Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. VII ZR 22/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10495

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 22/10
vom 13. Januar 2011 in dem Re[X.]htsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Januar 2011 dur[X.]h [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, den [X.], die Ri[X.]hterin [X.] und [X.] Ei[X.]k bes[X.]hlossen: Der Bes[X.]hwerde der [X.] wird teilweise stattgegeben. Das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 12. Januar 2010 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, einen über 15.268,51 • nebst Zinsen hinausgehenden Betrag zu zahlen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zur neuen Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Verfahrens der Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde, an das Berufungsgeri[X.]ht [X.]. Im Übrigen wird die Bes[X.]hwerde der [X.] gegen die Ni[X.]htzu-lassung der Revision zurü[X.]kgewiesen. Gegenstandswert der Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde: 24.598,09 •; des stattgebenden Teils: 12.594,69 • (11.844,69 • + 710,27 • + 39,73 •) - 3 - Gründe: [X.] 1 Der Kläger verlangt von der [X.] Restwerklohn. 2 Im Rahmen eines Bauvorhabens der [X.] wurden der [X.] die Bauleistungen übertragen. Mit den Fliesenarbeiten beauftragte sie mit Vertrag vom 30. Mai 2005 den Kläger zu einem Paus[X.]halfestpreis von 54.900 • netto. Na[X.]h den Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts vereinbarten die [X.] kurz na[X.]h Vertragss[X.]hluss, dass die Beklagte das vom Kläger benötigte [X.] bezahlen und diese Kosten vom Paus[X.]halpreis absetzen sollte. Der Klä-ger erstellte über seine Leistungen drei S[X.]hlussre[X.]hnungen. In der letzten vom 15. Mai 2009 erre[X.]hnete er eine Restwerklohnforderung von 24.598,09 • netto. Das [X.] hat die zunä[X.]hst weitergehende Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Anspru[X.]h nur no[X.]h in Höhe von 24.598,09 • weiterverfolgt. Das Berufungsgeri[X.]ht hat ihm diesen Betrag nebst Zinsen zugespro[X.]hen. Es hat die Revision ni[X.]ht zugelassen. Dagegen ri[X.]htet si[X.]h die Bes[X.]hwerde der [X.]. Sie will mit der Revision die Abweisung der Klage errei[X.]hen. 3 I[X.] Die Bes[X.]hwerde der [X.] gegen die Ni[X.]htzulassung der Revision hat teilweise Erfolg. 4 1. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspru[X.]hs der [X.] auf re[X.]htli[X.]hes Gehör, soweit das Berufungsgeri[X.]ht bei der Bere[X.]h-nung der [X.] des [X.] 16 % Umsatzsteuer angesetzt hat. 5 - 4 - a) Der Anspru[X.]h einer [X.] auf re[X.]htli[X.]hes Gehör soll diese vor Überra-s[X.]hungsents[X.]heidungen s[X.]hützen. Art. 103 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn ein Geri[X.]ht ohne vorherigen Hinweis auf re[X.]htli[X.]he Gesi[X.]htspunkte oder Erwägun-gen abstellt, mit denen au[X.]h ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter na[X.]h dem bisherigen Prozessverlauf ni[X.]ht zu re[X.]hnen brau[X.]hte ([X.], NJW 2003, 2524). Die in § 139 Abs. 2 ZPO normierte Hinweispfli[X.]ht konkretisiert die-sen Anspru[X.]h auf re[X.]htli[X.]hes Gehör. 6 b) Dana[X.]h hat hier das Berufungsgeri[X.]ht den Anspru[X.]h der [X.] auf re[X.]htli[X.]hes Gehör verletzt. 7 Es besteht keine Verpfli[X.]htung der [X.], dem Kläger hinsi[X.]htli[X.]h der von ihm erbra[X.]hten Leistungen zuzügli[X.]h zu dem [X.] no[X.]h dar-auf entfallende Umsatzsteuer zu zahlen. Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG s[X.]huldet ni[X.]ht der Kläger die Umsatzsteuer, sondern die Beklagte selbst als Leistungsempfängerin. Dementspre[X.]hend legten beide [X.]en während des gesamten Re[X.]htsstreits ihren Bere[X.]hnungen Nettobeträge zugrunde. Weder die drei S[X.]hlussre[X.]hnungen des [X.] no[X.]h die Abre[X.]hnung der [X.] vom 13. Dezember 2005 weisen Umsatzsteuer aus. Diese war zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Vortrags der [X.]en. In den S[X.]hlussre[X.]hnungen des [X.] vom 23. Juli 2008 und 15. Mai 2009 ist sogar ausdrü[X.]kli[X.]h vermerkt, dass die Steuers[X.]huld gemäß § 13b UStG vom Empfänger der Leistung ges[X.]huldet [X.]