Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2018, Az. 1 StR 105/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11286

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:040418B1STR105.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 [X.]/18

vom
4. April 2018
in der Strafsache
gegen

wegen
gewerbs-
und bandenmäßigen Betrugs u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
auf Antrag des [X.] und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 4. April 2018
gemäß §
349 Abs.
2
sowie entsprechend § 354 Abs. 1
StPO beschlossen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 24. November 2017 wird mit der [X.] verworfen, dass der Angeklagte zu der Gesamtfreiheits-strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbs-
und bandenmä-ßigen Betrugs in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit gewerbs-
und bandenmä-Monaten verurteilt.
Seine dagegen gerichtete Revision erweist sich als unbegründet im [X.] von §
349 Abs.
2 StPO. [X.] Erörterung bedarf lediglich
Folgendes:
1.
In Bezug auf die am 12.
Oktober 2016 in [X.] begangene Tat des Angeklagten, der [X.] Staatsangehöriger ist, begründet §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB im Rahmen stellvertretender Strafrechtspflege die Anwendbarkeit [X.] Strafrechts. Ein Verfahrenshindernis (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Fe-bruar 1995

1 StR 681/94, [X.], 440, 441; LK-StGB/Werle/Jeßberger, 12.
Aufl., §
7 Rn.
118) besteht daher nicht.
1
2
3
-
3
-
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen landgerichtlichen Feststellungen legte der Angeklagte zur Anmietung eines Mietfahrzeugs der Autovermietung C.

in deren Filiale am [X.] S.

einen gefälschten, auf einen Aliasnamen lautenden [X.] und einen ebenfalls ge-fälschten [X.] Führerschein vor, um in den Besitz des Wagens
zu ge-langen, der später von Tatbeteiligten in [X.] veräußert werden sollte. Für [X.] durch einen ausländischen Täter begangene [X.] liegen die Voraus-setzungen des §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB vor.
a)
Die fragliche Tat (zum Tatbegriff [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 3.
Aufl., §
7 Rn.
6 ff. [X.]) war nach dem maßgeblichen österrei-chischen Tatortstrafrecht jedenfalls gemäß §§
146, 147 Abs.
1 erster Fall und Abs. 2, §
148 des [X.] Strafgesetzbuchs mit Strafe bedroht (vgl. auch Übernahmeersuchen der Staatsanwaltschaft [X.] an die [X.] vom 10.
April 2017, [X.]att 580 und 580 Rückseite der Sachakten). Zudem ist
der
Angeklagte im Inland, nämlich am [X.] H.

, festgenommen worden.
b)
Obwohl die Tat auslieferungsfähig ist, fehlt es an einer Auslieferung, weil seitens der Republik [X.] eine Auslieferung nicht begehrt wird und seitens der [X.]ischen Republik ein Auslieferungsersuchen nicht innerhalb angemessener Frist gestellt worden ist.
aa)
In [X.] war durch die Staatsanwaltschaft [X.] unter dem dortigen Aktenzeichen

gegen den Angeklagten wegen der hier ver-fahrensgegenständlichen Tat vom 12.
Oktober 2016 ein strafrechtliches Ermitt-lungsverfahren geführt worden. Insoweit hatte
die Staatsanwaltschaft [X.] durch Schreiben vom 10.
April 2017 die Staatsanwaltschaft München
I (zum Aktenzeichen

) um die Übernahme der Strafverfolgung we-4
5
6
7
-
4
-
gen dieser Tat ersucht (siehe [X.]. 580-582 der Sachakten). Dem ist die [X.] nachgekommen (vgl. [X.].
661 der Sachakten) und hat unter dem vorgenannten Aktenzeichen Anklage gegen den Angeklagten auch wegen der auf [X.] Staatsgebiet begangenen Tat erhoben. Ange-sichts des [X.] ist ein Auslieferungsbegehren der Republik [X.] ausgeschlossen.
bb)
Ausweislich des Vermerks der Generalstaatsanwaltschaft
München ([X.].:

) vom 7.
November 2017 sind die [X.] [X.] unter Fristsetzung bis zum 6.
November 2017 um Mitteilung ersucht [X.], ob wegen der hier fraglichen Tat vom 12.
Oktober 2016 in [X.] die Auslieferung des
Angeklagten begehrt wird ([X.].
760 der Sachakten). Wie sich aus dem Vermerk weiter ergibt, war eine Rückmeldung der [X.] Be-hörden bis einschließlich 7.
November 2017
ausgeblieben. Eine solche ist auch später nicht erfolgt.
Der Senat hat durch Nachfrage bei der Generalstaatsanwaltschaft Mün-chen zu dem im vorstehenden Absatz genannten Aktenzeichen ermittelt, ob auf das Telefax der [X.] Behörden noch bis zur Entscheidung des Senats über die Revision des Angeklagten ein Auslieferungsersuchen der [X.]ischen Republik gestellt
worden
oder eine Reaktion auf die Nachfrage erfolgt ist. Dies war nicht der Fall. Da weder der Tatortstaat noch der Heimatstaat des Ange-klagten trotz Eröffnung dieser Möglichkeit die Auslieferung erstreben, war und ist die Anwendung [X.] Strafrechts eröffnet. Ein Verfahrenshindernis bzgl. der Tat vom 12.
Oktober 2016 besteht nicht.
8
9
-
5
-
c)
Angesichts des Vorstehenden kann offen bleiben, ob die Vorausset-zungen des §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] zu dessen Überzeugung feststehen müssen (so etwa [X.], Urteil vom 30.
April 1999

