Bundespatentgericht, Urteil vom 14.07.2011, Az. 3 Ni 1/11 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2011, 4808

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser EntscheidungPatentnichtigkeitsklageverfahren – "Bügeleisen mit einer Antihaftschichtbeschichtung" – zur Bestimmung des maßgeblichen Fachmanns


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 640 714

([X.] 694 11 644)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Schramm sowie der [X.] Dipl.-Chem. Dr. [X.] und [X.], der [X.]in Dipl.-Chem. Zettler und des [X.]s Dipl.-Chem. Dr. Lange

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 0 640 714 wird für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

[X.] Der Streitwert wird auf 2,5 Millionen € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 0 640 714 ([X.]), das unter Inanspruchnahme der [X.] Priorität [X.] 9300858 vom 23. August 1993 am 19. August 1994 angemeldet wurde. Das in [X.] erteilte [X.] wird beim [X.] unter der Nummer [X.] 11 644 geführt. Es trägt die Bezeichnung

2

"Iron having an [X.] layer"

3

und in [X.] Übersetzung

4

"Bügeleisen mit einer Antihaftschichtbeschichtung".

5

Es umfasst in der erteilten Fassung sieben Patentansprüche mit folgendem Wortlaut:

6

"1. An iron comprising a metal soleplate which is provided with an [X.] layer, characterized in that the [X.] layer is a scratch resistant and hard layer which comprises an [X.] polymer which is provided by means of a sol-gel process.

7

2. An iron as claimed in Claim 1, characterized in that the [X.] layer also comprises fluoridized hydrocarbon compounds.

8

3. A method of providing an [X.] layer on a metal soleplate, characterized in that the ironing [X.]face is provided with a layer of a sol-gel solution which is converted into an [X.] polymer at an [X.].

9

4. A method as claimed in [X.], characterized in that the sol-gel solution comprises an alkoxy silicate.

5. A method as claimed in Claim 4, characterized in that the solution also comprises 3-glycidyloxypropyltrimethoxysilane, in a quantity of maximally 50 wt.% of the overall quantity of alkoxy silicate.

6. A method as claimed in [X.], characterized in that the solution also comprises a fluoridized silane compound.

7. A method as claimed in [X.], 4, 5 or 6, characterized in that the sol-gel solution is applied to the soleplate by means of spraying techniques.”

Die Klägerin, die das [X.] vollumfänglich angreift, stützt ihre Klage auf den [X.] der fehlenden Patentfähigkeit wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit. Darüber hinaus macht sie geltend, die Wirkungen des [X.]s seien für die [X.] von Anfang an nicht eingetreten, da die [X.] Übersetzung erhebliche Fehler in der Beschreibung und in den Patentansprüchen aufweise. Zu dem erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag trägt sie vor, dieser sei durch den nicht offenbarten [X.] gegenüber der erteilten Fassung unzulässig geändert. Zudem rügen die Klägervertreter den Vortrag der Beklagten zum neuen Hilfsantrag als verspätet und erklären, dass sie sich auf die Anträge nach Hilfsantrag nicht einlassen könnten und beantragen hilfsweise eine Vertagung des Rechtsstreits.

Zur Begründung bezieht sich die Klägerin auf folgende Dokumente:

[X.]:

[X.] EP 0 640 714 B1

[X.]a [X.] 11 644 T2

X31 [X.] 11 644 T4 (berichtigte Übersetzung des [X.]s).

Verletzungsverfahren:

X9 Klageschriftsatz der Patentinhaberin vom 15. September 2009 an das [X.] wegen Patentverletzung.

