Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. XI ZR 46/18

11. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 940

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verbraucherdarlehensvertrag: Anforderungen an die Widerrufsbelehrung für den Fall des Widerrufs bei bereits erhaltener Leistung


Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 14. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 23.495,80 €.

Gründe

I.

1

Die Kläger begehren von der beklagten Bank die Rückabwicklung von fünf [X.] nach Widerruf.

2

Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 3. Dezember 2004 zwei grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensverträge über 40.000 € und über 37.500 € sowie am 16./30. Dezember 2004 und am 20./30. Dezember 2004 zwei weitere Darlehen über 100.000 € und 42.500 €, die ebenfalls grundpfandrechtlich gesichert waren. Alle vier Darlehensverträge enthielten folgende gleichlautende Widerrufsbelehrung:

Abbildung

3

Schließlich schlossen die Parteien am 30. Juli 2007 noch einen weiteren Darlehensvertrag über 10.000 €, der ebenfalls grundpfandrechtlich gesichert war und folgende Widerrufsbelehrung enthielt:

Abbildung

4

Die vier Darlehen aus dem [X.] wurden bis Ende 2014 von den Klägern abgelöst. Mit Schreiben vom 15. November 2014 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss aller fünf Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

5

Mit der Klage haben die Kläger zunächst hinsichtlich der vier Darlehensverträge aus dem [X.] die Zahlung von insgesamt 50.833,14 € nebst Zinsen sowie in Bezug auf das Darlehen aus dem [X.] die Feststellung begehrt, dass sie der Beklagten insoweit aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags nicht mehr als 546,10 € schulden. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger, mit der sie nur noch die Rückzahlung von 23.495,80 € nebst Zinsen begehren, hat das Berufungsgericht nach einem entsprechenden Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

6

Den Klägern stehe der geltend gemachte [X.] nicht zu. Ihnen habe im November 2014 ein Widerrufsrecht nicht mehr zugestanden, weil die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß gewesen seien. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei nicht zu beanstanden, auch wenn darin nur die Pflichten des Darlehensnehmers beschrieben würden, nicht dagegen seine Rechte. Der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrungen stehe auch nicht entgegen, dass als Form des Widerrufs auch das "[X.]" genannt sei.

II.

7

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

8

1. Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrungen zu den vier im [X.] geschlossenen Darlehensverträgen unter Heranziehung der Rechtsprechung des [X.] fehlerfrei angenommen, dass die Belehrung über die Widerrufsfolgen trotz des bloß einseitigen Hinweises auf die Pflichten des Darlehensnehmers, d.h. ohne Nennung seiner Rechte, nicht zu beanstanden ist. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde genügen die bei [X.] grundsätzlich entbehrlichen Angaben der Beklagten zu den Widerrufsfolgen (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2017 - [X.], [X.], 50 Rn. 9 und Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2017 - [X.], juris Rn. 7) dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 [X.] in der hier maßgeblichen, zwischen dem 1. August 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF).

9

a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (Senatsurteile vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 123 Rn. 14 und vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.], 1799 Rn. 31). Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können. Zulässig sind jedoch inhaltlich zutreffende Ergänzungen, die dem Verbraucher die Rechtslage nach einem Widerruf seiner Vertragserklärung verdeutlichen und die Belehrung nicht unübersichtlich machen (vgl. [X.], Urteile vom 24. April 2007 - [X.], [X.]Z 172, 157 Rn. 13, vom 11. März 2008 - [X.], [X.], 828 Rn. 13, vom 10. März 2009 aaO Rn. 18 und vom 9. November 2011 - I ZR 123/10, [X.], 913 Rn. 24).

