Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2010, Az. V ZB 174/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 825

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[X.]BESCHLUSS V ZB 174/10 vom 2. Dezember 2010 in dem Notarbeschwerdeverfahren - 2 - Der [X.] hat am 2. Dezember 2010 durch [X.] [X.], [X.] [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der Zivilkammer 84 des [X.] vom 3. Juni 2010 auf-gehoben. Die Beschwerde gegen die Weigerung des Notars [X.], [X.], die Löschung der für die Beteiligte zu 1 im Grundbuch von [X.] des Amtsgerichts [X.], Blätter 3

, 1 , 1 , 1 , 1

und 1
, eingetragenen [X.] zu betreiben, wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden der Beteiligten zu 2 auferlegt. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 687.500 •. Gründe: [X.] Mit zu [X.]. /2009 des Notars H. S.

in [X.] beurkunde-tem [X.] verkaufte die Beteiligte zu 2 der [X.] zu 1 mehrere Grundstücke für 2,75 Mio. •. Der Kaufpreis war innerhalb [X.] Frist von vier Wochen nach dem Zugang einer Fälligkeitsmitteilung des [X.] - 3 - tars fällig und zahlbar. In § 2 Nr. 6 ist bestimmt, dass der Verkäufer für den Fall, dass der Kaufpreis nicht fristgemäß gezahlt wird, ohne weitere Fristsetzung ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag hat, welches binnen weiterer zwei [X.] schriftlich gegenüber dem beurkundenden Notar auszuüben ist. In § 10 Abs. 1 des Kaufvertrags bewilligten und beantragten die Ver-tragsparteien zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Eigentumsübertra-gung die Eintragung jeweils einer Auflassungsvormerkung. Weiter heißt es in den Absätzen 4 bis 7: 2 "Für den Fall, dass der hier geschlossene Kaufvertrag durch Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs oder Täuschung der einen oder anderen Kaufvertragspartei wieder aufgehoben werden sollte, was dem Notar nachzuweisen ist, verpflichtet sich der Käu-fer, die zu seinen Gunsten eingetragenen Eigentumsübertra-gungsvormerkungen wieder zu löschen. Der Käufer bewilligt schon jetzt für diesen Fall unbedingt und un-widerruflich die Löschung der zu seinen Gunsten eingetragenen Auflassungsvormerkungen. Der Verkäufer beantragt bereits jetzt, die Auflassungsvormerkungen zugunsten des Käufers wieder zu löschen. Der Notar soll die Löschung nur dann betreiben, sofern a) er schriftlich vom Verkäufer hierzu angewiesen wird b) sichergestellt ist, dass der etwa gezahlte Kaufpreis oder Kauf-preisteil an den Käufer zurückgezahlt wird. Das Grundbuchamt hat die Voraussetzungen des Gebrauchma-chens von der vorstehenden [X.] nicht zu über-prüfen." Die Auflassungsvormerkungen wurden am 15. Februar 2010 in die Grundbücher eingetragen. 3 - 4 - 4 Mit Schreiben vom 5. März 2010, zugegangen am 9. März 2010, teilte der Notar der Beteiligten zu 1 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fällig-keit des Kaufpreises mit und forderte sie zur Zahlung innerhalb von vier [X.] auf. Dem kam die Beteiligte zu 1 nicht nach. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Zahlungsfrist bis zum 14. April 2010 verlängert worden ist. Die Beteiligte zu 2 erklärte mit Schreiben vom 9. April 2010 gegenüber dem Notar den Rücktritt von dem Kaufvertrag wegen Zahlungsverzugs und wies ihn an, die Löschung der Auflassungsvormerkungen zu betreiben. Im [X.] auf eine Mitteilung der Beteiligten zu 1, ihr sei eine "Schonfrist" für die Kaufpreiszahlung zugesagt worden, erklärte der Notar am 13. April 2010 ge-genüber der Beteiligten zu 2, die Löschung vorerst nicht zu betreiben. Mit Schreiben ihrer damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 13. April 2010 bat die Beteiligte zu 2 nochmals um unverzügliche Löschung der [X.]. Diese Bitte wiederholte sie am 21. April 2010. Der Notar betrieb die Löschung nicht. 5 Mit der Beschwerde hat die Beteiligte zu 2 verlangt, den Notar anzuwei-sen, seiner Amtspflicht nachzukommen und die Löschung der für die Beteiligte zu 1 eingetragenen Auflassungsvormerkungen zu betreiben. Der Notar hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das [X.] hat ihr stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Zurückweisung der Beschwerde erreichen will. Die Beteiligte zu 2 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 6 I[X.] Nach Ansicht des [X.] liegen die Voraussetzungen dafür vor, dass der Notar auf die Anweisung der Beteiligten zu 2 die Löschung der Auflassungsvormerkungen betreibt. Die [X.] der Beteiligten 7 - 5 - zu 1 sei in dem [X.] enthalten; die Rücktrittserklä-rung der Beteiligten zu 2 wegen Zahlungsverzugs sei gegenüber dem Notar nach dem Ablauf der Frist für die Zahlung des Kaufpreises abgegeben worden. Die vertragliche Vereinbarung sei nach ihrem Wortlaut nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Notar ein wirksamer Rücktritt nachgewiesen werden [X.], er also in die materielle Prüfung eintreten müsse, ob ein Rücktrittsgrund [X.]