Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2016, Az. IX ZR 109/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15580

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:250216UIXZR109.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX [X.]

Verkündet am:

25. Februar 2016

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 133 Abs. 1
Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen [X.] eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtfor-derung einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fort-dauernden Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.
[X.], Urteil vom 25. Februar 2016 -
IX [X.] -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar
2016
durch [X.] [X.], die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, [X.],
die Richterin Möhring
und den Richter Dr.
Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das
Urteil der 6. Zivil-kammer des [X.] vom 10.
April 2015 und das Ur-teil des [X.] vom 5. November 2014 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.500

Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 25.
Februar 2011 zu bezahlen.
Wegen der [X.] wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 7.
Dezember 2010 über das Vermögen der C.

GmbH

(nachfolgend: Schuldnerin) am 24. Februar 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.

1
-
3
-

Die Schuldnerin
beauftragte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung mit einem Materialtransport von Eschweiler
nach Antwer-pen. Für diese Leistung stellte die Beklagte der [X.] am 30.
Juni und 31. August
2009 insgesamt den Betrag von 16.195,70

in Rechnung.
Ohne Erfolg mahnte die Beklagte am 22.
Juli, 29.
Juli, 5.
August und 23.
September 2009 gegenüber der Schuldnerin die Zahlung an.

Ein
von der Beklagten
mit dem Forderungseinzug betrautes
Inkassoun-ternehmen erwirkte
im Anschluss an eine weitere fruchtlose Mahnung vom 8.
Oktober 2009 gegen die Schuldnerin am 19.
November 2009 einen Mahnbe-scheid. In dem auf den Widerspruch der Schuldnerin eingeleiteten streitigen Verfahren machte die Beklagte geltend,
dass die Schuldnerin keine Einwände gegen die Forderung erhoben habe.
Die Schuldnerin zeigte ihre Verteidigungs-bereitschaft an und teilte dem Gericht im weiteren Verlauf mit, der Beklagten ein Vergleichsangebot unterbreitet zu haben.
Im Rahmen eines am 21.
April 2010 festgestellten gerichtlichen Vergleichs
verpflichtete sich die Schuldnerin, in mo-natlichen Raten von 1.500

April 2010, an die Beklagte 16.195,70

d-nerin entrichtete am 12.
April, 14.
Mai und 29.
Juni 2010 jeweils 1.500

Beklagte.

Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Beklagte auf Erstattung der empfangenen Zahlungen über 4.500

ordergerichte haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

2
3
4
-
4
-
Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es fehle an der von §
133 Abs.
1 [X.] vorausgesetzten Kenntnis der Beklagten von dem [X.] der Schuldnerin. Die Kenntnis des [X.] werde ge-mäß §
133 Abs.
1 Satz
2 [X.] vermutet, wenn der Gläubiger
gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohe und die Handlung die Gläubiger benachteilige. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlungen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende [X.] der Schuldnerin schließen müssen. Für die Nichtzahlung seien andere Ursachen als eine Zahlungsunfähigkeit in Betracht gekommen. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Schuldnerin die Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Forderung noch nicht abgeschlossen
gehabt habe. Hiermit lasse sich auch das prozessuale Verhalten, die Erhebung des Widerspruchs und die Mitteilung
der Verteidigungsbereitschaft, erklären. Dies gelte umso mehr, als zwischen der Fälligkeit der Forderungen und den angefochtenen Rechtshandlungen ein
noch
überschaubarer Zeitraum gelegen habe.

Aus der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung habe die Beklagte zwar schließen können, dass die Schuldnerin interessiert gewesen sei, die Gesamt-fälligkeit der Forderung abzuwenden. Auch diese Erkenntnis deute nicht zwin-gend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit hin. Der Abschluss von [X.] im [X.] sei in der Rechtspraxis 5
6
7
-
5
-
gängige Übung und biete auch dem Schuldner, dem nicht die Zahlungsunfähig-keit drohe, erhebliche Vorteile.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung
nicht stand. Die Klage ist in der Hauptsache gemäß §
133 Abs.
1 Satz
1 [X.] begründet. Die Beklagte hat im Wissen um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deren Benachteili-gungsvorsatz erkannt.

1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im [X.] übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des [X.] haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§
129 Abs.
1 [X.]) ausgelöst
([X.], Urteil vom 7.
Mai 2015 -
IX [X.], [X.], 1202 Rn.
8
mwN).

