Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2005, Az. X ZR 41/05

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 438

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 6. Dezember 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 6. Dezember 2005 durch [X.] Melullis, [X.], die Richterin Mühlens und [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision gegen das [X.]eil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 21. Januar 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin, die [X.] herstellt und vertreibt, verlangt von der [X.], die sie am 5. Oktober 1999 mit der Entwicklung und Liefe-rung von in ihre [X.] der Baureihe [X.]einzubauenden Steuerelementen beauftragt hatte, Schadensersatz auf Grund behaupteter Fehlerhaftigkeit der Steuerelemente. Die Steuerelemente wurden nach voran-gegangener Lieferung von Prototypen ab Juli 2000 ausgeliefert und später mehrfach geändert; die Klägerin baute sie in ihre [X.] ein. In der Folge rügten Käufer der [X.] diverse Fehlfunktionen. Im 1 - 3 - Oktober 2000 und erneut am 23. Mai 2001 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung, zuletzt zum 1. Juni 2001, auf, eine ordnungsgemäß funktio-nierende Steuerung zu liefern. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 verlangte die Klägerin die Zurücknahme der gelieferten Steuerungen, Erstattung ihrer Zah-lungen und Schadensersatz in noch zu beziffernder Höhe. Die von der Klägerin wegen einer Schadensersatzforderung von zunächst 718.500,75 DM in [X.] genommene Haftpflichtversicherung der [X.] leistete einen Betrag von 3.000 [X.] und lehnte weitergehende Zahlungen ab. Die Klägerin reichte am 28. April 2003 Klage ein. Das [X.] hat die in erster Instanz auf Zahlung von 557.440,64 [X.] nebst Zinsen sowie auf Feststellung der weitergehenden Schadensersatzpflicht wegen der Fehlerhaftigkeit der Steuerung gerichtete Klage abgewiesen, weil die Verjährungseinrede durchgreife. Die Berufung der Klägerin, die in zweiter Instanz noch beantragt hat, die Beklagte zur Zahlung von 364.781,80 [X.] (entgangene [X.] 211.247,91 [X.], [X.] etc. - 7.377,43 [X.], Kosten für neue Steuerung 146.156,83 [X.]) zu verurteilen sowie deren Schadensersatzpflicht wegen feh-lerhafter Lieferung der Steuerung festzustellen, ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt, verfolgt die Klägerin ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. 2 Entscheidungsgründe: 3 Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg. - 4 - [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, bei dem zwischen den [X.] handle es sich um einen Werkvertrag. Die [X.] sei eine nicht vertretbare Sache, die ausschließlich für die [X.] entwickelt worden und anderweitig kaum verwendbar sei. Die Schadensersatzansprüche wegen der Entwicklung und Konstruktion der neuen Steuerung seien spätestens am 30. Juni 2001 verjährt, nachdem die Klägerin diese Leistungen bereits im [X.] abgenommen habe. Mit dem Test, dem Einbau in [X.] und deren Verkauf habe die Kläge-rin die Entwicklungs- und Konstruktionsleistung der [X.] als im [X.] vertragsgemäß gebilligt. Insoweit gelte die sechsmonatige [X.] des § 638 Satz 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden [X.] (nachfolgend: a.F.). Schadensersatzansprüche wegen der Lieferung feh-lerhafter Steuerungen seinen ebenfalls verjährt. Die Klägerin habe die geliefer-ten Steuerungen vor dem 18. Juni 2001 abgenommen. Die Verjährung sei vom 11. September 2001 bis 31. Dezember 2001 nach § 639 Abs. 2 BGB a.F. und vom 1. Januar 2002 bis 6. Februar 2002 nach § 203 BGB gehemmt gewesen, denn während dieser Zeiträume hätten die Klägerin und die Haftpflichtversiche-rung der [X.] im Einverständnis der [X.] über eine Schadenser-satzpflicht verhandelt. Da nach dem 6. Februar 2002 die Verjährung weder ge-hemmt noch unterbrochen worden sei, sei sie spätestens Mitte Mai 2002 [X.] gewesen. 