Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.09.2014, Az. VII R 45/12

7. Senat | REWIS RS 2014, 2716

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Gegenstand

(Bestätigung des cif-Einfuhrpreises nach der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 mittels Nachweises der Veräußerungsbedingungen)


Leitsatz

1. NV: Zur nachträglichen Bestätigung eines über dem repräsentativen Zuckerpreis liegenden cif-Einfuhrpreises ist nach Art. 38 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 951/2006 auf einen Nachweis der Bedingungen des Weiterverkaufs durch den Importeur abzustellen.

2. NV: Der Importeur ist bezüglich der Bedingungen des Weiterverkaufs nachweispflichtig. Er hat die zu einem niedrigeren Weiterverkaufspreis führenden besonderen Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war eine Kapitalgesellschaft, die im Jahre 2007 von drei Zuckerunternehmen aus [X.], der [X.] und [X.] als gemeinsame Organisation zum Zweck der Einfuhr von [X.] aus [X.] und dessen Vertrieb in der [X.] ([X.]) gegründet worden war und ihren Geschäftsbetrieb zum … 2009 wieder eingestellt hat.

2

Mit [X.] kaufte die [X.] Niederlassung der Klägerin von ihrer [X.] Gesellschafterin 88 000 kg [X.] des [X.] 1701 99 10 mit Ursprung in [X.]. Der Kaufpreis betrug laut [X.] 412 €/t cif. Die Klägerin führte den Zucker förmlich ein und überführte ihn in den zollrechtlich freien Verkehr. Dabei überstieg der angemeldete [X.] den gemäß Art. 36 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 951/2006 ([X.] 951/2006) der [X.] vom 30. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung ([X.]) Nr. 318/2006 des Rates für den Zuckerhandel mit [X.] (Amtsblatt der [X.] --ABl[X.]-- Nr. L 178/24) in der für den Streitfall geltenden Fassung für diesen Zeitpunkt festgelegten repräsentativen Zuckerpreis in Höhe von 282 €/t. Das Zollamt setzte deshalb den Drittlandszoll und [X.] sowie die Einfuhrumsatzsteuer fest und forderte darüber hinaus eine Sicherheit in Höhe der Differenz zwischen dem auf der Grundlage des für diesen Zucker geltenden repräsentativen Preises berechneten zusätzlichen Einfuhrzoll und dem auf der Grundlage des angemeldeten [X.]es berechneten [X.].

3

Im Zuge der Einstellung des Geschäftsbetriebs der Klägerin wurde der Rohrzucker schließlich an die [X.] Gesellschafterin zu einem Preis von 902,97 €/t abgegeben. Damit lag der sich nach Abzug der gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben (419 €/t) sowie der für Handling, Abfertigung (ca. 37 €/t) und Lagerung (ca. 85 €/t) angefallenen Kosten ergebende tatsächliche [X.] (361 €/t) noch unter dem angemeldeten [X.].

4

Auf Anforderung legte die Klägerin dem Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --[X.]--) verschiedene Dokumente im Zusammenhang mit dem Rohrzuckergeschäft vor. Daraufhin schloss das [X.] mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 die Abgabenfestsetzung vom 28. August 2008 ab und erklärte die geleistete Sicherheit mit der Begründung für verfallen, ausreichende Nachweise für die Veräußerungsbedingungen seien nicht erbracht worden, der [X.] sei mithin nicht bestätigt.

5

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, die gemäß Art. 36 Abs. 2, Art. 38 Abs. 3 [X.] 951/2006 i.V.m. Art. 27 der Verordnung ([X.]) Nr. 318/2006 (VO Nr. 318/2006) des Rates vom 20. Februar 2006 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl[X.] Nr. L 58/1) in der für den Streitfall geltenden Fassung geleistete Sicherheit müsse wieder freigegeben werden, soweit sie den auf der Grundlage des [X.]es festzusetzenden [X.] übersteige. Der angemeldete Einfuhrpreis sei nicht unplausibel.