2. Die Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten er-kannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.

a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können
-
weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt
-
meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden ([X.],
Urteil
vom 13.
August 2009 -
IX ZR 159/06, [X.], 1943 Rn.
8). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, han-delt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuld-ner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu
befriedi-8
9
10
11
-
6
-
gen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit an-derer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeck-ten Ansprüchen rechnen muss ([X.], Urteil vom 6.
Dezember 2012 -
IX ZR 3/12, [X.], 174 Rn.
15; vom 19.
September 2013 -
IX ZR 4/13, [X.], 2074 Rn.
14; vom 24.
Oktober 2013 -
IX ZR 104/13, [X.], 2231 Rn.
11). Nach den unbeanstandeten Feststellungen der Vordergerichte war der
Schuld-nerin, die offene Verbindlichkeiten von mehr als 100.000

,
während des gesamten [X.] ihre Zahlungsunfähigkeit bewusst. Dies gestattet den Schluss auf ihren
Benachteiligungsvorsatz.

b) Die Beklagte hat entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts die aus einer Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§
17 Abs.
2 Satz
2 [X.]) und damit den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin erkannt. Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsge-richt zur Kenntnis des [X.] getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des §
286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Be-weiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen [X.] und Erfahrungssätze verstößt ([X.], Urteil vom 7.
November 2013 -
IX ZR 49/13, [X.], 2272 Rn.
8; vom 10.
Juli 2014 -
IX ZR 280/13, [X.], 1868 Rn.
18; vom 12.
Februar 2015 -
IX [X.], [X.], 591 Rn.
15). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht 12
-
7
-
beachtet und bei
seiner
Würdigung,
die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit
auf der noch andauernden Prüfung der Berechtigung der Forderung beruhen können, gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstoßen.

aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die [X.] und vielfältigen Mahnungen der Beklagten begründete schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung ([X.], Beschluss
vom 21.
August 2013
-
1 StR 665/12,
NJW 2014, 164 Rn. 15;
RG JW 1926, 591 Nr.
12;
Jaeger/[X.], [X.], 2004, § 17 Rn. 32; MünchKomm-GmbHG/
[X.], 2. Aufl., § 84 Rn. 150; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Wirtschafts-
und Steuerstrafrecht, 2011, § 15a [X.] Rn. 68).

[X.]) Die Forderungen der Beklagten waren der Schuldnerin am 30.
Juni und 31. August 2009 in Rechnung gestellt worden. Ferner hatte die Beklagte am 22.
Juli, 29.
Juli, 5.
August und 23.
September 2009 Mahnungen an die Schuldnerin gerichtet. Durch die zeitlich engmaschigen Rechnungs-
und
Mahn-schreiben hatte die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck gegenüber der Schuldnerin entfaltet, welcher dieser
Anlass gab, die Begründetheit der erhobe-nen Forderung zur Vermeidung der mit einem Verzug verbundenen
Rechts-nachteile schleunigst zu prüfen. Da die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung
gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht -
wie das Berufungsgericht meint
-
auf eine andauernde Forderungsprüfung, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprob-leme
hin. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenla-ge der Schuldnerin entsprochen, nach alsbaldiger Prüfung entweder [X.] Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung 13
14
-
8
-
einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umge-hend zu tilgen. Mit einer Prüfung der Forderung, der ein einfacher, leicht fest-stellbarer Leistungsvorgang zugrunde
lag, war das fast fünf Monate währende Schweigen der Schuldnerin zwischen der ersten Rechnungsstellung und dem Erwirken des Mahnbescheides am 19. November 2009 zumal vor dem Hinter-grund der ständigen, bislang störungsfreien Geschäftsbeziehung der Parteien
nach aller Erfahrung nicht
zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realisti-sche Schlussfolgerung begründete der mehrmonatige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die [X.] unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten.
Die in dem ständigen Schieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral [X.], dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds [X.] (MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 17 Rn. 30).

(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich
auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhob und sodann im [X.] eine uneingeschränkt dem Verlangen der Beklagten entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung anbot, nicht auf eine Prüfung der Forderung zurückführen. Durch die Einleitung des Mahnverfahrens und den Übergang in das streitige Verfahren waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Beglei-chung der begründeten Forderung vermieden hätte. Vielmehr offenbarte
die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin
und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits, dass sie mangels flüssiger Zahlungs-mittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kam die Schuldnerin aus der Warte der Beklagten einer streitigen Verurteilung zur Zahlung des Gesamtbetrages zuvor, den sie im Falle einer Vollstreckung ersichtlich nicht hätte aufbringen können.
15
-
9
-

bb) Ein weiteres
Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

[X.]) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei [X.] seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen ([X.], Urteil vom 30.
April 2015 -
IX ZR 149/14, [X.], 1339 Rn.
9). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungsein-stellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer -
nicht unwesentlichen
-
Forde-rung dem [X.] bekannt wird ([X.], Urteil vom 11. Februar 2010
-
IX ZR 104/07, [X.], 711 Rn. 39). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.

