Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. V ZB 85/06

V. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5576

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[X.]BESCHLUSS [X.]/06 vom 25. Januar 2007 in dem Kostenfestsetzungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 91 Abs. 2 Satz 1, 104 Die bei der Anwendung von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO gebotene typisieren-de Betrachtungsweise führt dazu, dass die Notwendigkeit einer zweckentsprechen-den Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen ist, wenn eine rechtsun-kundige [X.] einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit der Vertretung in einem Prozess beauftragt, der vor einem auswärtigen Gericht geführt wird. [X.], [X.]. v. 25. Januar 2007 - [X.]/06 - [X.]AG [X.]

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 25. Januar 2007 durch [X.] [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] Czub und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel der Kläger werden der [X.]uss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 29. Dezember 2005 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amts-gerichts [X.] vom 4. August 2005 dahin abgeändert, dass die den Klägern von der Beklagten aufgrund des Urteils des [X.] vom 22. Juni 2005 zu erstattenden Kosten auf ins-gesamt 994,92 • nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem [X.] seit dem 30. Juni 2005 festgesetzt werden. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 290,06 •. Gründe: [X.] Durch [X.] hatte sich die Beklagte verpflichtet, nach [X.] von 7.669,38 • die Eigentumsumschreibung eines Grundstücks auf die Kläger zu veranlassen. Die Kläger erfüllten den Zahlungsanspruch. Die [X.] kam ihrer Verpflichtung erst nach Mahnungen nach. Da die Beklagte die bei-1 - 3 - gefügte Kostenrechnung des Anwalts der Kläger nicht ausglich, klagten die Klä-ger auf Zahlung der von ihnen verauslagten Kosten, hatten damit im ersten Rechtszug aber nur teilweise Erfolg. Im [X.] vor dem [X.] ließen sie sich durch einen an ihrem Wohnort (B. ) ansässigen Anwalt vertreten. Die Berufung war erfolgreich. Die Kosten des Verfahrens [X.] der Beklagten auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren sind Fahrtkosten und Abwesenheitsgel-der in Höhe von insgesamt 290,06 • nicht als erstattungsfähig anerkannt [X.]. Erinnerung und sofortige Beschwerde sind erfolglos geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihren Festsetzungsantrag weiter, soweit ihm nicht entsprochen worden ist. Die [X.] beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 2 I[X.] Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die Beauftragung des in [X.]ansässigen Prozessbevollmächtigten mit der Prozessvertretung vor dem [X.] Gera sei nicht notwendig gewesen, weil es im [X.] für die Kläger erkennbar [X.] nur noch um Rechtsfragen gegangen sei. Bei dieser Sachlage hätte sich ein bei dem Prozessgericht ansässiger Rechtsanwalt allein anhand der Verfahrensakten in den Fall einarbeiten [X.]. 3 II[X.] 1. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. 4 - 4 - a) Der angefochtene [X.]uss unterliegt der Aufhebung. Die Erstat-tungsfähigkeit der in Streit befindlichen Kosten hängt davon ab, ob es für die Kläger notwendig war, in zweiter Instanz einen Rechtsanwalt mit der Prozess-vertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des [X.] ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des [X.] ist diese Frage zu bejahen. 5 Es entspricht der Rechtsprechung des [X.], dass es sich im Allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsver-folgung oder Rechtsverteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen [X.] klagende oder beklagte [X.] einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragt ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 2003, [X.], NJW-RR 2004, 856; [X.]. v. 6. Mai 2004, [X.], NJW-RR 2004, 1500 m.w.[X.]). Die Erstattungsfähigkeit ist lediglich zu verneinen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts zwei-felsfrei feststeht, dass ein [X.] für die Prozessführung nicht erforderlich ist (vgl. [X.], [X.]. v. 18. Dezember 2003, aaO). Davon, dass diese Grundsätze gleichermaßen für die erste wie für die zweite Instanz gelten ([X.], [X.]. v. 6. Mai 2004, aaO), geht das Beschwerdegericht zutreffend aus, meint aber zu Unrecht, die Notwendigkeit der Einschaltung eines nicht am Ort des [X.] ansässigen Anwalts sei schon dann zu verneinen, wenn nur noch um Rechtsfragen gestritten werde und dies für die [X.] er-kennbar sei. 6 Das Beschwerdegericht übersieht, dass bei der Prüfung, ob eine Rechts-verfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, eine typisierende Betrachtungsweise gebo-ten ist ([X.], [X.]. v. 12. Dezember 2002, [X.], NJW 2003, 901, 902; 7 - 5 - [X.]. v. 13. September 2005, [X.], NJW-RR 2005, 1662). Bei dem Kostenfestsetzungsverfahren handelt es sich um ein Massenverfahren, das [X.] zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf. Der Gerechtig-keitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzel-fall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachtei-len, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaß-nahme zu erstatten sind ([X.], [X.]. v. 13. September 2005, aaO, m.w.[X.]). Vor diesem Hintergrund hat der [X.] die Notwendigkeit der Be-auftragung eines am Wohn- oder Geschäftssitz einer [X.] ansässigen Anwalts grundsätzlich verneint, wenn es sich bei der [X.] um einen als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalter ([X.], [X.]. v. 13. Juni 2006, [X.], [X.], 524 m.w.[X.]), einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen ([X.], [X.]. v. 18. Dezember 2003, [X.], NJW-RR 2004, 856), einen Verbraucherverband ([X.], [X.]. v. 21. September 2005, [X.], [X.], 301, 303) oder um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. [X.], [X.]. v. 10. April 2003 - [X.], NJW 2003, 2027 f.; [X.]. v. 18. Dezember 2003, aaO). In all diesen Konstellationen ist bei typisierender Betrachtung davon [X.], dass die [X.] in der Regel auch ohne ein persönliches Gespräch für eine sachgerechte Unterrichtung ihres Prozessbevollmächtigten Sorge tragen kann. Das lässt sich für rechtsunkundige [X.]en indessen nicht sagen. Das gilt umso mehr, als die Trennlinie zwischen Tatsachenvortrag und Rechtsauf-fassungen, wobei Letztere wiederum einen Tatsachenkern enthalten können, nur unter Berücksichtigung des wechselseitigen [X.]vorbringens im Einzelfall gezogen werden kann und sich das Erfordernis weiteren tatsächlichen Vorbrin-gens zudem auch unter einem neuen rechtlichen Gesichtspunkt ergeben kann, der bislang nicht bedacht worden ist. Mit solchen Erwägungen ist eine nicht - 6 - häufig mit Rechtsfragen befasste [X.] aber regelmäßig überfordert. Vor [X.] Hintergrund verbietet sich eine Gleichstellung mit den bislang von dem [X.] anerkannten Ausnahmekonstellationen. Ob eine andere Be-urteilung angezeigt ist, wenn das fehlende Erfordernis eines persönlichen Man-dantengesprächs auch einer rechtsunkundigen [X.] gleichsam ins Auge springen muss, braucht nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. b) Nach allem kann der angefochten [X.]uss keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie entscheidungsreif ist im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Da die Notwendigkeit der Einschaltung des [X.]Anwalts bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise 8 - 7 - nicht zu verneinen ist, sind auch die geltend gemachten Fahrtkosten und [X.] festzusetzen. Das führt zu dem tenorierten Betrag. 2. [X.] beruht auf § 91 ZPO. 9 [X.][X.] Stresemann Czub Roth Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 13.01.2005 - 2 C 553/04 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 5 T 551/05 -

Meta

V ZB 85/06

25.01.2007

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. V ZB 85/06 (REWIS RS 2007, 5576)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5576

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