6

Nachdem die Regelung des Art. 38 Abs. 2 Unterabs. 2 VO Nr. 951/2006 den zuständigen Behörden die Entscheidung überlasse, ob sie zusätzliche Unterlagen oder Informationen anfordern, sei nicht die positive Feststellung der Plausibilität des Einfuhrpreises erforderlich. Gegenstand der Überprüfung und damit Maßstab für die Zufriedenheit der zuständigen Behörden nach Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 sei vielmehr die Frage, ob der angegebene Einfuhrpreis unplausibel ist. Der Umfang der Prüfung sei individuell für den konkreten Fall zu bestimmen. Die Plausibilitätsprüfung habe nicht nach einem festen Schema, wie etwa anhand der Kalkulation des [X.], zu erfolgen. Aus dem Regelungszweck der einschlägigen Vorschriften ergebe sich ferner der Zeitpunkt der Einfuhr des Zuckers als maßgeblich für die Beurteilung der Plausibilität. Ein zunächst plausibler Einfuhrpreis werde nicht durch Umstände unplausibel, die erst nach der Einfuhr einträten. Eine negative Preisentwicklung nach der Einfuhr des Zuckers, die letztlich zu einem Verlustgeschäft führe, schließe die Plausibilität des angegebenen Einfuhrpreises deshalb nicht aus. Der [X.] diene nicht dazu, Fehleinschätzungen oder schlechtes Wirtschaften des Einführers zu ahnden. Ein rechnerischer Verlust des [X.] könne zwar als Indiz für die Anmeldung eines unzutreffenden [X.]es angesehen, jedoch vom Einführer entkräftet werden. Die Klägerin habe im Streitfall eine nachvollziehbare Erklärung für den niedrigen Verkaufserlös geliefert; das [X.] habe in der Folge von der Anforderung weiterer Unterlagen gemäß Art. 38 Abs. 2 Unterabs. 2 [X.] 951/2006 abgesehen. Ein Grund für die mangelnde Zufriedenheit des [X.] i.S. des Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 sei somit nicht ersichtlich.

7

Mit seiner Revision macht das [X.] geltend, der Nachweis der Veräußerungsbedingungen beziehe sich auf die Weiterveräußerung der Ware durch den Einführer, nicht die Veräußerung an den Einführer. Folglich seien nach der Einfuhr entstandene, an Dritte zu entrichtende Kosten zu berücksichtigen und im Hinblick auf den Vergleich zwischen Veräußerungserlös und [X.] vom Erlös abzuziehen. Anders als das [X.] meine, sei die Möglichkeit der Anforderung weiterer Dokumente und Informationen seitens des [X.] nur im Zusammenhang mit der Überprüfung des [X.]es gemäß Art. 38 Abs. 2 VO Nr. 951/2006 vorgesehen, nicht jedoch auf den Nachweis der Veräußerungsbedingungen gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 übertragbar. Vielmehr habe derjenige, der sich auf eine Tatsache berufe, diese auch zu beweisen. Die Angaben der Klägerin zu den Veräußerungsbedingungen, namentlich zu nicht erfüllten Geschäftserwartungen, seien lediglich als nicht bewiesene Behauptungen anzusehen und genügten nicht den Anforderungen zur Freigabe der Sicherheit.

8

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die sich aus der Auslegung von Unionsrecht ergebenden Fragen im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens dem Gerichtshof der [X.] ([X.]) vorzulegen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie teilt die Auffassung des [X.] und meint, sie trüge die Beweislast nur, sofern das [X.] ihrem vorangegangenen Vortrag substantiiert entgegengetreten wäre. In Bezug auf die gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 vorzunehmende Bestätigung des [X.]es dürfe sich das [X.] nicht allein auf den Nachweis der Höhe des [X.] beschränken, sondern müsse allgemein auf die [X.] abstellen. Eine Beschränkung auf ein bestimmtes Beweismittel bestehe nicht.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil des [X.] verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 [X.]O).

Der Einfuhrabgabenbescheid vom 8. Dezember 2009 ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Das [X.] hat einen zusätzlichen Einfuhrzoll in zutreffender Höhe festgesetzt; die geleistete Sicherheit ist gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 verfallen. Der Klägerin gelang es nicht, die Plausibilität des [X.]es anhand der Verkaufsbedingungen hinreichend nachzuweisen.

