Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2008, Az. XII ZB 214/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4455

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/04 vom 16. April 2008 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Die durch die [X.] anfallenden Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftssitz der [X.] ansässigen Prozessbevollmächtigten sind regelmäßig nach § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO als zur [X.] Rechtsverfolgung notwendig anzusehen und damit erstattungsfähig. Dieser Grundsatz gilt selbst dann, wenn der sachbearbeitende Rechtsanwalt einer überörtlichen Anwaltssozietät angehört, die auch am Sitz des Prozessge-richts mit dort postulationsfähigen Rechtsanwälten vertreten ist. [X.], Beschluss vom 16. April 2008 - [X.]/04 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 19. Zivilsenats - [X.] - des Kammerge-richts in [X.] vom 5. August 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] in [X.] zurückverwiesen. [X.]: bis 600 • Gründe: [X.] Die in [X.] wohnende Klägerin nahm den Beklagten vor dem Amtsge-richt - Familiengericht - Tempelhof-Kreuzberg und dem [X.] auf [X.] von Ehegattenunterhalt in Anspruch. Das Verfahren endete in zweiter In-stanz mit einem Urteil, das die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 44 % und dem Beklagten zu 56 % auferlegte. Mit ihrer rechtlichen Vertretung hatte die Klägerin in beiden Instanzen eine überörtliche Anwaltssozietät mit Kanzleien u.a. in [X.] und [X.] beauftragt. Sachbearbeiter war ein dem [X.]er Büro 1 - 3 - der Sozietät zugehöriger Rechtsanwalt; die in [X.] residierenden [X.] wa-ren sämtlich bei dem Landgericht [X.] und dem [X.] zugelassen. 2 Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin u.a. Kosten in Höhe von 995,89 • geltend gemacht, die durch die Anreise ihres [X.]er [X.] zu zwei Verhandlungsterminen bei dem Amtsgericht - Familien-gericht - und einem Termin bei dem [X.] entstanden seien (Reise-kosten und Abwesenheitsgeld). Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat diese Kosten, soweit sie nicht im einstweiligen Anordnungsverfahren angefallen sind, berücksichtigt und den der Klägerin insgesamt zu erstattenden Betrag auf 967,75 • [X.] Zinsen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten hat das [X.] eine Einbeziehung der Reisekosten in den Kostenaus-gleich abgelehnt und den Kostenfestsetzungsbeschluss dahin abgeändert, dass der Klägerin insgesamt nur 461,46 • zu erstatten sind. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Klägerin die [X.] des Amtsgerichts. 3 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. 4 1. Das [X.] hat seine Entscheidung, die in NJW-RR 2005, 655 veröffentlicht ist, im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Interesse der Klägerin, einen an ihrem Wohnsitz ansässigen Anwalt mit ihrer Vertretung vor 5 - 4 - einem auswärtigen Gericht zu beauftragen, sei zwar grundsätzlich anzuerken-nen. Vorliegend seien aber die Kosten, die durch die Anreise des in [X.] nie-dergelassenen Prozessbevollmächtigten zu den Verhandlungsterminen in [X.] entstanden seien, nicht zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen und bei der Kostenfestsetzung deshalb nicht zu berück-sichtigen. Mit ihrer rechtlichen Vertretung habe die Klägerin nämlich nicht nur den nach außen auftretenden Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in [X.] beauftragt. Das Mandat sei vielmehr mit der gesamten Anwaltssozietät zustande gekom-men, weshalb auch die in [X.] niedergelassenen [X.] zur Wahrnehmung der Gerichtstermine befugt gewesen seien. Die Anreise des in [X.] ansässigen (sachbearbeitenden) Rechtsanwalts sei mithin nicht erforderlich gewesen. [X.] könne auf die speziellen Fachkenntnisse eines einzelnen Anwalts nicht [X.] werden. Eine überörtliche Sozietät leite ihre Leistungsfähigkeit gerade auch aus ihrer Größe her und hebe diese im öffentlichen Auftreten regelmäßig hervor. An welchem Ort die Sozietät mit welchen fachlichen Kompetenzen prä-sent sei, obliege zwar ihrer internen Entscheidung. Durch die [X.] könne aber dem Mandanten, der die Sozietät mit der Gesamtheit ihrer Fähigkeiten beauftragt habe, gebührenrechtlich kein Nachteil entstehen. