Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.08.2013, Az. 2 BvR 1601/13

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2013, 3476

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Rechtswegerschöpfung gem § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG auch dann geboten, wenn die Fachgerichte einer Grundrechtsverletzung mangels Normverwerfungskompetenz nicht unmittelbar abhelfen können - Rechtswegerschöpfung auch zumutbar, da Fachgerichte Eilrechtsschutz gewähren können


Gründe

1

Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers und weiterer Strafgefangener von der [X.] in [X.] in die [X.]. Die [X.] wird auf der Grundlage eines [X.] zwischen den Ländern [X.] und Brandenburg vom Land [X.] in der [X.] [X.] [X.] mit der Maßgabe betrieben, dass für die Anstalt das Vollzugsrecht des Landes [X.] gilt, soweit nicht Bundesrecht Anwendung findet (vgl. Gesetz zum Staatsvertrag zwischen dem Land [X.] und dem [X.] über die Errichtung und den Betrieb der [X.] vom 14. Dezember 2011, [X.] 2011 S. 822; § 1 Abs. 1 des [X.]; zum Inkrafttreten des [X.] am 1. Februar 2012 s. Bekanntmachung vom 1. Februar 2012, [X.] 2012, [X.]).

2

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Sie ist unzulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Verlegung den Rechtsweg erschöpft hätte.

3

Die Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]G) ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Einwände des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung mittelbar die oben genannte gesetzliche Grundlage des Betriebs der Justizvollzugsanstalt betreffen. Die Obliegenheit, mit einem behaupteten [X.] zunächst die Fachgerichte zu befassen, entfällt grundsätzlich auch dann nicht, wenn die Fachgerichte der gerügten Grundrechtsverletzung nicht selbst abhelfen können, sondern zur Beseitigung des gerügten Verfassungsverstoßes nur durch eine Vorlage zum [X.] gemäß Art. 100 Abs. 1 GG beitragen können, denn die vorrangige Befassung der Fachgerichte behält auch in einem solchen Fall ihren Sinn (vgl. [X.] 58, 81 <104 f.>; 72, 39 <43 ff.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] 9. November 2009 - 1 BvR 2146/09 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. November 2009 - 1 BvR 213/08 -, juris). Besondere Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen würden (vgl. [X.] 43, 291 <387>; 55, 154 <157>; 60, 360 <372> 65, 1 <38>; 102, 197 <208>), sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es dem Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Eilrechtschutzes nicht unzumutbar (§ 90 Abs. 2 Satz 2 [X.]G), sich zunächst an die Fachgerichte zu wenden. Dass den Fachgerichten die Kompetenz zur Verwerfung gesetzlicher Bestimmungen fehlt, hindert sie nicht, einem [X.] - sofern die Voraussetzungen hierfür im Übrigen vorliegen - vorläufigen Rechtsschutz auch insoweit zu gewähren, als der gerügte Verfassungsverstoß in der Hauptsache nur durch eine verfassungsgerichtliche Entscheidung ausgeräumt werden kann (vgl. [X.] 86, 382 <389>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 5. September 2005 - 1 BvR 1781/05 -, [X.], S. 634 f. sowie zuletzt Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2011 - 2 BvR 2362/11 -, juris).

4

Es ist demnach zunächst Sache der Fachgerichte, auch die Vereinbarkeit der jeweils herangezogenen landesrechtlichen Rechtsgrundlagen mit dem Grundgesetz zu prüfen, gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren und bei etwaigem negativen Ausgang der Prüfung die Sache unter Beachtung der Darlegungsanforderungen für Vorlagen im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (vgl. nur [X.] 88, 70 <74>; 93, 121 <131 f.>; 105, 61 <67>) dem [X.] vorzulegen.

5

2. Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

6

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]G abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1601/13

14.08.2013

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 2 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 14.08.2013, Az. 2 BvR 1601/13 (REWIS RS 2013, 3476)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3476

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Referenzen
Wird zitiert von

1 BvR 1719/17

1 BvR 1106/20

Zitiert

2 BvR 2362/11

Zitieren mit Quelle:
x

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