Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2023, Az. VIII ZR 233/22

8. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 8879

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Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Gründe

I.

1

Die damals noch studierenden Klägerinnen mieteten im August 2008 von dem Rechtsvorgänger der Beklagten eine Wohnung mit sieben Zimmern in [X.]. In dem Mietvertrag wurde vereinbart, dass der Vermieter den beiden Klägerinnen bereits mit Abschluss des Vertrags die Zustimmung zur Untervermietung an vier weitere Mieter erteilt. Nach der zwischen den Mietvertragsparteien getroffenen Staffelmietvereinbarung beläuft sich die Nettokaltmiete derzeit auf einen Betrag in Höhe von 1.464,87 € monatlich.

2

In der Folgezeit machten die Klägerinnen von der ihnen erteilten Erlaubnis zur Untervermietung wiederholt Gebrauch.

3

Nach dem Auszug der Klägerin zu 2 aus der streitgegenständlichen Wohnung forderten die Klägerinnen die Beklagte erfolglos auf, dem Ausscheiden der Klägerin zu 2 aus dem Mietvertrag und dem Eintritt von          D.     an ihrer Stelle in diesen Vertrag zuzustimmen.

4

Mit der vorliegenden Klage haben die Klägerinnen die Beklagte auf Zustimmung zu dem von ihnen gewünschten Mieterwechsel und auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete in Anspruch genommen. Ferner haben sie die Feststellung begehrt, dass sie nicht verpflichtet seien, für die von ihnen gemietete Wohnung an die Beklagte eine Miete zu zahlen, die den Betrag von 1.122,70 € netto monatlich übersteigt.

5

Das Amtsgericht hat dem Antrag der Klägerinnen auf Zustimmung zu dem von ihnen begehrten Mieterwechsel stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die [X.] haben den Streitwert für den auf Zustimmung zu dem Mieterwechsel gerichteten Klageantrag jeweils auf 61.524,54 € (42 x 1.464,87 €) festgesetzt. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

II.

6

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer die in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht.

7

1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - [X.], NJW 2022, 194 Rn. 15; vom 15. November 2022 - [X.], [X.], 228 Rn. 6; vom 18. April 2023 - [X.], juris Rn. 9). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - [X.], aaO; vom 8. Februar 2022 - [X.], NJW-RR 2022, 1023 Rn. 9; vom 18. April 2023 - [X.], aaO).

8

2. Mit der Revision, deren Zulassung die Beklagte erstrebt, begehrt sie die Abweisung der auf Erteilung ihrer Zustimmung zu einem Mieterwechsel gerichteten Klage. Der sich daraus ergebende Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer beträgt 8.789,22 € und nicht, wie die Nichtzulassungsbeschwerde in Anwendung von § 9 ZPO meint, mindestens 23.576,70 € (unter Zugrundelegung der von den Klägerinnen als wirksam vereinbart erachteten ursprünglichen monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von 1.122,70 € x 1/2 x 42).

9

a) Die Nichtzulassungsbeschwerde verkennt, dass die Vorschrift des § 9 ZPO auf die vorliegende Fallkonstellation nicht anwendbar ist. Das Interesse eines Vermieters, seine Zustimmung zu einem Mieterwechsel nicht erteilen zu müssen, ist nicht mit demjenigen bei Klagen, die das Recht auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen im Sinne von § 9 ZPO betreffen, vergleichbar. Dem wirtschaftlichen Interesse des Vermieters, die vereinbarte Miete weiterhin zu erhalten, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass an Stelle des bisherigen Mieters der Nachmieter die Verpflichtung zur Zahlung der Miete übernehmen soll (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2022 - [X.], [X.], 691 Rn. 4 [zum Streitwert einer auf Zustimmung zum Mieterwechsel gerichteten Klage]). Das Interesse eines Vermieters an einer Versagung der Zustimmung zu einem Mieterwechsel ist auch nicht mit demjenigen an dem Fortbestand des Mietverhältnisses gleichzusetzen, das ebenfalls mit dem dreieinhalbfachen Jahreswert der Miete zu bemessen ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 4. Februar 2020 - [X.], [X.], 298 Rn. 2). Denn nicht die Dauer oder das Bestehen des Mietverhältnisses als solches ist in Fällen wie dem vorliegenden zwischen den Mietvertragsparteien streitig, sondern die Zustimmung zu einer Vertragsänderung unter Fortbestand des [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2022 - [X.], aaO Rn. 3). Insofern unterscheidet sich diese Fallkonstellation auch von Klagen, die auf den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrags gerichtet sind, und bei denen sich das Interesse der Parteien gemäß § 3 ZPO im Grundsatz nach der in der Vertragszeit zu entrichtenden Miete beziehungsweise Pacht - regelmäßig begrenzt nach der Wertung des § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag - richtet (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 24. März 2021 - [X.] 4/20, [X.], 434 Rn. 3). Das Interesse des Vermieters ist bei einem von ihm nicht gewollten Mieterwechsel vielmehr in der Regel darauf gerichtet, der Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit und den mit einem solchen Mieterwechsel etwa einhergehenden wirtschaftlichen Risiken entgegenzuwirken (vgl. zu den mit einem Mieterwechsel für den Vermieter verbundenen Nachteilen Senatsurteil vom 27. April 2022 - [X.], [X.]Z 233, 215 Rn. 29). Deshalb ist es angemessen, in solchen Fällen den Wert der Beschwer im Wege der Schätzung gemäß § 3 ZPO lediglich mit der anteiligen [X.], die auf den wechselwilligen Mieter entfällt, zu bemessen (vgl. zu diesem Maßstab Senatsbeschluss vom 31. Mai 2022 - [X.], aaO [zum Streitwert]).

b) Ausgehend hiervon bestimmt sich der Wert der Beschwer im vorliegenden Fall nach dem Teil der auf die Klägerin zu 2 entfallenden [X.]. Unter Zugrundelegung einer zwischen den Parteien nicht mehr im Streit stehenden aktuellen monatlichen Nettokaltmiete von 1.464,87 € ist somit ein Betrag in Höhe von 8.789,22 € (1/2 [X.]) maßgebend.

III.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Hinweisbeschlusses.

Dr. Bünger     

      

Kosziol     

      

Dr. Liebert

      

Wiegand     

      

Dr. Matussek     

      

Hinweis:

Das [X.] ist durch Verwerfungsbeschluss vom 10. Oktober 2023 erledigt worden.

Meta

VIII ZR 233/22

08.08.2023

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 24. August 2022, Az: 66 S 135/22

§ 3 ZPO, § 9 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2023, Az. VIII ZR 233/22 (REWIS RS 2023, 8879)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8879

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