Stand der Technik:

X2 [X.] 3 655 604

X3 [X.] 4 011 361

X4 GB 1 435 262

X5 GB 1 244 399

X6 [X.] 2 683 320

X7 GB 1 176 429

X8 GB 1 114 955

[X.] [X.] 4 822 686

[X.] [X.] 087 C2

[X.] [X.] 92/21729 A1

[X.] [X.] 5 013 588

[X.] [X.] 4 731 264

[X.] EP 0 263 428 A2

[X.] [X.] 5 182 143 A

[X.] EP 0 327 311 A2

[X.] [X.] 145

[X.] [X.] 2 592 147

[X.] [X.], [X.], [X.], "[X.] als abriebbeständige Korrosionsschutzschichten", [X.] Berichte, Nr. 917, 1992, Seiten 115 - 118

[X.] [X.]-285082 A

[X.]a [X.] Übersetzung der [X.]-285082 A

X22 http://www.chemie.de/lexikon/d/Sol-Gel-Prozess/ vom 12.03.2010, [X.] aus [X.], Stichwort: "Sol-Gel-Prozess", Seite 1 von 1

[X.] http://www.oker-chemie.de/de/siogel_ohne.htm vom 12.03.2010, [X.] der [X.] zu SIOGEL

X24 [X.] vom 07.03.2010, [X.] aus [X.] Gold Book, Stichwort: "sol-gel process", Seite 1 von 1

[X.] [X.] 858 A

X26 [X.], "Silikone, Ihre Eigenschaften und ihre Anwendungsmöglichkeiten" Verlag [X.], [X.], 2. Auflage, 1969, Seiten 64 - 65

[X.] [X.], "Untersuchungen zur Stabilität von Tensidschäumen", Dissertation, Fakultät für Biologie, Chemie und Geowissenschaften der Universität Bayreuth, 2006, Seite 45, Stichwort "Silikonharze"

[X.] [X.], "Chemie und Technologie der [X.]", [X.], [X.]/[X.]., 2. Auflage, 1968, Seiten 485 - 486, Stichwort "Siliconharz-Lacke"

X29 A. Mayot et al., "[X.] amorphe: mecanisme et procédé de greffage, a temperature ambiante, [X.] substrat metallique”, Poster-Präsentation anlässlich des [X.] vom 8.11.1989 in [X.], Seiten 787 - 793

X30 http://www.chem.tu-freiberg.de/~boehme/materialien/polymere/silikone.html vom 11.5.2011, Stichworte "[X.], Silikone", 1 Seite

[X.] [X.] 98/13544 A1

[X.] [X.] 02/066728 A2

X34 [X.] et al., "Influence of firing conditions on adhesion of methyltri-alkoxysilan-derived [X.]", [X.] Solids 147 & 148 (1992) 483 - 487.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 0 640 714 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Hilfsweise beantragt sie festzustellen, dass das [X.] Patent 0 640 714 in der [X.] keine Wirkung entfaltet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das [X.] bzgl. der Ansprüche 1 und 3 die Fassung des übergebenen Hilfsantrages erhält.

[X.]a) veröffentlichten Übersetzung der [X.]schrift macht sie geltend, dass hier lediglich einzelne Wörter fehlten, so dass nur ein Fall der fehlerhaften Übersetzung vorliege, was den Eintritt der Wirkungen des Patents für die [X.] nicht in Frage stellen könne. Zur Qualifikation des verständigen Fachmanns bietet die Beklagte [X.] und Sachverständigenbeweis an.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2011 hat die Beklagte zur eingeschränkten Verteidigung des [X.]s einen Hilfsantrag mit geänderten Ansprüchen eingereicht, nach dem die erteilten Patentansprüche 1 und 3 mit der Maßgabe verteidigt werden, dass diese wie folgt lauten:

"1. An iron comprising a metal soleplate which is provided with an [X.] layer, characterized in that the [X.] layer is a scratch resistant and hard layer which comprises an [X.] polymer which is provided by means of a sol-gel process,

3. A method of providing an [X.] layer on a metal soleplate, characterized in that the ironing [X.]face is provided with a layer of a sol-gel solution which is converted into an [X.] polymer at an [X.],

Die Ansprüche 2 und 4 bis 7 bleiben unverändert in der erteilten Fassung.

