Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2011, Az. 4 AZR 214/09

4. Senat | REWIS RS 2011, 9170

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Gegenstand

Eingruppierung eines psychologischen Psychotherapeuten in den TV-Ärzte/KAH - Tätigkeitsaufstieg und Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. Februar 2009 - 5 [X.]/08 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. April 2008 - 1 Ca 489/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem zwischen dem [X.] ([X.]) und dem [X.] - [X.] - am 22. November 2006 geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte im [X.] ([X.]/[X.]).

2

Der Kläger, der den Abschluss eines Diplom-Psychologen erworben hat, ist bei der [X.] und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Juli 1973 beschäftigt. Er wurde ab dem 1. Januar 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, verbunden mit Lehrverpflichtungen im [X.], beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 10. März 1981 heißt es ua.:

        

„1.     

        

Der Arbeitnehmer wird ab 1.1.1981 auf unbestimmte Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Vergütungsgruppe IIa Anlage 1a zum [X.] weiterbeschäftigt.“

3

Der Kläger ist seit dieser Zeit mit [X.] seiner Arbeitszeit in der Patientenversorgung tätig. Bereits seit dem 8. Mai 1980 verfügt er über eine Erlaubnis nach § 1 [X.], die es ihm gestattet, die Tätigkeit eines Psychotherapeuten berufsmäßig auszuüben. Im Jahre 1999 erhielt der Kläger die [X.] zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten nach § 12 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychologen (vom 16. Juni 1998 - PsychThG).

4

Am 1. Januar 2007 trat der [X.]/[X.] in [X.]. Die Überleitung regelt der am gleichen Tag geschlossene Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte im [X.] ([X.]/[X.]). Zum Geltungsbereich bestimmt § 1 [X.]/[X.]:

        

„Dieser Tarifvertrag gilt für alle Ärzte und Zahnärzte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitgliedsunternehmen des [X.] stehen. Er gilt weiterhin für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitätskliniken und für akademische Mitarbeiter, die in einem Arbeitsverhältnis mit einem Mitgliedsunternehmen des [X.] stehen und überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahrnehmen. Soweit im Folgenden von Ärzten gesprochen wird, sind sämtliche vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten gemeint.

        

…       

        

Protokollnotiz zu Absatz 1:

        

…       

        

Akademische Mitarbeiter sind Beschäftigte mit einem staatlich anerkannten, universitären Hochschulabschluss, die eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit ausüben. Hierzu gehören [X.] und psychologische Psychotherapeuten mit [X.].“

5

Die Beklagte vergütet den Kläger seit dem 1. Januar 2007 nach der [X.] Ä 1 Stufe 5 [X.]/[X.]. Zusätzlich zu seinem Grundentgelt erhält der Kläger noch eine Besitzstandszulage. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 und vom 29. August 2007 machte der Kläger erfolglos eine Vergütung nach der [X.] Ä 2 Stufe 3 [X.]/[X.] geltend.

6

Mit seiner Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er sei als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der [X.] tätig und nehme überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahr. Der 1981 geschlossene Arbeitsvertrag sei nie geändert worden. Er übe mit [X.] seiner Arbeitszeit eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit aus. Wissenschaftliche Mitarbeiter seien nach zehnjähriger Tätigkeit nach der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] zu vergüten. Die Stufe 3 der [X.] stehe ihm zu, da er mehr als sieben Jahre das [X.] der [X.] erfülle. Selbst wenn er unter die Gruppe der akademischen Mitarbeiter falle, seien die tariflichen Voraussetzungen erfüllt. Die [X.] nach der Überleitungsvorschrift des § 12 Abs. 3 PsychThG setze voraus, dass er zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 31. Dezember 1998 mit einer Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren an der Versorgung von Versicherten mitgewirkt habe.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2007 Vergütung aus der Vergütungsgruppe Ä 2/3 des TV-Ärzte/[X.] zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei aufgrund der von ihm ausgeübten Tätigkeiten akademischer Mitarbeiter. Trotz des Arbeitsvertrages liege der deutliche Schwerpunkt seiner tatsächlichen Beschäftigung in der Patientenversorgung. Diese tatsächliche einvernehmliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses gehe den vertraglichen Abreden vor. Der Kläger verfüge noch nicht zehn Jahre über die nach der Protokollnotiz zu § 1 [X.]/[X.] erforderliche [X.].

