Bundessozialgericht, Urteil vom 06.04.2022, Az. B 6 KA 6/21 R

6. Senat | REWIS RS 2022, 2714

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - Wirtschaftlichkeitsprüfung - Festsetzung einer Beratung wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens - Geltung der vierjährigen Ausschlussfrist


Leitsatz

Für die Festsetzung einer Beratung gegenüber einem Vertragsarzt wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise gilt nicht die zum 1.1.2008 für den Richtgrößenregress eingeführte zweijährige, sondern eine vierjährige Ausschlussfrist.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. April 2021 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die als Fachärztin für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wendet sich gegen eine Beratung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

2

Die Prüfungsstelle verfügte eine schriftliche Beratung der Klägerin mit der Begründung, dass das Richtgrößenvolumen für [X.] im Jahr 2011 nach Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten um [X.] überschritten worden sei (Bescheid vom 12.3.2015). Der beklagte Beschwerdeausschuss wies den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin zurück (Beschluss vom 27.1.2016/Bescheid vom 7.3.2016). Das [X.] hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben (Urteil vom 27.6.2018), das L[X.] die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28.4.2021). Zur Begründung hat das L[X.] im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bescheid des Beklagten rechtswidrig sei, weil der Bescheid der Prüfungsstelle, ohne dass Hemmungstatbestände ersichtlich oder Vertrauensschutz ausschließende Gesichtspunkte geltend gemacht worden seien, nicht innerhalb von zwei Jahren nach Ende des Jahres 2011 ergangen sei. Nicht nur die Festsetzung eines Regresses wegen Überschreitung des [X.], sondern auch die Festsetzung einer diesbezüglichen Beratung unterliege der zweijährigen Ausschlussfrist. Die Notwendigkeit einer Ausschlussfrist folge aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Dabei könne nicht nach dem Prüfergebnis (Beratung oder Regress) differenziert werden. Es sei einem Arzt unzumutbar, über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zu wissen, ob sein Behandlungs- und Verordnungsverhalten Gegenstand von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei. Bei einer Beratung handele es sich um eine einem Regress vergleichbare, wenn auch weniger einschneidende Sanktion. Wie jede Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung ziele auch die Beratung auf eine Verhaltensänderung. Die für [X.] geltende Verkürzung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre müsse nach dem Inhalt der Gesetzgebungsmaterialien sowie unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Regelung auch für die Beratung gelten.

3

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.]B V (idF des [X.] vom 26.3.2007, [X.], im Folgenden: alte Fassung ; in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm gelte die dort geregelte zweijährige Ausschlussfrist nur bei Festsetzung eines Mehraufwands, worum es vorliegend nicht gehe. Im Übrigen sei - entgegen der Auffassung des L[X.] - auch der Gesetzesbegründung kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass eine Erstreckung der zweijährigen Ausschlussfrist auch auf Maßnahmen der Beratung erreicht werden sollte. Nichts anderes gelte für die Gesetzessystematik. § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 1 [X.]B V aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1) erfasse alle Auffälligkeitsprüfungen. Halbsatz 2 der Vorschrift habe der Gesetzgeber demgegenüber enger gefasst und allein auf die Konstellation bezogen, dass ein Regressbetrag festgesetzt werde.

4

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 28.4.2021 und des [X.] vom 27.6.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Zu Recht und mit zutreffenden Gründen seien [X.] und L[X.] davon ausgegangen, dass die zweijährige Ausschlussfrist auch für die Beratung gelte. Jedenfalls die Gesetzesbegründung stütze klar und deutlich die Rechtsauffassung der Vorinstanzen. Die zeitnahe Durchführung der Prüfung sei den Prüfgremien angesichts automatisierter Datenverarbeitung auch ohne Weiteres zumutbar. Von Rechtsanwälten seien vielfach deutlich kürzere Fristen zu beachten.

