Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2006, Az. 1 StR 306/06

1. Strafsenat | REWIS RS 2006, 2054

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[X.] vom 29. August 2006 in der Strafsache gegen wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 29. August 2006 beschlos-sen: 1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des [X.] vom 24. März 2006 mit den Feststellungen [X.]. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkam-mer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: 1 Das [X.] hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gem. § 66b Abs. 2 StGB angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Verurteilten, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der Sach-rüge Erfolg. [X.] 2 Dem Urteil des [X.] liegt Folgendes zugrunde: 3 1. Der 51-jährige Verurteilte ist durch 14 Strafurteile, davon zwölf ausge-sprochen durch Gerichte der ehemaligen [X.], überwiegend wegen Eigentums-, Körperverletzungs- und Sexualdelikten vorgeahndet. Er befindet sich seit dem - 3 - Jahr 1974 fast durchgehend in Straf- und Untersuchungshaft, unterbrochen durch nur kurze Zeiträume zwischen Haftentlassung und der Inhaftierung we-gen erneuter Straftaten. 4 Einer Verurteilung durch das [X.] vom 4. April 1978 lag unter anderem zugrunde, dass der zweieinhalb Monate zuvor aus dem Straf-vollzug entlassene Verurteilte sich Zugang zur Wohnung einer ihm unbekannten Frau verschaffte und diese bis zur Bewusstlosigkeit würgte. In einem weiteren, durch das [X.] am 7. Juni 1985 abgeurteilten Fall bedrohte der Verurteilte zwei Monate nach seiner letzten Haftentlassung die Angestellte eines Elektrogeschäftes mit einem Messer. Im Januar 1990, fünf Monate nach seiner letzten Entlassung aus Strafhaft, zwang der Verurteilte in seiner Woh-nung eine Versicherungsvertreterin mit einem Messer, sich zu entkleiden und sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen. Er wurde wegen dieser Tat am 2. Juli 1990 vom [X.] Amberg wegen sexueller Nötigung zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. 5 2. Der [X.] für das Verfahren zur nachträglichen Anord-nung von Sicherungsverwahrung lag folgendes Geschehen zugrunde: Am 7. April 1993 - fünf Monate nach seiner letzten Entlassung aus Strafhaft - begab sich der Verurteilte in das Büro seiner Rechtsanwältin in [X.]und traf dort allein eine Kanzleiangestellte an. Der Verurteilte bedrohte die Angestellte mit einem mitgeführten Messer, fesselte sie mit Handschel[X.] und führte den ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss mit ihr aus. Hiernach drückte er der am Boden liegenden Frau den Hals zu, bis sie das Bewusstsein verlor. Das [X.] Amberg verhängte gegen den Verurteilten deshalb am 12. April 1994 wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren ([X.]: zehn und drei Jahre). 6 In dem Verfahren ließ das [X.] den Verurteilten zur Frage seiner Schuldfähigkeit durch eine psychiatrische Sachverständige begutachten. Die - 4 - Sachverständige sah keine Hinweise auf eine Einschränkung der Einsichts- [X.] Steuerungsfähigkeit des Verurteilten. Nach den Ausführungen in einem psychologischen Zusatzgutachten handelt es sich bei dem Verurteilten [X.] um eine dis[X.], haltschwache Persönlichkeit, die keine [X.] Bin-dungsfähigkeit aufweise und Affekte nur mangelhaft steuern könne. Die [X.] kam weiterhin zu dem Ergebnis, "dass die der Straftat zugrunde- liegende Entwicklung (–) und die sich daraus ableitenden Probleme in der [X.] auch nach einer Haftstrafe weiter bestehen werden (–). Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit gleichen Straftaten auch nach verbüßter Haftstrafe zu rechnen, insbesondere auch sexuel[X.] Straftaten, falls keine entsprechenden psychotherapeutischen bzw. soziotherapeutischen Maßnahmen erfolgen." 7 Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hatte die Staatsanwaltschaft nicht beantragt. Die Urteilsgründe verhalten sich zu dieser Frage nicht. Grund hierfür ist - wie das [X.] nunmehr feststellt -, dass die gegen den [X.] in der ehemaligen [X.] verhängten Vorstrafen, die bei Anwendung von § 66 Abs. 1 StGB aF heranzuziehen gewesen wären, seitens der Staatsanwalt-schaft und des [X.] als ungerechtfertigt hoch eingeschätzt wurden. 