1. Der zusätzliche Einfuhrzoll für Rohrzucker des [X.] 1701 99 10 wird gemäß Art. 27 Abs. 2, Art. 1 Abs. 1 Buchst. [X.] Nr. 318/2006, Art. 39, Art. 37 Buchst. a, Art. 36 Abs. 2 VO Nr. 951/2006 grundsätzlich anhand des Preises festgelegt, zu dem der jeweilige Zucker eingeführt wird, d.h. anhand des [X.]es der betreffenden Sendung. Liegt --wie im [X.] pro 100 Kilogramm einer Sendung höher als der auf dem Weltmarkt oder auf dem [X.] ermittelte und von der [X.] festgesetzte "repräsentative Zuckerpreis", hat der Einführer gemäß Art. 38 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 [X.] 951/2006 eine Sicherheit in Höhe der Differenz zwischen dem auf der Grundlage des repräsentativen Zuckerpreises errechneten [X.] und dem auf der Grundlage des angemeldeten [X.]es berechneten [X.] zu hinterlegen. Diese Sicherheit ist freizugeben, sofern der Nachweis für die Veräußerungsbedingungen zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden erbracht wird (Art. 38 Abs. 4 Satz 1 VO Nr. 951/2006).

a) Zusätzliche Einfuhrzölle werden erhoben, um die Stabilität der Zuckermärkte der [X.] zu gewährleisten und zu vermeiden, dass die Marktpreise unter die [X.] für Zucker fallen (Erwägungsgrund 9 zur [X.] 951/2006). Im Hinblick auf die Verhinderung von Manipulationen und daraus erwachsende Wettbewerbsverzerrungen durch die Anmeldung eines zu hohen [X.]es ist zu unterscheiden zwischen dem Nachweis des entrichteten cif-Preises anhand der gemäß Art. 38 Abs. 2 [X.] 951/2006 geforderten Unterlagen und dem darüber hinaus geforderten Nachweis der Plausibilität des angemeldeten [X.]es anhand der zur Zufriedenheit der Behörden zu belegenden Veräußerungsbedingungen gemäß Art. 38 Abs. 4 VO Nr. 951/2006. Dem Wortlaut und der Systematik des Art. 38 Abs. 2 und Abs. 4 [X.] 951/2006 ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass also einerseits der Beleg der tatsächlichen Zahlung des [X.]es in der angemeldeten Höhe und andererseits der Nachweis der Plausibilität des [X.]es --im [X.] anhand der Veräußerungsbedingungen beim Weiterverkauf innerhalb der [X.] zu erbringen ist.

aa) Schon bei einer grammatikalischen Auslegung des Art. 38 VO Nr. 951/2006 ist bezüglich der Veräußerungsbedingungen auf die erste [X.] beim Verkauf durch den Importeur abzustellen und diese als maßgeblich für die Bestätigung des [X.]es gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 zu erachten. Die in Art. 38 [X.] 951/2006 enthaltenen Regelungen richten sich an den Importeur. Dieser muss zunächst nachweisen, dass das von ihm getätigte Kaufgeschäft tatsächlich zu dem von ihm angegebenen Kaufpreis abgeschlossen wurde. In Art. 38 Abs. 2 [X.] 951/2006 ist daher auch ausschließlich von der "Sendung" an den "Importeur" im "[X.]" die Rede. Als Nachweis des Einfuhrpreises für diesen Einkauf aus dem [X.] wird entsprechend der Kaufvertrag verlangt (Art. 38 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a [X.] 951/2006). Schon sprachlich ist es folglich nicht naheliegend, dass sich der Verordnungsgeber in Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 erneut auf dieses Kaufgeschäft bezieht, jedoch nunmehr den Begriff "Veräußerungsbedingungen" benutzt. Auch der [X.] Wortlaut des Abs. 4, wonach der Nachweis für die "conditions of disposal" zu erbringen ist, lässt darauf schließen, dass nunmehr auf den weiteren Umgang mit der Ware --nach dem [X.] und damit auf deren Weiterverkauf Bezug genommen wird. Adressat der Vorschrift ist zudem weiterhin der Importeur. Der Import und damit der Einkauf des Zuckers ist jedoch aus Sicht des Importeurs keine "Veräußerung". Von Veräußerung kann in dieser Konstellation nur gesprochen werden, wenn der Importeur die Ware weiterverkauft.