7

Die Beigeladene zu 1. beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

8

Auch sie verteidigt die Entscheidungen der Vorinstanzen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der [X.] nicht so eindeutig, dass sich die vom L[X.] vorgenommene Auslegung verbiete. Für die Anwendbarkeit der zweijährigen Ausschlussfrist auch auf Beratungen spreche, dass es sich ebenso wie bei [X.] um Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit Sanktionscharakter und Steuerungsfunktion handele. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Verkürzung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre auch auf die Beratung zu beziehen sei. Eine Differenzierung zwischen unterschiedlichen Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung - [X.] auf der einen Seite und Beratungen auf der anderen Seite - werde bezogen auf die Ausschlussfrist nicht vorgenommen. Dieses Ergebnis stehe im Einklang mit Literatur und Rechtsprechung und werde im Übrigen durch die Neufassung des § 106 Abs 3 Satz 3 [X.]B V mit dem [X.] (TSVG) bestätigt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten hat im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Die Festsetzung einer Beratung unterliegt auch im Bereich der Richtgrößenprüfung einer vierjährigen Ausschlussfrist, die gewahrt ist. Ob der Bescheid des Beklagten vom [X.] auch im Übrigen rechtmäßig ist, kann der [X.] nicht beurteilen, weil das [X.] - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - die hierfür erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat.

A. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des [X.]s nicht entgegen.

1. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Festsetzungsbescheid beschwert iS von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG und daher klagebefugt. Auch bei einer Beratung wegen Überschreitung von [X.] um [X.], [X.] - wie sie hier streitig ist - handelt es sich um eine Sanktion ([X.] vom [X.] - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 10). Der Vertragsarzt gegen den die "Beratung" festgesetzt wird, muss sich dieser Maßnahme unterziehen, auch wenn diese unter Umständen nur in der Kenntnisnahme des [X.] besteht. Zudem ist nicht ausgeschlossen, dass die Beratung als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung für die rechtlichen Voraussetzungen in anderen Verfahren, etwa in einem Disziplinarverfahren oder auch einem Zulassungsentziehungsverfahren, eine Rolle spielen kann ([X.] vom [X.] - [X.] [X.]/12 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.] 11). Die Festsetzung der Beratung als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist damit ein belastender Verwaltungsakt. Dass die Klägerin als Adressatin des belastenden Verwaltungsakts formell beschwert und damit befugt ist, gegen diesen mit der Anfechtungsklage vorzugehen, unterliegt unter diesen Umständen keinem Zweifel. Dass die davon ausgehenden Rechtswirkungen für die Klägerin inzwischen gering sein dürften, hat nicht zur Folge, dass sich der Verwaltungsakt bereits nach § 39 Abs 2 [X.] X erledigt hätte.

2. Die notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) der Beigeladenen zu 7. hat der [X.] mit deren Zustimmung noch im Revisionsverfahren nachgeholt (§ 168 Satz 2 Alt 2 SGG). Der [X.] nimmt das vorliegende Verfahren zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung neben der [X.] ([X.]) grundsätzlich sämtliche Verbände der [X.] sind. Das gilt unabhängig davon, bei welcher Krankenkasse die vom geprüften Vertragsarzt im [X.] behandelten Patienten versichert waren. Denn bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung handelt es sich um einen einheitlichen Vorgang, an dem die Krankenkassen und deren Verbände ein übergeordnetes, rechtlich geschütztes Interesse haben ([X.] vom 15.4.1986 - 6 [X.] 27/84 - [X.], 69 = [X.] 2200 § 368n [X.], juris Rd[X.] 14 f; [X.] vom [X.] - 14a/6 [X.] 17/90 - [X.] 3-2500 § 106 [X.], juris Rd[X.] 18). Abweichendes gilt lediglich in Verfahren, die auf die [X.] zugunsten einer individ[X.]lisierbaren Krankenkasse gerichtet sind (vgl [X.] in Schnapp/[X.], Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl 2017, § 21 Rd[X.]), zB wegen unzulässiger Verordnungsweise im Einzelfall.

