Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 17/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 9509

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Gegenstand

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen


Leitsatz

1. Die Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen i.S. des § 33 EStG (Änderung der Rechtsprechung).

2. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2014  13 K 3724/12 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2010 Kosten für einen [X.] als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

2

Im Jahr 2007 verstarb die Mutter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Ausweislich eines aufgefundenen [X.] hatte sie die Klägerin zur Alleinerbin eingesetzt. Die Klägerin beantragte daraufhin einen Erbschein. Im Rahmen des [X.] zweifelte der Bruder der Klägerin die Rechtmäßigkeit des [X.] an. Es kam zu einem [X.], in dem das [X.] (AG) zu Gunsten der Klägerin entschied. Das für die Beschwerdeentscheidung zuständige [X.] hob den Nichtabhilfebeschluss und die Vorlageverfügung des AG auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Das AG erhob im zweiten Rechtsgang Beweis durch Einholung eines graphologischen Gutachtens. Mit Beschluss vom 1. Februar 2010 erteilte es der Klägerin schließlich einen Alleinerbschein. Im Zusammenhang mit diesem [X.] entstanden der Klägerin im Streitjahr 2010 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € und Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 €, die ihr weder von ihrem Bruder noch von dritter Seite erstattet wurden.

3

Die Klägerin machte die betreffenden Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 zunächst nicht geltend. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 22. Juli 2011 legte die Klägerin fristgemäß Einspruch mit der Begründung ein, dass aufgrund der geänderten Rechtsprechung des [X.] ([X.]) gemäß dem Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 ([X.]E 234, 30, [X.], 1015) die Anwaltskosten aus dem Nachlassverfahren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) wies den Einspruch als unbegründet zurück.

5

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2014, 850 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7

Sie beantragt,
das Urteil des [X.] vom 11. Februar 2014  13 K 3724/12 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2012 dahingehend abzuändern, dass Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 € und Anwaltskosten in Höhe von 3.460,03 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die geltend gemachten Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung [X.] des § 33 EStG zu berücksichtigen.

1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen [X.] (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. [X.]-Urteil vom 29. September 1989 III R 129/86, [X.], 380, [X.] 1990, 418; Senatsurteil vom 26. Juni 2014 [X.]/13, [X.], 326, [X.] 2015, 9).

2.a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des [X.] eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, [X.]E 67, 379, [X.]I 1958, 419; [X.]-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, [X.]E 147, 171, [X.] 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, [X.]E 198, 94, [X.] 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, [X.]/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war ([X.]-Urteil in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des [X.] im Allgemeinen bei einem Zivilprozess ([X.]-Urteile in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und in [X.]/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)-Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596; in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und in [X.]/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspreche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe ([X.]-Urteile in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und in [X.]/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen ([X.]-Urteile in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596; in [X.]/NV 2009, 553).

b) Demgegenüber nahm der Senat in seiner Entscheidung in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, streitige Ansprüche seien wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Da die Parteien zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche mithin auf den Weg vor die Gerichte verwiesen würden, entstünden Zivilprozesskosten für den Kläger wie auch für den Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Demgegenüber sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen, weil der Steuerpflichtige im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten müsse, um sein Recht durchzusetzen.

3. Das Senatsurteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 hat neben Zustimmung (z.B. [X.], Urteile vom 20. Februar 2013  15 K 2052/12 E, [X.], 703; vom 19. Februar 2013  10 K 2392/12 E, [X.], 933; vom 14. Januar 2013  11 K 1633/12 E, [X.], 701; Kanzler in [X.]/[X.]/ [X.], § 33 EStG Rz 110; [X.], [X.], 1668) vielfach auch Kritik erfahren (z.B. [X.], Urteil vom 24. September 2012  1 K 195/11, [X.], 41; [X.], Urteil in [X.], 850; [X.], Urteil vom 10. Dezember 2014  1 K 1201/13, [X.], 818; Schreiben des [X.] vom 20. Dezember 2011, [X.], 1286; [X.], [X.] Steuerrecht --DStR-- 2013, 1867, 1871; [X.] in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 33 Rz 47a ff.; [X.], [X.] 33/2011, Rz 5).

Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an seiner in dem Urteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Der Senat kehrt unter Aufgabe seiner in dem Urteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des [X.] zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Der Senat ist sich bewusst, dass die Stetigkeit der Rechtsprechung des [X.] als des obersten Gerichtshofs des [X.] ein wesentliches Element der Rechtssicherheit ist. Er ist jedoch der Ansicht, dass hier schwerwiegende sachliche Gründe, und zwar vor allem der Gesichtspunkt einer notwendigen Vereinheitlichung der Rechtsanwendung und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, eine Änderung der Rechtsprechung des Senats gebieten.

a) Zwar kann sich der Steuerpflichtige nach einem verlorenen Zivilprozess --unabhängig davon, ob er als Kläger oder als Beklagter an ihm beteiligt war (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 147, 171, [X.] 1986, 745)-- der eigentlichen Zahlungsverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um aus rechtlichen Gründen zwangsläufige Aufwendungen [X.] des § 33 Abs. 2 EStG anzunehmen. Vielmehr stellt die Rechtsprechung für die Entscheidung darüber, ob Aufwendungen zwangsläufig [X.] des § 33 EStG angefallen sind, seit jeher auf die wesentliche Ursache ab, die zu den jeweiligen Aufwendungen geführt hat. Die Zwangsläufigkeit im Rahmen des § 33 Abs. 2 EStG ist danach nicht allein an der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung zu messen, sondern es muss auch das die Verpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein. So kommen z.B. Aufwendungen zur Tilgung von Schulden nur dann als außergewöhnliche Belastung in Betracht, wenn die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlasst war, die ihrerseits den Tatbestand des § 33 EStG erfüllen (vgl. Senatsurteile vom 18. November 1977 VI R 142/75, [X.]E 124, 39, [X.] 1978, 147; vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, [X.]E 134, 286, [X.] 1982, 116). Entscheidend für die Frage, ob Aufwendungen zwangsläufig [X.] des § 33 EStG angefallen sind, ist daher die wesentliche Ursache, die zu den Aufwendungen geführt hat ([X.]-Urteile in [X.]E 206, 16, [X.] 2004, 726, und vom 18. März 2004 III R 31/02, [X.]E 205, 274, [X.] 2004, 867).

b) Ausgehend hiervon sind die Kosten eines Zivilprozesses grundsätzlich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozessführung mit der Folge der Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist (Senatsurteile vom 3. Juni 1982 VI R 41/79, [X.]E 136, 370, [X.] 1982, 749; in [X.]E 134, 286, [X.] 1982, 116; [X.]-Urteile in [X.]E 147, 171, [X.] 1986, 745; vom 6. Mai 1994 [X.], [X.]E 175, 332, [X.] 1995, 104; vom 19. Dezember 1995 [X.]/94, [X.]E 179, 383, [X.] 1996, 197). Daran fehlt es im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Indes ist der Grundsatz, dass Kosten eines Zivilprozesses keine außergewöhnlichen Belastungen sind, auch schon nach bisheriger ständiger Rechtsprechung keine starre Regel. Vielmehr erfordert die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen eine Berücksichtigung des jeweiligen Streitgegenstandes und der Ursachen des Streits (vgl. u.a. [X.]-Urteile in [X.]E 147, 171, [X.] 1986, 745; in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596).