. Vielmehr setze das Gebrauchmachen von der [X.] [X.] voraus, dass eine Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs vorliege. Zudem widerspräche es im Hinblick auf den von der Beteiligten zu 1 gegenüber dem Notar erhobenen Einwand des Zurückbehaltungsrechts dem [X.] einer unwiderruflichen Vollmacht, durch welche die andere Vertragspar-tei die Löschung der Vormerkung einseitig vollziehen könne, wenn der Notar zur Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen berufen wäre. II[X.] [X.] ist aufgrund der Zulassung in dem angefochte-nen Beschluss statthaft (§ 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 70 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FamFG). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG) und [X.]. Der Notar hat sein Tätigwerden nicht ohne ausreichenden Grund ver-weigert. 8 1. Unerheblich ist, dass das Herbeiführen der Löschung der [X.] nicht als Hilfstätigkeit zu der Beurkundung vom 30. Dezember 2009 und damit nicht als Urkundstätigkeit i.S.v. § 15 Abs. 1 [X.], sondern wegen der Übernahme des besonderen Auftrags, die Lö-schung erst später und nur unter bestimmten Voraussetzungen zu betreiben, als selbständige Betreuungstätigkeit i.S.v. § 24 Abs. 1 [X.] anzusehen ist (vgl. [X.]/[X.]/Reithmann, [X.], 8. Aufl., § 24 Rn. 32 f.). Auch in [X.] - 6 - sem Fall findet nach der Vorschrift in § 15 Abs. 2 Satz 1 [X.] gegen die Ver-weigerung des Tätigwerdens die Beschwerde statt. 10 2. Im Ergebnis zutreffend hat das Beschwerdegericht die Beschwerde als zulässig angesehen. Es hat zwar nicht erörtert, ob außer der Beschwerdebe-rechtigung auch ein Rechtsschutzinteresse für die Zulässigkeit des Rechtsmit-tels erforderlich ist und - [X.] - bei der Beteiligten zu 2 vorhanden war. An letzterem fehlte es, wenn sie selbst die Löschung der [X.] unter Vorlage der [X.] betreiben könnte, in welcher der Löschungsantrag und die [X.] sowie die Vereinbarung der Vertragsparteien, dass das Grundbuchamt das Vorliegen der Vorausset-zungen des Gebrauchmachens von der [X.] nicht zu prüfen hat, enthalten sind. Aber die Beteiligte zu 2 musste damit rechnen, dass ihr das Grundbuchamt das Antragsrecht absprechen würde, weil es - wie offenbar auch das Beschwerdegericht - von der Erteilung einer unwiderruflichen verdrängen-den Vollmacht an den Notar ausging. Somit steht nicht fest, dass die Beteiligte zu 2 ihr Ziel auf anderem Weg einfacher und schneller erreichen konnte. Ein - eventuell notwendiges - Rechtsschutzinteresse lässt sich deshalb nicht ver-neinen (vgl. zu allem [X.], [X.] 1992, 389, 390 f.). 3. Ebenfalls zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich der Inhalt und Umfang der Amtspflichten des Notars aus den in dem Kaufvertrag enthaltenen, an ihn gerichteten Weisungen ergeben und dass der Notar diese Weisungen streng zu befolgen und mit an ihrem Wortlaut orientier-ter Genauigkeit zu beachten hat, ohne dass es auf außerhalb des Auftrags lie-gende Umstände ankommt (vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 2000 - [X.], [X.] 2001, 856, 857 mwN). Jedoch hält die Auslegung der in § 10 des Kaufvertrags enthaltenen Regelungen der - in dem Rechtsbeschwerdeverfah-ren nur eingeschränkten - rechtlichen Prüfung nicht stand. 