Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2017, Az. 3 StR 546/16

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 15074

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Revision im Strafverfahren: Prüfung der Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Adhäsionsantrages bei Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. Juli 2016 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den [X.] dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu Jugendstrafe verurteilt. Außerdem hat es beiden [X.] im Adhäsionsverfahren ein Schmerzensgeld zugesprochen. Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision beanstandet der Angeklagte, gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die Bemessung der Jugendstrafe. Die Überprüfung des Strafausspruchs hat aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2

1. Entgegen dem Antrag des [X.] hat auch die Adhäsionsentscheidung Bestand.

3

Zwar führt er zutreffend aus, dass es hier an von den [X.] wirksam gestellten Adhäsionsanträgen mangelt. Der Adhäsionsantrag des Verletzten ist eine von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung für den Ausspruch über die Entschädigung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Oktober 2007 - 3 [X.], [X.], 127; vom 16. Dezember 2008 - 4 StR 542/08, [X.]R [X.] § 404 Abs. 1 Antragstellung 6; [X.], [X.], 26. Aufl., § 404 Rn. 1 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut seines - auf die Aufhebung des Strafausspruches gerichteten - [X.] hat der Angeklagte die Adhäsionsentscheidung jedoch nicht angefochten (s. auch § 406a Abs. 3 Satz 2 [X.]), so dass diese gemäß § 352 [X.] nicht der Prüfung des [X.] unterliegt. Die Beschränkung des Rechtsmittels hat dazu geführt, dass die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist (vgl. - für die Anfechtung des Schuld- und Strafausspruchs durch die Staatsanwaltschaft - [X.], Urteil vom 28. November 2007 - 2 [X.], [X.]St 52, 96, 98; so auch [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 406a Rn. 3; enger - nur bei Rechtskraft auch des Schuldspruchs - [X.], Beschluss vom 23. Februar 2015 - 32 Ss 184/14, [X.], 327 f.; [X.] aaO, § 406a Rn. 9; [X.]/[X.], [X.], 59. Aufl., § 406 Rn. 6 mwN).

4

Eine Fallgestaltung, in der trotz [X.] das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ist hier nicht gegeben. Insoweit ist von Folgendem auszugehen:

5

Wenn im Verfahren wegen einer oder mehrerer Taten nur einzelne Bestandteile des Urteils, etwa der Strafausspruch, angefochten werden (sog. horizontale [X.]), sind Verfahrensvoraussetzungen stets zu prüfen; denn sie betreffen unmittelbar auch die angefochtenen Bestandteile. Wenn im Verfahren wegen mehrerer Taten das Rechtsmittel auf die Verurteilung wegen einzelner Taten beschränkt wird (sog. vertikale [X.]), ist danach zu differenzieren, ob die Einzelstrafen, gegen die sich die Revision wendet, mit den rechtskräftigen Einzelstrafen auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen waren. In diesem ([X.] ist durch die Beschränkung des Rechtsmittels auch hinsichtlich der von ihm ausgenommenen Taten insoweit keine Rechtskraft eingetreten, als die Gesamtstrafe in Frage steht, so dass Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen sind. Hatte das Tatgericht eine solche Gesamtstrafe indes nicht zu bilden, wirkt sich das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, soweit Rechtskraft eingetreten ist, nicht mehr aus (so [X.], Urteil vom 11. November 1955 - 1 [X.], [X.]St 8, 269, 270 f.; vgl. zum Ganzen - weitergehend gegen die Beachtlichkeit von [X.] in den Fällen vertikaler [X.] - [X.], § 337 Rn. 26, § 344 Rn. 66; [X.]/[X.] aaO, Einl Rn. 151 ff., [X.]. mwN).

6

Übertragen auf die hier zu beurteilende Verfahrenskonstellation bedeuten diese Grundsätze, dass das Fehlen der Verfahrensvoraussetzung der wirksamen Antragstellung nicht mehr zu prüfen ist, wenn die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist. Bei dem teilangefochtenen strafrechtlichen Teil des Urteils einerseits und seinem nicht angefochtenen bürgerlich-rechtlichen Teil andererseits handelt es sich um voneinander verschiedene Prozessgegenstände, wobei die Verfahrensvoraussetzung ausschließlich den Adhäsionsausspruch betrifft, für den Strafausspruch indes keine Bedeutung gewinnen kann.

7

2. Dass der [X.] gemäß § 349 Abs. 4 [X.] beantragt hat, das teilangefochtene Urteil im Adhäsionsausspruch aufzuheben und von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abzusehen, hindert den Senat nicht, die Revision insgesamt gemäß § 349 Abs. 2 [X.] als unbegründet zu verwerfen; denn der [X.] bezieht sich allein auf den von der Revision nicht angefochtenen Teil des Urteils. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung des Senats.

Becker     

       

Gericke     

       

Spaniol

       

Tiemann     

       

Berg     

       

Meta

3 StR 546/16

23.02.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wuppertal, 20. Juli 2016, Az: 24 KLs 11/16

§ 352 StPO, § 404 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.02.2017, Az. 3 StR 546/16 (REWIS RS 2017, 15074)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15074

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 546/16 (Bundesgerichtshof)


4 StR 22/17 (Bundesgerichtshof)

Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern: Gemeinschaftliche Tatbegehung; Herstellung kinderpornographischer Schriften zum Eigengebrauch; inhaltliche Anforderungen an …


4 StR 602/11 (Bundesgerichtshof)

Revision im Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung: Zurückverweisung zur Überprüfung der im Adhäsionsverfahren getroffenen Schmerzensgeldentscheidung


3 StR 417/22 (Bundesgerichtshof)

Zuständigkeit des BGH für Beschwerde gegen im Adhäsionsverfahren ergangene Kostenentscheidung


4 StR 22/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 340/22

3 StR 103/17

3 StR 546/16

2 StR 5/20

KRB 86/20

3 StR 245/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.