3 [X.], [X.]St 45, 64, 73) oder ob der maßgebli-che Zeitpunkt für die Beurteilung der Auslieferungsfähigkeit im Sinne von §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB der Zeitpunkt der Urteilsverkündung in der (letzten) [X.] ist (in diese Richtung [X.],
Beschluss vom 12.
Juli 2001

1 [X.], [X.], 588 f.). Denn zu beiden Zeitpunkten war aufgrund stellver-tretender Strafrechtspflege inländisches Strafrecht auf die Tat anwendbar.
2.
Auch eine zunächst unzureichende Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) durch das [X.] führt nicht zu einem Teilerfolg des Rechtsmittels. Zwar beanstandet die Revision mit Schreiben vom 22. Februar 2018 im rechtlichen Ausgangspunkt zu Recht, die seitens des [X.]s freibeweislich erhobenen tatsächlichen Umstände zum Vorliegen der Voraus-setzungen des §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB (vgl. dazu Vermerk der Vorsitzenden vom 26.
Januar 2018, [X.].
873 f. der Sachakten) seien nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht worden. Die darin ursprünglich liegende Verletzung von Art.
103 Abs.
1 GG im Rahmen des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Juli 1966

2 [X.], [X.]St 21, 85, 87; [X.]/[X.], 7.
Aufl., §
244 Rn.
17) führt jedoch nicht zur Teilaufhebung des angefochtenen Urteils. Die zunächst
unterbliebene Gewährung rechtlichen Gehörs hat sich zum einen im Ergebnis nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt,
und zum anderen hat er im Rahmen des Revisionsverfahrens zu sämtlichen

bereits in der [X.] aufgezeigten

hier bedeutsamen tat-sächlichen und rechtlichen Umständen Stellung nehmen können.
10
11
12
-
6
-
Aufgrund der durch den Senat selbst freibeweislich durchgeführten [X.] steht fest, dass die Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 Nr.
2 StGB hin-sichtlich der (möglichen) Auslieferung an den Heimatstaat [X.] auch zum Zeitpunkt der Verkündung des tatgerichtlichen Urteils vorlagen. Von den zu-grunde liegenden tatsächlichen Umständen hat die Revision jedenfalls auf-grund der Antragsschrift des [X.] Kenntnis erhalten und sich zu diesen in dem genannten Schriftsatz vom 22.
Februar 2018 geäußert. Die-ser ist Gegenstand der [X.] gewesen.
Hinsichtlich einer rechtlich grundsätzlich möglichen Auslieferung des [X.] an den Tatortstaat [X.] war der Revision das an die [X.] gerichtete Übernahmeersuchen der Staatsanwaltschaft [X.] ([X.].
580-582 der Sachakten) bereits aufgrund der gewährten Akten-einsicht bekannt;
denn das Ersuchen war Bestandteil derjenigen Akten, bezüg-lich derer die Revision bereits nach ihrem eigenen Vorbringen (Seite 1 des Schreibens vom 22.
Februar 2018) Einsicht genommen hatte.
3.
Der Strafausspruch enthält aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] keinen dem Angeklagten
nachteiligen Rechtsfehler.
13
14
-
7
-
Allerdings ändert der Senat in entsprechender Anwendung von §
354 Abs.
1 StPO den Strafausspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte zu [X.] und sechs Monaten verurteilt ist. Un-geachtet des Umstandes, dass auch bereits die verkündete Urteilsformel auf r-folgte Schuldspruch, die getroffenen Feststellungen sowie die Strafzumes-sungserwägungen unzweifelhaft und für die
Verfahrensbeteiligten ohne [X.] erkennbar die vom [X.] eigentlich gemeinte Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe.
[X.] Bellay

Radtke Hohoff
15

Meta

1 StR 105/18

04.04.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2018, Az. 1 StR 105/18 (REWIS RS 2018, 11286)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11286

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 105/18 (Bundesgerichtshof)

Auslandstat: Anwendbarkeit deutschen Rechts; Heilung eines Gehörverstoßes im Rahmen des Freibeweisverfahrens


1 StR 579/19 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen Vergewaltigung: Anwendbarkeit deutschen Strafrechts bei Auslieferung eines Angeklagten unter Verzicht auf den Spezialitätsgrundsatz


1 StR 71/18 (Bundesgerichtshof)

Verfolgungsverjährung: Reichweite der Unterbrechungswirkung von Unterbrechungshandlungen bei Ermittlung wegen mehrerer Straftaten


2 Ws 146/19 (Oberlandesgericht Hamm)


1 StR 447/20 (Bundesgerichtshof)

Sicherungsverfahren gegen schuldunfähige Straftäter: Berücksichtigung der im Ausland gegen einen Deutschen vollzogenen Unterbringung in einem …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 105/18

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.