Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2011, Az. III ZB 6/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5251

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 6/11
vom

30. Juni 2011

in dem Rechtsstreit

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am
30.
Juni 2011
durch den
Vizepräsidenten
Schlick
und
die Richter [X.], [X.], [X.] und Tombrink

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde
der Kläger gegen den Beschluss des 11.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Januar 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des [X.] haben die Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert für das
Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt
32.190,54

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen den Beklagten wegen notarieller Amtspflichtverlet-zung
in Höhe von 32.190,54

ericht hat
die Klage nach mündlicher Verhandlung vom 4. Dezember 2001 abgewiesen.

Hiergegen haben sich die Kläger mit der Berufung gewehrt. Ihrem Antrag auf Fristverlängerung zur Begründung der Berufung hat der Senatsvorsitzende des Berufungsgerichts entsprochen und die Frist bis zum 28.
Mai 2002 verlän-gert. Während
des
Laufs der Frist
haben die Kläger beantragt, den Rechtsstreit 1
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gemäß §
148 ZPO auszusetzen. Zur Begründung haben sie angeführt, dass es in dem Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche aus §
19 Abs.
1 [X.]. Neben der geltend gemachten Haftung des Notars komme möglicherweise eine Haftung ihres Steuerberaters in Betracht. Ob dies der Fall sei, hänge von einer Entscheidung des [X.] ab, bei der es um die [X.] der rückwirkenden Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke von zwei auf zehn Jahre
gemäß §
23 Abs.
1 Satz
1 EStG
gehe.
Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 24.
Mai 2002 das Verfahren ge-mäß §
148 ZPO ausgesetzt, weil die ausstehende Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts über die Frage der
Verfassungsmäßigkeit des §
23 Abs.
1 Satz
1 EStG vorgreiflich sei.

Im Januar 2004 hat das Berufungsgericht bei den Klägern angefragt, in welchem
Stand sich das dem [X.] zugrunde liegende verfassungsgerichtliche Verfahren befinde
und welches Aktenzeichen dieses Verfahren habe. Der [X.] der Kläger teilte mit, dass das [X.] beim [X.] "2
BvL 17/02" laute. Im Folgejahr recher-chierte der Berichterstatter des Berufungsgerichts als tatsächlich einschlägiges Aktenzeichen des [X.] "2
BvL 2/04". Das Bundesverfassungs-gericht
hat
mit Schreiben vom 21.
Oktober 2010 mitgeteilt, dass das dem Ak-tenzeichen 2
BvL 2/04 zugrunde liegende Normenkontrollverfahren mit Be-schluss vom 7.
Juli 2010 abgeschlossen worden sei. Dies ist vom Berufungsge-richt den Parteivertretern am 1.
November 2010 mitgeteilt worden. Zugleich ist auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung hingewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 25.
November 2010 hat sich der [X.] der Klä-ger gegen die Auffassung des Berufungsgerichts gewandt, die Berufung sei wegen Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist unzulässig. Er hat um eine an-gemessene Fristverlängerung für die Berufungsbegründung von zwei Monaten 3
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gebeten. Im Übrigen hat er um einen Hinweis gebeten, um gegebenenfalls noch innerhalb der Monatsfrist des §
234 ZPO die Wiedereinsetzung zu bean-tragen. Mit Schriftsatz vom 1.
Dezember hat der [X.] der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, da er
vor dem Hinweis
keine Kenntnis von der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts erlangt
habe.

Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zurückgewiesen
und die Berufung als unzulässig verworfen. Hierge-gen richtet sich die Rechtsbeschwerde
der Kläger.

II.

Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 i.V.m. §
238 Abs.
2 Satz
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde
ist unzulässig. Die [X.] wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeu-tung auf, noch ist sie geeignet, der Fortbildung des Rechts zu dienen; auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Sachentschei-dung des [X.] (§
574 Abs.
2 ZPO).