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Feststellungsklage ist zulässig.

1. Der Antrag ist hinsichtlich der [X.] als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig.

2. Soweit der Kläger darüber hinaus eine bestimmte Stufe der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] festgestellt wissen will, fehlt ihm nicht das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt diese Zulässigkeitsvoraussetzung für einen derartigen Antrag dann vor, wenn neben der [X.] auch die Zuordnung zu einer Entgeltstufe zwischen den Parteien umstritten ist und durch den Feststellungsantrag dieser Teil eines Vergütungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig geklärt und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können (9. Dezember 2009 - 4 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.] § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8; 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 15, [X.] 124, 240; 25. Januar 2006 - 4 [X.] 613/04 - Rn. 13, [X.] § 27 Nr. 4).

b) Danach ist das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegend gegeben. Der Streit zwischen den Parteien betrifft nicht nur die Eingruppierung im Sinne der Erfüllung von [X.]en der [X.]n. Da die Beklagte bestreitet, der Kläger sei vor dem Beginn des Jahres 1999 akademischer Mitarbeiter im [X.] gewesen, ist es nicht ausgeschlossen, dass selbst bei der Annahme einer Vergütungspflicht nach der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] ein Streit über die zutreffende Entgeltstufe entsteht.

II. Die Klage hat jedoch keinen Erfolg. Dabei kann es dahinstehen, ob der Kläger wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter iSd. § 1 [X.]/[X.] ist. Die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] sind in jedem Fall nicht erfüllt. Der Kläger verfügt nicht über die nach dem [X.] geforderte „zehnjährige Tätigkeit in Ä 1“.

1. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien findet der [X.]/[X.] auf das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar 2007 Anwendung.

2. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des [X.] sind die nachstehenden Regelungen des [X.]/[X.] und des TVÜ-Ärzte/[X.] maßgebend.

a) Der [X.]/[X.] lautet auszugsweise:

        

„§ 12 

        

Eingruppierung

        

Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:

        

[X.]

Bezeichnung

        

Ä 1     

Arzt, Zahnarzt

                 

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

                 

Akademischer Mitarbeiter

        

Ä 2     

Facharzt, Fachzahnarzt

                 

Wissenschaftlicher Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1

                 

Akademischer Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1

                 

…       

        

 § 16 

        

Stufen der [X.]

        

(1)     

Die [X.]n Ä 1 und Ä 2 umfassen fünf Stufen; die [X.] Ä 3 umfasst drei Stufen; die [X.] Ä 4 umfasst eine Stufe. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit bzw. der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes, die in der Tabelle (Anlage [X.]) angegeben sind.

        

(2)     

Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt. Zeiten von Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden. Zeiten ärztlicher/ fachärztlicher Tätigkeit außerhalb des [X.] können nur berücksichtigt werden, soweit sie von der zuständigen Stelle als der inländischen ärztlichen Tätigkeit gleichwertig anerkannt sind/ werden.“

b) Im TVÜ-Ärzte/[X.] ist ua. bestimmt:

         

„§ 3   

        

[X.]nzuordnung und Einstufung

        

(1)     

Für die Eingruppierung der Ärzte ab 01. Januar 2007 gilt die Entgeltordnung gem. § 12 TV-Ärzte [X.].

                          
        

(2)     

Die Ärzte werden in die Entgeltstufe eingestuft, die sie erreicht hätten, wenn die Entgeltordnung gemäß § 12 TV-Ärzte [X.] für Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgeblichen [X.] gegolten hätte.

        

…“    

        

3. Dem Begehren des [X.] steht entgegen, dass er seit Inkrafttreten des maßgebenden [X.] nicht bereits zehn Jahre in der [X.] Ä 1 [X.]/[X.] tätig gewesen ist. Ein [X.] des [X.] wurde nach dem Tarifvertrag erst mit dessen Inkrafttreten ermöglicht, sodass die entsprechenden Zeiten erst seit diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Die Anrechnung von Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des [X.]/[X.] liegen, die § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] bei der [X.] ermöglicht, ist für die Bestimmung der maßgebenden [X.] nicht vorgesehen.

a) Die Auslegung eines [X.] (zu den Maßstäben etwa [X.] 26. Januar 2005 - 4 [X.] 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe, [X.] 113, 291) durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (st. Rspr., etwa [X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 40, [X.] 124, 240 ).

