Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. 5 StR 185/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 6166

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5 [X.]/12

BUN[X.]ESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-

ger Menge

-
2
-

[X.]er 5. Strafsenat des [X.] hat am 23. Mai 2012
beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. [X.]ezember 2011 gemäß §
349 Abs.
4 StPO aufgehoben

a)
hinsichtlich des Angeklagten B.

im gesamten Strafausspruch,
im Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis
und soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist;

b)
hinsichtlich
des Angeklagten R.

aa)
mit den zugehörigen Feststellungen, soweit er im Fall II.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; davon ausgenommen bleiben die Feststellungen zur [X.];

bb)
im Ausspruch über die in den [X.], [X.] und [X.] verhängten Einzelstrafen sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe, im Ausspruch über die Entziehung der Fahrerlaubnis und im Ausspruch über den [X.] der Stra-fe;

c)
hinsichtlich des Angeklagten S.

aa)
mit den zugehörigen Feststellungen, soweit er im Fall II.1 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; -
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davon ausgenommen bleiben die Feststellungen zur [X.];

bb)
im gesamten Strafausspruch
und soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

2.
[X.]ie weitergehenden Revisionen
werden nach §
349 Abs.
2 StPO als unbegründet verworfen.

3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.

[X.]e

[X.]as [X.] hat den Angeklagten B.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten, den Angeklagten R.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten und den Angeklagten S.

wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt sowie
hinsichtlich der Angeklagten B.

und R.

jeweils die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis verhängt. Zudem hat das [X.] die Unterbringung des Angeklagten R.

in einer Entziehungs-anstalt angeordnet und einen [X.] von zwei Jahren und zwei [X.] der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe vor der Vollstreckung der [X.]
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4
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bringung bestimmt. [X.]ie jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg; im Üb-rigen sind sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.

1. [X.]ie Verurteilung der Angeklagten R.

und S.

im Fall II.1 wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-ger Menge ist rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen ein eigenständiges Betäubungsmittelgeschäft nicht be[X.]n. Gegenstand der zugelassenen [X.] ist ein Treffen der Angeklagten R.

und S.

etwa 14 Tage vor dem 10. Juni 2010 mit dem gesondert verfolgten [X.].

. Im Rahmen der [X.] soll an diesem Tag ein Kilogramm Haschisch vom anderwei-tig verfolgten Bu.

übernommen worden sein. [X.]as
hat das [X.] aber nicht festgestellt. Es hat lediglich Feststellungen zur [X.], und dazu getroffen, dass die Angeklagten R.

und S.

sowie der [X.] verfolgte Bu.

bei diesem Treffen eine erste [X.] vereinbart [X.]iese Absprache erfüllt vorliegend jedenfalls noch nicht den Tatbestand des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Auch für eine Verurteilung wegen Verabredung zu einem Verbrechen gemäß §
30 Abs.
2 StGB ist kein Raum. [X.]ie [X.] am 10. Ju-ni
2010 ist Gegenstand der Verurteilung unter II.2. Neben der Haupttat tritt die Verabredung zu einem Verbrechen als subsidiär zurück (vgl. [X.], Urteil vom 4.
[X.]ezember 1992

2
StR 442/92, [X.]St 39, 88,
89; [X.], Beschluss vom 11.
März 1999

4
StR 56/99, [X.]R StGB §
30 Abs.
2 Verabredung 4).

[X.]ie Sache bedarf insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung. [X.]er [X.] kann nicht ausschließen, dass Feststellungen zu einer [X.] etwa 14 Tage vor dem 10. Juni 2010 getroffen werden können. [X.]ie Feststel-lungen zur [X.], die den
allgemeinen Ablauf der Beschaffungsfahr-ten und
des
Betäubungsmittelhandels einschließen,
sind rechtsfehlerfrei; sie können daher bestehen bleiben.
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2. [X.]er gesamte Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten B.

hat aufgrund der unzureichenden Prüfung des Vorliegens minder schwerer Fälle
nach §
30a Abs.
3 BtMG keinen Bestand.

a) [X.]as [X.] ist hinsichtlich sämtlicher Taten des Angeklagten B.