bb) Art. 38 [X.] 951/2006 ist überdies als chronologisch entwickelte Handlungsanweisung zu lesen. Zunächst wird gemäß Abs. 1 der Vorschrift festgelegt, die Höhe der zusätzlichen Einfuhrzölle für Zucker u.a. anhand des jeweiligen [X.]es zu ermitteln. Gemäß Abs. 2 werden für den Fall eines [X.]es, der eine bestimmte Höhe überschreitet, Nachweise für dessen Richtigkeit gefordert, die sämtlich im Zusammenhang mit der Einfuhr, d.h. dem Einkauf der Ware stehen. Nach Feststellung der Richtigkeit des angegebenen [X.]es mittels der Nachweise gemäß Abs. 2, muss der Importeur --als zusätzliche Sicherungsmaßnahme-- gemäß Abs. 3 eine Sicherheit leisten. Diese Sicherheit wiederum wird im Nachhinein gemäß Abs. 4 erst freigegeben, wenn weitere Nachweise erbracht werden, die systematisch nun nicht mehr den Einkauf der Ware, sondern nur noch den Weiterverkauf der Ware betreffen können.

cc) Auch ein systematischer Vergleich des Art. 38 VO Nr. 951/2006 mit anderen marktordnungsrechtlichen Verordnungen zur Regelung von Zusatzzöllen führt zu diesem Auslegungsergebnis. Art. 3 Abs. 4 der Verordnung ([X.]) Nr. 1484/95 der [X.] vom 28. Juni 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sowie für Eieralbumin, zur Festsetzung dieser zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 163/67/[X.] ([X.] 1484/95) in der im Streitfall geltenden Fassung der Änderungsverordnung ([X.]) Nr. 493/1999 der [X.] vom 5. März 1999 ([X.] Nr. L 59/15) sowie Art. 4 Abs. 4 der Verordnung ([X.]) Nr. 504/2007 der [X.] vom 8. Mai 2007 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung über die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auf Milch und Milcherzeugnisse (VO Nr. 504/2007) in der im Streitfall geltenden Fassung der Änderungsverordnung ([X.]) Nr. 76/2009 (ABl[X.] Nr. L 23/3) regeln als Parallelvorschriften zu Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 die Voraussetzungen für die Freigabe der im Fall eines den repräsentativen Preis übersteigenden [X.]es geleisteten Sicherheit. Nach beiden Bestimmungen ist der Nachweis zu erbringen, dass die Sendung zu Bedingungen "abgesetzt wurde", die den [X.] bestätigen, und wird hierfür jeweils eine Frist "ab Verkauf" der Erzeugnisse bzw. Ware festgelegt. Für diese Marktordnungswaren hat der Verordnungsgeber folglich eine deutlichere Regelung getroffen. Die Richtigkeit des angegebenen [X.]es wird im Nachhinein anhand des (ersten) [X.]es überprüft (vgl. Senatsurteil vom 23. April 2014 VII R 5/13, [X.] 2014, 1787). Angesichts der übereinstimmenden Zielrichtung und des entsprechenden [X.] ist somit auch Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 dahingehend auszulegen, dass der Nachweis der Absatz- und damit Weiterverkaufsbedingungen gefordert wird.

dd) Schließlich spricht auch die Änderung des Art. 38 Abs. 4 VO Nr. 951/2006 durch die Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 786/2012 ([X.] 786/2012) der [X.] vom 30. August 2012 zur Änderung und Berichtigung der Verordnung ([X.]) Nr. 951/2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung ([X.]) Nr. 318/2006 des [X.] (ABl[X.] Nr. L 235/1) nicht dagegen, dass die im Streitfall geltende Fassung des Art. 38 Abs. 4 an den Weiterverkauf durch den Importeur anknüpft. Die Formulierung der Vorschrift stellt seit dieser Modifikation ausdrücklich auf den "Verkauf der Erzeugnisse" durch den Importeur ab. Dies ist für sich genommen zwar noch kein Argument, dass dies einer zutreffenden Auslegung der vorherigen Gesetzesfassung entspricht. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann dadurch aber auch nicht auf eine inhaltliche Änderung im Vergleich zur früheren Fassung der Regelung geschlossen werden.

b) Gemäß Art. 38 Abs. 2 Unterabs. 2 [X.] 951/2006 kann die zuständige Behörde zur Überprüfung des [X.]es neben den explizit in Art. 38 Abs. 2 Unterabs. 1 [X.] 951/2006 genannten Dokumenten weitere Unterlagen und Informationen anfordern. Dies dient allein der Klärung, ob der angemeldete [X.] vom Einführer tatsächlich gezahlt wurde. Entgegen der Ansicht der Klägerin und des [X.] bezieht sich diese [X.] schon nach dem Wortlaut des Art. 38 Abs. 2 bis 4 [X.] 951/2006 nicht auf die nachträgliche Plausibilitätsprüfung anhand der [X.] gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006. Diesbezüglich nachweispflichtig und damit von sich aus zur Vorlage entsprechender Dokumente verpflichtet ist allein der Veräußerer des Zuckers, d.h. die Klägerin; es besteht keine Ermittlungspflicht seitens des [X.] (vgl. hierzu Senatsurteile vom 23. April 2014 VII R 4/13, [X.] 2014, 1786, und in [X.] 2014, 1787).