B. Die Begründetheit der Anfechtungsklage kann der [X.] nicht abschließend beurteilen.

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Zwar hat die Prüfungsstelle den Kläger vor der Festsetzung der Beratung mit Bescheid vom 12.3.2015 nicht - wie erforderlich (§ 24 Abs 1 [X.] X) - angehört. Dieser Verfahrensmangel ist hier aber - abgesehen von möglichen Auswirkungen auf die Kostenentscheidung des [X.] (vgl Rd[X.]2) - unbeachtlich, weil die Anhörung wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs 1 [X.]). Die Heilung eines Anhörungsmangels kann während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen hinreichende Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern ([X.] vom 29.11.2017 - [X.] [X.] 33/16 R - [X.] 4-2500 § 106a [X.] Rd[X.] 16; [X.] vom 24.10.2018 - [X.] [X.] 34/17 R - [X.], 33 = [X.] 4-2500 § 106d [X.], Rd[X.]0; [X.] vom 14.7.2021 - [X.] [X.] 12/20 R - [X.] 4-2500 § 101 [X.]2 Rd[X.]5 jeweils mwN; vgl auch [X.] vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - [X.], 25 = [X.] 4-1500 § 114 [X.], Rd[X.] 15). Entsprechendes gilt für das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss, das nach § 106 Abs 5 Satz 6 [X.] idF des GKV-Modernisierungsgesetzes ([X.]) vom 14.11.2003 ([X.] 2190) und dem damit inhaltlich übereinstimmenden § 106c Abs 3 Satz 4 [X.] idF des [X.] ([X.]) vom 16.7.2015 ([X.] 1211) als Vorverfahren iS des § 78 SGG gilt (zur Geltung des § 41 Abs 1 [X.] auch im Verfahren vor den Prüfgremien vgl [X.] vom 20.9.1995 - 6 [X.] 63/94 - juris Rd[X.] 18 mwN). Vorliegend hatte die Prüfungsstelle der Klägerin in dem Bescheid vom 12.3.2015 die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, sodass die Klägerin im Verfahren vor dem beklagten Beschwerdeausschuss ausreichend Gelegenheit hatte, vor einer abschließenden Verwaltungsentscheidung hierzu sachgerecht Stellung zu nehmen.

2. Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer Beratung gegen die Klägerin wegen Überschreitung des Heilmittelrichtgrößenvolumens im Jahr 2011 ist wegen der Maßgeblichkeit der im geprüften Zeitraum geltenden Rechtslage ([X.] vom 22.10.2014 - [X.] [X.] 3/14 R - [X.], 149 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], Rd[X.]6 ff mwN) § 106 Abs 2 iVm Abs 5a Satz 1 und Abs 1a [X.] aF. Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen bei Überschreitung der [X.] nach § 84 [X.] ([X.] nach § 106 Abs 2 Satz 1 [X.] 1 [X.] aF) geprüft. Maßgebend ist hier § 84 [X.] in der im Jahr 2011 geltenden Fassung des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes ([X.]) vom 22.12.2010 ([X.] 2262 im Folgenden: aF). Die Überschreitung der für Arznei- und Verbandmittel vereinbarten [X.] löst gemäß § 84 Abs 6 Satz 4 [X.] aF eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs 5a [X.] aF unter den dort genannten Voraussetzungen aus. Für Heilmittel gilt diese Regelung nach § 84 Abs 8 Satz 1 [X.] aF entsprechend.

Der Beklagte hat als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine schriftliche Beratung wegen Überschreitung der für die Verordnung von Heilmitteln maßgebenden Richtgröße um [X.] festgesetzt. Beratungen der Vertragsärzte nach § 106 Abs 1a [X.] aF auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum verordneten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Q[X.]lität der Versorgung werden [X.] nach § 106 Abs 5a Satz 1 [X.] aF durchgeführt, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um [X.] übersteigt und die Prüfgremien nicht davon ausgehen, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist.

3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist der angefochtene Bescheid des Beklagten über eine Beratung nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil dieser nach Ablauf einer Ausschlussfrist ergangen wäre. Für die streitgegenständliche Festsetzung einer Beratung gilt die allgemeine Ausschlussfrist von vier Jahren. Die mit dem [X.] zum 1.1.2008 eingeführte zweijährige Ausschlussfrist des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) galt demgegenüber für die Festsetzung von [X.] wegen Überschreitung der [X.] nach § 84 Abs 6 und 8 [X.] aF, nicht jedoch für Beratungen. Die hier maßgebliche vierjährige Ausschlussfrist ist gewahrt.

