Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2010, Az. 3 StR 402/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 1167

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 402/10 vom 23. November 2010 in der Strafsache gegen wegen räuberischer Erpressung u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 23. November 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. Juli 2010 im [X.] mit den Feststellungen zu den bei der [X.] eingetretenen [X.] aufgehoben; im Übrigen bleiben die Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch ent-standenen notwendigen Auslagen, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Beleidigung, Hausfriedensbruch und vorsätzlicher Körperverlet-zung sowie wegen versuchter Erpressung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. 1 - 3 - Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge zum [X.]; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 2 1. Der Schuldspruch weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. 3 Zwar beanstandet die Revision in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu Recht, dass die Verlesung des Berichts des [X.] [X.] vom 6. Dezember 2009 gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO unzulässig war. Denn die Strafkammer hat den Inhalt des verlesenen Attests nicht zum Nachweis einer nicht schweren Körperverletzung herangezogen, sondern die in dem Attest niedergelegten Äußerungen des Angeklagten gegenüber der [X.] Ärztin über die Ursache seiner Handverletzung als Indiztatsache zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit und damit unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in unzulässiger Weise für die Beurteilung der Schuldfrage verwertet ([X.], Urteil vom 1. März 1955 - 1 StR 441/54, [X.] 1955, 397). 4 Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dem Verfahrens-fehler beruht. Allerdings scheidet entgegen der Auffassung des [X.] ein Beruhen nicht bereits deshalb aus, weil ausweislich der nach-träglich eingeholten dienstlichen Stellungnahmen der [X.] der erkennenden Strafkammer der Inhalt des [X.] dem Angeklagten in der Hauptverhand-lung auch vorgehalten und von diesem bestätigt worden ist. Denn die [X.] hat die Feststellungen zu den Äußerungen des Angeklagten gegen-über der Ärztin ausschließlich auf den Inhalt des verlesenen Attests gestützt. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte diese Tatsache möglicherweise auf einen entsprechenden Vorhalt nicht in Abrede genommen hat, sind dem Urteil nicht zu entnehmen (vgl. [X.], Urteil vom 21. August 2002 - 2 [X.]). [X.] - 4 - ne Berücksichtigung der dienstlichen Erklärungen der erkennenden [X.] bei der Beurteilung der Beruhensfrage liefe daher darauf hinaus, in revisionsrecht-lich unzulässiger Weise die Beweisaufnahme zu rekonstruieren und unter [X.] Vorbringens die dem Tatrichter obliegende Würdi-gung der Beweise durch eine eigene zu ersetzen. Indes kann der Senat ein Beruhen des Urteils auf dem [X.] deshalb ausschließen, weil sich der Rechtsfehler lediglich auf ein [X.] und für die Überzeugungsbildung des Tatrichters ersichtlich nicht maßgebliches Indiz bezieht. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des [X.] Bezug. 6 2. Hingegen hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die ebenfalls auf die Verletzung der § 256 Abs. 1 Nr. 2, § 250 StPO gestützte Verfahrensrüge, mit der sich die Revision gegen die Feststellung der bei der Geschädigten eingetretenen [X.] wendet, hat Erfolg. 7 [X.] hat bei Bemessung beider Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass das Opfer durch die Taten ein schweres [X.] Belastungssyndrom erlitt. Diese Feststellung beruht nach den Urteilsgründen allein auf dem Inhalt des in der Hauptverhandlung ebenfalls ge-mäß § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO verlesenen ärztlichen Attests des Hausarztes der Geschädigten vom 14. Dezember 2009. Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass auch die Verlesung dieses Attests nicht dem Nachweis einer (nicht schweren) Körperverletzung, sondern ausschließlich der [X.] und damit der Feststellung einer für den Strafausspruch wesentlichen Tatsache diente. Zu diesem Zweck durfte der Arztbericht nicht nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO verlesen werden; seine Verwertung war deshalb unzulässig ([X.], Beschluss vom 13. März 1997 - 1 [X.], [X.], 195). 8 - 5 - Zwar hat sich ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls die [X.] in der Hauptverhandlung zu diesem Attest "erklärt". Auf ihre Angaben hat sich das [X.] zum Nachweis der [X.] aber nicht gestützt. Daher ist es aus den bereits oben dargelegten Gründen unbeachtlich, dass die erken-nenden [X.] und der Staatsanwalt in ihren dienstlichen Stellungnahmen übereinstimmend erklärt haben, die Geschädigte habe den festgestellten [X.] im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung bestätigt. In [X.] der eindeutigen Darlegungen zur Beweisführung hinsichtlich der erlit-tenen [X.] ist vielmehr nicht auszuschließen, dass die Bemessung der Einzelstrafen auf der unzulässigen Verwertung des Inhalts des verlesenen [X.] beruht. 9 Der Strafausspruch hat deshalb keinen Bestand. Da sich der [X.] nur auf die Feststellungen zu den [X.] ausgewirkt hat, unterliegen nur diese der Aufhebung. 10 Becker Pfister Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 402/10

23.11.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2010, Az. 3 StR 402/10 (REWIS RS 2010, 1167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1167

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 402/10 (Bundesgerichtshof)

Beweisaufnahme: Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit bei Verlesung von Arztberichten zum Nachweis der Unglaubwürdigkeit …


4 StR 583/10 (Bundesgerichtshof)

Revisionsgrund im Strafverfahren wegen versuchten Totschlags: Verfahrensfehlerhafte Verlesung einer Beweisurkunde in der Hauptverhandlung ohne Verlesungsbeschluss


1 StR 434/06 (Bundesgerichtshof)


1 StR 334/16 (Bundesgerichtshof)

Beweisaufnahme im Strafverfahren: Vernehmungsersetzende Verlesung der Stellungnahme eines Sachverständigen


1 StR 334/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 402/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.