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 6 2. Das Beschwerdegericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass es sich in der Regel um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechts-verfolgung oder -verteidigung i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte [X.] einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertre-tung beauftragt. Denn eine [X.], die ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in ihrer Nä-he aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn gegebenenfalls 7 - 5 - mit der Prozessvertretung zu beauftragen. Sie wird dies wegen der räumlichen Nähe und in der Annahme tun, dass zunächst ein persönliches mündliches Ge-spräch erforderlich ist. Diese Erwartung ist berechtigt, denn für eine sachgemä-ße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung ist der [X.] zunächst auf die Tatsacheninformation der [X.] angewiesen (st. Rspr., vgl. [X.] Beschlüsse vom 13. Dezember 2007 - [X.] 112/05 - [X.], 422; vom 3. März 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 922; vom 9. September 2004 - [X.] - NJW-RR 2004, 1724; vom 17. Februar 2004 - [X.] 37/03 - [X.]-Report 2004, 780; vom 18. Dezember 2003 - [X.] - NJW-RR 2004, 856; vom 11. November 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 430 f.; vom [X.]/02 - [X.]-Report 2004, 70, 71; vom 10. April 2003 - [X.] - NJW 2003, 2027; vom 18. Februar 2003 - [X.] 10/02 - [X.] 2003, 427; vom 11. Februar 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 1534; vom [X.] 2002 - [X.] - NJW 2003, 901, 902 und vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 900). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes [X.] für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird ([X.] Beschlüsse vom 18. Dezember 2003 - [X.] - NJW-RR 2004, 856 f. und vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 901). Dies kommt u.a. in Betracht, wenn die [X.] als gewerbliches Unternehmen über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt ([X.] Beschluss vom 10. April 2003 - [X.] - NJW 2003, 2027, 2028) bzw. mit Hilfe eines ihrer fach-kundigen Mitarbeiter einen am Ort des [X.] ansässigen Rechtsan-walt zwecks Klageerhebung sachgerecht informieren kann ([X.] Beschluss vom 13. Dezember 2007 - [X.] 112/05 - [X.], 422 f.) oder wenn bei ei-nem in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer 8 - 6 - Klage keine Einwendungen zu erheben ([X.] Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 901 und vom 14. September 2004 - [X.] 37/04 - NJW-RR 2005, 707, 708). Entsprechende Umstände sind hier nicht ersichtlich. 9 3. Entgegen der Ansicht des [X.] steht vorliegend der Berücksichtigung der Reisekosten des in [X.] ansässigen [X.] der Klägerin im Kostenfestsetzungsverfahren nicht entgegen, dass die Verhandlungstermine in [X.] auch ein am Ort des [X.] niederge-lassener Anwalt der [X.] überörtlichen Sozietät hätte wahrnehmen können. a) Ein Rechtsanwalt, der einer Anwaltssozietät angehört, nimmt ein ihm angetragenes Mandat zur Prozessführung in der Regel im Namen der Sozietät an; er will nicht nur sich persönlich, sondern auch die mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundenen Kollegen verpflichten (vgl. [X.] 124, 47, 49 = NJW 1994, 257; [X.] Urteil vom 19. Januar 1995 - [X.]/94 - NJW 1995, 1841). Da die Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät regelmäßig eine Gesell-schaft bürgerlichen Rechts bilden ([X.] Urteil vom 20. Juni 1996 - [X.] - NJW 1996, 2859), kommt der Anwaltsvertrag unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des I[X.] Zivilsenats zur Rechtsfähigkeit der [X.] (vgl. [X.] 146, 341, 343 ff.) mit der Sozietät als solcher zu-stande. Die der Sozietät angehörigen Rechtsanwälte haften dann grundsätzlich entsprechend § 128 Satz 1 HGB akzessorisch für die Erfüllung der aus dem Vertrag erwachsenden anwaltlichen Pflichten (vgl. [X.] 157, 361, 364; MünchKomm/[X.] BGB 4. Aufl. § 675 [X.]. 36). 10 Für die akzessorische Verpflichtung aller [X.] macht es dabei keinen Unterschied, ob es sich um eine örtliche oder um eine überörtliche [X.] - 7 - zietät i.S. von § 59 a BRAO handelt. Zum einen kann es für die Verpflichtung der rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht darauf ankommen, wo sich die einzelnen Gesellschafter örtlich niedergelassen haben; zum anderen will der Rechtsuchende in aller Regel gerade auch die Vorteile für sich in [X.] nehmen, die sich aus der gesamten Größe der Kanzlei und der überre-gionalen Zusammenarbeit von spezialisierten Sozietätsmitgliedern ergeben (vgl. [X.]/[X.] BRAO 6. Aufl. § 59 a [X.]. 