(2) Die Beklagte hatte ihre recht
hohe Forderung von mehr als 16.000

über einen längeren
-
nicht,
wie das Berufungsgericht ausführt,
überschauba-ren
-
Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich
eingefordert. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich [X.], die Verbindlichkeit
zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Inkassounter-nehmens und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie die Einleitung des streitigen gerichtlichen Verfahrens konnten die Schuldnerin, die keine Einwen-dungen gegen die Berechtigung der Forderung erhob, nicht zur Zahlung [X.]. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten
gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung den Schluss auf eine Zahlungseinstel-lung (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Juli 2012 -
IX [X.], Z[X.] 2012, 1418 Rn. 9). Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die
Schuldne-rin
nicht in der Lage war, ihre
Verbindlichkeiten zurückzuführen ([X.], Urteil 16
17
18
-
10
-
vom 20. Dezember 2007 -
IX ZR 93/06, [X.], 452 Rn. 35). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren
Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. [X.], Urteil
vom 25.
Oktober 2012 -
IX [X.], [X.], 2251 Rn. 30).

cc) Schließlich offenbarte sich in dem Vorschlag der Schuldnerin auf Ab-schluss einer
Ratenzahlungsvereinbarung
gegenüber der Beklagten ein zusätz-liches
Indiz einer Zahlungseinstellung.

[X.]) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsverein-barung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsver-kehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder [X.]. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den ver-schiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlang-baren Darlehens (vgl. [X.], Beschluss vom 16. April 2015 -
IX ZR 6/14, [X.], 933 Rn.
3).

(2) Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungsein-stellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälli-gen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. [X.], aaO Rn.
4
mwN; Urteil vom 30. Juni 2011 -
IX ZR 134/10, [X.], 1429 Rn. 17). In dieser Weise verhält es sich
im Streitfall. Die Beklagte hatte gegenüber der Schuldnerin über viele Monate
wiederholt und ohne Erfolg
die Zahlung der rückständigen Rechnungen angemahnt. Danach
hatte die Beklagte ein Inkas-sounternehmen mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt und auf den Wider-19
20
21
-
11
-
spruch der Schuldnerin das streitige gerichtliche Verfahren beschritten. Die erst im Rahmen des Rechtsstreits
nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkei-ten geschlossene
Ratenzahlungsvereinbarung entspricht
nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, verklagen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Kläger eine Ratenzahlungsver-einbarung abzuringen. Dabei
fällt
ins Gewicht, dass die Schuldnerin zunächst nur monatliche ab
dem 15. Mai 2010 angeboten hatte und offenbar erst auf Verlangen der Beklagten die Raten verbunden mit einem
Zahlungsbeginn ab dem
15. April 2010 erhöht
wurden. Vor diesem Hintergrund
ging es der Schuldnerin
angesichts des monatelangen [X.] entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr
konnte die angesichts
ihres unabwendbaren prozessualen Unterliegens geäußerte [X.] der Schuldnerin um eine möglichst geringe und zeitlich hinausgeschobene Ratenzahlung nur dahin verstanden werden, ihre
fälligen Verbindlichkeiten [X.] nicht begleichen zu können (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
September 2015 -
IX ZR 308/14, [X.], 2107 Rn.
3).
Einer Erfüllungsverweigerung
oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht ([X.], Urteil vom 22. November 1990 -
IX ZR 103/90, [X.], 39, 40).

dd) Bei dieser Sachlage
haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirk-licht, die aus Sicht der Beklagten klar auf eine Zahlungseinstellung der Schuld-nerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten
(vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011 -
IX ZR 134/10, [X.], 1429
Rn. 18).
Nach der fruchtlo-sen
monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in einem für die Schuldnerin von vornherein 22
-
12
-
verlorenen Rechtsstreit konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschlie-ßen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedi-gung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.

3. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklag-ten wurden nicht durch die zwischen ihnen im [X.] getroffene Ra-tenzahlungsvereinbarung beseitigt.

a) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 [X.]) konnte nur beseitigt
werden, indem die Schuldnerin ihre Zahlungen im [X.] wieder aufnahm.
Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter -
wie hier
-
für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der [X.] grundsätzlich beweisen,
dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjek-tiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt [X.]. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfä-higkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er [X.] davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise [X.] wieder aufgenommen ([X.], Urteil vom 6. Dezember 2012 -
IX ZR 3/12, [X.], 174 Rn. 33 mwN).

b) Diesen [X.] hat die Beklagte weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht genügt.

aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestanden gegen die Schuldnerin im hier maßgeblichen [X.] durchweg Forderun-23
24
25
26
-
13
-
gen
in Höhe von
mehr als [X.] wurde die Zahlungseinstellung der Schuldnerin mangels einer [X.]en Zahlungsaufnahme allein durch die vereinbarungsgemäße Erfüllung der Ratenzahlungen nicht behoben ([X.], Urteil vom 6. Dezember
2012, aaO Rn.
36).

bb) Ebenso ließ die ratenweise Tilgung ihrer
eigenen Forderung
die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht ent-fallen.

