-
und beweispfli[X.]htige Kläger in den Tatsa[X.]hen-instanzen ni[X.]ht dargetan. [X.]ntgegen der Ansi[X.]ht der Revisionserwiderung ist es ni[X.]ht Sa[X.]he der Beklagten darzulegen, in wel[X.]hen von ihr ausgewerteten Zeit-s[X.]hriften das Thema "[X.]"
ni[X.]ht behandelt worden ist. Darle-gungs-
und beweispfli[X.]htig für eine Pfli[X.]htverletzung des Beraters ist grundsätz-li[X.]h der Mandant, der S[X.]hadensersatz verlangt.

III.

Das angefo[X.]htene Urteil erweist si[X.]h jedo[X.]h
aus anderen Gründen als
ri[X.]htig

561 ZPO).
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-

1. Die Beklagte hat gegen ihre Pfli[X.]hten aus dem Beratungsvertrag ver-stoßen, indem
sie den [X.]inspru[X.]h gegen den [X.]inkommensteuerbes[X.]heid ei-genmä[X.]htig, ohne Rü[X.]kspra[X.]he mit dem Kläger, zurü[X.]kgenommen hat.

a) Grundsätzli[X.]h ist
der re[X.]htli[X.]he Berater -
der Steuerberater ebenso wie der Re[X.]htsanwalt
-
verpfli[X.]htet, die Weisungen seines Mandanten zu befolgen (vgl. [X.], Urteil
vom 20.
Februar 1968 -
VI
ZR 24/66, [X.], 792, 794;
vom 10.
Juni 1980 -
VI
ZR 127/79, [X.], 925;
vom 20.
März 1984 -
VI
ZR 154/82, [X.], 1024;
vom 15.
November 2007 -
IX
ZR 44/04, [X.]Z 174, 205 Rn.
8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/D.
Fis[X.]her/[X.]/[X.], Hand-bu[X.]h der Anwaltshaftung, 3.
Aufl., Rn.
841). Na[X.]h §
675 Abs.
1, §
665 [X.] ist er zwar bere[X.]htigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuwei[X.]hen, wenn er den Umständen na[X.]h annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sa[X.]hlage die Abwei[X.]hung billigen würde. Vor der Abwei[X.]hung hat er jedo[X.]h dem Auftraggeber Anzeige zu ma[X.]hen und dessen [X.]nts[X.]hließung abzuwarten, wenn ni[X.]ht mit dem Aufs[X.]hub Gefahr verbunden ist. Der Auftraggeber trägt das Misserfolgs-
und Kostenrisiko des Auftrags; deswegen hat er und ni[X.]ht der [X.] die grundlegenden [X.]nts[X.]heidungen darüber zu treffen, in wel[X.]her Weise seine Interessen wahrgenommen werden sollen ([X.], [X.]O Rn.
842, 844). Der Berater darf, au[X.]h wenn er über ein höheres Maß an Sa[X.]hkunde und [X.]rfahrung in s[X.]hwierigen Re[X.]hts-
und Sa[X.]hlagen verfügt,
ni[X.]ht seine [X.]nts[X.]heidung an die Stelle derjeniger seines Mandanten setzen. Wei[X.]ht der Berater von einer Wei-sung des Mandanten ab, liegt darin eine Pfli[X.]htverletzung, die ihn zum S[X.]ha-densersatz verpfli[X.]hten kann ([X.], Urteil vom 15.
November 2007, [X.]O). An-spru[X.]hsgrundlage ist insoweit §
280 [X.] (Soergel/[X.],
[X.], 13.
Aufl., §
665 Rn.
17; Mün[X.]hKomm-[X.]-[X.], [X.], 6.
Aufl., §
665 Rn.
36; [X.]/[X.], [X.] (2006), §
665 Rn.
27; Fehrenba[X.]her in Prüt-18
19
-
11
-
ting/Wegen/Weinrei[X.]h, [X.], 9.
Aufl., §
665 Rn.
7; vgl. zum alten S[X.]huldre[X.]ht Knütel, [X.] 137 (1973), 285, 324
f).

b) Indem die Beklagte den [X.]inspru[X.]h zurü[X.]kgenommen hat,
hat sie ge-gen eine Weisung des [X.] verstoßen. Wird ein Steuerberater beauftragt, [X.]inspru[X.]h gegen einen Steuerbes[X.]heid einzulegen,
heißt das
in aller Regel
zu-glei[X.]h, dass der auftragsgemäß eingelegte [X.]inspru[X.]h dur[X.]hgeführt und ni[X.]ht zurü[X.]kgenommen werden soll.
Anhaltspunkte dafür, dass das
im vorliegenden Fall anders gewesen sein könnte, hat keine der Parteien vorgetragen.

