Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 6 AZR 121/22 (B)

6. Senat | REWIS RS 2023, 8871

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Gegenstand

Massenentlassung - Anzeigeverfahren - Aussetzung


Tenor

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des [X.] des [X.] über die Anfrage des [X.] des [X.] im Verfahren - 6 [X.] ([X.]) - ausgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten [X.]. noch über die Wirksamkeit einer im Rahmen einer Massenentlassung erklärten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung des seit 2017 bei der Schuldnerin beschäftigten [X.].

2

Auf Antrag der Schuldnerin eröffnete das Insolvenzgericht mit [X.]eschluss vom 1. Juli 2020 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den [X.]eklagten zu 1. zum Insolvenzverwalter.

3

Die Schuldnerin, eine Fluggesellschaft, erbrachte mit geleasten, nicht in ihrem Eigentum stehenden Flugzeugen ausschließlich Flugdienstleistungen für die (ehemalige) [X.]eklagte zu 2. im Rahmen eines sog. Wet Lease auf der Grundlage einer als „[X.] Rahmenvertrag“ bezeichneten Vereinbarung. Sie beschäftigte in den [X.]ereichen [X.]oden, Kabine und Cockpit zuletzt insgesamt 348 Arbeitnehmer. Für die [X.]eschäftigten im [X.]ereich Cockpit war gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 [X.]etrVG die Personalvertretung Cockpit (im Folgenden [X.] Cockpit) errichtet.

4

Vor dem Hintergrund des pandemiebedingten Erliegens des Flugbetriebs beendeten die Schuldnerin und die (ehemalige) [X.]eklagte zu 2. den [X.]-Vertrag im April 2020.

5

Mit E-Mail vom 16. Juni 2020 leitete noch die Schuldnerin gegenüber der [X.] das [X.] nach § 17 Abs. 2 [X.] ein. Mit Schreiben vom 1. Juli 2020 erstattete sodann der [X.]eklagte zu 1. eine Massenentlassungsanzeige für alle [X.]eschäftigten der Schuldnerin. Anfang Juli 2020 erfolgte die Kündigung des Kabinen- und [X.]odenpersonals. Mitte Juli 2020 schloss der [X.]eklagte zu 1. mit der [X.] einen Interessenausgleich.

6

Mit Schreiben vom 29. Juli 2020 kündigte der [X.]eklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis des [X.] zum 31. Oktober 2020. Die Arbeitsverhältnisse des übrigen [X.] kündigte er ebenfalls im Juli 2020. Gegen diese Kündigung hat der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage erhoben.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Die Massenentlassungsanzeige enthalte fehlerhafte Angaben. Zudem habe der [X.]eklagte zu 1. den Stand der [X.]eratungen mit der [X.] nicht hinreichend dargelegt.

8

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt:

        

1.    

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem [X.]eklagten zu 1. und dem Kläger durch die Kündigung des [X.]eklagten zu 1. vom 29. Juli 2020 nicht aufgelöst worden ist.

        

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.:

        

2.    

Es wird festgestellt, dass der [X.]eklagte zu 1. verpflichtet ist, an den Kläger einen Nachteilsausgleich als Neumasseverbindlichkeit zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

        

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2.:

        

3.    

Es wird festgestellt, dass der [X.]eklagte zu 1. verpflichtet ist, an den Kläger einen Nachteilsausgleich zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

9

Der [X.]eklagte zu 1. hat Klageabweisung beantragt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die vom Kläger angestrengte Revision hat der Senat mit Teilurteil vom 11. Mai 2023 (- 6 [X.] (A) -) zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der gegen die (ehemalige) [X.]eklagte zu 2. erhobenen Klage auf Feststellung des [X.]estands eines Arbeitsverhältnisses sowie auf [X.]eschäftigung richtete. Im Übrigen, dh. soweit es den gegen den [X.]eklagten zu 1. gerichteten Kündigungsschutzantrag betraf, hat der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der
Europäischen Union im Verfahren - [X.]/22 -, die zwischenzeitlich am 13. Juli 2023 ergangen ist, ausgesetzt.

Mit [X.]eschluss vom 14. Dezember 2023 hat der Sechste Senat in dem Verfahren - 6 [X.] ([X.]) - eine Anfrage an den [X.] des [X.]undesarbeitsgerichts gestellt, ob dieser an seiner Rechtsprechung festhalte, wonach ein Fehler im Anzeigeverfahren gemäß § 134 [X.]G[X.] zur Unwirksamkeit der Kündigung des betroffenen Arbeitnehmers führe.

[X.]. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des [X.]s des [X.]undesarbeitsgerichts über die Anfrage des [X.] im Verfahren - 6 [X.] ([X.]) - in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ausgesetzt. Gegenstand der Anfrage ist die Rechtsprechung des [X.]s des [X.]undesarbeitsgerichts, wonach [X.]. die den Arbeitgeber im Anzeigeverfahren obliegenden Pflichten, gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2, Satz 3 [X.] die Stellungnahme des [X.]etriebsrats beizufügen bzw. den Stand der [X.]eratungen mit dem [X.]etriebsrat ausreichend darzulegen, Verbotsgesetze iSd. § 134 [X.]G[X.] sind, deren Verletzung zur Unwirksamkeit einer im Rahmen der Massenentlassung erklärten Kündigung führt. An dieser Rechtsprechung, die auch dieser Senat seinen bisherigen Entscheidungen zugrunde gelegt hat, möchte er nicht festhalten, da er - wie in der Anfrage ausgeführt - das Sanktionssystem für Fehler im Anzeigeverfahren insgesamt für inkohärent und unverhältnismäßig hält. Die [X.]eantwortung der Anfrage wirkt sich daher auch auf die Entscheidung des [X.] im vorliegenden Verfahren aus.

        

    Spelge    

        

    Volk    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Dr. Rönnau    

        

    [X.]    

                 

Meta

6 AZR 121/22 (B)

14.12.2023

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 5. Mai 2021, Az: 3 Ca 4673/20, Urteil

§ 45 Abs 3 S 1 ArbGG, § 17 Abs 3 S 2 KSchG, § 17 Abs 3 S 3 KSchG, § 134 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.12.2023, Az. 6 AZR 121/22 (B) (REWIS RS 2023, 8871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 8871

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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