. Bei dieser Sa[X.]hlage stellt das ohne vorherige Erörterung fehlerhaft die Um-satzsteuer zuspre[X.]hende Berufungsurteil eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG ver-stoßende Überras[X.]hungsents[X.]heidung dar. 8 [X.]) Der Verstoß ist ents[X.]heidungserhebli[X.]h. Bei dem gebotenen Hinweis hätte die Beklagte die Re[X.]htslage klargestellt. 9 - 5 - 2. Das Berufungsurteil beruht des weiteren auf einer Verletzung des [X.] der [X.] auf re[X.]htli[X.]hes Gehör, soweit das Berufungsgeri[X.]ht bei den Abzügen für die der [X.] entstandenen Materialkosten die Belege 379 und 406 ni[X.]ht berü[X.]ksi[X.]htigt hat. 10 11 a) Das Berufungsgeri[X.]ht hat hierzu ausgeführt, diese Positionen seien uns[X.]hlüssig; die Beklagte habe beide Belege ni[X.]ht vorgelegt. Damit hat das Berufungsgeri[X.]ht gegen § 139 Abs. 1, Abs. 2 ZPO versto-ßen. Es hätte die Beklagte vor seiner Ents[X.]heidung auf das Fehlen der beiden Belege hinweisen und ihr Gelegenheit geben müssen, sie na[X.]hzurei[X.]hen. 12 b) Zwar stellt ni[X.]ht jeder Verstoß gegen § 139 ZPO eine Verletzung des Anspru[X.]hs auf re[X.]htli[X.]hes Gehör dar. Die Vors[X.]hrift geht über das verfassungs-re[X.]htli[X.]h gebotene Minimum hinaus ([X.], NJW-RR 2005, 936, 937). Es [X.] vielmehr im Einzelfall der Prüfung, ob dadur[X.]h zuglei[X.]h das unabdingbare Maß verfassungsre[X.]htli[X.]h verbürgten re[X.]htli[X.]hen Gehörs verkürzt worden ist ([X.]E 60, 305). 13 Das ist hier der Fall. Die Beklagte hatte bereits in erster Instanz eine Auf-stellung über die von ihr bezahlten Materiallieferungen vorgelegt. Diese [X.] zahlrei[X.]he Einzelpositionen, die sämtli[X.]h bis auf die vom Berufungsgeri[X.]ht monierten dur[X.]h Re[X.]hnungen oder Liefers[X.]heine belegt waren. Hierauf kam es letztli[X.]h ni[X.]ht an, weil das [X.] die Klage wegen Uns[X.]hlüssigkeit abge-wiesen hat. Die Aufstellung der [X.] erlangte dann im Berufungsre[X.]htszug Bedeutung, weil das Berufungsgeri[X.]ht aufgrund der S[X.]hlussre[X.]hnung des [X.] vom 15. Mai 2009 davon ausging, dass der Kläger nunmehr prüfbar abge-re[X.]hnet habe. Der Kläger hat allerdings, wie das Berufungsgeri[X.]ht ausführt, die Aufstellung der [X.] ledigli[X.]h als unübersi[X.]htli[X.]h oder ungeordnet oder ni[X.]ht prüfbar oder ähnli[X.]h bezei[X.]hnet, ohne zu bestimmten konkreten Positio-14 - 6 - nen vorzutragen, dass sie ni[X.]ht für das Bauobjekt bestimmt gewesen seien. Zudem hat die Beklagte in ihren Stellungnahmen vom 9. Juni und 18. August 2005 zu Abs[X.]hlagsre[X.]hnungen des [X.] Materiallieferungen, darunter au[X.]h die beiden fragli[X.]hen Positionen, in Abzug gebra[X.]ht. 15 Wenn das Berufungsgeri[X.]ht trotz dieses Prozessverlaufs erst in seinem Urteil ohne vorherigen Hinweis das Fehlen der Belege 379 und 406 beanstan-det und diese Positionen der [X.] abspri[X.]ht, stellt dies eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überras[X.]hungsents[X.]heidung dar. [X.]) Der Verstoß ist ents[X.]heidungserhebli[X.]h. Na[X.]h dem Vortrag der Ni[X.]ht-zulassungsbes[X.]hwerde hätte die Beklagte auf einen entspre[X.]henden Hinweis darauf aufmerksam gema[X.]ht, dass der Kläger selbst diese fragli[X.]hen Material-lieferungen abgezei[X.]hnet hatte. Es ist ni[X.]ht auszus[X.]hließen, dass das Beru-fungsgeri[X.]ht dann au[X.]h diese beiden Positionen, gegebenenfalls na[X.]h Vorlage der Belege, als ausrei[X.]hend dargelegt angesehen hätte. 16 II[X.] Im Übrigen wird von einer Begründung der Ents[X.]heidung über die Zu-rü[X.]kweisung der Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde abgesehen, weil sie ni[X.]ht [X.] - 7 - net wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Re-vision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO). [X.] Kuffer Bauner [X.] Ei[X.]k Vorinstanzen: [X.], Ents[X.]heidung vom 26.02.2009 - 5 O 351/07 - [X.], Ents[X.]heidung vom 12.01.2010 - 9 U 59/09 -

Meta

VII ZR 22/10

13.01.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. VII ZR 22/10 (REWIS RS 2011, 10495)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10495

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Wird zitiert von

12 Sa 911/13

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VII ZR 22/10

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