[X.]) Die Beklagte
ist
na[X.]h dem Hinweis des zuständigen Finanzamts auf die Aussi[X.]htslosigkeit des [X.]inspru[X.]hs
und
aufgrund der ihr
bekannten Re[X.]ht-spre[X.]hung des [X.]s
zu den Voraussetzungen der steuerli[X.]hen Abzugsfähigkeit der Kosten einer doppelten Haushaltsführung
wohl
davon aus-gegangen, dass der Kläger einer Rü[X.]knahme des [X.]inspru[X.]hs zustimmen
wür-de. Glei[X.]hwohl hätte
sie ihn von ihrer Absi[X.]ht, den [X.]inspru[X.]h zurü[X.]kzunehmen, in Kenntnis setzen und seine [X.]nts[X.]heidung abwarten
müssen. Ausrei[X.]hend Zeit hätte sie
gehabt. Dass Gefahr im Verzug gewesen wäre, hat die
für die tatsä[X.]h-li[X.]hen Voraussetzungen einer bere[X.]htigten Abwei[X.]hung na[X.]h §
665 [X.] darle-gungs-
und beweispfli[X.]htige Beklagte (vgl.
Mün[X.]hKomm-[X.]/[X.], [X.]O Rn.
40) ni[X.]ht vorgetragen. Ihr Handeln war s[X.]huldhaft; denn seine Vertrags-pfli[X.]hten, insbesondere
die Vors[X.]hrift des § 665 [X.],
hat der Steuerberater zu kennen.

2. Die
in der unterbliebenen Rü[X.]kfrage liegende
Pfli[X.]htverletzung hat den geltend gema[X.]hten S[X.]haden verursa[X.]ht.
20
21
22
-
12
-

a)
Verletzt der Steuerberater eine Vertragspfli[X.]ht, so kann der Mandant [X.]rsatz des hierdur[X.]h entstandenen S[X.]hadens verlangen (§
280 Abs.
1 Satz 1 [X.]). Zwis[X.]hen der Pfli[X.]htverletzung und dem geltend gema[X.]hten S[X.]haden muss also eine ursä[X.]hli[X.]he Verknüpfung in dem Sinne bestehen, dass das dem Berater vorgeworfene Handeln oder Unterlassen ni[X.]ht hinweggeda[X.]ht werden kann, ohne dass der [X.]rfolg entfällt ([X.] in [X.]/G. Fi-s[X.]her/[X.]/D.
Fis[X.]her/[X.]/[X.], [X.]O
Rn.
1097). Wird dem Berater ein Unter-lassen vorgeworfen, ist folgli[X.]h zu prüfen, ob der [X.]rfolg au[X.]h dann eingetreten wäre, wenn die unterbliebene Handlung vorgenommen worden wäre. Im hier gegebenen Fall eines Verstoßes gegen die aus §
665 Satz 2 [X.] folgende Pfli[X.]ht zur Rü[X.]kspra[X.]he mit dem Mandanten setzt eine S[X.]hadensersatzpfli[X.]ht daher
voraus, dass der Mandant eine andere Weisung erteilt hätte ([X.]/[X.], [X.] (2006) §
665 Rn.
27). Damit ist ein hypothetis[X.]her Kausal-verlauf zu prüfen. [X.]ntgegen der in der mündli[X.]hen Verhandlung vor dem [X.] geäußerten Ansi[X.]ht des [X.] und Revisionsbeklagten geht es insoweit
je-do[X.]h
ni[X.]ht um die Fragen des re[X.]htmäßigen Alternativverhaltens und der hypo-thetis[X.]hen Kausalität, sondern allein um die Anspru[X.]hsvoraussetzung der Kau-salität der unterlassenen Na[X.]hfrage für den entstandenen S[X.]haden (vgl. G. Fi-s[X.]her, [X.]O
Rn. 1098; [X.], Urteil vom 16.
Juni 1988 -
IX
ZR 69/87, [X.], 1454, 1156 f
zur [X.]; vom 2.
Juli 1992 -
IX
ZR 256/91, [X.], 2020, 2022
zur Anwaltshaftung).

b) Feststellungen dazu, wie si[X.]h der Kläger auf eine Rü[X.]kfrage der [X.] hin verhalten
hätte, hat das Berufungsgeri[X.]ht ni[X.]ht getroffen. In den Tatsa[X.]heninstanzen hat die Beklagte mehrfa[X.]h vorgetragen, dass der Kläger dann, wenn er auf die ablehnende Stellungnahme des [X.] worden wäre, den [X.]inspru[X.]h zurü[X.]kgenommen hätte. Der Kläger hat dem-23
24
-
13
-
gegenüber darauf verwiesen, dass er [X.]inspru[X.]h eingelegt habe, um eine [X.]nt-s[X.]heidung in der Sa[X.]he zu errei[X.]hen. Darlegungs-
und beweispfli[X.]htig für den Kausalzusammenhang zwis[X.]hen der Pfli[X.]htverletzung und dem S[X.]haden ist der ges[X.]hädigte Mandant
([X.], Urteil vom 30.
September 1993 -
IX
ZR 73/93, [X.]Z 123, 311, 313; vom
5.
Februar 2009 -
IX
ZR 6/06, [X.], 715 Rn.
7). Der Kläger,
der
insbesondere gemäß §
287 Abs.
1 Satz 3 ZPO seine Verneh-mung als Partei hätte anbieten können
(vgl. [X.], Urteil vom 16.
Oktober 2003 -
IX
ZR 167/02, [X.], 472, 474; vom 21.
Juli 2005 -
IX
ZR 49/02, [X.], 2110, 2111), hat
in den
Tatsa[X.]heninstanzen keinen Beweis angetreten.