zunächst vom Regelstrafrahmen des §
30a Abs.
1 BtMG ausgegan-gen und hat die

durch die Annahme eines minder schweren Falls
begrün-dete

Anwendung des Sonderstrafrahmens nach §
30a Abs.
3 BtMG nach alleiniger Würdigung der allgemeinen Strafzumessungskriterien abgelehnt. [X.]abei hat es zugunsten des Angeklagten B.

berücksichtigt, dass es sich bei Haschisch um eine weiche

[X.]roge
handele, der Angeklagte
Betäu-bungsmittelkonsument sei und ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Auch der Umstand, dass die Taten während durchgeführter TKÜ-Maßnah-men und teilweise unter
Observation durch die Ermittlungsbehörden [X.] hätten, begründet nach Ansicht der [X.] noch keinen minder schweren Fall ([X.], 42).
[X.]as [X.] hat die Voraussetzungen des gesetzlich vertypten [X.] des §
31 Nr.
1 BtMG bejaht, weil der Angeklagte B.

unmittelbar nach seiner Festnahme durch freiwilliges [X.] seines Wissens wesentlich dazu beigetragen habe, dass die Tat über seinen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte ([X.]), und den Regelstrafrahmen nach §
49 Abs.
1 StGB gemildert.

b) Indes hätte
das [X.] zunächst prüfen müssen, ob ein minder schwerer
Fall nach §
30a Abs.
3 BtMG auch unter Heranziehung des vertyp-ten [X.]es neben den allgemeinen Strafzumessungsgesichts-punkten angenommen werden kann. Erst wenn das Tatgericht auch nach dieser erneuten Abwägung weiterhin keinen minder schweren Fall für ge-rechtfertigt hält, darf es seiner Strafzumessung
den (allein) wegen des gege-benen gesetzlich vertypten [X.]es gemilderten Regelstrafrah-men zugrunde [X.]n ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2011

2 [X.], [X.], 271).

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c) [X.]er Rechtsfehler führt zur Aufhebung der jeweils verhängten [X.] von vier Jahren und zur Aufhebung des [X.].

3. [X.]arüber hinaus halten die [X.] in den [X.] (betreffend die Angeklagten R.

und S.

), [X.] und [X.] (jeweils den Angeklagten R.

betreffend) rechtlicher Überprüfung nicht stand. [X.]as Land-gericht hat in diesen Fällen bei der Strafzumessung nicht gewürdigt, dass nach der Festnahme des Angeklagten S.

, des gesondert
verfolgten W.

und der Angeklagten B.

und R.

die Betäubungsmittel [X.] vollständig sichergestellt werden konnten und damit nicht mehr in den Verkehr gelangt sind. [X.]amit ist rechtsfehlerhaft ein bestimmender
Strafmilde-rungsgrund sowohl bei der [X.] als auch bei der konkreten Strafzumessung unerwähnt geblieben (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 7.
Februar
2012

4 [X.], vom 7. [X.]ezember 2011

4 [X.]

und
vom 19.
Januar 1990

2 StR 588/89, [X.]R BtMG §
29 Strafzumes-sung 10).

[X.]ies führt zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen bezüglich der Angeklagten R.

und S.

sowie zur Aufhebung der [X.]. [X.]ie [X.] gegen den Angeklagten R.

nach §
64 StGB kann bestehen bleiben, weil deren Voraussetzungen rechtsfehler-frei festgestellt wurden und
sie
durch die [X.] nicht berührt wird. [X.]ie Anordnung des [X.]s eines Teils der Strafe, die der Höhe der Gesamtstrafe folgt (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Septem-ber
2009

5 [X.], [X.]R StGB § 67 Abs. 2 [X.], teilweiser 17),
ist
mitaufzuheben.

4. [X.]as Urteil begegnet ferner durchgreifenden Bedenken, soweit eine Erörterung der Unterbringung der Angeklagten B.

und S.

in [X.] nach §
64 StGB unterblieben ist.

