Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2017, Az. AnwZ (Brfg) 1/17

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2017, 15692

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140217BANWZ.BRFG.1.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 1/17

vom

14. Februar 2017

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
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2

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Der [X.], [X.], hat durch die Präsidentin des [X.]s [X.], die
Richterin [X.], [X.] Remmert sowie den Rechtsanwalt [X.] und die Rechtsanwältin Merk

am
14. Februar
2017
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf Zulassung der Berufung gegen das am 30. September 2016 verkündete Urteil des 1. Senats des [X.] wird [X.].

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem 27. März 1997 als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 22.
April 2016 widerrief die Beklagte die Zulassung des [X.] wegen [X.]. Die Klage gegen den [X.] ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s.

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II.

Der Antrag ist nach §
112e Satz 2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO statthaft
und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils
des Anwaltsgerichts-hofs (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

a) Der [X.] hat
allerdings
nicht feststellen können, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung bereits im [X.] gemäß §
882b ZPO eingetragen war. Denn es konnte nicht ausge-schlossen werden, dass die Eintragung zwar veranlasst, aber noch nicht vorge-nommen worden war. Der [X.]
hat den Vermögensverfall des [X.] jedoch tragend aus Schuldtiteln sowie aus Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn hergeleitet. Dieses Vorgehen
entspricht der Rechtsprechung des er-kennenden Senats (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 29.
Juli 2016 -
AnwZ
([X.]) 60/15, juris Rn. 7), nach welcher offene Forderungen, Titel und Vollstreckungs-maßnahmen Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind.
Im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung bestanden neben den [X.]n offene Forde-rungen des Versorgungswerkes, des [X.] und der [X.].
Zutreffend hat der [X.] insoweit nicht auf die Höhe der Verbindlichkeiten im Einzelnen abgestellt. Die Zahlungs-
und Räumungsklage aus dem [X.] hat er lediglich als historische Tatsache berücksichtigt, nicht jedoch angenommen, dass insoweit noch Forderungen offen
gestanden hätten.

b) Soweit der [X.] auf die weitere Entwicklung unmittelbar nach Erlass der angefochtenen Widerrufsverfügung abgestellt hat, liegt darin kein Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, 2
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nach welcher der Zeitpunkt der Widerrufsverfügung maßgeblich ist ([X.], [X.] vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 9 ff.). Der [X.] hat aus dieser Entwicklung vielmehr
lediglich
Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des
[X.] im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung gezogen.

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§
112e Satz 2, §
124 Abs.
2 Nr. 3 VwGO).

a) Der Kläger bittet um Prüfung der Frage, ob und inwieweit die zustän-dige Rechtsanwaltskammer im Rahmen der Widerrufsentscheidung ihre Prog-nosekriterien dafür darlegen müsse, dass der Rechtsanwalt seine finanziellen Verhältnisse in absehbarer Zeit nicht ordnen könne. Das Gericht müsse die tat-sächlichen Annahmen, welche die [X.] ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, überprüfen können, was nur der Fall sei, wenn die Prognosekrite-rien offengelegt würden. Eine insoweit unzulängliche Begründung lasse sich nicht durch nachträgliche Erwägungen heilen.