12). Ist einer (überörtlichen) Anwaltssozietät das Mandat zur Führung eines Rechtsstreits erteilt, schulden grundsätzlich alle anwaltlichen Mitglieder der Sozietät die Erfüllung der An-waltspflichten (a.A. [X.] NJW-RR 1995, 376). Nur bei Vorliegen besonderer Umstände ist von der Begründung eines auf die [X.] einer be-stimmten Niederlassung beschränkten Mandats oder von einem Einzelmandat auszugehen (vgl. [X.] 124, 47, 49; 56, 355, 361). b) Es kann hier dahinstehen, ob mit der Verpflichtung aller [X.] einer überörtlichen Sozietät aus dem Anwaltsvertrag stets eine nach außen gerichtete Prozessvollmacht für jeden Sozius einhergeht (verneinend KG NJW 1994, 3111 f.). Es greift bereits zu kurz, die Erstattung der mit der [X.] des am Wohnsitz der Klägerin ansäs-sigen Prozessbevollmächtigten allein mit dem Hinweis auf das formale, mit den am Gerichtsort niedergelassenen [X.] bestehende Mandatsverhältnis abzu-lehnen (so aber mit dem Beschwerdegericht die wohl h.M., vgl. [X.], 152; [X.], 127 f.; [X.] 2007, 245; [X.] 2007, 56 f.; OLG Köln [X.] 2007, 66 f.; [X.] FamRZ 2002, 1129; [X.]/[X.] ZPO 26. Aufl. § 91 [X.]. 13 Stichwort: Reisekosten des Anwalts; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 28. Aufl. § 91 [X.]. 42 a; Musielak/[X.] ZPO 5. Aufl. § 91 [X.]. 19). Zwar hatten diese die Möglichkeit, die Verhandlungstermine in [X.] kostengünstiger wahrzu-nehmen. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur 12 - 8 - zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO waren, hat sich jedoch nicht nur an der formalen Verpflichtung der [X.] aus dem Anwaltsvertrag auszurichten. Es ist vielmehr auch zu berücksichtigen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige [X.] die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die [X.] ihr berech-tigtes Interesse verfolgen und die zur Wahrnehmung ihrer Belange erforderli-chen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. [X.] Beschlüsse vom 13. September 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 1662; vom 11. November 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 430 und vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 900). Mit Rücksicht darauf kann eine auswärtige [X.] nicht darauf verwiesen werden, ihre Vertretung im Termin zur Kostenersparnis einem am Sitz des Pro-zessgerichts ansässigen Anwalt der [X.] überörtlichen Sozietät zu überlassen. 13 aa) Der [X.] hat bereits im Zusammenhang mit der grund-sätzlichen Anerkennung der Erstattungsfähigkeit von Terminsreisekosten des am Wohn- oder Geschäftssitz der [X.] niedergelassenen Rechtsanwalts be-tont, dass der Mandant ein Interesse daran hat, von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens auch vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten zu werden (vgl. [X.] Beschlüsse vom 11. März 2004 - [X.]/03 - FamRZ 2004, 939 f. und vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - NJW 2003, 898, 901). Denn bei der Ent-scheidung über die Kosten des am Gerichtsort nicht ansässigen [X.] muss dem Bedarf an persönlichem Kontakt und dem [X.] zwischen der [X.] und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung getragen werden, zumal einem Zivilprozess in vielen Fällen eine 14 - 9 - vorgerichtliche Auseinandersetzung vorausgeht (vgl. [X.] Beschluss vom 11. März 2004 - [X.]/03 - FamRZ 2004, 939 f.). Dieser Gesichtspunkt war ein entscheidender Grund für die Änderung des [X.] in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/4993, [X.], 53). Auch das [X.] hat im Streit um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, das auf [X.] im konkreten Fall oder auch auf langjähriger Beratung und erfolgrei-cher Zusammenarbeit gründen könne, als einen rechtlich anzuerkennenden Vorteil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt ([X.] 103, 1, 16). [X.]) Ein solches Vertrauensverhältnis bestand zwischen der Klägerin und den am Prozessgericht in [X.] niedergelassenen Rechtsanwälten der manda-tierten überörtlichen Sozietät nicht. 15 Wenn eine [X.] eine an ihrem Wohnsitz ansässige überörtliche Sozie-tät mit ihrer anwaltlichen Vertretung beauftragt, wird das Mandat regelmäßig ein am Wohnsitz der [X.] niedergelassener Sozius bearbeiten. Auch hier wird für die [X.] trotz der überregionalen Ausrichtung der Kanzlei die räumliche Nähe im Vordergrund stehen. Zwischen dem sachbearbeitenden Anwalt und der [X.] besteht infolge von persönlichen Beratungsgesprächen, der außergerichtli-chen bzw. gerichtlichen Wahrnehmung des Mandats und der damit verbunde-nen besonderen Akten- und Sachkenntnis des Anwalts ein besonderes [X.]. 