Auch in diesem Zusammenhang lässt die Änderung des Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 durch die [X.] 786/2012 keinen Schluss auf eine anderweitige Auslegung der Bestimmung zu. Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 wurde zur Harmonisierung der für die zusätzlichen Einfuhrzölle in den verschiedenen Bereichen geltenden Durchführungsbestimmungen an Art. 3 Abs. 4 VO Nr. 1484/95 und Art. 4 Abs. 4 [X.] 504/2007 angepasst (Erwägungsgrund 10 zur [X.] 786/2012). Er erhielt dabei lediglich eine Ergänzung dahingehend, dass die Nachweispflicht des Importeurs nun engen zeitlichen Grenzen unterworfen wird. Darüber hinausgehende Klarstellungen oder eine Veränderung des [X.] wurden nicht beschlossen.

c) Das [X.] hat zutreffend ausgeführt, dass sich den anzuwendenden unionsrechtlichen Vorschriften ein ausdrücklicher Prüfungsmaßstab, wie der Nachweis der Veräußerungsbedingungen zur Plausibilisierung des [X.]es zu erbringen ist, nicht entnehmen lässt. Es sind daher stets die konkreten Umstände der Weiterveräußerung und somit auch die Marktentwicklung nach der Einfuhr in die [X.] im Einzelfall zu betrachten.

aa) Entgegen den Ausführungen des [X.] ist es nicht möglich, negative Umstände, wie etwa zusätzliche Kosten, schlicht zu ignorieren und den [X.] ohne Berücksichtigung der Zusatzkosten als absolute Größe zugrunde zu legen, um die Plausibilität des [X.]es nachzuweisen. Vielmehr müssen im Rahmen des Vergleichs zwischen [X.] und [X.] die dem Einführer nach der Einfuhr zusätzlich entstandenen und an Dritte zu entrichtenden Kosten von dem [X.] abgezogen werden, um festzustellen, ob die Ware gewinnbringend weiterveräußert wurde. Liegt dagegen der bereinigte [X.] unter dem [X.], spricht dies zunächst gegen die Richtigkeit des angemeldeten [X.]es (s. Senatsurteile in [X.] 2014, 1786, und in [X.] 2014, 1787). Denn es ist regelmäßig zu erwarten, dass Waren zuzüglich einer Gewinnmarge weiterverkauft werden. Auch bei einer verlustbringenden Weiterveräußerung besteht zwar die Möglichkeit, die Richtigkeit des [X.]es zu bestätigen, jedoch sind hierfür besondere Umstände darzulegen und nachzuweisen, die dazu geführt haben, dass es zu einem Verlustgeschäft kam. Eine Beschränkung auf ein bestimmtes Beweismittel besteht --insbesondere wegen des Fehlens einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung des [X.] dabei nicht (s. [X.]-Urteil vom 23. März 2000 [X.]/98 und [X.], [X.]. 2000, [X.], Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern  2000, 196, Rz 29, 33; Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 9. Dezember 1999 [X.]/98 und [X.], [X.]. 2000, [X.], Rz 80 ff.). Unvorhergesehene Marktentwicklungen oder kalkulatorische Fehleinschätzungen können als Erklärung für einen niedrigeren [X.] durchaus in Betracht kommen. Diese Umstände dürfen allerdings nicht nur behauptet werden, sondern sind vom Einführer darzulegen und glaubhaft zu machen; die Begründung muss mithin tragfähig sein (siehe Senatsurteile in [X.] 2014, 1786, und in [X.] 2014, 1787).