1.
Das Berufungsgericht
hat zur Begründung ausgeführt, die Berufungsbe-gründungsfrist habe am 7.
Juli 2010 mit der Entscheidung des [X.] im Normenkontrollverfahren erneut zu laufen begonnen, da ab diesem Zeitpunkt die Wirkungen der Aussetzung gemäß §
148 ZPO entfallen seien. Dies geschehe
ipso iure, sobald das andere Verfahren, um dessentwillen
ausgesetzt wurde, zum endgültigen Abschluss gebracht worden sei. Einer [X.] einer Partei oder der Aufhebung des [X.] 4
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bedürfe es nicht. Darauf, ob die
Kläger Kenntnis von dem Ausgang des [X.] vor dem [X.] gehabt hätten, komme es nicht an. Jedenfalls hätten sie
am 1.
November 2010 durch die Mitteilung des Berufungsgerichts Kenntnis erhalten. Die Berufungsbegründungsfrist sei [X.] am 7.
September
2010 abgelaufen, ohne dass eine Berufungsbegründung bei Gericht eingegangen sei.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei unzulässig, da die versäumte Pro-zesshandlung der Begründung der Berufung nicht innerhalb der Antragsfrist des §
234 ZPO nachgeholt worden sei. Die Kläger hätten die Gelegenheit [X.], die Berufung innerhalb eines Monats nach Kenntnis von der Entschei-dung des [X.] in dem
vorgreiflichen Verfahren am 1.
November 2010 zu begründen und die Wiedereinsetzung in die Berufungs-begründungsfrist zu beantragen.
Eine Nachholung der versäumten Prozess-handlung sei nach Fristablauf nicht mehr möglich. Auf die Nachholung der ver-säumten Prozesshandlung könne auch nicht verzichtet werden, um den [X.] statt dessen eine Frist von zwei Monaten zur Berufungsbegründung zu gewähren. Die von den Klägern angeführte Entscheidung des [X.] vom 10.
Februar 1987 (NJW 1987, 1191) sei mit dem hiesigen Verfahren nicht vergleichbar. Den Klägern habe nach dem Fortfall des [X.] die volle Berufungsbegründungsfrist zur Verfügung gestanden. Danach hätten sie noch die Möglichkeit gehabt, diese Prozesshandlung inner-halb der Frist des §
234 ZPO nachzuholen, nachdem sie auf die Entscheidung
in der vorgreiflichen Rechtssache hingewiesen worden seien. Rechtliches [X.] sei deshalb in ausreichender Weise gewährt worden.

2.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Über-prüfung stand.
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a) Die Kläger haben die Berufungsbegründungsfrist nicht eingehalten. Die Frist zur Begründung der Berufung nach §
519 Abs.
2 Satz
2 ZPO a.[X.]. §
26 Nr.
5 EGZPO betrug einen Monat; sie
begann spätestens am 7.
Juli 2010 und endete am 9.
August 2010 (Montag).

aa) Die Frist zur Begründung der Berufung begann am 7.
Juli 2010, da zu
diesem Zeitpunkt die mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 24.
Mai 2002 angeordnete Aussetzung des Verfahrens
endete. Ist ein Verfahren bis zur Erledigung eines anderen Verfahrens nach §
148 ZPO ausgesetzt, so endet die Aussetzung mit der Erledigung dieses Verfahrens; einer Aufhebungserklärung seitens der Parteien oder eines Aufhebungsbeschlusses bedarf es nicht ([X.], Urteil vom 24.
Januar 1989 -
XI
ZR 75/88, [X.]Z 106, 295, 298; OLG Olden-burg MDR 2008, 763, 764; [X.] VersR 2002, 68; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
148 Rn.
41; [X.]/Wagner, 3. Aufl., §
148 Rn.
19; [X.]/[X.], ZPO, 28.
Aufl., §
148 Rn.
21; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
148 Rn.
64; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO, 3.
Aufl., §
148 Rn.
21; Hk-ZPO/[X.], 4.
Aufl., §
148 Rn.
8).

bb) Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, die Beendigung des [X.] vor dem [X.] am 7.
Juli 2010 könne keine verfahrensbeendende Wirkung gehabt haben,
da dieses Verfah-ren nicht im Aussetzungsbeschluss genannt worden sei. Dieser
habe allgemein eine vom [X.] zu entscheidende Rechtsfrage bezeichnet
und nicht an ein konkretes Verfahren angeknüpft.

Zwar wird im Aussetzungsbeschluss kein konkretes Aktenzeichen für ein Ausgangsverfahren beim [X.] genannt, dessentwegen
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die Aussetzung erfolgt ist. Dass hier
gleichwohl
die Aussetzung wegen eines bestimmten verfassungsgerichtlichen Verfahrens angeordnet werden sollte, ergibt sich zum einen daraus, dass die in dem Beschluss angesprochene Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Verlängerung der [X.] von zwei auf zehn Jahre vom [X.] nicht allgemein, sondern nur im Rahmen der Entscheidung eines konkreten verfassungsgerichtlichen Verfahrens
beantwortet wird. Ein solches Verständnis des [X.] hat das Berufungsgericht durch die Anfrage bei den Klägern, welches konkrete Verfahren ihrem
Aussetzungsantrag zugrunde gelegen habe, deutlich gemacht. Auch der Klägervertreter hat den [X.] entsprechend verstanden und ein Aktenzeichen, das er für einschlägig hielt, dem Berufungsgericht genannt.

