Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2004, Az. VI ZR 189/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3592

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 20. April 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja

BGHR: ja

BGB § 823 Ha; [X.] §§ 2, 108; [X.] § 12 a) Ein [X.] ist nach § 108 Abs. 2 [X.] von Amts wegen auszusetzen, wenn entscheidungserheblich ist, ob der Geschädigte zu den nach § 2 [X.] versicherten Personen gehört. b) Zur Beteiligung am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren nach § 12 Abs. 2 [X.].
BGH, Urteil vom 20. April 2004 - [X.]/03 - OLG München

LG Traunstein - 2 - - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2004 durch die Vorsitzende [X.]in [X.], den [X.] [X.], die [X.]in [X.] und die [X.] [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 30. April 2003 aufgehoben. Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin verlangt von der [X.]n Ersatz für ihren immateriellen und materiellen Schaden aus einem Reitunfall vom 11. Juni 2001. Sie hatte auf Bitten der [X.]n eines von deren Pferden im Gelände geritten und ist [X.] gestürzt, wobei sie eine Luxationsfraktur des 3. und 4. [X.] erlitt. - 4 - Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist durch das angefochtene Urteil vom 30. April 2003 zurückgewiesen worden, weil eine Haf-tung der [X.]n nach § 104 [X.] ausgeschlossen sei. Mit Bescheid vom 23. September 2003 wies auch die [X.] Ansprüche der Klägerin zurück, weil kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Der dagegen ein-gelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der [X.] vom 1. Dezember 2003 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht erhoben. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihr Klagebegehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheidet eine Tierhalterhaftung nach §§ 833, 847 a.F. BGB aufgrund der Haftungsbefreiung nach § 104 [X.] aus. Die Klägerin sei für die [X.] wie eine Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.] tätig gewesen, da sie eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausge-übt habe. Die Handlungstendenz der Klägerin sei in erster Linie dahin [X.], den Zwecken der [X.]n zu dienen. Bei der von ihr für die [X.] am Unfalltag übernommenen Tätigkeit handele es sich um eine typische von der Halterin des Pferdes zu erfüllende Aufgabe. Eine solche werde auf dem [X.] auch von [X.] bzw. durch von Pferdehaltern beschäftigte Pferdepfleger mit entsprechendem Aufgabenbereich und Bereitern im Interesse der Halter der Tiere ausgeübt. Das Ausreiten könne deshalb nach den [X.] am Unfalltag nicht lediglich einer reitsportlichen Betätigung im Rahmen [X.] gegenseitigen reitsportlichen Gefälligkeit zugeordnet werden. Maßgebend sei das Interesse der [X.]n als Halterin eines Pferdes gewesen, diesem die notwendige Bewegung zu verschaffen. I[X.] Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 [X.] nicht beachtet hat. Nach dieser Vorschrift sind Gerichte außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bei Entscheidungen über die in den §§ 104 bis 107 [X.] genannten Ansprüche u.a. hinsichtlich der Frage, ob ein Versi-cherungsfall vorliegt, an unanfechtbare Entscheidungen der [X.] und der Sozialgerichte gebunden. Nach § 108 Abs. 2 [X.] hat das Gericht sein Verfahren auszusetzen, bis eine Entscheidung nach Absatz 1 ergangen ist. Falls ein solches Verfahren noch nicht eingeleitet ist, bestimmt es dafür eine Frist, nach deren Ablauf die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig ist. Die Vorschrift verfolgt das Ziel, durch eine Bindung von Gerichten außer-halb der Sozialgerichtsbarkeit an Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und Sozialgerichte divergierende Beurteilungen zu vermeiden und damit eine einheitliche Bewertung der unfallversicherungsrechtlichen Kriterien zu [X.] (vgl. [X.]/Dahm, Unfallversicherung, Sozialgesetzbuch [X.]I, 4. Aufl., Stand: Oktober 2003, § 108 Rdn. 1; [X.], [X.] 1998, 281). Deshalb steht die Aussetzung nicht im Ermessen des Gerichts. - 6 - Bereits zu der früheren Gesetzeslage, die insoweit keine ausdrückliche Anordnung enthielt, hatte der erkennende Senat im Hinblick auf den Zweck und die Gesetzesgeschichte der §§ 637 ff. [X.] ein gebundenes Ermessen ange-nommen, das dem [X.] die Aussetzung nach § 148 ZPO bis zum Vorliegen einer endgültigen Entscheidung der Sozialbehörden oder -gerichte zur Pflicht machte (vgl. [X.] 129, 195, 202 f.). Darüber hinaus sind nach der Rechtspre-chung des Senats bindende Entscheidungen über die Anerkennung eines Ar-beitsunfalls im Verfahren der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Sozial-gerichtsbarkeit auch zu berücksichtigen, wenn sie [X.] wie hier - erst nach [X.] der Revision ergehen. Eine solche Entscheidung bindet die Zivilgerichte, um in dieser Frage den Vorrang jener fremden Verfahrenszuständigkeiten vor der Zivilgerichtsbarkeit sicherzustellen; damit betrifft sie die Grenzen der Sach-prüfung auch für das Revisionsgericht (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 1993 - [X.] ZR 158/93 - [X.], 1540, 1541 und vom 24. Juni 1980 - [X.] ZR 106/79 - [X.], 822). Diesen Erfordernissen trägt nunmehr § 108 [X.] ausdrücklich Rech-nung. Wird diese Vorschrift nicht beachtet, kann dies zu Ergebnissen führen, die das Vertrauen in die Rechtsprechung erschüttern, wenn [X.] wie hier [X.] zwi-schen dem Zivilgericht und den Unfallversicherungsträgern unterschiedliche Auffassungen über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls bestehen und der Ge-schädigte deshalb weder Schadensersatz noch eine Leistung aus der [X.] zugesprochen erhält. Um dies zu vermeiden, ist in ei-nem solchen Fall eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer bestandskräfti-gen Entscheidung der Sozialversicherungsträger oder der Sozialgerichte erfor-derlich. Das Berufungsurteil ist daher schon deswegen aufzuheben, weil das Berufungsgericht die Vorschrift des § 108 [X.] nicht beachtet hat. - 7 - II[X.] Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im weiteren Verfahren auch zu prüfen haben, ob die [X.] am sozialversicherungsrechtlichen Verfahren beteiligt wurde. Nach § 12 Abs. 2 [X.] ist nämlich ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zu diesem Verfah-ren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang für ihn rechtsgestaltende Wirkung hat; soweit er der Behörde bekannt ist, hat sie ihn von der Einleitung des [X.] zu benachrichtigen. Wurde die [X.] an dem sozialversicherungs-rechtlichen Verfahren nicht in der gebotenen Weise beteiligt, wäre dieses mit einem Fehler behaftet, der dazu führen kann, daß die Entscheidungen im sozi-alversicherungsrechtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren ihr gegenüber nicht bindend wären. Gemäß § 108 [X.] kann daher eine Entscheidung des Berufungsgerichts grundsätzlich erst ergehen, wenn auch gegenüber der [X.]n, die sich auf einen Haftungsausschluß beruft, ein bestandskräftiger Be-scheid des [X.] vorliegt (vgl. [X.] 129, 195, 200 ff.; [X.], 160, 162 f.; vgl. auch [X.], [X.], 1002). Das [X.] wird dies gegebenenfalls klären müssen. [X.]

[X.] Zoll

Meta

VI ZR 189/03

20.04.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.04.2004, Az. VI ZR 189/03 (REWIS RS 2004, 3592)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3592

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