[X.] und [X.] gemäß Schriftsatz der Klägerin vom 11. Mai 2011. Sie erklären weiter, die Unterschiedlichkeit in der Auslegung sei erst in der Vorbereitung auf diesen Termin festgestellt worden, und der erst in der Verhandlung eingereichte Hilfsantrag stelle eine Reaktion auf diese unterschiedlichen Auffassungen in der Auslegung dar. Der [X.] in den neuen Ansprüchen 1 und 3 sei im Übrigen in Spalte 1, Zeilen 18 bis 29, der [X.]schrift ([X.]) offenbart und sei nur eine Klarstellung gegenüber [X.] und [X.].

Zusätzlich stützt die Beklagte ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:

N1 [X.], Ulrich Müller, "Chemie, [X.]", [X.], 9. Auflage, 2007, Seite 579, Stichwort "Polymerchemie"

N2 http://www.roempp.com/prod/roempp.php vom 08.01.2009, [X.] aus RÖMPP Online, Version 3.3, Stichwort: "Anorganische Polymere”, Seite 1 von 1

N3 http://en.wikipwdia.org/wiki/[X.] vom [X.], [X.] aus [X.] zu "[X.]", Seiten 1 - 8

N4 [X.], 701 - Nabenschaltung II

N5 Parteigutachten von [X.] (Mitarbeiter der Patentinhaberin) vom 12. Mai 2011

N6 GRUR [X.]. 2010, 815: "Der [X.] im Zusammenhang mit dem Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit im Patentrecht ([X.])".

Entscheidungsgründe

Die auf den [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gestützte Klage ist zulässig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 52 Abs. 1, Art. 54, Abs. 1, 2, Art. 56 EPÜ). Sie ist auch begründet, da sich der Gegenstand des Streitpatents in den gemäß Haupt- und Hilfsantrag verteidigten Fassungen mangels erfinderischer Tätigkeit als nicht patentfähig erweist. Soweit das Streitpatent über diese Fassungen hinausgeht, in der es beschränkt verteidigt wird, ist es ohne Weiteres für nichtig zu erklären ([X.]: [X.]. 2009, 30 Multiplexsystem).

I.

Der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten vorgelegte Hilfsantrag war trotz der Rüge der Klägerin nicht als verspätet zurückzuweisen.

Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz ([X.]) erfolgte Neufassung des § 83 [X.] und die damit in das [X.] eingeführten [X.] sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, [X.] 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 [X.] nicht vor (vgl. hierzu auch [X.], 50 Jahre [X.], [X.], 445). So liegt der Fall hier, weil das Streitpatent auch in der beschränkt verteidigten Anspruchsfassung nach Hilfsantrag für nichtig zu erklären ist und die Berücksichtigung dieses [X.] auch zu keiner Verzögerung des Rechtsstreits geführt hat.

II.

1. In der maßgeblichen [X.] Fassung [X.] betrifft das Streitpatent ein Bügeleisen mit einer metallischen [X.], die mit einer reibungsmindernden Schicht ([X.]) versehen ist. Weiter betrifft es ein Verfahren zum Anbringen einer reibungsmindernden Schicht auf einer metallischen [X.] (vgl. [X.], Spalte 1, Zeilen 3 bis 6).

[X.], Spalte 1, Zeilen 7 bis 17).

[X.], Spalte 1, Zeilen 18 bis 29).

[X.], Spalte 1, Zeilen 30 bis 34).

[X.], Spalte 1, Zeilen 35 bis 41).

[X.], Spalte 1, Zeilen 42 bis 46).

2. Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es das Streitpatent als zu lösendes technisches Problem, ein Bügeleisen zu schaffen, das die vorgenannten Nachteile nicht aufweist. Insbesondere ist es Aufgabe der Erfindung, ein Bügeleisen mit einer metallischen [X.] zu schaffen, deren reibungsmindernde Schicht ([X.]) eine hohe Kratzfestigkeit (high scratch resistance) aufweist. Die reibungsmindernde Schicht soll auf einfache und preisgünstige Weise auf der [X.] aufgebracht werden können. Die reibungsmindernde Schicht soll außerdem beständig gegen Korrosion (resistant to corrosion) und beständig gegen häufige und schnelle Temperaturänderungen (frequent and rapid temperature variations) bis maximal 300°C sein. Weiter ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Aufbringen einer reibungsmindernden Schicht auf eine [X.] zu schaffen (vgl. [X.], Spalte 1, Zeilen 47 bis 57).