[X.]) Die Schlussfolgerung des [X.]s, wonach die Zah-lungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein. Als erstes [X.] die Umstände, welche die Kenntnis des [X.]s begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein bewirkt nicht zwin-gend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kennt-nis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr [X.] ([X.], Urteil vom 27.
März 2008 -
IX
ZR 98/07, [X.], 840 Rn.
10
ff, 16; vom 19.
Mai 2011 -
IX
ZR 9/10, [X.], 1085 Rn.
15; vom 6.
Dezember 2012, aaO Rn.
39; vom 17. Dezember
2015 -
IX ZR 61/14, [X.], 172 Rn.
27).

(2) Hier kann schon eine nachträgliche Änderung der [X.] nicht festgestellt werden. Aus Sicht der Beklagten hatten sich keine [X.] verwirklicht, die darauf hindeuteten, dass die Schuldnerin ihre
Zahlungsfä-higkeit zurückgewonnen und ihre Zahlungen vollständig wieder aufgenommen 27
28
29
-
14
-
hätte. Konkrete Tatsachen, denen zufolge sich die Liquiditätslage der Schuldne-rin verbessert hatte, waren der Beklagten nicht bekannt geworden
(vgl. [X.], Urteil vom 27.
März 2008, aaO Rn. 19). Auch hatte die Schuldnerin gegenüber der Beklagten keine Erklärungen abgegeben, die das
Vertrauen auf ihre
wirt-schaftliche Gesundung rechtfertigten
(vgl. [X.], Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 20; vom 20. November 2008 -
IX ZR 188/07, [X.], 274 Rn. 13 f). Vielmehr unterstrich die Bitte um Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung die fortbestehende
Zahlungsunfähigkeit
der Schuldnerin, die sich zu einem [X.] Forderungsausgleich außerstande erklärte. Mithin konnte die Beklagte auf-grund des Vergleichsschlusses nicht von einer Zahlungsfähigkeit der Schuldne-rin ausgehen.

(3) Da die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb, war es für die Beklagte zudem offensichtlich, dass außer ihr weitere Gläubiger vorhanden waren, deren
Forderungen nicht
in vergleichbarer Weise bedient wurden wie ihre
eigenen. Die Beklagte konnte sich nicht der Erkenntnis verschließen, dass andere Gläubiger davon absahen, in gleicher Weise wie sie durch Mahnungen, Erwirken eines Mahnbescheids und Einleitung eines streitigen gerichtlichen Verfahrens
erheblichen Druck auf die Schuldnerin zwecks Eintreibung ihrer Forderungen auszuüben. Vielmehr musste die Beklagte damit rechnen, dass andere Gläubiger die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen würden. Darum entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner -
um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern -
unter dem Druck eines besonders auf Zahlung drängen-den Gläubigers
Zahlungen bevorzugt an diesen leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall ein Schluss des Gläubigers dahin, dass -
nur weil er selbst Zahlungen erhalten hat
-
der 30
-
15
-
Schuldner seine Zahlungen auch im allgemeinen wieder aufgenommen habe (vgl. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 42 mwN).

III.

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei
Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endent-scheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§
563 Abs.
3 ZPO). Der Erstattungsanspruch des [X.] beläuft sich gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1, §
133 Abs. 1

Zinsen sind dem Kläger gemäß §
143 Abs.
1 Satz 2 [X.], §
819 Abs.
1, §
818 Abs.
4, §
291
Satz 1, §
288 Abs.
1 Satz 2 BGB

31
-
16
-
ab dem Zeitpunkt
der Insolvenzeröffnung zuzuerkennen ([X.], Urteil vom 1.
Februar 2007 -
IX ZR 96/04, [X.]Z 171, 38 Rn.
11
ff).

Kayser
Gehrlein
[X.]

Möhring
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.11.2014 -
101 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 10.04.2015 -
6 S 119/14 -

Meta

IX ZR 109/15

25.02.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2016, Az. IX ZR 109/15 (REWIS RS 2016, 15580)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15580

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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