a) Die Vorinstanzen sind im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass auch Beratungen nach § 106 Abs 5a Satz 1 [X.] aF nur innerhalb einer begrenzten Zeit nach Ablauf des [X.] durchgeführt werden dürfen; das hat im Übrigen auch der Beklagte nicht in Zweifel gezogen. Wie das BSG bereits mit Urteil vom [X.] (14a/6 [X.] 37/91 - [X.], 271 = [X.] 3-2500 § 106 [X.]) entschieden hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens bereits aus dem rechtsst[X.]tlichen Gebot der Rechtssicherheit (Art 20 Abs 3 GG); greifen die Verjährungsvorschriften nicht ein, so muss der Gefahr eines "ewigen Prüfverfahrens" auf andere Weise Rechnung getragen werden. Daher hat es das BSG als sachgerecht angesehen, die in den Büchern des [X.] für die Verjährung einheitlich festgesetzte Frist von vier Jahren (zur Geltung auch zB bezogen auf die vertragsärztliche Gesamtvergütung vgl zuletzt [X.] vom 4.11.2021 - [X.] [X.] 8/21 B - juris Rd[X.] 13 mwN) im Sinne einer zeitlichen Höchstgrenze als Ausschlussfrist auch auf das Verfahren zur endgültigen Festsetzung der vertragsärztlichen Honorare zu übertragen ([X.] vom [X.] - 14a/6 [X.] 37/91 - [X.], 271, 275, 277 = [X.] 3-2500 § 106 [X.] S 109 f, 112, juris Rd[X.]3, 30). Diese Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid ergehen muss, gilt für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und für Bescheide zur Umsetzung degressionsbedingter Honorarminderungen gleichermaßen wie für [X.] ([X.] vom 5.5.2010 - [X.] [X.] 5/09 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]8 Rd[X.]8; [X.] vom 11.12.2019 - [X.] [X.] 23/18 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]2, jeweils mwN).

Bei der hier streitgegenständlichen, durch Bescheid gegenüber der Klägerin festgesetzten Beratung handelt es sich - wie oben (Rd[X.] 11, 15 f) dargelegt - um eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Damit ist die für [X.] geltende vierjährige Ausschlussfrist auch auf eine solche Beratung zu beziehen. Zwar hat das BSG die Geltung einer Ausschlussfrist von vier Jahren in der grundlegenden Entscheidung vom [X.] (14a/6 [X.] 37/91 - [X.], 271, 276 = [X.] 3-2500 § 106 [X.] S 111, juris Rd[X.]7) auch damit begründet, dass der einem vertragsärztlichen Honorarbescheid immanente Vorbehalt der Vorläufigkeit zeitlich begrenzt werden müsse. Auf die Beratung lässt sich das nicht übertragen, weil diese jedenfalls nicht unmittelbar in den zuerkannten Honoraranspruch des Arztes eingreift und mit der Beratung wird auch kein Regress im Hinblick auf die Veranlassung vermeidbarer Ausgaben durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise verfügt. Insofern unterscheidet sich die durch Bescheid festgesetzte Beratung grundlegend von den finanziell belastenden Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Ausschlaggebend ist im vorliegenden Zusammenhang jedoch, dass auch durch die Festsetzung einer Beratung in die Rechte des davon betroffenen Arztes eingegriffen wird (vgl Rd[X.] 11). Aus dem Gebot der Rechtssicherheit folgt, dass auch das Behandlungs- und Verordnungsverhalten des Arztes nicht ohne jede zeitliche Begrenzung Grundlage eines solchen Eingriffs sein kann. Abgesehen davon, dass mit zunehmendem zeitlichen Abstand ein berechtigtes Vertrauen begründet werden kann, dass der zurückliegende Sachverhalt nicht mehr zum Anknüpfungspunkt für Sanktionen wird, ist zu berücksichtigen, dass es für den Arzt typischerweise schwieriger wird, die Angaben etwa zu lange zurückliegenden Praxisbesonderheiten zu belegen. Aus all dem folgt, dass ein "ewiges Prüfungsverfahren" auch dann ausgeschlossen ist, wenn als Rechtsfolge kein Regress, sondern "nur" eine Beratung in Frage steht.

Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Urteil des [X.]s vom 22.10.2014 ([X.] [X.] 3/14 R - [X.], 149 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], [X.]). In dieser Entscheidung ist der [X.] davon ausgegangen, dass die Prüfungseinrichtungen auch noch nach Ablauf der für den Richtgrößenregress maßgeblichen Ausschlussfrist (zwei Jahre) die Möglichkeit haben, einen feststellenden Bescheid zum Vorliegen einer nicht durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigten Überschreitung der Richtgröße um [X.] zu erlassen. Daraus folgt aber nicht, dass Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung unterhalb der Schwelle des Regresses überhaupt keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen.

b) Dass die zweijährige Ausschlussfrist nicht für die Festsetzung einer Beratung, sondern allein für die Festsetzung eines Regresses galt, der wegen der Überschreitung des [X.] nach § 84 Abs 6 und 8 [X.] aF festgesetzt wird, folgt nach Auffassung des [X.]s eindeutig aus Wortlaut und Systematik der gesetzlichen Regelung.