bb) Dies gilt umso mehr, wenn der einzige Nachweis der Veräußerungsbedingungen --wie im Streitfall vorgelegt-- in der [X.] zwischen wirtschaftlich nahestehenden juristischen Personen (der Klägerin und einer ihrer Gesellschafterinnen) besteht. Dieses [X.] ruft ein erhöhtes Nachweisbedürfnis hinsichtlich der [X.] hervor. Gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der Verkäuferin des [X.]zuckers (einer Gesellschafterin der Klägerin), der Klägerin und der Abnehmerin des Zuckers (ebenfalls einer Gesellschafterin der Klägerin) kann die bloße Behauptung unerwarteter Absatzschwierigkeiten folglich nicht genügen, um den [X.] zu bestätigen. Die Klägerin hätte wegen des Unterschreitens des [X.]es beim Weiterverkauf deshalb auch die für die Preisgestaltung relevanten Umstände, wie die kalkulatorische Gewinnmarge für den Weiterverkauf sowie vorangegangene Verkaufsbemühungen, nachweisen müssen (vgl. Senatsurteil in [X.] 2014, 1787). Die kalkulatorischen Grundlagen sind einem Geschäftsmann bei Geschäftsabschluss regelmäßig bekannt.

2. Im Streitfall hat die Klägerin den "Nachweis für die Veräußerungsbedingungen zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden" nicht gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 erbracht. Mit bloßen Behauptungen in Bezug auf [X.], geplante [X.] und erwartete Gewinne, die sich nicht realisieren ließen, genügt die Klägerin nicht den Anforderungen ihrer eindeutigen Nachweispflicht gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006. Entsprechende Unterlagen sowie eine substantiierte Darlegung der besonderen Umstände des [X.] wurden seitens der Klägerin nicht einmal nach Aufforderung durch das [X.] beigebracht.

Das [X.] verkennt die Nachweispflicht der Klägerin im Rahmen des Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 und geht trotz fehlender Nachweise und der fehlenden Glaubhaftmachung der [X.] ohne Weiteres von der Plausibilität des Klägervortrags aus. Dieser Feststellung fehlt die Nachvollziehbarkeit. Allein aufgrund der Behauptungen der Klägerin konnte das [X.] nicht ohne Rechtsverstoß zu der Überzeugung gelangen, der [X.] sei plausibel. Gerade bei streitigem Vortrag unterliegt das [X.] einem erhöhten [X.], wenn es allein aufgrund einer Würdigung des streitigen Vorbringens eines der Beteiligten zu der für seine Entscheidung erforderlichen Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache gelangt und sich damit ausnahmsweise über eine gegenteilige Behauptung eines anderen Beteiligten hinwegsetzt (s. Senatsurteil vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, [X.], 70). Die getroffenen Feststellungen beruhen damit auf einer Verletzung von bei der Beweiswürdigung zu beachtenden Rechtsgrundsätzen. Mangels hinreichender Grundlage, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das [X.] zu der seine Entscheidung tragenden Überzeugung gelangt ist, ist der erkennende Senat im Streitfall daher nicht gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O an die entsprechende Feststellung des [X.] gebunden (vgl. Senatsurteil in [X.], 70). Eine Zurückverweisung an das [X.] kommt im Streitfall ebenfalls nicht in Betracht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das [X.] die Klägerin bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 15. August 2012 ausdrücklich aufgefordert hat, zur Verkaufssituation weiter vorzutragen. Dies hat die Klägerin nicht getan.

Der [X.] wurde mit Bescheid vom 8. Dezember 2009 demnach in richtiger Höhe endgültig festgesetzt und die gemäß Art. 38 Abs. 3 [X.] 951/2006 geleistete Sicherheit ist mangels Nachweises für die Veräußerungsbedingungen zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden gemäß Art. 38 Abs. 4 [X.] 951/2006 verfallen.

3. Der Senat hält die von ihm vorgenommene Auslegung des einschlägigen [X.]srechts für eindeutig. Demnach besteht kein Anlass zur Einholung einer Vorabentscheidung des [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen [X.] (vgl. [X.]-Urteil vom 6. Oktober 1982  283/81 --C.I.L.F.I.T.--, [X.]. 1982, 3415, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1257).

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

VII R 45/12

24.09.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 23. November 2012, Az: 4 K 91/11, Urteil

Art 36 Abs 2 EGV 951/2006, Art 38 Abs 3 EGV 951/2006, Art 38 Abs 4 EGV 951/2006, Art 39 EGV 951/2006, Art 27 EGV 951/2006, Art 141 EGV 1234/2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.09.2014, Az. VII R 45/12 (REWIS RS 2014, 2716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2716

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