[X.]) Der Kläger hätte allerdings au[X.]h von Amts wegen vernommen werden können
(vgl. [X.], Urteil vom 18.
Mai 2006 -
IX
ZR 53/05, [X.], 1736 Rn.
18); dazu oder zu einem re[X.]htli[X.]hen Hinweis (§
139 ZPO) haben die Vo-rinstanzen von ihrem abwei[X.]henden re[X.]htli[X.]hen Standpunkt aus keinen Anlass gesehen. Im [X.]rgebnis erweist si[X.]h die Klage unabhängig von der
unterbliebe-nen
Beweisaufnahme als begründet, so dass der [X.] von der Aufhebung des angefo[X.]htenen Urteils und Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he an das Berufungsge-ri[X.]ht abzusehen und die Revision der Beklagten zurü[X.]kzuweisen hat (§
563 Abs.
3 ZPO).

[X.]) Die Frage, wie si[X.]h der Mandant auf eine gemäß §
665 Satz
2 [X.] ges[X.]huldete Rü[X.]kfrage verhalten hätte, gehört ebenso wie diejenige na[X.]h der Reaktion auf eine pfli[X.]htgemäße Beratung hin zur haftungsausfüllenden Kausa-lität, die na[X.]h § 287 Abs. 1 ZPO zu beurteilen ist
([X.], Urteil vom 11.
Mai 1995 -
IX
ZR 140/94, [X.]Z 129, 386, 399; vom
20.
März 2008 -
IX
ZR 104/05, [X.], 1042 Rn.
12; [X.], [X.]O Rn.
1100; [X.], Anwalts-
und Steuer-beraterhaftung, 2.
Aufl., S. 65).
Na[X.]h ständiger Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesge-ri[X.]htshofs kommen im Rahmen der Beraterhaftung unter bestimmten Voraus-25
26
-
14
-
setzungen Beweiserlei[X.]hterungen in Betra[X.]ht, dann nämli[X.]h, wenn im Hinbli[X.]k auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände der Ursa[X.]henzusam-menhang zwis[X.]hen der Pfli[X.]htverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten des Mandanten typis[X.]herweise gegeben ist. [X.]s handelt si[X.]h um ei-nen Anwendungsfall des Ans[X.]heinsbeweises ([X.], Urteil vom 30.
September 1993 -
IX
ZR 73/93, [X.]Z 123, 311, 314
ff;
vom 20.
März 2008 -
IX
ZR 104/05, [X.], 1042 Rn.
12;
Bes[X.]hluss vom 15.
Mai 2014 -
IX
ZR 267/12, [X.], 1379 Rn.
2; [X.], [X.]O Rn.
1113).

[X.]) Im vorliegenden Fall spri[X.]ht der Beweis des ersten Ans[X.]heins dafür, dass der Kläger die Anregung des Finanzamtes und der
Beklagten, den [X.]in-spru[X.]h zurü[X.]kzunehmen, ni[X.]ht aufgegriffen hätte. [X.]r hatte trotz der seinem [X.] entgegenstehenden Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]s
[X.]inspru[X.]h gegen den Steuerbes[X.]heid einlegen lassen. [X.]r konnte
die steuermindernde Berü[X.]ksi[X.]htigung der Kosten der doppelten Haushaltsführung nur dann
errei-[X.]hen, wenn er den
[X.]inspru[X.]h aufre[X.]ht
erhielt und ni[X.]ht zurü[X.]knehmen ließ. Gründe, die aus Si[X.]ht des [X.] für eine Rü[X.]knahme des [X.]inspru[X.]hs spre-[X.]hen könnten, sind von der Beklagten ni[X.]ht dargetan worden und
sind
au[X.]h ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h. Insbesondere konnte der Kläger, wie er im Berufungsverfahren

27
-
15
-
dargelegt hat, hierdur[X.]h keine Kosten sparen. Die Kosten der Steuerberatung waren bereits mit der [X.]inlegung
und Begründung
des [X.]inspru[X.]hs angefallen; die [X.]inspru[X.]hsents[X.]heidung des Finanzamts wäre
kostenfrei ergangen.

[X.]
[X.]
[X.]

Pape
Möhring

Vorinstanzen:
[X.], [X.]nts[X.]heidung vom 17.07.2012 -
3 C 959/11 (4.0) -

LG [X.], [X.]nts[X.]heidung vom 24.07.2013 -
23 [X.]/13 -

Meta

IX ZR 199/13

25.09.2014

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2014, Az. IX ZR 199/13 (REWIS RS 2014, 2627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2627

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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