Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. V ZB 153/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4692

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[X.]BESCHLUSS [X.]/08 vom 5. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 233 Fe Der Rechtsanwalt muss bei der Unterzeichnung einer Berufungsschrift auch dann überprüfen, ob sie an das zuständige Berufungsgericht gerichtet ist, wenn er diese Frage durch einen anwaltlichen Kollegen seiner Sozietät hat prüfen lassen. [X.], [X.]uss vom 5. März 2009 - [X.]/08 - [X.]AG [X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 5. März 2009 durch den [X.] Richter Prof. Dr. [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 25. September 2008 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 18.000 •. Gründe: [X.] Durch ihm am 5. März 2008 zugestelltes Urteil des Amtsgerichts ist der Beklagte verurteilt worden, sein Teileigentum in einer Wohnungseigentumsan-lage nicht zum Betrieb eines Pizzaservice zu nutzen. Seine Berufung gegen dieses Urteil ist an das unzuständige [X.] gerichtet worden und dort am 7. April 2008, dem auf den 5. April 2008 folgenden Montag, einge-gangen. Nach Abgabe der Sache an das zuständige [X.] hat der Beklagte dort Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu-mung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, der seine Sache in der beauftragten Sozietät bearbeitende Rechtsanwalt habe mit einem Kollegen der Sozietät besprochen, dass er selbst die Berufungsschrift 1 - 3 - erstelle, der Kollege das zuständige Berufungsgericht ermittele. Dieser habe die Prüfung aber wegen unvorhergesehener dringender anderer Arbeiten nicht durchführen können und die erfahrene und zuverlässige Sekretärin des die Sa-che bearbeitenden Rechtsanwalts gebeten, diesem auszurichten, er habe die Prüfung nicht durchführen können. An sich sei das [X.] zu-ständiges Berufungsgericht; das könne sich durch die [X.] geändert haben. Die Sekretärin habe dem die Sache bearbeitenden Rechtsanwalt den Entwurf der Berufungsschrift aber mit dem unzutreffenden Bemerken vorgelegt, der Kollege habe mitgeteilt, zuständiges Berufungsgericht sei das [X.][X.] Darauf habe dieser die an dieses Gericht gerichtete Berufungs-schrift unterzeichnet. Das [X.] hat die Berufung unter Zurückweisung des [X.] mit dem angefochtenen [X.]uss als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der dieser die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will. Die Kläger beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. 3 1. Sie ist zwar nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO unabhängig von einer Zulassung oder Nichtzulassung durch das [X.] wegen statthaft, weil sie sich gegen einen [X.]uss richtet, durch den die Berufung als unzulässig verworfen worden ist. Zulässig ist sie aber nach § 574 Abs. 2 ZPO nur, wenn auch die dort bestimmten weiteren Vor-aussetzungen gegeben sind. Das ist nicht der Fall. 4 - 4 - 2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung des [X.] ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Zulassung ist insbesondere auch nicht deshalb geboten (dazu: Senat, [X.] 151, 221, 227; [X.]. v. 23. Oktober 2003, [X.], [X.], 367, 368; [X.]. v. 13. Mai 2004, [X.], NJW-RR 2004, 1217), weil die Anforderungen, die das Berufungsgericht stellt, überzogen wären und der Beklagten den Zugang zu der an sich gegebenen Berufung un-zumutbar erschwerten (vgl. dazu: [X.] 40, 88, 91; 67, 208, 212 f.; [X.] NJW 1996, 2857; 2000, 1636; 2001, 1566; FamRZ 2002, 533; Senat, [X.]. v. 23. Oktober 2003, [X.], [X.], 367, 368). 5 a) Der Beklagte hat die Berufungsfrist versäumt, weil seine [X.] die Berufungsschrift am letzten [X.] und damit zu einem Zeitpunkt bei dem unzuständigen [X.] ein-gereicht haben, zu dem mit einer fristgerechten Weiterleitung im normalen Ge-schäftsgang (zu diesem Erfordernis: [X.], [X.]. v. 27. Juli 2000, [X.], NJW-RR 2000, 1730, 1731) nicht mehr zu rechnen war. Die Zulässigkeit der Berufung hing deshalb entscheidend von dem Erfolg des frist- und formgerecht gestellten Antrags des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und dieser wiederum davon ab, ob die Adressierung der Berufungsschrift an das unzuständige Gericht unverschuldet war. Das hat das Berufungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung verneint, der Prozessbevollmächtigte des Beklagten habe bei Unterzeichnung der Berufungsschrift auch prüfen müssen, ob sie an das zuständige Gericht gerichtet war. Dabei habe er sich weder auf die Angaben seiner Sekretärin noch auf die vermeintlich vorgenommene Prü-fung der Zuständigkeit durch seinen Anwaltskollegen verlassen dürfen. 