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Beide Angeklagte sind nach den Feststellungen der [X.] Be-täubungsmittelkonsumenten. [X.]er Angeklagte B.

nimmt seit dem [X.] regelmäßig [X.]. [X.]er Angeklagte S.

ist ebenfalls langjähri-

(UA S. 19). Beide Angeklagte haben in der Vergangenheit unter Alkoholein-fluss Straftaten begangen. [X.]er Angeklagte B.

wurde bereits im [X.] in einer Entziehungsanstalt untergebracht. Gegen den Angeklagten S.

wurde eine im Jahr 1998 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Bewährung ausgesetzt. Nach dem Wider-ruf der Bewährung wurde die Maßregel in eine Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt umgewandelt und erneut zur Bewährung ausgesetzt. Eine neuerliche Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde gegen ihn [X.] hinaus im Jahr 2007 verhängt und zur Bewährung ausgesetzt.

[X.]ie

wenngleich dürftigen

Feststellungen der Kammer zur Sucht-anamnese der Angeklagten, die auch eine Auseinandersetzung mit den in der Vergangenheit angeordneten Maßregeln nach §
64 StGB vermissen las-sen, und der Umstand, dass die Taten auch der Finanzierung eigenen Be-täubungsmittelkonsums dienen sollten, [X.]n nahe, dass die hier abgeurteil-ten Taten auf einen Hang der Angeklagten zurückgehen, berauschende Mit-tel im Übermaß zu sich zu nehmen. Sie hätten das [X.] zu der [X.] drängen müssen, ob jeweils die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß §
64 StGB gegeben sind. [X.]as

denkba-re

Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht (§ 64 Satz
2 StGB) ist den [X.] nicht zu entnehmen.

[X.]as neue Tatgericht wird über die Unterbringung der Angeklagten R.

und S.

in einer Entziehungsanstalt unter Hinzuziehung eines Sachverständigen nach §
246a StPO zu befinden haben. [X.]as Verbot der Schlechterstellung steht einer möglichen [X.] nach §
64 StGB nicht entgegen (§
358 Abs.
2
Satz
3 StPO).

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5. Schließlich hält die gegen die Angeklagten B.

und R.

jeweils angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis rechtlicher Überprüfung nicht stand.

[X.]as [X.] hat dazu lediglich festgestellt, dass die Angeklagten langjährige Betäubungsmittelkonsumenten seien, der Angeklagte R.

sogar betäubungsmittelabhängig sei, und die Vielzahl der Fahrten es nahe [X.], [X.] haben, bei denen mit einer Situation gerechnet werden musste, in der es zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung des Verkehrs kommen konn-R.

bereits wegen Verkehrsstraf-taten verurteilt und der Angeklagte B.

am 6. Oktober 2011 als Fahrer eines Kraftfahrzeugs mit Amphetaminen und Metamphetamin im Urin [X.] worden. [X.]ie [X.] zweifele daher nicht daran, dass die Ange-klagten bei den jeweiligen Taten bereit waren, die Sicherheit des [X.] den jeweiligen kriminellen Interessen unterzuordnen.

[X.]iese Feststellungen tragen die M
r-zeugen nur dann ergeben, wenn die [X.] selbst tragfähige [X.] auf die Bereitschaft des [X.] zulässt, die Sicherheit des [X.] seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen (vgl. [X.], Beschluss vom 27. April 2005

[X.], [X.]St 50, 93, 102 f.; [X.] in Hent-schel/[X.]/[X.]auer, Straßenverkehrsrecht, 41.
Aufl., §
69 StGB Rn.
13 mwN). [X.]erartiges ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Namentlich feh-len Feststellungen
zu einem
etwaigen
den Fahrten vorausgegangenen
[X.]ro-genkonsum,
zum täglichen Konsumverhalten der Angeklagten, die zumindest einen Schluss hierauf zulassen, oder
zur Fahrweise der unter Observation stehenden Angeklagten. Vielmehr stellt das [X.] insoweit nur Vermu-tungen an. Ferner sind die Belange der Verkehrssicherheit in [X.], in
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denen der Täter im Fahrzeug Rauschgift transportiert, auch
nicht ohne [X.] beeinträchtigt;
es besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Rauschgifttransporteure bei
Verkehrskontrollen zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen sind ([X.],
aaO, S. 104; [X.], aaO, §
69 StGB Rn.
14b).

Basdorf [X.]Schneider

[X.]

Bellay

Meta

5 StR 185/12

23.05.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.05.2012, Az. 5 StR 185/12 (REWIS RS 2012, 6166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6166

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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5 StR 185/12

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