b) Die Auslegung ergibt, dass die tarifvertraglich vorgesehene Tätigkeit in einer bestimmten [X.] des [X.]/[X.], die zu einer Höhergruppierung führt, nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in der genannten [X.] des [X.] eingruppiert war. Das setzt grundsätzlich die Anwendbarkeit des [X.]/[X.] auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers voraus, kann vorliegend also nur durch Tätigkeitszeiten erfüllt werden, die nach Inkrafttreten des [X.]/[X.] am 1. Januar 2007 absolviert worden sind.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten, Tätigkeitszeiten oder Bewährungszeiten in Tarifverträgen unterschiedlich geregelt werden. Sieht ein Tarifvertrag vor, dass eine Höhergruppierung nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in einer bestimmten [X.] des betreffenden [X.] eingruppiert war, setzt das grundsätzlich die zeitgleiche Anwendbarkeit des [X.] auf das Arbeitsverhältnis voraus. Die tariflich geforderten Tätigkeitszeiten können dann nur nach Inkrafttreten des [X.] erfüllt werden ([X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 41 ff., [X.] 124, 240; 22. September 2010 - 4 [X.] 149/09 - Rn. 46).

bb) Im vorliegenden Zusammenhang folgt bereits aus dem Wortlaut des [X.]/[X.], dass für den [X.] aus der [X.] Ä 1 in die nächsthöhere [X.] eine „Tätigkeit in Ä 1“ vorgeschrieben ist und nicht lediglich eine Tätigkeit als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter. „In Ä 1” kann ein Arbeitnehmer nur tätig sein, wenn er die [X.]e der [X.] erfüllt. Das setzt die Geltung der betreffenden Entgeltordnung und damit des [X.]/[X.] voraus. Zwar können unter bestimmten Umständen auch Tatbestände, die in der Vergangenheit liegen, tarifliche Bedeutung erlangen. Dies erfordert jedoch eine entsprechend deutliche tarifvertragliche Regelung, da [X.] wie Gesetze grundsätzlich nur für die Zukunft Geltung beanspruchen ([X.] 17. Oktober 2007 - 4 [X.] 1005/06 - Rn. 43, [X.] 124, 240; 9. März 1994 - 4 [X.] 228/93 - mwN, [X.] § 23a Nr. 32).

cc) Dieses am Wortlaut orientierte [X.] wird gestützt durch den Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen. Die Tarifvertragsparteien waren sich erkennbar bewusst, dass es auch andere, prinzipiell berücksichtigungsfähige Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des [X.]/[X.] gibt.

§ 16 Abs. 1 Satz 2 [X.]/[X.] bestimmt für das Erreichen der nächsten Entgeltstufe, dass diese Stufe nach „den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit“ erreicht wird. Damit wird auf Tätigkeitszeiten während der Eingruppierung in den jeweiligen [X.]n abgestellt (vgl. auch zu § 19 [X.]/VKA [X.] 22. September 2010 - 4 [X.] 166/09 - Rn. 45; 16. Dezember 2010 - 6 [X.] 357/09 - Rn. 16 f.). Grundsätzlich wäre damit jeder Arbeitnehmer bei Inkrafttreten des [X.] der Stufe 1 der einschlägigen [X.] zugeordnet. Für die Festlegung der Entgeltstufe haben die Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] jedoch ausdrücklich bestimmt, dass auch Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des [X.] für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltstufe berücksichtigt werden, wenn die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers schon vor dem 1. Januar 2007 das [X.] der betreffenden [X.] erfüllt hat. Auch § 16 Abs. 2 [X.]/[X.] behandelt bei der Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten einschlägiger Berufserfahrungen - nur - die Stufenzuordnung.

Angesichts der eindeutigen, von den Tarifvertragsparteien sogar wiederholt verwendeten Begrifflichkeit gilt die Tarifregelung des § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] nur für die Einstufung in die Entgeltstufe, nicht für die Zuordnung zu einer [X.]. Die von den Tarifvertragsparteien in ihren Vergütungsregelungen gewählte unterschiedliche Terminologie ist zu beachten. Nach den Kriterien für die Auslegung eines [X.] als [X.] ist regelmäßig davon auszugehen, dass Tarifvertragsparteien durch eine differenzierende Wortwahl auch unterschiedliche Regelungen treffen wollen. Von einer Maßgeblichkeit von Tätigkeitszeiten, die Arbeitnehmer absolviert haben, ohne nach dem [X.]/[X.] eingruppiert zu sein, sind die Tarifvertragsparteien für die von ihnen geregelte Eingruppierung in [X.]n nicht ausgegangen, auch wenn man hier an eine gleichartige Regelung hätte denken können. Ein dahin gehender Regelungswille hat aber im Wortlaut des TVÜ-Ärzte/[X.] keinerlei Niederschlag (vgl. hierzu [X.] 19. September 2007 - 4 [X.] 670/06 - Rn. 35, [X.] 124, 110) gefunden.

c) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man zugunsten des [X.] davon ausgeht, die Tarifvertragsparteien hätten bei Abschluss des [X.] nicht bedacht, dass Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des [X.]/[X.] nicht nur für die Entgeltstufe, sondern auch für die Bestimmung der zutreffenden [X.] maßgebend sein können, weshalb der Tarifvertrag insoweit lückenhaft wäre.

aa) Für die Annahme einer Regelungslücke könnte im vorliegenden Fall sprechen, dass die Berücksichtigung von Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 2007 für die Eingruppierung in eine [X.] mit Ausnahme der wissenschaftlichen und der akademischen Mitarbeiter nicht erforderlich gewesen ist. Denn für die übrigen in den [X.]n Ä 1 bis Ä 4 [X.]/[X.] genannten Beschäftigten ist ein [X.] in eine andere [X.] nicht vorgesehen. [X.] sie bereits vor dem 1. Januar 2007 eines der in § 12 [X.]/[X.] genannten [X.]e, konnte dies nur für die Einstufung in eine der Entgeltstufen des § 16 [X.]/[X.] von Bedeutung sein, nicht aber zur Bestimmung der [X.].

Weiterhin könnte für eine Tariflücke sprechen, wie sich die wörtlich verstandene Tarifregelung in einem Fall wie dem vorliegenden auswirkt. Sie führt dazu, dass der Kläger, obwohl bereits seit vielen Jahren als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter tätig, zehn Jahre ab Inkrafttreten des [X.] in der [X.] Ä 1 Stufe 5 [X.]/[X.] verbleibt, bevor der [X.] erfolgt. Dasselbe gilt auch für denjenigen wissenschaftlichen oder akademischen Mitarbeiter, der seine Tätigkeit mit dem Datum des Inkrafttretens des [X.] aufgenommen hat, wobei er allerdings den gesamten Stufenaufstieg der [X.] Ä 1 [X.]/[X.] zu durchlaufen hat.

bb) Eine hiernach etwa feststellbare Tariflücke kann jedoch nur geschlossen werden, wenn es sich nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt. Denn die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder eine schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. [X.] 21. April 2010 - 4 [X.] 750/08 - Rn. 34 mwN, [X.], 571; 25. Februar 2009 - 4 [X.] 964/07 - Rn. 20 mwN, [X.] § 1 Auslegung Nr. 215; 24. September 2008 - 4 [X.] 642/07 - Rn. 23 [X.], [X.] § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46). Zudem darf nicht jede unbewusste Tariflücke durch die Gerichte geschlossen werden. Dafür müssen sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür ergeben, welche Regelung die Tarifvertragsparteien für die nachträglich festgestellte Regelungslücke getroffen hätten, wenn sie die Lücke bei Tarifabschluss bemerkt hätten ([X.] 21. April 2010 - 4 [X.] 750/08 - Rn. 34, aaO; 24. September 2008 - 4 [X.] 642/07 - Rn. 25, aaO). Bestehen im Kontext des vorliegenden [X.] mehrere Möglichkeiten die Lücke zu schließen, muss die Auswahlentscheidung den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (s. nur [X.] 25. August 2010 - 4 [X.] - Rn. 38 mwN; 24. September 2008 - 4 [X.] 642/07 - Rn. 25 mwN, aaO; 5. Oktober 1999 - 3 [X.] 230/98 - zu I 5 der Gründe mwN, [X.] 92, 310).

cc) Auch in Anbetracht des neu geschaffenen [X.] liegt es an sich nicht fern, zugunsten des [X.] davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien unbewusst die Frage, ob Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des [X.] für den in § 12 [X.]/[X.] geregelten [X.] ungeregelt gelassen haben. Aber auch dann fehlt es an den erforderlichen eindeutigen Hinweisen darauf, dass die Tarifvertragsparteien, hätten sie den Regelungsbedarf erkannt, eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] entsprechende Regelung auch für die [X.]nzuordnung getroffen hätten.