Die Kläger machen im vorliegenden Fall auch
nicht geltend, dass das nunmehr vom Berufungsgericht herangezogene verfassungsgerichtliche Ver-fahren nicht das hier für die Aussetzung des Rechtsstreits maßgebliche gewe-sen ist. Im Übrigen handelt es sich um dasjenige Verfahren, das zuletzt
geen-det hat. Alle weiteren, auch das vom Klägervertreter auf die gerichtliche Anfra-ge genannte Verfahren mit anderem Aktenzeichen, sind zeitlich jedenfalls nicht später beendet worden. Deshalb hat das Berufungsgericht mit dem Abstellen auf die Beendigung des Normenkontrollverfahrens mit dem Aktenzeichen "2
BvL 2/04"
den für die Kläger
günstigsten Zeitpunkt der Beendigung der [X.] angenommen.
Sonst wäre die Berufungsbegründungsfrist
möglicher-weise noch früher abgelaufen.

cc) Die Berufungsbegründungsfrist gemäß §
519 Abs.
2 Satz
2 ZPO a.[X.], §
26 Nr.
5 EGZPO betrug einen Monat und hat
gemäß §
249 Abs.
1 ZPO mit der Entscheidung des [X.]
von neuem zu laufen
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begonnen.
Den Klägern hat
nicht etwa deshalb eine längere Frist zur Verfü-gung
gestanden, weil
das Berufungsgericht auf ihren Antrag
die ursprüngliche Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 15.
März 2002 bis zum 28.
Mai 2002 verlängert hatte. Gemäß §
249 Abs.
1 ZPO wird nach Beendigung der Aussetzung die gesetzliche Frist in Lauf gesetzt. Dabei ist
es unerheblich, ob diese Frist zuvor bis zu einem bestimmten Termin, der bereits verstrichen ist, verlängert worden war (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 1975 -
VII
ZR 220/73, [X.]Z 64, 1, 4
f).

dd) Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, auf ihren Antrag vom 25.
November 2010 hätte das Berufungsgericht eine Fristverlängerung gewäh-ren müssen. Da die Begründungsfrist zum Zeitpunkt des [X.] bereits abgelaufen war, kam eine Verlängerung nicht mehr in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Februar 2009 -
VII
ZB 76/07, [X.], 1149 Rn.
13; Beschluss vom 17.
Dezember 1991 -
VI
ZB 26/91, [X.]Z 116, 377, 378
f).

b) Vergeblich
wenden sich die Kläger auch gegen die Zurückweisung ihres [X.]. Gemäß §
236 Abs.
2 ZPO ist die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist des §
234 ZPO nachzuholen. Da diese Frist, soweit es um die Begründung von Rechtsmitteln geht, mit Inkraft-treten des 1.
Justizmodernisierungsgesetzes vom 24.
August 2004 (BGBl.
I S.
2198) -
und zwar mit Wirkung auch für bereits anhängige Verfahren (vgl. [X.]/[X.], aaO §
234 Rn.
1)
-
von zwei Wochen auf einen Monat verlängert wurde, hätten die Kläger
nach §
234 Abs.
1 Satz
2 ZPO Gelegenheit gehabt, die Berufung innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung vom Ausgang des Verfahrens vor dem [X.] am 1.
November 2010 zu begründen. Da nach dem hier noch einschlägigen §
519 Abs.
2 Satz
2 ZPO 15
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a.[X.] die Berufungsbegründungsfrist ebenfalls einen Monat betrug, konnte sich im konkreten Fall die
fehlende Kenntnis
der Kläger
vom verfassungsgerichtli-chen Verfahren
in keiner Weise nachteilig auswirken: Den
Klägern
hat
auch unter Berücksichtigung des [X.] die volle Berufungs-begründungsfrist zur Verfügung
gestanden.
Eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art.
103 Abs.
1 GG oder des Rechts-staatsprinzips aus Art.
2 Abs.
1 iVm Art.
20 Abs.
3 GG kommt daher nicht in Betracht.
Fehl
geht
deshalb auch der Hinweis der Kläger auf die Entscheidung des [X.] ([X.] 74, 220 = NJW 1987, 1191), zumal
sich auch die dortige prozessuale Situation
von der vorliegenden
dadurch un-terscheidet, dass
hier die unterbliebene Begründung der Berufung nicht auf einer
Zurückweisung der Berufung als unzulässig beruht.

Schlick

[X.]
.[X.]

[X.]
Tombrink
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.01.2002 -
6 O 38/01 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.01.2011 -
11 [X.] -

Meta

III ZB 6/11

30.06.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.06.2011, Az. III ZB 6/11 (REWIS RS 2011, 5251)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5251

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