8 3. Der Verurteilte verbüßte die verhängte Freiheitsstrafe vollständig. Er bemühte sich erfolglos um die Verlegung in eine Justizvollzugsanstalt mit einer sozialtherapeutischen Abteilung für Sexualtäter, um sich einer entsprechenden Therapie zu unterziehen. Seine Gesuche an verschiedene Justizvollzugsanstal-ten wurden zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass eine Sozialtherapie wegen der langen Strafzeit verfrüht, später damit, dass es für sie wegen des nahen [X.] zu spät sei. Während des laufenden Strafvollzuges nahm der Verurteilte an Gruppentherapien für Sexualstraftäter teil; zu einer hinreichenden Auseinandersetzung mit seiner Persönlichkeit und seinen Delikten kam es [X.] nach Einschätzung der behandelnden Psychologen allerdings nicht. Im Voll-zugsalltag ist der Verurteilte wegen Disziplinarverstößen in insgesamt neun Fäl-- 5 - [X.] geahndet worden. Wegen aggressiven Verhaltens ist er während des ge-samten Strafvollzuges nicht aufgefal[X.]. 9 4. Das [X.] geht vom Vorliegen der Voraussetzungen für die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 2 StGB aus. Es hat zwei psychiatrische Gutachten eingeholt, die beide zu dem Ergebnis kommen, dass bei dem Verurteilten eine Minderbegabung in Verbindung mit einer verfestigten dissozia[X.] Persönlichkeitsstörung vorliege und von ihm unverändert weitere Straftaten zu erwarten seien. Umstände seit der [X.], die zu einer weiteren Verschlechterung der Prognose oder dazu geführt hätten, dass die Gefährlichkeit des Verurteilten in einem neuen Licht erschiene, vermochten die Sachverständigen nicht zu erkennen. 10 Als "neue Tatsachen" im Sinne des § 66b StGB hat das [X.] ge-wertet, - dass der Verurteilte während des Strafvollzuges 1,3 Gramm Ha-schisch an einen anderen Strafgefangenen übergeben hat; - dass er seine Verlobte nur darüber informiert hat, dass er wegen Vergewaltigung verurteilt wurde, er sie über seine sonstige krimi-nelle Vergangenheit, insbesondere die gegen Frauen gerichteten früheren Gewalttaten dagegen nicht aufgeklärt hat; - dass es während des Strafvollzuges zu einvernehmlichen homo-sexuel[X.] Kontakten zu einem Mithäftling gekommen ist; das [X.] schließt hieraus, dass die Beziehungsfähigkeit des Verurteilten zu Frauen über sein bekanntes Persönlichkeitsbild hinaus gestört sei. - 6 - I[X.] 11 Das angefochtene Urteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat die formel[X.] Eingangsvoraussetzungen des § 66b Abs. 2 StGB zwar zu Recht bejaht. Die nachträgliche Anordnung der Siche-rungsverwahrung kann jedoch keinen Bestand haben, weil den vom [X.] herangezogenen Umständen nicht die Qualität "neuer Tatsachen" im Sinne des § 66b StGB zukommt. 12 1. Wie der [X.] wiederholt betont hat, kommt der Vorschrift des § 66b StGB nur ein eng umgrenzter Anwendungsbereich zu ([X.]St 50, 121, 125; [X.], 1442, 1443 f. m.w.N.). Nach dem Wil[X.] des [X.] soll die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung beson-deren Ausnahmefäl[X.] vorbehalten und auf wenige extrem gefährliche Verurteil-te beschränkt bleiben ([X.]. 15/2887, [X.], 12 f.). Auch von [X.] wegen ist die Verhängung der Maßregel in Anbetracht der Schwere des damit verbundenen Eingriffs äußerst restriktiv zu handhaben ([X.] 109, 190, 236, 242; [X.], Kammer, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06). [X.] bestimmen sich zugleich die Anforderungen, die an die von § 66b StGB vorausgesetzte Tatsachengrundlage zu stel[X.] sind. 13 2. "Neue" Tatsachen der von § 66b Abs. 1 StGB umschriebenen Art sind zunächst nur solche, die nach der letzten Verhandlung in der Tatsacheninstanz und vor Ende des Vollzuges der verhängten Freiheitsstrafe bekannt oder er-kennbar geworden sind, und die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des [X.] für die Allgemeinheit hinweisen. Umstände, die dem ersten Tatrichter bekannt waren oder die er hätte erkennen können und erforderlichenfalls [X.] müssen, scheiden als "neue" Tatsachen aus ([X.]St 50, 121, 125 f.; 180, 187; 275, 278; [X.], 1442, 1444; zuletzt [X.], Urteil vom 11. Juli 2006 - 5 [X.]). - 7 - 14 a) Danach reicht es nicht aus, wenn bereits im