6 - 5 - b) Das entspricht der Rechtsprechung des [X.], die we-der fortzubilden noch zu ergänzen ist und auch die Anforderungen an die [X.] von Rechtsmitteln nicht überspannt. 7 aa) In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass der Rechtsanwalt die Berufungsschrift selbst auf ihre Richtigkeit ([X.], [X.]. v. 13. Juli 1988, [X.], NJW-RR 1988, 1528, 1529; [X.]. v. 12. Mai 1989, [X.], NJW 1989, 2396; [X.]. v. 10. Januar 1990, [X.], NJW 1990, 990; [X.]. v. 6. Mai 1992, [X.] 39/92, [X.], 79; [X.]. v. 4. November 1992, [X.] 120/92, NJW-RR 1993, 254, 255; Musie-lak/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 233 Rdn. 45) überprüfen muss. Dazu gehört neben der Bezeichnung der Parteien ([X.], [X.]. v. 24. November 1981, [X.], [X.], 191) auch die Bezeichnung des zuständigen Gerichts ([X.], [X.]. v. 7. Oktober 1987, [X.], [X.], 251; [X.]. v. 8. Dezember 1992, [X.], [X.], 1381 f.; für Fristverlängerungsan-trag: [X.], [X.]. v. 18. April 2000, [X.], [X.], 2511). Hätte der Prozessbevollmächtigte diese Prüfung angestellt, hätte er festgestellt, jedenfalls feststellen müssen, dass die Berufung im Hinblick auf § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG bei dem [X.] einzulegen war. 8 bb) Diese Prüfung durfte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nicht delegieren. Ein Rechtsanwalt darf zwar seinem Büropersonal die Ermittlung der (genauen) Postanschrift des [X.] überlassen und muss diese An-schrift dann auch nicht überprüfen ([X.], Urt. v. 2. Mai 1990, [X.] 17/90, NJW-RR 1990, 1149, 1150; Senat, Urt. v. 15. Oktober 1999, [X.], [X.], 82; Musielak/[X.], aaO, § 233 Rdn. 48). Das gilt aber nicht für die 9 - 6 - Angabe des [X.] selbst. Sie ist ein nicht delegierbarer Kernbe-standteil der Berufungsschrift. cc) Nichts anderes ergibt die von der Rechtsbeschwerde angeführte Rechtsprechung des [X.] zur, wie sie es nennt, Arbeitsteilung in Sozietäten. Danach sind die in einer Sozietät tätigen Rechtsanwälte gemeinsam verpflichtet, alles zu tun, um fristgebundene Schriftsätze rechtzeitig einzurei-chen (Senat, [X.] 124, 47, 50 f.). Deshalb muss ein Rechtsanwalt, der im [X.] der Sozietät vergessene Post zur Post aufgeben will, prüfen, ob sich darunter eilige Sachen befinden, die schneller befördert werden müssen ([X.], [X.]. v. 13. November 2002, [X.] 104/01, NJW-RR 2003, 490, 491), und mitgenommene Sendungen rechtzeitig in den Postkasten einwerfen, auch wenn er sie nicht bearbeitet hat ([X.], Urt. v. 19. Januar 1995, [X.], NJW 1995, 1841). Das gilt erst recht für den Rechtsanwalt, der eine arbeitsteilig vorbereitete Berufungsschrift verantwortlich unterzeichnet. Bei dieser Art der Vorbereitung einer Berufungsschrift muss vor ihrer Absendung durch den pro-zessführenden Rechtsanwalt (oder seinen Vertreter) verantwortlich geprüft werden, ob die Koordination der Beiträge auch gelungen ist. Diese Prüfung kann sinnvoll nur durch den Rechtsanwalt erfolgen, der die Berufungsschrift unterzeichnet und damit für die Sozietät insgesamt die Verantwortung für deren Richtigkeit übernimmt. Dieser kann seiner Aufgabe nur gerecht werden, wenn er in seine Prüfung alle koordinierten Beiträge einbezieht und die Berufungs-schrift insgesamt auf ihre Richtigkeit überprüft. Ein Ausblenden einzelner Ele-mente verfehlte den Zweck der Prüfung. Die erforderliche Prüfung beschränkt sich auf einen überschaubaren Kreis von Punkten und stellt deshalb auch keine übertriebenen Anforderungen. 10 - 7 - II[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 11 [X.] Klein Lemke

Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 29.02.2008 - 7 C 694/07 - [X.], Entscheidung vom 25.09.2008 - 1 S 7114/08 -

Meta

V ZB 153/08

05.03.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.03.2009, Az. V ZB 153/08 (REWIS RS 2009, 4692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4692

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