4 Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auf Ersatz des Scha-dens, der ihr dadurch entstanden sei, dass die Beklagte die Klägerin durch fortgesetzte Belieferung mit mangelhaften Steuerungen und unzureichende Gewährleistung zur Kündigung des Vertrags veranlasst habe, sei verjährt. Der [X.] habe ein Dauerschuldverhältnis begründet, denn die Beklagte habe sich auch verpflichtet, die Beklagte mit den Steuerungen auf unbestimmte Zeit zu beliefern. Dem Gläubiger, der ein Dauerschuldverhältnis 5 - 5 - aus wichtigem Grund gekündigt habe, stehe ein Schadensersatzanspruch ge-gen seinen Vertragspartner zu, wenn dieser durch seine Vertragsverletzung die Kündigung schuldhaft herbeigeführt habe. Für diesen Anspruch gelte die Vor-schrift des § 638 BGB a.F. entsprechend. Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich zudem weder aus culpa in contrahendo noch aus positiver Vertragsverletzung. Die Behauptung der Kläge-rin, die Beklagte habe vor Vertragsschluss wahrheitswidrig erklärt, bei den Steuerungen, die sie für [X.]entwickelt habe, habe es keine Rückrufaktio- nen gegeben, sei nicht zuzulassen; sie sei völlig unsubstantiiert und vermöge eine Schadensersatzpflicht nicht zu begründen. Welche Defekte die Steuerun-gen gehabt haben sollten, werde ebenso wenig dargelegt wie der Rücklauf we-gen der von der [X.] gelieferten Steuerungen. Zudem sei nicht ersicht-lich, dass die Erklärung der [X.], wegen der an [X.]gelieferten [X.] erungen habe es keine Rückrufaktionen gegeben, unzutreffend sei. Auch nach dem Vortrag der Klägerin habe es lediglich Rückläufer gegeben. 6 Das Berufungsgericht hat weiter Schadensersatzansprüche wegen [X.] sowie aus unerlaubter Handlung verneint. 7 I[X.] Diese Würdigung greift die Revision ohne Erfolg an. 8 1. Das Berufungsgericht hat etwaige Ansprüche, die sich aus der [X.] des Werks ergeben konnten, der Klägerin zu Recht als verjährt angesehen. 9 10 a) Das Berufungsgericht hat die Haftung der [X.] zutreffend der kurzen Verjährung für Mangelschäden unterworfen (§ 638 BGB a.F.). Die [X.] - wendung der werkvertragsrechtlichen Gewährleistungsregelungen folgt dabei jedenfalls aus § 651 Abs. 1 BGB a.F. b) Das gilt zunächst für die Schäden, die daraus resultieren sollen, dass die Klägerin auf Grund der Rufschädigung durch die fehlerhaften Steuerungen und der darauf beruhenden Produktionseinstellung einen Marktverlust erlitten haben will. Es gilt weiter aber auch für die Schäden, die durch die nach der Be-hauptung der Klägerin erforderlich gewordene Neuentwicklung der Steuerung entstanden sein sollen. 11 aa) Bei den erstgenannten Schäden handelt es sich um solche, die dar-auf beruhen, dass der Klägerin durch die behauptete Mangelhaftigkeit ein Ge-winn entgangen ist, weil sie die [X.], in die die nach ihrer Be-hauptung mangelhaften Steuerungen eingebaut werden sollten, wegen der Probleme mit der Steuerung nicht mehr auf den Markt gebracht hat. Insoweit geht es um Gewinn, den die Klägerin deshalb nicht erzielt hat, weil sie es unter-lassen hat, aus ihrer Sicht wegen der Mängel sinnlose Veräußerungsgeschäfte mit den [X.] durchzuführen. Auch das ist im Sinn der Recht-sprechung ein der kurzen Verjährung unterliegender "entgangener Gewinn". 12 Im Rahmen der werkvertraglichen Ansprüche auf Schadensersatz we-gen Nichterfüllung (§ 635 BGB a.F.) gilt allerdings grundsätzlich ein enger Schadensbegriff. Dieser umfasst zum einen diejenigen Schäden, die dem Werk unmittelbar anhaften und darauf beruhen, dass dieses infolge des Mangels [X.], wertlos oder minderwertig wird (vgl. [X.], 130, 132; [X.], 85, 87; [X.], 1, 6; [X.], 32, 34; [X.], [X.]. v. 30.6.1983 - [X.], NJW 1983, 2440, 2441). Daneben erfasst er aber auch die Schäden, die den wegen des Mangels entgangenen Gewinn betreffen ([X.], 130, 133; [X.], 85, 87). Soweit dem [X.]eil des [X.]ats vom 11. April 13 - 7 - 2000 - [X.], [X.], 2812 = [X.]R BGB § 635 Mangelfolgescha-den 2) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält er daran nicht mehr fest. Auch bestimmte ("nahe") Mangelfolgeschäden sind der [X.] nach § 635 BGB a.F. mit der Folge unterworfen, dass für aus ihnen herge-leitete Ansprüche die dreißigjährige Regelverjährung nach § 195 BGB a.F. ausgeschlossen ist (vgl. [X.]. [X.]. v. 8.12.1992 - [X.], NJW 1993, 923; v. 26.3.1996 - [X.], NJW-RR 1996, 1203 = [X.], 1785; v. [X.] - [X.], aaO; v. 12.12.2001 - [X.], NJW 2002, 816 = [X.]R BGB vor § 1 Positive Forderungsverletzung [X.]; v. 20.4.2004 - [X.]