3. Nach dem in der [X.] Originalsprache formulierten Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird die Aufgabe durch eine Kombination folgender Merkmale gelöst:

M1 An iron comprising a metal soleplate,

[X.] the metal soleplate is provided with an [X.],

M3 the [X.] is a scratch resistant and hard layer,

M3a the [X.] comprises an inorganic polymer,

M4 the inorganic polymer is provided by means of a sol-gel process.

Weiter wird die Aufgabe nach dem nebengeordneten Patentanspruch 3 erteilter Fassung durch ein Verfahren mit folgenden Maßnahmen gelöst:

[X.] A method of providing an [X.], wherein

M6 the ironing surface is provided with a layer of a sol-gel solution,

[X.] the sol-gel solution is converted into an inorganic polymer at an [X.] temperature.

Hilfsantrag verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 und 3 enthält als weiteres Merkmal M4a einen Disclaimer, der wie folgt lautet:

M4a wherein the inorganic polymer is no polysiloxane.

4. Als Fachmann auf dem vorliegenden technischen Gebiet ist ein berufserfahrener Verfahrensingenieur oder ein Chemiker im Bereich der Beschichtungstechnologie anzusehen, der bei der Entwicklung von Bügeleisen in einem Team aus mehreren Fachleuten zusammenarbeitet. Der hier maßgebliche [X.] verfügt aufgrund seiner Ausbildung und mehrjährigen Berufserfahrung über die notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet von [X.], einschließlich deren Ausgangsmaterialien, Schichtherstellung, Analytik und Anwendung. Hinsichtlich der Bestimmung des Fachmannes kann nicht darauf abgestellt werden, welche Betriebe erfindungsgemäße Bügeleisen produzieren oder verkaufen und welche Ausbildung die in diesen Betrieben damit betreute Fachkraft zufällig besitzt, sondern nur darauf, auf welchem technischen Gebiet die Erfindung liegt, so dass der maßgebliche Fachmann derjenige ist, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Aufgabe übertragen wird (vgl. [X.] 78, 37 - Börsenbügel; [X.] 62, 290 - Brieftaubenreisekabine II; vgl. [X.], [X.], 8. Auflage, § 4 Rdn. 48). Deshalb kommt insoweit entgegen der Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall ein Hochschul- oder Fachhochschul-lngenieur der Fachrichtung Maschinenbau nicht in Betracht, da dieser lediglich die Anforderungen bestimmt, die von dem vorgenannten Fachmann technisch umzusetzen sind (vgl. [X.] 2009, 1039 - [X.]).

N5 bestätigt, das ausführt: "[X.] in the design of iron soleplates were mechanical engineers at the university and lower level. A soleplate consists typically of die-casted aluminium with an embedded heating element. Expertise in [X.]. … But next to that, flow experts are needed that can calculate and design a proper heating element that can be embedded in the soleplate. … For the application of the [X.] to the soleplate a coating application engineer was responsible … The engineer did not develop the coating that was used but worked together with the application engineers of the supplier to have the coating properly applied to the soleplate. … For the wrapping of the plate and anodizing ([X.]) a mechanical engineer was involved. So overall the design of the soleplate was in [X.] "Thermo-mechanical” group. For alternative coatings a metallurgist/tribologist … was involved that looked into the area of PVD or CVD. … For sol-gel based coatings … chemists with special knowledge in [X.] (vgl. N5, Seite 4, Mitte bis Seite 5, Absatz 5) [Unterstreichungen hinzugefügt].

Infolgedessen ist der hier maßgebliche Fachmann in einem Team aus mehreren Fachleuten bei der Entwicklung von Bügeleisen eingebettet.