b) Damit ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung schon nicht hinreichend dargelegt. Zur schlüssigen Darlegung dieses [X.] gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet wer-den muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Berufungsgerichts erforderlich ist ([X.], Beschluss vom 6.
Februar
2012 -
AnwZ
([X.]) 42/11, juris Rn. 25). Daran fehlt es.
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c) Die vom Kläger aufgeworfene Frage ist überdies in der Rechtspre-chung des erkennenden Senats geklärt. Steht der Vermögensverfall des Rechtsanwalts aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.] fest, muss er zur Widerlegung der Vermutung ein vollständi-ges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorle-gen und konkret darlegen, dass seine Vermögensverhältnisse nachhaltig ge-ordnet sind (vgl. etwa [X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016 -
AnwZ
([X.]) 36/16, juris Rn. 5 mwN). Lassen
Indizien wie offene
Forderungen, Titel
und Vollstreckungshandlungen
den Schluss auf einen Vermögensverfall des Rechtsanwalts zu, ist der Rechtsanwalt kraft seiner Mitwirkungslast gemäß §
32 Satz 1 [X.], §
26 Abs. 2 VwVfG bereits im [X.] gehalten dar-zulegen, ob und wie er die gegen ihn gerichteten Forderungen tilgen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Februar 2012 -
AnwZ
([X.]) 42/11,
juris
Rn. 20). Von einem Vermögensverfall kann in diesem Fall nur dann nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt sich in Vergleichs-
und Ratenzahlungsverein-barungen mit seinen Gläubigern zur ratenweisen Tilgung seiner [X.] verpflichtet hat, diesen Ratenzahlungen nachkommt und währenddessen keine (weiteren) Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet werden ([X.], Beschluss vom 29.
Dezember 2016 -
AnwZ
([X.]) 36/16, juris Rn. 7). Diese Voraussetzungen
hat der Rechtsanwalt auch dann darzulegen, wenn es nicht um die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des
§
14 Abs.
2 Nr. 7 Halbsatz 2 [X.] geht, sondern um die Entkräftung eines Indizienbeweises
(vgl. etwa [X.], Beschluss vom 15.
Juli 2015 -
AnwZ
([X.]) 13/15, juris Rn. 6).

3. Dem [X.] ist schließlich kein Verfahrensfehler unterlau-fen, auf welchem sein Urteil beruhen kann (§
112e Satz 2 [X.], §
124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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a) Der Kläger beanstandet eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtli-ches Gehör (Art.
103 Abs. 1 GG), weil die im Urteil des [X.]s erwähnte Zahlungs-
und Räumungsklage aus dem Jahre 2012 weder in der Widerrufsverfügung erwähnt worden noch Gegenstand der mündlichen Ver-handlung gewesen sei. Er trägt vor, gegebenenfalls "widerlegend Stellung ge-nommen"
zu haben. Damit ist die Rüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt.
Die Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens, an welchem der Kläger gehindert worden sein will, kann aufgrund seines Vortrags nicht beurteilt werden.

b) Der Kläger rügt weiter eine Verletzung des [X.] gemäß §
86 Abs. 1 VwGO. Er meint, der [X.] hätte von Amts wegen
die Höhe der [X.] im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung aufklären müssen. Auch diese Rüge ist indes nicht ausreichend ausgeführt. Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amts-ermittlungsgrundsatz muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht [X.] wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.] auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unter-bleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen ([X.], Beschluss vom 29.
Juli 2016 -
AnwZ
([X.]) 60/15, juris Rn. 19 mwN).
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Der Kläger legt nicht dar, auf eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hingewirkt oder einen Beweisantrag
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 29.
Juli 2016 -
AnwZ
([X.]) 60/15, juris Rn. 22 mwN)
gestellt zu haben. Er trägt auch nicht vor, zu welchem Ergebnis die nicht näher bezeichneten [X.] geführt hätten. Dass im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung keine Rückstände mehr bestanden hätten, behauptet er nicht. Seiner Darstellung nach kann lediglich nicht ausgeschlossen werden, dass gegebenenfalls eine andere Entscheidung getroffen worden wäre. Das reicht nicht. Überdies wäre der Kläger selbst schon im [X.] gemäß §
32 Satz 1 [X.], §
26 Abs.
2 VwVfG gehalten gewesen, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwir-ken und ihm bekannte Tatsachen und Beweismittel mitzuteilen. Diese Mitwir-kungslast setzt sich im Verfahren vor dem [X.] fort (vgl. [X.], Beschluss vom 6.
Februar 2012 -
AnwZ
([X.]) 42/11, juris Rn. 20). Der Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz vermag die fehlende
oder unzulängliche
Mitwirkung nicht zu ersetzen.

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III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §
112c Abs. 1 Satz 1 [X.], §
154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §
194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

[X.]
[X.]
Remmert

Kau
Merk

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 30.09.2016 -
1 [X.] 31/16 -

14

Meta

AnwZ (Brfg) 1/17

14.02.2017

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2017, Az. AnwZ (Brfg) 1/17 (REWIS RS 2017, 15692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15692

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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