11 - 7 - 12 a) Bereits sprachlich fehlt der Auslegung des [X.] die Grundlage. Es meint, das Gebrauchmachen von der [X.] set-ze lediglich eine Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs bzw. wegen [X.] voraus; nur diese Erklärung sei dem Notar nachzuweisen. In § 10 Abs. 4 des Kaufvertrags heißt es dazu, dass "für den Fall, dass der Kaufvertrag durch Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs oder Täuschung wieder auf-gehoben werden sollte, was dem Notar nachzuweisen ist, der Käufer sich ver-pflichtet, die zu seinen Gunsten eingetragenen Eigentumsvormerkungen wieder zu löschen." Der gegenüber dem Notar zu erbringende Nachweis ist demnach nicht die Rücktrittserklärung. Hätte sie allein es sein sollen, hätte es des zusätz-lichen Hinweises auf die Vertragsaufhebung nicht bedurft. Er zeigt nämlich, dass es - inhaltlich wie in dem von dem [X.] entschiedenen Fall ([X.] 1992, 389) - auf den berechtigten Rücktritt ankom-men soll. b) Unberücksichtigt gelassen hat das Beschwerdegericht ferner die [X.] in § 2 Ziff. 6. des Kaufvertrags, wonach der Verkäufer bei nicht frist-gemäßer Kaufpreiszahlung ein Rücktrittsrecht hat, "welches ... schriftlich ge-genüber dem beurkundenden Notar auszuüben ist." Daneben in der in § 10 enthaltenen Weisung einen Nachweis dieser Rücktrittserklärung gegenüber dem Notar zu fordern, demgegenüber sie abzugeben ist, wäre sinnlos. 13 c) Schließlich hat das Beschwerdegericht nicht die Regelung in § 10 Abs. 5 des Kaufvertrags betreffend die von der Rechtsbeschwerdeerwiderung so genannte "Schubladenlöschungsbewilligung" der Beteiligten zu 1 und den Löschungsantrag der Beteiligten zu 2, auf die sich die Weisung bezieht, in seine Beurteilung einbezogen. Beide sollen sicherstellen, dass dann, wenn der Kauf-vertrag wegen Rücktritts nicht zur Durchführung gelangt, die materiell-rechtlich nicht mehr bestehenden Auflassungsvormerkungen sogleich gelöscht werden 14 - 8 - können. Das kommt in dem Wortlaut deutlich zum Ausdruck. Es heißt dort, dass der Käufer "schon jetzt für diesen Fall" die Löschung der Vormerkungen bewil-ligt und der Verkäufer die Löschung beantragt. "Für diesen Fall" bezieht sich auf den in § 10 Abs. 4 angesprochenen Fall der Aufhebung des Kaufvertrags durch Rücktrittserklärung. 4. Da weitere Feststellungen nicht notwendig sind, kann der [X.] die Regelungen in § 10 des Kaufvertrags selbst auslegen. Das führt zu dem [X.], dass dem Notar die Aufhebung des Kaufvertrags durch Rücktrittserklärung wegen Zahlungsverzugs oder Täuschung nachzuweisen ist und die Löschung der Auflassungsvormerkungen nur für den Fall dieser Vertragsaufhebung bewil-ligt und beantragt worden ist. Der Notar soll die Löschung auf Anweisung der Beteiligten zu 2 nur betreiben, wenn ihm die Vertragsaufhebung nachgewiesen ist. 15 5. Damit geht die auf zwei Entscheidungen des [X.] betreffend die Verpflichtung eines Notars zur Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde ([X.] 2004, 879 und NJW-RR 2000, 1663) gestützte Erwägung des [X.], es sei nicht Aufgabe des Notars, einseitig geltend gemachte Rücktrittsgründe zu prüfen, sofern das Ge-genteil nicht zweifelsfrei feststehe, ebenso ins Leere wie die weitere, einer Ent-scheidung des [X.] ([X.] 2003, 268) entnommene Über-legung, der Notar dürfe bei der Prüfung und Abwicklung eines Löschungsan-trags dessen Stellung nur verweigern, wenn sich ihm aufdränge, dass die [X.] nicht vorlägen, das Grundbuch also unrichtig würde. Das Beschwerdegericht verkennt, dass hier dem Notar die durch einen Rücktritt herbeigeführte Vertragsaufhebung nachzuweisen ist. Er soll demnach der Pflicht zur Prüfung der Wirksamkeit des Rücktritts enthoben sein. 16 - 9 - 17 6. Hieraus folgt, dass entgegen der in der Rechtsbeschwerdeerwiderung vertretenen Ansicht den Notar keine Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG) trifft, er somit auch keine Beweisaufnahme (§ 29 FamFG) durchführen muss, um die Wirksamkeit des Rücktritts zu prüfen. 7. Nach alledem hat der Notar sich zu Recht geweigert, die Löschung der Auflassungsvormerkungen zu betreiben. 18 [X.] Der angefochtene Beschluss hat somit keinen Bestand; er ist [X.] (§ 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der [X.] selbst zu entscheiden. Das führt zur Zurückweisung der Beschwerde. 19 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 15 Abs. 2 Satz 3 [X.] i.V.m. §§ 81, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 1 20 - 10 - Abs. 1, 31 Abs. 1 Satz 1 KostO i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 30 Abs. 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 68 Satz 1 Halbsatz 1 KostO. Krüger [X.] Schmidt-Räntsch
[X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - 84 T 105/10 -

Meta

V ZB 174/10

02.12.2010

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2010, Az. V ZB 174/10 (REWIS RS 2010, 825)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 825

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