Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2007, Az. I ZB 42/06

I. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5635

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[X.] vom 23. Januar 2007 in der [X.] Berichtigung des Leitsatzes Das Stichwort des Leitsatzes zum [X.]uss vom 23. Januar 2007 - [X.]/06 - wird dahingehend berichtigt, dass es richtig "Auswärtiger [X.]" (nicht "Auswärtiger Rechtsanwalt V") lautet. [X.] Geschäftsstelle des [X.], den 22. August 2007 Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Auswärtiger Rechtsanwalt V ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Beauftragt ein Unternehmen zur Führung eines Prozesses bei einem auswärti-gen Gericht einen Rechtsanwalt an dem Ort, an dem sich zwar nicht der Sitz des Unternehmens befindet, an dem die Sache aber nach der [X.] vorprozessual bearbeitet worden ist, sind die Reisekosten dieses Anwalts nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie im Falle der Be-auftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts. [X.], [X.]. v. 23. Januar 2007 - [X.]/06 - [X.] - Der [X.] Zivilsenat des [X.]s hat am 23. Januar 2007 durch [X.] [X.] und [X.] Büscher, Dr. Schaffert, [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der [X.]uss des 17. Zivilsenats des [X.] vom 24. Mai 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zu-rückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 218,76 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Klägerin ist eine international tätige Versicherungsgesellschaft. Ihre Niederlassung für [X.] befindet sich in [X.]. Sie hat das beklagte Transportunternehmen wegen eines Transportschadens aus übergegangenem 1 - 3 - und abgetretenem Recht vor dem [X.] auf Schadensersatz in [X.] genommen, wobei sie sich von einem [X.] Rechtsanwalt hat ver-treten lassen. 2 Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin u.a. die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten von [X.] nach [X.] in Höhe von 252,70 • sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 168 • zur Kostenausgleichung angemeldet. Sie hat hierzu ausgeführt, die Angelegenheit sei von ihrer in [X.] ansässigen Zweigstelle bearbeitet worden. Das [X.] hat nur diejenigen Reisekosten nebst Tage- und [X.] für erstattungsfähig erachtet, die der Klägerin im Falle der Beauf-tragung eines in [X.] ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. Es hat hierfür 108,18 • in Ansatz gebracht und daher bei der Kostenausgleichung unter Berücksichtigung der Kostengrundentscheidung, nach der die Beklagte 70% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, einen Betrag von 75,73 • zu-gunsten der Klägerin in Ansatz gebracht. 3 Die von der Klägerin hiergegen erhobene, auf Berücksichtigung des [X.] gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (OLG [X.], [X.]. v. 24.5.2006 - 17 W 77/06, in juris dokumentiert). 4 Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Kostenfestsetzungsbegehren weiter. 5 Die Beklagte hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert. 6 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig. In der Sache führt sie 7 - 4 - zur Aufhebung des angefochtenen [X.]usses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. 8 1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: 9 Zutreffend sei das [X.] davon ausgegangen, dass lediglich die Kosten eines Prozessbevollmächtigten am Geschäftssitz der Klägerin erstat-tungsfähig seien. Der Geschäftssitz der [X.] sei nach rein objektiven Maßstä-ben und im Einklang mit den Vorschriften über den Gerichtsstand zu ermitteln; er befinde sich bei der Klägerin unstreitig in [X.]. Der Umstand, dass die Klägerin Regressansprüche nach ihrem Vortrag nicht dort, sondern in ihrer Re-gressabteilung in [X.] bearbeite, müsse unberücksichtigt bleiben, da sonst für den Gegner die von ihm im Falle seines Unterliegens zu erstattenden Kos-ten völlig unkalkulierbar wären. Zwar komme es in Bezug auf das Vorhanden-sein einer Rechtsabteilung und die Bearbeitung der [X.] durch diese auf die tatsächliche Organisationsstruktur und -handhabung und nicht darauf an, was nach Ansicht des Gerichts zweckmäßig sei. Hieraus folge aber lediglich, dass ein Unternehmen nicht darauf verwiesen werden dürfe, es hätte eine Rechtsabteilung unterhalten oder die betreffende Angelegenheit durch die vorhandene Rechtsabteilung bearbeiten lassen müssen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie [X.] ständig [X.] Prozessbevollmächtigte mit ihrer Vertretung. Eine [X.], die an ihrem allgemeinen Gerichtsstand klage oder verklagt werde, sei unter [X.] gehalten, einen örtlichen Rechtsanwalt zum [X.] zu bestellen. Die durch die Beauftragung eines auswärtigen [X.] entstandenen Mehrkosten seien auch dann nicht erstattungsfähig, wenn es sich bei diesem Anwalt um den Vertrauensanwalt der [X.] handele, der für 10 - 5 - sie in derselben Angelegenheit schon vorprozessual tätig gewesen sei und mit dem sie auch sonst ständig zusammenarbeite. 