Den von der Beklagten zu ihrer gegenteiligen Auffassung bezüglich des zuständigen Fachmanns angebotenen Beweisen war nicht nachzugehen, da es sich bei der Bestimmung des zuständigen Fachmanns im Wesentlichen um eine vom Gericht zu beurteilende Rechtsfrage handelt, die der Klärung durch Zeugenbeweis nicht zugänglich ist ([X.] 2006, 663, Rdn. 28 - [X.]). Zwar muss die Bestimmung des Fachmanns stets auf tatsächlichen Feststellungen beruhen (vgl. [X.] 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung), worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Der mit fachkundigen Mitgliedern besetzte Senat besitzt jedoch selbst die erforderliche Sachkunde für die Beurteilung der Frage, wer am [X.] üblicherweise in der gewerblichen Praxis - und losgelöst von den unter Beweis gestellten tatsächlichen Verhältnissen bei der Beklagten - mit der Entwicklung und Weiterentwicklung patentgemäßer Gegenstände befasst war bzw. auf dem hier einschlägigen technischen Gebiet über die Kompetenz verfügte, um mit der Lösung der Aufgabenstellung beauftragt zu werden, die der Lehre des Streitpatents zugrunde liegt (vgl. [X.], 37 f. - Börsenbügel; sowie [X.], [X.], 8. Aufl., § 4 Rdn. 48). Aus diesem Grund bedurfte es auch nicht der Einholung des von der Beklagten angebotenen Sachverständigengutachtens.

III.

Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents erweist sich als nicht patentfähig. Dabei spricht einiges für die Ansicht der Klägerin, dass insbesondere der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch die [X.] bis X4, jede Druckschrift für sich genommen, bereits neuheitsschädlich vorweggenommen ist. Jedenfalls beruht der Gegenstand der gemäß Hauptantrag angegriffenen Patentansprüche ausgehend von der Lehre der vorveröffentlichten Druckschrift [X.] i. V. m. der Lehre der Druckschrift [X.]0 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Zum Verständnis des Gegenstands des Streitpatents und der [X.] durch den angesprochenen Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bedarf es zunächst eines [X.] auf die Bedeutung des Begriffs Sol-Gel-Prozess im Hinblick auf anorganische Polymere und Silicone. Diese Begriffe sind Teil des allgemeinen Fachwissens (vgl. z. B. Auszüge aus Lehr- und Fachbüchern sowie Lexika [X.]2, [X.]4, [X.]6 und [X.]8 sowie [X.] bis [X.]).

a) Grundlage des [X.] ist die Bildung eines Netzwerks aus Lösung durch eine fortschreitende Änderung von flüssigen Precursoren in ein Sol zu einem Gel und schließlich zu einem trockenen Netzwerk (vgl. Definition im [X.] Gold Book ([X.]4): "Process through which a network is formed from solution by a progressive change of liquid precursor(s) into a sol, to a gel, [X.]. Note: An inorganic polymer, e.g., [X.], or an organic-inorganic hybrid can be prepared by sol-gel processing.”). Die Ausgangsmaterialien des [X.], die als Precursor bezeichnet werden, sind meist [X.] von Metallen wie z. [X.] ([X.]), [X.] ([X.]) oder [X.] ([X.]). Aber auch beispielsweise Natriumsilikat oder Glykolester können als Precursoren dienen. Im Allgemeinen werden die Precursoren zusammen mit einer definierten Menge an Wasser und eventuellen Katalysatoren (Säuren oder Basen) in einem Lösungsmittel (z. B. Ethanol) gelöst. Den Sol-Gel-Prozess kann man vereinfacht in zwei [X.] unterteilen (vgl. [X.]2):

1. Hydrolyse

n  +  n H2O  →  M(OH)n  +  n ROH

2. Kondensation

n  →  MOn/2  +  n/2  H2O.

[X.]):

4  +  4 H2O  →  Si(OH)4  +  4 R-OH.