Berührt ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens, kann jener unter Umständen in eine Zwangslage geraten, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existenziell erforderlich ist (vgl. [X.]-Urteil vom 19. Mai 1995 [X.], [X.]E 178, 207, [X.] 1995, 774), und sich folglich die Frage stellen, ob die Übernahme eines Prozesskostenrisikos nicht insoweit als [X.] des § 33 EStG zwangsläufig anzusehen ist. Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können ([X.]-Urteile in [X.]E 175, 332, [X.] 1995, 104; in [X.]E 181, 12, [X.] 1996, 596).

aa) Diese Auslegung entspricht dem Grundgedanken des § 33 EStG, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen (u.a. [X.]-Urteil in [X.], 380, [X.] 1990, 418; Senatsurteil in [X.], 326, [X.] 2015, 9).

bb) Der Begrenzung der Abziehbarkeit von Prozesskosten auf einen eng umschriebenen Bereich steht weder das staatliche Gewaltmonopol, das den Einzelnen zwingt, zur Durchsetzung seiner Rechte Gerichte in Anspruch zu nehmen, noch das [X.] ([X.]) entgegen.

(1) Zwar bringt die Tatsache, dass der Einzelne zur zwangsweisen Durchsetzung tatsächlich oder vermeintlich bestehender Rechte gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss, notwendigerweise gegebenenfalls endgültig zu tragende Kosten mit sich.

Aus dem staatlichen Gewaltmonopol kann entgegen der in dem Senatsurteil in [X.]E 234, 30, [X.] 2011, 1015 vertretenen Auffassung aber nicht abgeleitet werden, dass Zivilprozesskosten [X.] von § 33 EStG zwangsläufig anfielen. Die Berufung auf das staatliche Gewaltmonopol vermag nicht das Vorliegen eines zusätzlichen existenznotwendigen Bedarfs zu begründen ([X.], [X.] 33/2011 Rz 5). Das staatliche Gewaltmonopol und das Recht auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zwingen den Steuerpflichtigen auch nicht zur Führung eines Zivilprozesses. Zudem liefe die Ansicht, Zivilprozesskosten [X.] dem Steuerpflichtigen unabhängig vom Gegenstand des [X.] aus rechtlichen Gründen zwangsläufig, im Ergebnis darauf hinaus, jedwede durch den Rechtsstaat rechtmäßig auferlegte Zahlungsverpflichtung als zwangsläufige Aufwendung anzuerkennen (dazu auch [X.], DStR 2013, 1867, 1871). Maßgeblich ist aber die Zwangsläufigkeit des die Zahlungsobliegenheit auslösenden Ereignisses.

Geht es dabei um einen Bereich, der nicht das existenziell Notwendige betrifft, liegt die wesentliche Ursache für die angefallenen Aufwendungen im Bereich der durch den Steuerpflichtigen gestaltbaren Lebensführung. Dies gilt nach den im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen geltenden Grundsätzen entsprechend auch für diesen Bereich betreffende Prozesskosten (vgl. auch [X.], DStR 2013, 1867, 1871).

(2) Die Bestimmungen über die [X.] sollen den Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnen und bezwecken daher eine weitgehende Angleichung der Situation von [X.] und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des [X.] vom 13. März 1990  2 BvR 94/88, [X.] 81, 347, 356). Die der Gewährung von [X.] zugrunde liegende verfassungsrechtliche Werteentscheidung steht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Werteentscheidung des Einkommensteuerrechts und zielt nicht darauf ab, die Prozesskosten von der Besteuerung auszunehmen. Dementsprechend führt das Institut der [X.] nicht dazu, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abgezogen werden können.

4. Nach diesen Maßstäben kommt im Streitfall die Berücksichtigung der der Klägerin entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht. Die Klägerin hat weder dargelegt, dass ihre Existenzgrundlage gefährdet gewesen wäre, hätte sie das Erbe nicht angetreten oder hätte sie es mit ihrem Bruder teilen müssen, noch ist dies sonst ersichtlich. Das [X.] hat eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen daher zu Recht abgelehnt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 17/14

18.06.2015

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 11. Februar 2014, Az: 13 K 3724/12 E, Urteil

§ 33 Abs 1 EStG 2009, EStG VZ 2010, § 33 Abs 2 EStG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 17/14 (REWIS RS 2015, 9509)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9509

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 K 99/18

7 K 496/15

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