/01, NJW-RR 2004, 1350). Für die Abgrenzung zwischen den nach § 638 BGB a.F. verjährenden Mängelfolgeschäden und denen, für die die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. gilt, hat der [X.] eine an Leistungsobjekt und Schadensart orientierte Güter- und Inte-ressenabwägung als ausschlaggebend angesehen, durch die das Verjährungs-risiko für Mangelfolgeschäden zwischen Unternehmer und Besteller angemes-sen verteilt wird ([X.], [X.]. v. 17.5.1982 - VII ZR 199/81, NJW 1982, 2244, 2245; [X.].[X.]. v. [X.] - [X.], aaO). Diese Abwägung führt bei Schäden, die - wie hier - auf der alsbald erkennbaren Mangelhaftigkeit des Werks beruhen, dazu, dass die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. zur Anwendung kommt. Vorliegend geht es im Sinn der [X.]atsrechtsprechung um wegen des Mangels entgangenen Gewinn. Denn die behauptete Mangelhaftigkeit der Steuerungen hat schon nach dem Vortrag der Klägerin dazu geführt, dass [X.] den Vertrieb bezüglich des [X.] eingestellt hat. Dieser Schaden fällt unter die kurze Verjährung des § 638 BGB a.F. Für die Schäden, derer die Klägerin sich berühmt, weil sie wegen der Aufgabe des Vertriebs be-stimmtes Zubehör nicht absetzen konnte, gilt im Ergebnis nichts anderes; auch 14 - 8 - insoweit macht sie wegen der behaupteten Mangelhaftigkeit entgangenen Ge-winn geltend. [X.]) Ebenfalls verjährt sind, wie das Berufungsgericht richtig entschieden hat, Schadensersatzansprüche wegen der Schäden, die der Klägerin nach ih-rem Vortrag dadurch entstanden sein sollen, dass sie Aufwendungen für eine Neuentwicklung der Steuerung hatte. Auch der hieraus resultierende Schaden kann nur darauf zurückzuführen sein, dass die Steuerung selbst mangelhaft war, und stellt daher Aufwand dar, der sich unmittelbar aus der Beseitigung des Mangels ergibt. 15 c) Soweit das Berufungsgericht in Erwägung gezogen hat, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schaden durch entgangene Umsatzgeschäfte mit [X.] (teilweise) auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Herbeiführung der Kündigung des - vom Berufungsgericht angenommenen - [X.] gestützt werden könne, hat es ei-nen solchen Anspruch zutreffend gleichfalls der kurzen Verjährungsfrist des § 638 BGB a.F. unterworfen. Denn auch Ansprüche aus positiver Vertragsver-letzung unterfallen dieser Frist, sofern der Anspruch seinem Inhalt nach auf den Ausgleich eines Mangelschadens oder eines eng mit einem Mangel zusam-menhängenden Folgeschadens gerichtet ist ([X.]Z 88, 130, 136 ff.; [X.].[X.]. v. [X.] - [X.], NJW 1997, 50, 51). 16 17 2. Nicht begründet ist die Revision auch, soweit sie sich dagegen [X.], dass das Berufungsgericht der Klägerin Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht zugebilligt hat. Diese Ansprüche hat die Klä-gerin darauf gestützt, dass der damalige Geschäftsführer der [X.] bei den Vertragsverhandlungen behauptet habe, dass es bei den von der [X.] zuvor für [X.]entwickelten Steuerungen "keine Rückrufaktion" gegeben - 9 - habe. Aus dem Vortrag der Klägerin ist jedoch nicht einmal zu entnehmen, dass eine solche Behauptung falsch gewesen sei, denn die Klägerin hat nur pauschal vorgetragen, dass es Rückläufe von ca. 50 % gegeben habe. Daraus ergibt sich nichts zu einer Rückrufaktion. Das Berufungsgericht konnte damit ohne Rechtsfehler einen schlüssigen Vortrag für ein Fehlverhalten bei den [X.] verneinen. 3. Die weiteren Ausführungen des Berufungsurteils sind nicht angegrif-fen. Das gilt insbesondere für die Verneinung von Ansprüchen wegen Verzugs und aus unerlaubter Handlung. Rechtsfehler treten insoweit nicht hervor. 18 4. Auch die Feststellungen des Berufungsurteils dazu, dass die kurze Verjährungsfrist bei Klageerhebung abgelaufen war, sind nicht angegriffen. 19 - 10 - [X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. 20 Melullis [X.] Mühlens

Meier-Beck [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.07.2004 - 8 O 83/03 - [X.], Entscheidung vom 21.01.2005 - 29 U 91/04 -

Meta

X ZR 41/05

06.12.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2005, Az. X ZR 41/05 (REWIS RS 2005, 438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 438

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