[X.]):

3─Si-OH  + HO─Si-(OR)3  →  [(OR)3 Si-O-Si(OR)3]  +  H-OH

oder

3─Si-OR  + HO─Si-(OR)3  →  [(OR)3 Si-O-Si(OR)3]  +  R-OH

Siloxanbindungen [Si- O-Si] verbunden, begleitet von der Bildung von Wasser oder Alkohol (vgl. [X.]).

[X.]2), d. h. sobald sich ein Netzwerk aus [X.] durch [X.] und [X.] gebildet hat, spricht man von Gelierung.

[X.]). Die Produkte des [X.] wie Beschichtungen können je nach Details im Verfahrensablauf ein breites Spektrum unterschiedlicher und meist besonderer Eigenschaften aufweisen, weshalb der Sol-Gel-Prozess eine wichtige Rolle in der Materialforschung spielt (vgl. [X.]2) und die Kenntnisse hierüber deshalb auch bereits Eingang in Lexika (vgl. [X.], [X.]2 oder [X.]4) gefunden haben.

[X.], Spalte 2, Zeilen 40/41) - und die hiermit regelmäßig erzielbaren Eigenschaften (vgl. z. B. [X.]0) bekannt sind und somit auch zum Basiswissen des [X.] zählen.

4-Moleküls durch organische Reste, z. B. Methyl-, Alkyl- und Phenylgruppen (vgl. [X.]), ersetzt sind, welche sich naturgemäß am Kondensationsvorgang nicht beteiligen können. Über [X.] lassen sich dann ganz nach Maß bestimmte Siliconstrukturen mit charakteristischen, weitgehend abstufbaren Eigenschaften aufbauen, die je nach ihrer Molekulargröße und -struktur (Ring-, Ketten-, Blatt- und Netzstrukturen bestimmten Polymerisationsgrades) leichtflüssige, ölige, kautschukähnliche oder harzartige Substanzen darstellen und wegen ihrer thermischen und chemischen Beständigkeit ebenfalls technisch vielseitig anwendbar sind (vgl. [X.]6 bis [X.]8). So sind flüssige Siliconöle hochmolekulare [X.] aus kettenförmigen, nicht vernetzten Makromolekülen mäßiger Kettenlänge; gummiartiger Siliconkautschuk hat gering vernetzte Ketten mit wachsender Kettenlänge; und Siliconharze sind feste, harzförmige Massen aus hochmolekularen, stark vernetzten Siloxanen (vgl. [X.]).

b) Für das richtige Verständnis der erfindungsgemäßen Lehre, wie sie im Patentanspruch 1 beansprucht ist, ist nun wesentlich, dass diese gerichtet ist auf eine reibungsmindernde Schicht (Merkmal [X.]) aus einem anorganischen Polymer (Merkmal M3a) auf einem Metallträger. Dieser Metallträger ist vorliegend die [X.] eines Bügeleisens (Merkmal M1). Unter "[X.]" versteht die Streitpatentschrift eine Metallplatte, die an der Unterseite des Bügeleisens angebracht ist und mit der gebügelt wird (vgl. [X.], Figur 1 i. V. m. Spalte 3, Zeilen 50 bis 57), d. h. es ist also die Außenoberfläche der [X.] und im Ausführungsbeispiel ist dies eine Platte aus Edelstahl (stainless steel alloy). Die darauf angebrachte reibungsmindernde Schicht aus anorganischem Polymer ist - im Vergleich zu [X.] - kratzfest (Merkmal M3) (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 2 bis 8) und weist eine hohe Beständigkeit gegen Korrosion und gegen häufige und schnelle Temperaturschwankungen im Bereich von 20 bis 300°C auf ("… an [X.] in form of an inorganic polymer exhibits a very high resistace against corrosion and against frequent and rapid temperature variations in the range from 20 - 300°C", vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 10 bis 14). Eine solche reibungsmindernde Schicht aus anorganischem Polymer wird durch einen Sol-Gel-Prozess erhalten (Merkmal M4). Als anorganische Polymere (Merkmal M3a) nennt das [X.] (vgl. [X.], Spalte 2, Zeile 4 oder 17) oder [X.], [X.] oder Poly-Al-Oxid, wobei [X.] aus Kostengründen bevorzugt ist (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 14 bis 17) und sich [X.] auf Basis von [X.] einfach herstellen lassen und länger stabil bleiben, als die [X.] der anderen Polymetalloxide (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 17 bis 20; Unterstreichung hinzugefügt).