[X.]) § 106 Abs 2 Satz 7 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2) hat folgenden Wortlaut: "[X.]en nach Satz 1 [X.]. 1 sollen in der Regel für nicht mehr als 5 vom Hundert der Ärzte einer Fachgruppe durchgeführt werden; die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden [X.] nach Absatz 5a muss innerhalb von zwei Jahren nach Ende des geprüften [X.] erfolgen." Während sich der erste Halbsatz allgemein auf [X.]en nach § 106 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 [X.] aF bezieht, gilt die im Halbsatz 2 getroffene Regelung zur Ausschlussfrist allein für "die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden [X.] nach Absatz 5a". Der in Bezug genommene § 106 Abs 5a [X.] aF unterscheidet zwischen der Verpflichtung des Arztes, den Krankenkassen den sich aus der Überschreitung des [X.] um [X.] ergebenden Mehraufwand zu erstatten (Satz 3) und der Beratung, die eine Überschreitung des [X.] um lediglich [X.] voraussetzt (Satz 1). Mit der Wendung "Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden [X.] nach Absatz 5a" stellt § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) eindeutig den Bezug zu dem in Abs 5a Satz 3 geregelten Regress wegen Überschreitung des [X.] um [X.] her. Anders als bei diesem Regress kommt es bei der Beratung, die als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung eine eigenständige Regelung in § 106 Abs 1a [X.] aF erfahren hat, gerade nicht zur Festsetzung eines vom Arzt zu erstattenden Mehraufwandes (Regress). Daher kann die in § 106 Abs 2 Satz 7 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2) für den Regress getroffene Regelung zur Geltung einer zweijährigen Ausschlussfrist auch nicht auf die Festsetzung einer Beratung bezogen werden.

bb) Dem erkennbaren Sinn und Zweck der in § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) getroffenen Regelung lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass der Anwendungsbereich der Ausschlussfrist von zwei Jahren auch auf die Festsetzung einer Beratung zu erstrecken wäre. Sowohl die allgemeine Ausschlussfrist von vier Jahren als auch die in § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) geregelte Ausschlussfrist von zwei Jahren dienen dem Ziel, ein mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl Rd[X.] 18) nicht zu vereinbarendes "ewiges Prüfverfahren" zu verhindern. Daraus folgt zwar, dass auch für die Festsetzung einer Beratung Ausschlussfristen gelten müssen, nicht aber dass es sich gerade um eine Frist von zwei Jahren handeln muss. Bezogen auf die Frage, welche Ausschlussfristen für welche Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gelten sollen, kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (s unten Rd[X.]8). Unter diesen Umständen gibt es auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke (zu dieser und den weiteren Voraussetzungen einer Analogiebildung vgl [X.] vom 30.1.2020 - B 2 U 19/18 R - [X.], 25 = [X.] 4-1300 § 105 [X.], Rd[X.]9 f; [X.] vom 15.12.2020 - B 2 U 14/19 R - [X.], 138 = [X.] 4-7912 § 55 [X.], Rd[X.] 15), die durch eine analoge Anwendung der für den Richtgrößenregress geltenden zweijährigen Ausschlussfrist auf die Festsetzung einer Beratung geschlossen werden müsste.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin und der zu 1. beigeladenen [X.] wird die in erster Linie an Wortlaut und Systematik orientierte Auslegung des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) auch durch die [X.] nicht in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die [X.] nicht dazu verleiten dürfen, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen. Erkenntnisse zum Willen des Gesetzgebers können sich nicht gegenüber widerstreitenden gewichtigen Befunden durchsetzen, die aus der Anwendung der anderen [X.] gewonnen werden (BVerwG Urteil vom 21.2.2013 - 5 C 9/12 - BVerwGE 146, 89, juris Rd[X.] 16). Bei der Auslegung von Normen dürfen die Gesetzesmaterialien nur unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen "objektiven" Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben ([X.]; vgl zB [X.] vom 14.7.2021 - [X.] [X.] 15/20 R - BSGE = [X.] 4-5520 § 32 [X.] Rd[X.]6; [X.] Urteil vom 16.2.1983 - 2 [X.] [X.] - [X.]E 62, 1, 45, juris Rd[X.]4; [X.] Urteil vom [X.] - 2 [X.] - [X.]E 119, 96, 179, juris Rd[X.]19 mwN; BVerwG Urteil vom 21.2.2013 - 5 C 9/12 - BVerwGE 146, 89 Rd[X.] 16; [X.] Urteil vom [X.] - VI R 18/17 - [X.]E 264, 6 Rd[X.]5, jeweils mwN). Bereits daran fehlt es hier bezogen auf die Anwendung des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) auf Maßnahmen der Beratung (vgl oben [X.], Rd[X.]2).

