Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. IX ZB 523/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2697

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[X.][X.] 523/02
vom 7. Juli 2005 in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]
am 7. Juli 2005 beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des 2. Zivilsenats des [X.] vom 19. September 2002 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 156.964,54 • festgesetzt.

Gründe:
[X.]

Das [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2001 die Beklagte am 16. Januar 2002 antragsgemäß verurteilt. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten nach ihrem Empfangsbekenntnis am 1. März 2002 zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil am 21. März 2002 Berufung eingelegt. Am 25. April 2002 hat sie um Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gebeten. Auf den Hinweis des [X.], daß die Begründungsfrist nach altem Berufungsrecht zu bestimmen und bereits am 22. April 2002 abgelaufen sei, hat die Beklagte am 6. Mai 2002 ihre [X.] 3 [X.] begründet und Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist [X.].

Die Beklagte hat ausgeführt, sie sei ohne eigenes oder ihr zurechenba-res Verschulden gehindert gewesen, die Begründungsfrist einzuhalten. Im vor-liegenden Fall sei die Berufungsbegründungsfrist irrtümlich nach neuem Recht berechnet und eingetragen worden. Deshalb habe Rechtsanwalt [X.], wel-cher den Fehler bei [X.] zur Einlegung der Berufung bemerkt habe, am 21. März 2002 mündlich den [X.] angewiesen, die [X.] zu löschen und sie nach altem Recht auf einen Monat ab Einreichung der Berufungsschrift einzutragen. [X.] habe dies aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen unterlassen. Die Handakte sei erst zur Vorfrist der unrichtig eingetragenen Begründungsfrist am 22. April 2002 Rechtsanwalt [X.]

erneut vorgelegt worden. Dieser habe sie aus Zeitgründen erst am [X.], also nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, bearbeitet.

Mit dem angefochtenen [X.]uß hat das [X.] den Wieder-einsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und die Berufung als unzu-lässig verworfen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt: In der [X.] von der Geltung des alten zu der des neuen [X.] habe einem besonderen Risiko für die Richtigkeit der eingetrage-nen Fristen durch geeignete organisatorische Maßnahmen begegnet werden müssen. Es sei nicht ausreichend gewesen, lediglich die Mitarbeiter zu [X.]. Vielmehr seien Vorkehrungen geboten gewesen, welche die Kontrolle der eingetragenen Fristen auf das nach den Übergangsbestimmungen anwendbare Berufungsrecht sicherten. Da solche Sicherungsmaßnahmen nicht dargelegt - 4 - worden seien, könne die Fristversäumnis der Beklagten nicht als unverschuldet angesehen werden.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde, welche die Ansicht vertritt, daß Rechtsanwalt [X.] auf die Befolgung seiner mündli-chen Anweisung vom 21. März 2002 habe vertrauen dürfen. Das Berufungsge-richt habe in seiner Entscheidung außerdem an die Organisation der [X.] zu hohe Sorgfaltsanforderungen gestellt.

I[X.]

Die gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulässigkeitsgründe vorliegt. Die Rechtsfragen, die der Beschwerdefall aufwirft, sind höchstrichterlich geklärt.

1. Die von der Rechtsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Rechts-frage, welche organisatorischen Vorkehrungen ein Rechtsanwalt im allgemei-nen treffen muß, um in der Übergangszeit von der Geltung alten Berufungs-rechts auf das durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 ([X.]) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 eingeführte neue [X.] die auf der Anwendung des falschen Rechts beruhende Versäu-mung von Rechtsmittelfristen und Rechtsmittelbegründungsfristen zu vermei-den, ist hier nicht entscheidungserheblich. Denn die in Anwendung des neuen Berufungsrechts nach § 26 Nr. 5 EGZPO fehlerhaft notierte [X.] wäre rechtzeitig berichtigt worden, wenn der [X.] die - 5 - mündliche Einzelanweisung des Rechtsanwalts [X.] vom 21. März 2002 ausgeführt hätte. Allerdings trifft der Standpunkt des Berufungsgerichts zu, daß die bloße Belehrung und Schulung des [X.] zu der geänderten Beru-fungsbegründungsfrist des [X.] vom 27. Juli 2001 Frist-versäumnissen organisatorisch nicht ausreichend vorbeugte (vgl. [X.], [X.]. v. 5. November 2003 - [X.], [X.]-Report 2004, 330, 331).

2. Die Prüfung, ob Rechtsanwalt [X.] auf die Ausführung seiner Weisung vom 21. März 2002 vertrauen durfte, berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] darf der Rechtsanwalt im allgemeinen darauf vertrauen, daß eine zuverlässige Bürokraft Anweisungen, die keine besonderen Schwierigkeiten bieten, ordnungsgemäß ausführt ([X.], [X.]. v. 27. November 1990 - [X.], NJW 1991, 1179; v. 10. Oktober 1991 - [X.], [X.], 574; v. 23. April 1997 - [X.], NJW 1997, 1930; v. 18. März 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1360; v. 6. Juli 2000 - [X.], [X.], 2823; v. 23. November 2000 - [X.] ZB 83/00, NJW 2001, 1578, 1579). Wird allerdings die Eintragung einer Rechtsmittelfrist oder einer Rechtsmittelbegründungsfrist nur durch mündliche Einzelanweisung veranlaßt, so müssen in der [X.] ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen werden, daß die Anweisung in Vergessenheit gerät und die korrekte Fristein-tragung unterbleibt; das gebietet die Bedeutung der Sache ([X.], [X.]. v. 17. September 2002 - [X.], NJW 2002, 3782, 3783; v. 5. November 2002 - [X.], [X.], 435, 436; v. 4. November 2003 - [X.], NJW 2004, 688, 689; v. 22. Juni 2004 - [X.], [X.]-Report 2004, 1445; vgl. auch [X.], 184, 186 f). Das Fehlen jeder Sicherung gegen ein solches Versäumnis enthält einen entscheidenden Organisationsmangel (vgl. [X.], - 6 - [X.]. v. 22. Juni 2004 aaO). Diese bereits geklärten und zutreffenden Rechtsgrundsätze hat das Berufungsgericht bei seiner angefochtenen Ent-scheidung auf den Einzelfall angewendet. Im Beschwerdefall kam hinzu, daß die behauptete allgemeine Zuverlässigkeit des [X.] - anders als in dem Sachverhalt, der dem [X.]uß des XI[X.] Zivilsenats vom 4. Juni 2003 ([X.] ZB 86/02, NJW-RR 2003, 1578) zugrundelag - bereits in Frage gestellt erschien, weil er bei seiner Kontrolle den Irrtum der fehlerhaft nach neuem Recht berechneten Berufungsbegründungsfrist übersehen hatte.

[X.] [X.] [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZB 523/02

07.07.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.07.2005, Az. IX ZB 523/02 (REWIS RS 2005, 2697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2697

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