11 2. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Reisekosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld des von der Klägerin be-auftragten auswärtigen Rechtsanwalts zu Unrecht nur in dem Umfang für er-stattungsfähig erachtet, in dem diese Kosten bei Beauftragung eines am Sitz der Klägerin in [X.] ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. a) Das Beschwerdegericht hat bei seinen Erwägungen allerdings zutref-fend vorausgesetzt, dass bei einem Unternehmen, das - wie die Klägerin - über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, die Beauftragung eines an seinem Sitz ansässigen Rechtsanwalts mit der Führung eines Rechtsstreits bei einem aus-wärtigen Gericht nur dann nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist, wenn bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung feststeht, dass dafür kein eingehendes [X.] erforderlich sein wird (vgl. [X.], [X.]. v. 2.12.2004 - [X.], [X.], 271 = [X.], 224 - [X.]; [X.]. v. [X.] - [X.], NJW-RR 2005, 922 f. = [X.], 753 - Zweigniederlassung; [X.]. v. 13.6.2006 - [X.], [X.], 1416 [X.], jeweils m.w.[X.]). 12 b) Im Grundsatz ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwer-degerichts, dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine [X.] vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der [X.] ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der [X.] ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. [X.], [X.]. v. 18.12.2003 - [X.], NJW-RR 2004, 855, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; [X.]. v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, [X.], 858 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 17; [X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Reisekosten des Anwalts", m.w.[X.]). 14 c) Eine von dem vorstehend unter b) wiedergegebenen Grundsatz ab-weichende Beurteilung ist jedoch dann geboten, wenn es sich - wie im [X.] - um eine Sache handelt, deren vorangegangene unternehmensinterne [X.] an einem Ort erfolgt ist, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. In einem solchen Fall sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines an die-sem Ort ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben [X.] zu erstatten wie sonst im Falle der Beauftragung eines am Sitz des [X.] ansässigen Rechtsanwalts. [X.]) Im Rahmen des [X.] kommt es auf die [X.] eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. [X.] braucht sich ein Unternehmen, das über keine Rechtsabteilung ver-fügt, nicht so behandeln zu lassen, als ob es eine eigene Rechtsabteilung hätte ([X.], [X.]. v. 11.11.2003 - [X.], NJW-RR 2004, 430, 431; [X.] [X.], 271 - [X.], m.w.[X.]; [X.], [X.]. v. 28.6.2006 - [X.], [X.], 3008 [X.] 11 m.w.[X.]). Ebenso wenig kann es danach aber auch darauf ankommen, ob sich der Sitz des Unternehmens oder immerhin eine Zweigniederlassung an dem Ort befindet, an dem die [X.] zunächst unternehmensintern bearbeitet worden ist und, sofern im [X.] die Einschaltung eines Anwalts und die Anrufung des Gerichts notwendig wird, dann der Bedarf für ein [X.] entsteht. 15 bb) Nicht zu überzeugen vermag die vom Beschwerdegericht zur Be-gründung seiner Auffassung angestellte Überlegung, die vorgenommene [X.] - 7 - grenzung der Kostenerstattung sei notwendig, weil sich der Prozessgegner an-sonsten im Falle seines Unterliegens unkalkulierbaren Kostenerstattungsan-sprüchen gegenübersähe. Das Gesetz schützt die [X.]en auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine [X.] seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht. Die - im Streitfall nicht in Rede stehende - Gefahr von Manipulationen kann vernachlässigt werden, da sich der Ort, an dem die Sache unternehmensintern bearbeitet worden ist, regelmäßig anhand der vorprozessual geführten Korrespondenz feststellen lassen wird. - 8 - II[X.] Der angefochtene [X.]uss ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderli-chen Feststellungen trifft. 17 [X.]Büscher Schaffert

Bergmann [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 31.01.2006 - 83 O 21/05 - OLG [X.], Entscheidung vom 24.05.2006 - 17 W 77/06 -

Meta

I ZB 42/06

23.01.2007

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2007, Az. I ZB 42/06 (REWIS RS 2007, 5635)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5635

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