Vorliegend kommt hinzu, dass den [X.] keine von Gesetzeswortlaut und Systematik abweichende eindeutige Aussage des Inhalts entnommen werden kann, dass die Ausschlussfrist von zwei Jahren auch auf die Festsetzung einer Beratung zu erstrecken sei. Sie sind deshalb für die Auslegung wenig ergiebig. Das [X.] hat sich mit seiner Auffassung, nach der die zweijährige Ausschlussfrist des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) auch auf Beratungen zu beziehen sei, auf eine Passage in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung (BT-Drucks 16/3100, [X.]) gestützt, in der [X.] ausgeführt wird, dass "Zeiträume von mehr als zwei Jahren zwischen dem geprüften Verordnungszeitraum und dem Abschluss der Prüfung […] für die Betroffenen unzumutbar" seien. Diese Textpassage, die nicht zwischen unterschiedlichen Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung und auch nicht zwischen Regress und Beratung differenziert, bezieht sich zwar ersichtlich auf die im Gesetzentwurf unter Art 1 [X.] Buchst b Doppelbuchst cc vorgesehene Regelung zur Reduzierung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre (§ 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF; in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2). Allerdings muss sie im Zusammenhang betrachtet werden. Da sich § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2) zweifellos allein auf die Richtgrößenprüfung, nicht aber auf alle anderen Formen der Wirtschaftlichkeitsprüfung bezog, kann auch unter Berücksichtigung der wenig differenzierten Formulierung aus der Gesetzesbegründung nicht angenommen werden, dass Zeiträume von mehr als zwei Jahren zwischen dem geprüften Verordnungszeitraum und dem Abschluss der Prüfung aus Sicht des Gesetzgebers generell als unzumutbar anzusehen sind. Zudem ist der vorangegangene Absatz der Gesetzesbegründung, der sich auf die Begrenzung der Zahl der zu prüfenden Ärzte (in der Regel nicht mehr als 5 vH der Ärzte einer Fachgruppe, § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 1 [X.] aF, in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1) bezieht, geeignet, Zweifel daran zu begründen, dass die Festsetzung einer Beratung als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Formulierung der Gesetzesbegründung zu § 106 Abs 2 Satz 7 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2) überhaupt in den Blick genommen wurde (BT-Drucks 16/3100, [X.]). Dort heißt es: "Nach den Vorschriften des § 106 Abs. 5a in Verbindung mit § 84 Abs. 6 Satz 4 löst eine Überschreitung des [X.] um mehr als 25 Prozent einen Regress aus, soweit diese nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Durch die Neuregelung soll erreicht werden, dass die Prüfgremien die Zahl entsprechender Prüfverfahren in der Regel auf 5 Prozent der betroffenen Ärzte der jeweiligen Arztgruppe beschränken soll." Diese Ausführungen legen nahe, dass die Formulierung in der Gesetzesbegründung zu § 106 Abs 2 Satz 7 [X.] aF (in der Satzzählung nach juris Abs 2 Satz 2) insgesamt auf den Regress wegen Überschreitung des [X.] bezogen werden müssen. Vor diesem Hintergrund kann der [X.] der nachfolgenden Formulierung, nach der mehr als zwei Jahre zwischen dem geprüften [X.] und dem Abschluss der Prüfung für die Betroffenen unzumutbar sein sollen, nicht entnehmen, dass dies nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auch für die - in § 106 Abs 1a [X.] aF eigenständig geregelte - Beratung gelten müsse.

dd) Im Übrigen spricht auch die weitere Gesetzesentwicklung gegen eine unmittelbare oder analoge Anwendung der für den Richtgrößenregress getroffenen Regelung zur Ausschlussfrist auf die Festsetzung einer Beratung.

