Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.2016, Az. III ZR 102/16

3. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4668

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde: Darlegungslast für die Beiordnung eines Notanwalts zwecks Fertigung der Begründungsschrift; Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist


Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr einen Notanwalt zur Wahrung ihrer Rechte im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 5. Februar 2016 - I-11 U 138/14 - beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert: 89.344,09 €.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Land wegen einer Amtspflichtverletzung Schadensersatz sowie Schmerzensgeld. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung hiergegen zurückgewiesen.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat die Klägerin durch ihren beim [X.] zugelassenen Prozessbevollmächtigten fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde antragsgemäß bis 4. August 2016 verlängert. Mit am 2. August 2016 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass er das Mandat niederlege. Eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht eingegangen.

3

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 1. August 2016 beantragt, ihr einen Notanwalt beizuordnen sowie die Beschwerdebegründungsfrist zu verlängern. Ihr Anwalt habe ihr mitgeteilt, dass die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am 4. August 2016 ablaufe und er hierzu keine Begründung schreibe. Mit Schreiben vom 2. August 2016 hat sie ergänzend erklärt, dass es ihr bisher nicht gelungen sei, selbst einen neuen Anwalt zu finden.

II.

4

Der Antrag auf Bestellung eines Notanwalts ist unbegründet.

5

Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer [X.] ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

6

1. Die Beiordnung eines Notanwalts setzt nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s voraus, dass die [X.] trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre diesbezüglichen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat (z.B. Senat, Beschluss vom 27. April 1995 - [X.], NJW-RR 1995, 1016; [X.], Beschlüsse vom 12. Juni 2012 - [X.]/11, BeckRS 2012, 15083 Rn. 9; vom 8. Dezember 2011 - [X.] ([X.]) 46/11, BeckRS 2012, 01124 Rn. 4; vom 25. Januar 2007 - [X.], BeckRS 2007, 03801 Rn. 2 und vom 16. Februar 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 864). Hat die [X.] - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die [X.] die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Auch dies hat sie substantiiert darzulegen und nachzuweisen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 18. Dezember 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 378 Rn. 9 mwN und vom 27. April 1995, aaO).

7

Diesen Anforderungen genügen die lediglich pauschalen Behauptungen der Klägerin, ihr Anwalt habe ihr mitgeteilt, dass er keine Begründung schreibe, er habe das Mandat niedergelegt und es sei ihr nicht gelungen, einen neuen Anwalt zu finden, nicht. Sie hat damit weder substantiiert dargetan und belegt, dass sie die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat, noch, dass sie sich ab Kenntnis von der beabsichtigten Mandatsniederlegung erfolglos um eine Vertretung durch andere Anwälte bemüht hat.

8

2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist darüber hinaus aussichtslos. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, da die Frist für deren Begründung abgelaufen ist. Die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde zuletzt bis zum 4. August 2016 verlängert. Eine fristgerechte Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen. Dem von der Klägerin selbst gestellten Fristverlängerungsantrag kann nicht entsprochen werden, da die Beantragung einer Fristverlängerung dem Anwaltszwang unterliegt (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Januar 1985 - [X.], [X.]Z 93, 300, 303 mwN; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 78 Rn. 44; [X.] ZPO/Piekenbrock, Stand 1. März 2016, § 78 Rn. 30).

9

Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die versäumte Begründungsfrist verspricht keinen Erfolg. Einer [X.], welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittel (Begründungs-)frist nur dann gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und dabei die Voraussetzungen hierfür substantiiert dargelegt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 378 Rn. 8 f). Dies ist hier wie ausgeführt nicht der Fall.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO durch einen beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) begründet worden ist.

[X.]                         Seiters                         Reiter

                      [X.]

Meta

III ZR 102/16

29.09.2016

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 5. Februar 2016, Az: 11 U 138/14, Urteil

§ 78b ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.09.2016, Az. III ZR 102/16 (REWIS RS 2016, 4668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4668


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. III ZR 102/16

Bundesgerichtshof, III ZR 102/16, 29.09.2016.


Az. 11 U 138/14

Oberlandesgericht Hamm, 11 U 138/14, 05.02.2016.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 102/16 (Bundesgerichtshof)


III ZR 122/13 (Bundesgerichtshof)

Notanwaltsbestellung und Wiedereinsetzung: Mandatsniederlegung des beauftragten Rechtsanwalts bei Differenzen; Darlegungslast der Partei für mangelndes Verschulden; …


XI ZR 173/17 (Bundesgerichtshof)

Notanwaltsbeiordnung: Mandatsniederlegung durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt wegen Differenzen mit der Partei über die …


XI ZR 173/17 (Bundesgerichtshof)


III ZR 122/13 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.