b) Nach diesen Maßgaben sind die Erläuterungen der Beklagten zu den Pflichten des Darlehensnehmers im Falle des Widerrufs bei bereits erhaltener Leistung nicht zu beanstanden. Dem Verbraucher wird deutlich gemacht, dass der Empfang der Leistung sein Recht zum Widerruf nicht berührt und welche Pflichten ihn in Bezug auf diese Leistung treffen, wenn er nach deren Empfang widerruft. Aufgrund dieser Erläuterung wird der Verbraucher in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung zu treffen und die Tragweite eines Widerrufs - insbesondere die Pflicht zur vollständigen Rückzahlung der bereits empfangenen Darlehensvaluta - zu überblicken. Der Verzicht auf die Erwähnung der Pflicht der Bank zur Rückgewähr von bis zur Widerrufserklärung erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen hat nicht zur Folge, dass der Darlehensnehmer von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird. Durch die hervorgehobene Überschrift und die Formulierung in der "[X.]" wird hinreichend deutlich gemacht, dass nicht sämtliche Rechtsfolgen dargestellt werden, sondern nur solche, die sich daraus ergeben, dass der Verbraucher vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung empfangen hat. Ein irreführender Eindruck, wonach die Beklagte hingegen die ihr möglicherweise bereits zum Teil zugeflossenen Zins- und Tilgungsleistungen des Verbrauchers behalten dürfte, entsteht hierdurch nicht (so auch [X.], 1421, 1422; [X.], [X.], 920, 921; [X.], [X.], 413 Rn. 55; [X.], [X.], 7. Aufl. 2011, § 495 Rn. 112a; PWW/Medicus, [X.], 3. Aufl., § 355 Rn. 11a; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., § 355 Rn. 47; [X.], [X.], 135, 139; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 355 Rn. 10; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., §§ 355 - 360 nF Rn. 27).

Etwas anderes folgt auch nicht aus den Urteilen des [X.] vom 12. April 2007 ([X.], [X.]Z 172, 58 Rn. 11 ff.), vom 2. Februar 2011 ([X.], [X.], 474 Rn. 17 ff.) und vom 22. Mai 2012 ([X.], [X.], 1474 Rn. 44 f. und [X.], [X.], 1620 Rn. 29 f.). Denn diese Urteile beziehen sich auf die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung für - hier nicht vorliegende - Haustürgeschäfte im Sinne von § 312 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF, für die § 312 Abs. 2 [X.] ausdrücklich einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 [X.] (jeweils in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) anordnete und damit eine einseitige Belehrung nur über die Pflichten des Darlehensnehmers ausschloss.

2. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, hat das Berufungsgericht auch die Belehrung über die Form des Widerrufs in Bezug auf den Hinweis "mittels … [X.]" zu Recht für ordnungsgemäß gehalten. Das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 [X.] aF ist nicht verletzt.

Durch die Einleitung "z.B." hat die Beklagte die Modalitäten des Widerrufs bloß beispielhaft und ohne Ausschließlichkeitsanspruch angeführt. Eine Erläuterung anhand von Beispielen ist aber nicht nur klar und verständlich im Sinne des § 355 Abs. 2 [X.] aF, sondern verdeutlicht auch das Gemeinte. Zudem ist der ergänzende Hinweis auf ein "Online-Formular", das "ebenfalls" zum Widerruf "genutzt werden" könne, aus Sicht eines verständigen Verbrauchers nicht so zu verstehen, dass der Widerruf per E-Mail ausgeschlossen ist.

3. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Matthias

      

Menges     

      

Derstadt     

      

Meta

XI ZR 46/18

04.12.2018

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 14. Dezember 2017, Az: 19 U 2665/17

§ 355 Abs 2 BGB vom 23.07.2002

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.12.2018, Az. XI ZR 46/18 (REWIS RS 2018, 940)

Papier­fundstellen: WM2019,66 REWIS RS 2018, 940

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 O 7616/16 (LG München I)

Ablauf der Widerrufsfrist


XI ZR 183/15 (Bundesgerichtshof)

Verbraucherdarlehensvertrag: Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Umwandlung des Vertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis nach Widerruf; …


XI ZR 160/17 (Bundesgerichtshof)

Verbraucherdarlehensvertrag: Vorliegen eines Fernabsatzvertrages bei persönlichem Kontakt während der Vertragsanbahnung; Beginn der Widerrufsfrist und Anforderungen …


XI ZR 520/16 (Bundesgerichtshof)

Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags im Altfall: Mehrere Darlehensnehmer als Mitgläubiger bereicherungsrechtlicher Ansprüche wegen nach dem Widerruf …


19 U 96/16 (Oberlandesgericht Hamm)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.