Nach § 106 Abs 3 Satz 3 [X.] in der seit dem [X.] geltenden Fassung des TSVG vom [X.] ([X.] 646) gilt nunmehr eine Ausschlussfrist von zwei Jahren nicht allein für den Richtgrößenregress, sondern generell für die "Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung". Dabei ist es bezogen auf die von Amts wegen durchzuführenden Prüfungen auch nach den Änderungen durch das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz ([X.]) vom 11.7.2021 ([X.] 2754) geblieben. Lediglich die Antragsfrist des § 106 Abs 3 Satz 4 [X.] idF des [X.] bezieht sich nicht allein auf die "Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung", sondern allgemein auf "[X.]", die aufgrund eines Antrags erfolgen. Damit gibt es weiterhin keine Hinweise dafür, dass die auf zwei Jahre verkürzte Ausschlussfrist auf die Festsetzung einer Beratung zu erstrecken wäre. Die neu in das Gesetz aufgenommene Wendung "Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung" kann vielmehr als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Festsetzung einer Beratung weiterhin nicht von der zweijährigen Ausschlussfrist erfasst wird. Dass bei Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot auch andere Maßnahmen als die Festsetzung einer Nachforderung oder Kürzung in Betracht kommen, folgt deutlich aus dem bereits mit dem [X.] mWv 1.1.2017 eingeführten § 106 Abs 3 Satz 2 [X.]. Danach "kann" eine Maßnahme "insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung" sein. Wenn dennoch im unmittelbar folgenden Satz 3 der Vorschrift (in der seit dem [X.] geltenden Fassung des TSVG) die Ausschlussfrist von zwei Jahren bzw - seit den Änderungen durch das [X.] - für antragsabhängige Maßnahmen von 12 Monaten nach Ablauf der Antragsfrist ausdrücklich auf "Nachforderungen und Kürzungen" bezogen wird, dann können die genannten Ausschlussfristen nicht für andere als die konkret bezeichneten Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gelten.

c) Entgegen der Auffassung des [X.] verstößt die vierjährige Ausschlussfrist für die Beratung auch nicht gegen das Gebot der Rechtssicherheit aus Art 20 Abs 3 GG. Aus diesem Gebot folgt zwar in Übereinstimmung mit dem [X.] (vgl [X.] [X.], juris Rd[X.]5), dass Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, zu denen auch die Festsetzung der Beratung gehört, nicht zeitlich unbegrenzt festgesetzt werden dürfen, weil es für den Vertragsarzt unzumutbar ist, über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zu wissen, ob sein Behandlungs- bzw Verordnungsverhalten Gegenstand von Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist (vgl [X.] vom [X.] - 14a/6 [X.] 37/91 - [X.], 271, 275 ff = [X.] 3-2500 § 106 [X.] S 109 ff, juris Rd[X.]3 ff; [X.] vom 5.5.2010 - [X.] [X.] 5/09 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]8 Rd[X.]8 f; [X.] vom 28.10.2015 - [X.] [X.] 45/14 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]6; vgl oben Rd[X.] 18 f). Das bedeutet indes nicht, dass für die Beratung aus verfassungsrechtlichen Gründen stets die gleiche Ausschlussfrist wie für den - in die Rechte des Betroffenen typischerweise intensiver eingreifenden - Regress gelten müsste. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Vorgaben, die den Gesetzgeber daran hindern würden, die in der Rechtsprechung in Anlehnung an die sozialrechtlichen Regelungen zur Verjährung (vgl [X.] vom [X.] - 14a/6 [X.] 37/91 - [X.], 271, 277 = [X.] 3-2500 § 106 [X.] S 111 f, juris Rd[X.]0) bemessene Ausschlussfrist für bestimmte Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung abweichend festzulegen. Dabei kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Daher teilt der erkennende [X.] nicht die Auffassung des [X.] (vgl [X.] [X.], juris Rd[X.]6), nach der die Ausschlussfrist für den Regress bei Beachtung des Gebots der Rechtssicherheit nicht anders bemessen werden dürfte, als für die Festsetzung einer Beratung (zur Rechtmäßigkeit der bloßen Feststellung einer nicht durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigten Überschreitung des [X.] um [X.] nach Ablauf der für den Richtgrößenregress geltenden zweijährigen Ausschlussfrist vgl bereits [X.] vom 22.10.2014 - [X.] [X.] 3/14 R - [X.], 149 = [X.] 4-2500 § 106 [X.], [X.]).