Zwar lässt sich dem [X.]/[X.] für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter ein Entgeltsystem entnehmen, wonach diese Arbeitnehmer - aufgrund der nach Abs. 3 der Anlage [X.] zum [X.]/[X.] für diesen [X.] gegenüber dem ärztlichen Personal veränderten Stufenlaufzeiten - alle zwei Jahre von der Entgeltstufe 1 bis zur Entgeltstufe 5 aufsteigen. Hieran schließt sich - bei zehnjähriger Tätigkeit in der [X.] Ä 1 [X.]/[X.] - der [X.] in die [X.] Ä 2 Stufe 1 [X.]/[X.] an, dem nach jeweils zwei Jahren ein weiterer Stufenaufstieg, begrenzt auf die Entgeltstufe 3 der [X.] Ä 2 [X.]/[X.], folgt.

Allein diese tarifliche Systematik ergibt aber noch keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, ob die Tarifvertragsparteien im Rahmen der grundlegend geänderten Entgeltstrukturen, die sich auch in der [X.] des § 4 TVÜ-Ärzte/[X.] widerspiegeln, für die [X.]nzuordnung alle Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des [X.] ohne weiteres anrechnen wollten. Bei den anderen Beschäftigtengruppen ermöglicht die Anrechnung der Tätigkeitszeiten vor dem 1. Januar 2007 in den [X.]n Ä 1 und Ä 2 [X.]/[X.] bei zudem abweichenden Stufenlaufzeiten nur einen Aufstieg von der Stufe 1 in die Stufe 5 der jeweiligen [X.]. Demgegenüber würde bei den wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeitern die Berücksichtigung vorangegangener Tätigkeitszeiten sowohl einen [X.] in die [X.] Ä 2 als auch einen Stufenaufstieg in Stufe 3 [X.]/[X.] bedeuten. Damit würde nicht nur wie bei den Ärzten in der [X.] Ä 1 [X.]/[X.] nach der [X.] 2010 ein um 935,00 Euro brutto höheres Entgelt ermöglicht als bei der Nichtberücksichtigung von [X.] - bei den Beschäftigten der [X.] Ä 2 [X.]/[X.] beläuft sich der entsprechend ermittelte Unterschiedsbetrag auf 1.180,00 Euro brutto -, sondern eine Entgeltsteigerung um 1.970,00 Euro brutto festgelegt. Dies weicht erheblich von den [X.] ab, welche die Tarifvertragsparteien durch die Regelung in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] für die [X.] bereits länger Beschäftigter eröffnet haben. Dass sie für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter diese Regelung auch für den [X.] hinsichtlich der [X.] einschließlich der sich gegenüber den anderen Mitarbeitern abweichenden Entgeltsteigerungen eröffnen wollten, liegt zwar nicht völlig außerhalb des Bereichs des Möglichen, weil bei ihnen eine Weiterqualifikation zum Facharzt grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Aus dem Tarifvertrag selbst lassen sich indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien in jedem Falle eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/[X.] genau entsprechende Regelung getroffen hätten. Nur dann wäre dem Senat aber eine entsprechende Lückenfüllung möglich gewesen.

Gegen einen in die genannte Richtung gehenden hypothetischen Gleichstellungswillen der Tarifvertragsparteien, was die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter angeht, spricht im Übrigen auch, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage [X.] zum [X.]/[X.] bereits hinsichtlich des [X.] für diesen Personenkreis eine gegenüber den anderen Beschäftigtengruppen abweichende Regelung, was die Stufenlaufzeiten angeht, getroffen haben. Ein derartiger besonderer Regelungswille kann auch für die vorliegende tarifliche Regelungsfrage der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten für die Eingruppierung nicht ausgeschlossen werden.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Bepler    

        

    Winter    

        

    Treber     

        

        

        

    Drechsler    

        

    [X.]    

                 

Meta

4 AZR 214/09

23.02.2011

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 15. April 2008, Az: 1 Ca 489/07, Urteil

§ 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2011, Az. 4 AZR 214/09 (REWIS RS 2011, 9170)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9170

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

10 Ca 2710/11

12 Sa 721/19

12 Sa 465/18

12 Sa 322/17

7 Sa 754/15

12 Sa 631/15

12 Sa 1363/11

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