16 Dieses Verhältnis ist mit demjenigen zu den am Sitz des [X.] niedergelassenen [X.] - mit denen ein formales Mandatsverhältnis, aber kein persönliches Vertrauensverhältnis besteht - nicht vergleichbar. Zwar will sich der Rechtsuchende mit der Mandatierung einer überörtlichen Sozietät gerade die Vorteile zu Nutze machen, die ihm eine solche Sozietät bietet. Ihm wird aber 17 - 10 - bekannt sein, dass innerhalb der Sozietät grundsätzlich nur einer der Anwälte allein oder zumindest federführend eine Sache bearbeitet. Ein Mandant wird darauf sogar Wert legen, weil er nicht alle Anwälte, sondern nur einen aufsu-chen und informieren will, den er persönlich kennt, der ihn vor Gericht vertritt und mit dem er seine Angelegenheiten besprechen kann. Auf das, was das [X.] zwischen Mandant und Anwalt begründet und festigt, will er bei der Beauftragung einer Sozietät gerade nicht verzichten. Vielmehr will er nur insofern besser stehen, als er die Gewissheit hat, dass hinter —seinemfi Anwalt die Sozietät mit ihren Vorteilen in Bezug auf Organisation und Arbeitsteilung steht. Der Mandant weiß, dass bei Verhinderung —seinesfi Anwalts stets für [X.] gesorgt ist. Wenn seine Sache von einem der [X.] bearbeitet wird, der noch über keine große Erfahrung verfügt, rechnet er vielfach damit, dass dieser erforderlichenfalls, insbesondere in Spezialfragen, bei den anderen [X.] einholen wird. Denn die gemeinsame Nutzung der Be-rufserfahrung und die Pflege des [X.] gehört zum Zweck der Sozietät ([X.] 56, 355, 360). Wenn aber unter den oben (Ziffer I[X.] 2) dargestellten Voraussetzungen das Interesse einer ihre Belange vernünftig und kostenbewusst wahrnehmen-den [X.] anzuerkennen ist, sich vor einem auswärtigen Gericht durch den an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz niedergelassenen Rechtsanwalt ihres Vertrau-ens vertreten zu lassen, darf es kostenrechtlich keinen Unterschied machen, ob dieser als Einzelanwalt tätig oder Mitglied einer überörtlichen, auch am Ort des [X.] ansässigen Sozietät ist. Die durch die [X.] anfallenden Reisekosten des am Wohn- und Geschäftsort der auswärtigen [X.] ansässigen Prozessbevollmächtigten sind vielmehr regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO anzusehen, selbst wenn - wie im vorliegenden Fall - der beauftragte Rechtsanwalt Mitglied einer überörtlichen Anwaltssozietät mit [X.] - 11 - nem Büro am Ort des [X.] ist, und deshalb auch die am Gerichtsort residierenden Sozietätsmitglieder die Erfüllung der anwaltlichen Pflichten schul-den (vgl. für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten nach Schließung des am Gerichtsort bestehenden Büros einer überörtlichen Anwaltssozietät [X.] Be-schluss vom 18. Mai 2006 - [X.]/05 - [X.]-Report 2006, 1067 f.). 19 cc) Eine andere Beurteilung ergibt sich vorliegend nicht etwa deshalb, weil ein Termin vor dem Amtsgericht tatsächlich von einem Anwalt des [X.]er Büros der von der Klägerin [X.] Sozietät wahrgenommen wurde. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist vielmehr eine typisierende Betrachtungs-weise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig diffe-renzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem [X.] zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall dar-über gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten [X.] oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht ([X.] Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - [X.] - NJW 2003, 901, 902 und vom 13. September 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 1622). 4. Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Wahrnehmung der Termine in [X.] entstandenen Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 599 ZPO). Der angefochtene 20 - 12 - Beschluss ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Hahne [X.] [X.] Wagenitz [X.]
Vorinstanzen: AG [X.] Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 10.05.2004 - 157 b F 14185/99 - KG [X.], Entscheidung vom 05.08.2004 - 19 WF 166/04 -

Meta

XII ZB 214/04

16.04.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2008, Az. XII ZB 214/04 (REWIS RS 2008, 4455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4455

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 44/04 (Bundesgerichtshof)


I-2 W 52/09 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


I ZB 36/02 (Bundesgerichtshof)


II ZB 23/16 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsvergütung: Notwendigkeit der Reisekosten eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts für die Verfolgung …


17 W 247/15 (Oberlandesgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.