Von dem ihm zukommenden Spielraum hat der Gesetzgeber bezogen auf den hier maßgebenden [X.] des Jahres 2011 in der Weise Gebrauch gemacht, dass er die nach [X.] beim Fehlen abweichender Regelungen geltende vierjährige Ausschlussfrist speziell für die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden [X.] wegen Überschreitung der [X.] nach § 84 Abs 6 und 8 [X.] aF auf zwei Jahre reduziert hat. Die getroffene Regelung galt dem entsprechend nicht für andere Formen der Wirtschaftlichkeitsprüfung wie zB die Stichprobenprüfung (Zufälligkeitsprüfung) nach § 106 Abs 2 Satz 1 [X.] [X.] aF oder eine Prüfung nach Durchschnittswerten und - entgegen der von den Vorinstanzen bestätigten Auffassung der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. - auch nicht für die Festsetzung einer Beratung als Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung.

4. Die hiernach maßgebliche Frist von vier Jahren ist gewahrt. Sie begann mit dem Ende des [X.]s, hier also des Jahres 2011 (vgl [X.] vom 18.8.2010 - [X.] [X.] 14/09 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]9 Rd[X.]9 ff, 34). Zur Fristwahrung genügte die Bekanntgabe des Bescheids der Prüfungsstelle (vgl [X.] vom 11.5.2011 - [X.] [X.] 5/11 B - juris Rd[X.]; [X.] vom 13.8.2014 - [X.] [X.] 41/13 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.] Rd[X.]9; zuletzt [X.] vom 13.5.2020 - [X.] [X.] 25/19 R - [X.] 4-2500 § 106 [X.]3 Rd[X.] 56). Der hier maßgebende Bescheid der Prüfungsstelle vom 12.3.2015 ist der Klägerin jedenfalls noch im [X.] bekannt gegeben worden.

C. Steht die maßgebliche Ausschlussfrist der Festsetzung einer Beratung hiernach nicht entgegen, hängt die Rechtmäßigkeit der Beratung von der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des § 106 Abs 5a Satz 1 und 2 iVm Abs 1a [X.] aF ab. Ob diese erfüllt sind, kann der [X.] nicht abschließend beurteilen. Nach § 106 Abs 5a Satz 1 und 2 [X.] aF erfolgt eine Beratung nach § 106 Abs 1a [X.] aF, wenn das Verordnungsvolumen eines Arztes in einem Kalenderjahr das Richtgrößenvolumen um [X.] übersteigt und aufgrund der vorliegenden Daten die Prüfungsstelle nicht davon ausgeht, dass die Überschreitung in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die nach § 84 Abs 6 [X.] aF zur Bestimmung der Richtgrößen verwendeten Maßstäbe können zur Feststellung von Praxisbesonderheiten nicht erneut herangezogen werden. Gemäß § 106 Abs 1a [X.] aF bezieht sich die Beratung auf Wirtschaftlichkeit und Q[X.]lität der Versorgung. Sie erfolgt anhand von Übersichten über die vom Arzt im [X.] verordneten oder veranlassten Leistungen. Feststellungen hierzu hat das [X.] nicht getroffen; diese wird es im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.

D. Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden und dabei zu berücksichtigen haben, dass die Prüfungsstelle die aus § 24 Abs 1 [X.] X folgende Verpflichtung zur Anhörung der Klägerin vor Erlass des belastenden Bescheides vom 12.3.2015 verletzt hat (vgl [X.] vom 24.10.2018 - [X.] [X.] 34/17 R - [X.], 33 = [X.] 4-2500 § 106d [X.], Rd[X.]7; [X.] vom 13.2.2019 - [X.] [X.] 56/17 R - [X.] 4-5531 [X.]0790 [X.] 1 Rd[X.]9; [X.] vom 14.7.2021 - [X.] [X.] 12/20 R - [X.] 4-2500 § 101 [X.]2 Rd[X.] 56).

[X.] Rademacker

Meta

B 6 KA 6/21 R

06.04.2022

Bundessozialgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Stuttgart, 27. Juni 2018, Az: S 5 KA 2007/16, Urteil

§ 106 Abs 1a SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 2 S 7 Halbs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 3 S 2 SGB 5 vom 16.07.2015, § 106 Abs 3 S 3 SGB 5 vom 06.05.2019, § 106 Abs 5a S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 5a S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 84 Abs 6 S 4 SGB 5 vom 19.12.2001, § 84 Abs 8 S 1 SGB 5 vom 26.04.2006, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 06.04.2022, Az. B 6 KA 6/21 R (REWIS RS 2022, 2714)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2714

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2 BvF 1/04

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