oxidartiger Natur ist, aber nicht öl-, kautschuk- oder harzähnlich ist. Das Verständnis der Klägerin, dass unter den Begriff "anorganisches Polymer" auch die Auswahl bestimmter Siliconstrukturen falle, die je nach Polymerisationsgrad leichtflüssige, ölige, harzartige oder kautschukähnliche Substanzen darstellten (vgl. [X.]6 bis [X.]8), lässt sich aus dem Gesamtkontext der Streitpatentschrift jedenfalls nicht ableiten.

[X.], Spalte 2, Zeile 4 oder 17) oder [X.], [X.] oder Poly-Al-Oxid (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 14 bis 17) bezeichnet. Insofern ist das Produkt im Streitpatent beispielsweise im Falle des bevorzugten "[X.]s" eine amorphe, quasi Quarz- bzw. Siliciumdioxid-ähnliche Beschichtung, die aufgrund der Si-O-Si-Verknüpfung sog. Siloxanbindungen aufweist.

Wesentlich ist also, dass der in der Streitpatentschrift beschriebene Sol-Gel-Prozess zur Herstellung des anorganischen Polymers von den bekannten Reaktionen "Hydrolyse von [X.]" und "Kondensation zwischen dabei entstehenden reaktiven Spezies" bestimmt ist, wobei das Streitpatent es allerdings offen lässt, ob die Hydrolyse (

2. Der Senat hat bereits Bedenken zur fehlenden Neuheit der Erzeugnisansprüche 1 und 2 gegenüber den Druckschriften [X.] bis X4, jede Druckschrift für sich genommen.

[X.], Spalte 2, Zeile 64 i. V. m. Anspruch 1; [X.], Spalte 5, Zeile 36 i. V. m. Anspruch 1 sowie X4, Seite 2, rechte Spalte, Zeile 124 i. V. m. Anspruch 1). Diese Beschichtungen können einschichtig (one-coat) ausgebildet sein und sind mit [X.]n modifiziert (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 30 bis 32 und 48 bis 54; [X.], Spalte 5, Zeilen 21 bis 23; X4, Seite 2, Zeilen 85 bis 90). Die Verfahrensmaßnahme "Sol-Gel-Prozess" lässt sich zwar den Druckschriften [X.] bis X4 expressis verbis nicht entnehmen. Es handelt sich hier aber um ein Merkmal, das der Fachmann für die Ausführung der Lehre in [X.] bis X4 selbstverständlich in Gedanken gleich mitliest (vgl. [X.] 1995, 330 - Elektrische Steckverbindung). Denn dass es sich bei den in diesen Druckschriften genannten kolloidalen [X.]en (silica sol) um Verbindungen handelt, die in einem Sol-Gel-Prozess zu einem dreidimensionalen Netzwerk und damit zu einem anorganischen Polymer kondensieren, ist für den Fachmann offensichtlich und ergibt sich auch daraus, dass nach Aufbringen des [X.] während des Lufttrocknens sich von selbst ein kontinuierlicher Film ausbildet ("… which air-dries to form a continuous film [X.]"; vgl. z. B. [X.], Spalte 2, Zeilen 29 bis 31), der anschließend noch thermisch behandelt wird (vgl. z. B. [X.], Spalte 2, Zeilen 41 bis 42).

