Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2015, Az. IV ZR 502/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10856

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
[X.] ZR 502/14

Verkündet am:

20. Mai 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der [X.].
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski,
[X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller im schriftli-chen Verfahren gemäß §
128 Abs.
2 ZPO
mit
Schriftsatzfrist
bis zum 4.
Mai
2015

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 15. Februar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5.067,32

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d.
[X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversiche-rung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit Vertragsbeginn zum 1. Dezember 2003
nach dem so genannten [X.] des §
5a VVG 1
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in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abgeschlossen.
Im März
2011
kündigte d.
[X.] den Vertrag und der [X.] zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011
erklärte d. [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a [X.], nach § 8 VVG
und vorsorglich die Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst 7 % Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.]

).

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Das [X.] sei mit den [X.] nicht vereinbar.
Im Übrigen ha-be auch nach Ablauf der Frist des

ebenfalls gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] der Widerspruch noch er-klärt werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D.
[X.] habe die Prämien 3
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mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen, denn der Versicherer habe d. [X.] ordnungsgemäß durch das Schreiben vom 16. September 2003 über das [X.] belehrt. Die Regelung des [X.]s verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

I[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB kann d.
[X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.

a) Entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts belehrte der [X.] d. [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] über das Widerspruchsrecht. Die Widerspruchsbelehrung im maßgebli-chen Policenbegleitschreiben genügt den Anforderungen des § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht, weil sie den Fristbeginn nur an den Erhalt des Übersendungsschreibens nicht aber auch an den Erhalt des Versiche-rungsscheins, der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der [X.] knüpft
(vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1992

[X.], [X.]Z 121, 52, 57 unter II
3). Für einen solchen Fall [X.] §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat 8
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5
-

mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.] ZR
76/11, [X.]Z 201, 101 Rn.
17-34) ent-schieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinien-konform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwen-dungsbereich der Zweiten und der [X.] keine Anwendung
findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenver-sicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grund-sätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingun-gen nicht erhalten hat.

b) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

c) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; 12
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bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2012 -
2-23 O 20/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.02.2013 -
7 [X.]/12 -

15

Meta

IV ZR 502/14

20.05.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2015, Az. IV ZR 502/14 (REWIS RS 2015, 10856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10856

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