Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2014, Az. 2 StR 25/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 2169

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Gegenstand

Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikt: Doppelte Berücksichtigung der ein Regelbeispiel bestimmenden Umstände


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. November 2013 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 117 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel ist begründet.

I.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s verkaufte der Angeklagte von Anfang Februar bis Ende Mai 2013 zweimal pro Woche, also in 32 Fällen, "jeweils 1 bis 3 Gramm Kokain, wöchentlich im Durchschnitt etwa 5 bis 10 Gramm Kokain" an den gesondert Verfolgten [X.]     (Fälle 1 - 32 der Urteilsgründe). Von September 2012 bis zum Juni 2012 verkaufte er in 35 Fällen jeweils 0,5 Gramm [X.] an den gesondert Verfolgten [X.]          (Fälle 33 - 67). Am 15. Juni 2013 transportierte er 74,84 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 33,7 Gramm [X.] zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufs ([X.]). Dem gesondert Verfolgten [X.].   verkaufte er im [X.]raum von Juni 2012 bis März 2013 in 30 Fällen jeweils 0,2 bis 0,3 Gramm [X.] (Fälle 72 - 101), dem gesondert Verfolgten [X.]in der [X.] von 2010 bis Juni 2013 in 20 Fällen Kokain und zwar bis zum [X.] 2012 jeweils ein Gramm, bis zum Beginn des Jahres 2013 jeweils zwei bis drei Gramm, im Jahre 2013 jeweils zwei Gramm (Fälle 102 - 121).

3

Das [X.] hat den Angeklagten im [X.] wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Satz 1 BtMG) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Für alle anderen Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) hat es den Strafrahmen des § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG zugrunde gelegt und jeweils [X.]n von einem Jahr und drei Monaten verhängt. Daraus hat es die Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten gebildet.

II.

4

Die Revision beanstandet diese Strafzumessung zu Recht.

5

1. Das [X.] hat in den Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fälle 1 - 67, 72 - 121) den Strafrahmen aus § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG angewendet und dabei ausgeführt: "In allen Fällen - wobei das im [X.] wegen des anders gelagerten Tatbestandes keine besondere Rolle spielte - fiel negativ ins Gewicht, dass der Angeklagte gewerbsmäßig handelte und somit jeweils ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall erfüllte." Es hat danach die Prüfung versäumt, ob die Regelwirkung etwa deshalb entfällt, weil sich die Tathandlungen jeweils auf kleine Drogenmengen beschränkten.

6

Die ein Regelbeispiel bestimmenden Umstände sind zudem wie Tatbestandsmerkmale zu behandeln. Es verstößt daher gegen das [X.] gemäß § 46 Abs. 3 StGB, wenn die zur Begründung eines besonders schweren Falles nach § 29 Abs. 3 BtMG aufgeführten Umstände - wie hier die Gewerbsmäßigkeit - bei der Strafzumessung im engeren Sinne zu Lasten des Angeklagten nochmals berücksichtigt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Dezember 1992 - 4 StR 577/92, [X.]R StGB § 46 Abs. 3 Regelbeispiel 1; Beschluss vom 22. April 2004 - 3 [X.]/04).

7

Das [X.] hat es ferner versäumt, Feststellungen zu den Wirkstoffgehalten der vom Angeklagten veräußerten Drogenportionen zu treffen und die Strafhöhe auch daran auszurichten. In den [X.] sollen zudem bei zwei Geschäften pro Woche "jeweils 1 bis 3 Gramm Kokain, wöchentlich im Durchschnitt etwa 5 bis 10 Gramm Kokain" verkauft worden sein. Infolge dieser Widersprüchlichkeit bleiben bereits die gehandelten Drogenmengen unklar.

8

Schließlich lässt die gleichförmige Verhängung von [X.]n von jeweils einem Jahr und drei Monaten für das Handeltreiben mit unterschiedlichen Kleinmengen verschiedener Drogen besorgen, dass das [X.] die nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB erforderliche Abwägung nicht rechtsfehlerfrei vorgenommen hat. Zudem wirkt die Höhe der [X.]n in den Fällen 1 - 67 und 72 - 121 übersetzt.

9

2. Die Strafzumessung im [X.] auf der Grundlage von § 29a Abs. 1 BtMG ist für sich genommen rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hebt die hierfür verhängte [X.] aber ebenfalls auf, um dem neuen Tatrichter zu ermöglichen, die Strafzumessung insgesamt in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Die Aufhebung der [X.]n hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.

Appl                    Schmitt                      Eschelbach

              Ott                          Zeng

Meta

2 StR 25/14

15.10.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Erfurt, 13. November 2013, Az: 560 Js 17915/12 - 2 KLs

§ 29 Abs 3 S 2 Nr 1 BtMG, § 46 Abs 3 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.10.2014, Az. 2 StR 25/14 (REWIS RS 2014, 2169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2169

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 159/17

1 StR 159/17

2 StR 25/14

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