Ausgangsverfahren be-kannte oder erkennbare Tatsachen im Verfahren nach § 66b StGB lediglich ei-ne Neu- oder Umbewertung erfahren ([X.]St 50, 275, 279; [X.] NStZ 2006, 276, 278; NJW 2006, 1442, 1445; [X.], Beschluss vom 24. März 2006 - 1 StR 27/06). Ebenso wenig können Tatsachen, die zwar nach der [X.] auftreten, durch die sich ein im Ausgangsverfahren bekannter Zustand aber lediglich bestätigt, als "neu" im Sinne des § 66b StGB gelten ([X.]St 50, 275, 279; [X.], Urteil vom 11. Juli 2006 - 5 [X.]). Dies gilt insbesondere für persönlichkeits- oder krankheitsbedingte Auffälligkeiten bei dem Verurteilten, die sich in seinem Verhalten nach der [X.] lediglich fortsetzen. "Neu" und damit prognoserelevant im Rahmen von § 66b StGB wären derartige Tatsachen nur dann, wenn sie belegen, dass sich eine bekannte Störung des Verurteilten in nicht vorhersehbarer Weise vertieft oder verändert hat, und sie seine Gefährlichkeit daher in einem grundsätzlich anderen Licht erscheinen las-sen (vgl. [X.], Kammer, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06). 15 Um einen solchen Fall nur fortgesetzter Auffälligkeiten auf Grundlage ei-nes bekannten [X.] handelt es sich hier. Dem früheren Tatrichter war bekannt, dass die Persönlichkeit des Verurteilten von ausgeprägten dissozia[X.] Zügen gekennzeichnet war. Nach Einschätzung der im jetzigen Verfahren ge-hörten Sachverständigen, der sich das [X.] angeschlossen hat, ist das Verhalten des Verurteilten im Vollzug nur Ausdruck dieser Persönlichkeitsdefizi-te. Danach steht die Beteiligung an einem Rauschgiftgeschäft innerhalb der Justizvollzugsanstalt mit der Dissozialität des Verurteilten im Einklang; auch die feh[X.]de Offenheit gegenüber seiner Verlobten und die homosexuel[X.] [X.] im Vollzug belegen al[X.]falls eine mangelnde Beziehungsfähigkeit des [X.] als typisches Symptom seiner dissozia[X.] Persönlichkeitsstörung. 16 Dass der bereits im Ursprungsverfahren bekannte Zustand des [X.] und sein darauf beruhendes Gefährlichkeitspotential aufgrund seines Voll-zugsverhaltens grundsätzlich neu einzuschätzen ist, hat das [X.] nicht dargetan. Eine solche Bewertung stünde auch im Widerspruch zu der Einschät-- 8 - zung der Sachverständigen, wonach das Verhalten des Verurteilten zu keiner weiteren Verschlechterung der Prognose geführt oder seine Gefährlichkeit auch nur entscheidend neu belegt hätte. 17 b) Das [X.] bewertet unter Berufung auf eine in der Literatur ver-tretene Auffassung ([X.] NStZ 2005, 310) die angeführten Tatsachen auch deshalb als "neu" im Sinne des § 66b StGB, weil sie für den ursprünglichen [X.] nicht "rechtlich erkennbar" gewesen seien; denn dieser sei in einen die Frage der Sicherungsverwahrung betreffenden Erkenntnisprozess überhaupt nicht eingetreten und habe für den Verurteilten daher auch keinen schützens-werten Vertrauenstatbestand geschaffen. Der [X.] vermag dem nicht zu [X.]. 18 Ob Sicherungsverwahrung bei Aburteilung der [X.] bereits obligato-risch nach § 66 Abs. 1 StGB aF hätte verhängt werden müssen oder Anhalts-punkte bestanden, dass die Strafverurteilungen aus der ehemaligen [X.] als unangemessen hart anzusehen waren und daher nicht hätten berücksichtigt werden können (vgl. [X.]R StGB § 66 Abs. 1 Vorverurteilungen 10), kann auf sich beruhen. Jedenfalls lagen - wie auch das [X.] nicht verkennt - bei der [X.] die formel[X.] Voraussetzungen der Sicherungsverwah-rung gem. § 66 Abs. 2 StGB aF vor. Angesichts der Vorstrafen des Verurteilten und der Ausführungen der damaligen Sachverständigen hätte die Anordnung der Maßregel auch nahe gelegen. 19 Das Verfahren nach § 66b StGB dient jedoch nicht der Korrektur früherer Entscheidungen, in denen Tatsachen bei der Entscheidung über die Anordnung einer Maßregel nach § 66 StGB unberücksichtigt geblieben sind ([X.]St 50, 121, 126; 180, 188). Dies gilt erst recht, wenn eine Prüfung der Voraussetzun-gen der Sicherungsverwahrung im Ausgangsverfahren rechtsfehlerhaft gänzlich unterblieben ist. Selbst wenn ein Verurteilter sich unter solchen Umständen am Ende der Strafhaft unverändert als hochgefährlich erweist, scheidet eine Abhilfe - 9 - mit dem [X.] aus zwingenden rechtlichen Gründen aus. 20 3. Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung setzt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiterhin voraus, dass die nachträglich erkennbaren Tatsachen jenseits einer gewissen Erheblichkeitsschwelle liegen (vgl. [X.]. 15/2887, [X.], 12). Ungeachtet der notwendigen Gesamtwür-digung müssen sie bereits für sich Gewicht haben und auf eine erhebliche Ge-fährlichkeit des Verurteilten schließen lassen ([X.]St 50, 284, 296 f. m.w.N.). Vorfälle im Vollzug können die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwah-rung daher nur rechtfertigen, wenn sie auf eine Bereitschaft des Verurteilten hinweisen, schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrt-heit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu begehen. [X.], die sich auf die [X.] zurückführen lassen und sich für Strafgefangene als typisch oder doch weit verbreitet darstel[X.], fal[X.] nicht darunter ([X.], Kammer, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06; [X.]St 50, 284, 297; [X.] NJW 1446, 1447 f.). 21 Auch dieser Anforderung werden die von dem [X.] herangezo-genen Umstände nicht gerecht. Sie sind nicht derart bedeutsam, dass ihnen eine tragfähige Indizwirkung für die Gefährlichkeit des Verurteilten zukommt. Die Weitergabe einer geringen Menge Haschisch stellt eine Straftat im unteren Bereich dar, aus der sich eine Gewaltbereitschaft des Verurteilten ebenso we-nig ablesen lässt wie aus der vom [X.] vermissten Offenlegung seines gesamten kriminel[X.] Lebenslaufes gegenüber seiner Verlobten, zumal diese Kenntnis von den [X.]en hatte. Die einvernehmlichen homosexuel[X.] Handlungen lassen für sich genommen gleichfalls keinen Rückschluss auf ag-gressive Tendenzen des Verurteilten zu. Auch in ihrer Zusammenschau gewin-nen die einzelnen Umstände keine erhebliche Bedeutung. Das Vollzugsverhal-ten des Verurteilten fällt insgesamt nicht aus dem für Langzeitstrafgefangene typischen Rahmen, wie das [X.] im Anschluss an die Ausführungen der Sachverständigen selbst feststellt. - 10 - II[X.] 22 Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Er vermag nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass sich in einer erneuten Hauptverhandlung Gesichtspunkte ergeben, die die Annahme hinreichender neuer Tatsachen im Sinne des § 66b StGB und eine darauf gestützte Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung rechtfertigen können. 23 Der nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] wird alsbald darüber zu befinden haben, ob die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung des Verurteilten aus dringenden Gründen weiterhin gerechtfertigt ist (§ 275a Abs. 5, § 126a Abs. 3 StPO). Sollte eine Aufhebung des [X.] - auch im Falle der Ablehnung des staatsanwaltschaftlichen Antrages auf Anordnung der nach-träglichen Sicherungsverwahrung - in Betracht kommen, werden organisatori-sche Maßnahmen angezeigt sein, die bei Entlassung des Verurteilten greifen und geeignet sind, das Rückfallrisiko zu mindern (vgl. näher [X.], 1442, 1445 f.). Im Einzelfall können solche Maßnahmen nach dem verfassungsrechtli-chen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch als milderes Mittel an die Stelle der nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung treten ([X.], [X.], Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 26/06). Neben der [X.] (§§ 74 f., 126 StVollzG) bietet sich insbesondere eine engmaschige Leitung des Verurteilten durch Ausschöpfung der Möglichkeiten der hier gem. § 68f Abs. 1 StGB kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht an (§§ 68 ff. StGB). - 11 - Hierdurch wird zu vermeiden sein, dass der noch immer als hochgefährlich ein-geschätzte Verurteilte nach langjähriger Haft ohne Unterkunft, [X.] Anbindung - das Verlöbnis ist zwischenzeitlich aufgelöst - und weitere therapeutische Unter-stützung unvermittelt in Freiheit entlassen wird und sich dort selbst überlassen bleibt. Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

Meta

1 StR 306/06

29.08.2006

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.08.2006, Az. 1 StR 306/06 (REWIS RS 2006, 2054)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2054

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