[X.] bis X4 sind die Eigenschaften der Schicht zwar nicht ausdrücklich angesprochen. Diesbezüglich gibt der Patentanspruch 1 erteilter Fassung an, dass die beanspruchten besonderen Eigenschaften der Schicht von dem durch einen Sol-Gel-Prozess erhaltenen anorganischen Polymer hervorgerufen werden. Damit aber ein Erzeugnis, das zumindest teilweise durch das Verfahren zu seiner Herstellung charakterisiert wird (product-by-process-Anspruch), neu ist, ist es erforderlich, dass das [X.] dem Erzeugnis auch körperliche Eigenschaften verleiht, die das Erzeugnis von solchen aus dem Stand der Technik unterscheiden.

[X.]), "scratch resistant" und "hard" (Merkmal M3) zahlenmäßig unbestimmt, so dass sie das beanspruchte Erzeugnis nicht gegenständlich vom Stand der Technik gemäß [X.] bis X4 abgrenzen können. Der chemische Aufbau der Schicht ist lediglich dadurch gekennzeichnet, dass die Schicht ein anorganisches Polymer (Merkmal M3a) umfasst, so dass dem anorganischen Polymer noch weitere Bestandteile beigefügt werden können. Die Zulässigkeit weiterer Bestandteile in der Schicht ist aus der [X.] mit "comprises" in Merkmal M3a ersichtlich. In einer Ausgestaltung des Erzeugnisses gemäß Anspruch 2 wird die Schicht, die ein anorganisches Polymer enthält, mit [X.] modifiziert, d. h. hydrophobiert, so dass die eigentliche "Antihafteigenschaft" erst mit dieser Ausgestaltung der reibungsmindernden Schicht gemäß Anspruch 1 erhalten wird. Insofern ist der Schutzbereich sehr weit, weshalb ihm auch ein umfassender Stand der Technik entgegensteht.

[X.] bis M3a aber nicht dazu eignen, das beanspruchte Erzeugnis von bekannten Erzeugnissen gemäß den Druckschriften [X.] bis X4 abzugrenzen, steht bereits die Neuheit des Gegenstands der verteidigten Patentansprüche 1 und 2 angesichts von [X.] bis X4 in Frage.

[X.]0, [X.]5, [X.]8), weil ein Bügeleisen mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 sowie ein Beschichtungsverfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 3 des Streitpatents jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

3. Nach Auffassung des Senats war der hier zuständige [X.] im Prioritätszeitpunkt des [X.] in der Lage, aufgrund seines Fachwissens und in Kenntnis des in das Verfahren eingeführten Standes der Technik, insbesondere [X.] i. V. m. [X.]0, das gemäß Hauptantrag verteidigte streitpatentgemäße Bügeleisen gemäß Patentanspruch 1 sowie das Beschichtungsverfahren gemäß Patentanspruch 3 in naheliegender Weise aufzufinden.

Für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert ist, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (vgl. [X.] 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Es ist deshalb grundsätzlich nicht von einem bestimmten, nächstliegenden Stand der Technik als Beurteilungsgrundlage auszugehen, da bereits die Wahl dieses Ausgangspunktes der Rechtfertigung bedarf, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmannes liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (vgl. [X.] 2009, 382 - Olanzapin; [X.], 1039 - [X.]; B[X.] GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung).

Für die Frage der Veranlassung zur Problemlösung - hier auf einfache und kostengünstige Weise eine metallische [X.] zu schaffen, deren reibungsmindernde Schicht hart und kratzfest ist sowie eine gute Korrosionsfestigkeit und eine Beständigkeit gegen häufige und schnelle Temperaturschwankungen bis max. 300°C aufweist - ist zu beachten, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungsweges - hier die Herstellung einer reibungsmindernden, kratzfesten und harten Schicht aus einem anorganischen Polymer, vorzugsweise [X.], durch einen Sol-Gel-Prozess - nicht nur als möglich, sondern als dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (vgl. [X.] 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

a) Ausgehend von der vorliegenden Problemstellung richtete der Fachmann sein Augenmerk zunächst auf bekannte Bügeleisensohlenplatten, wie sie beispielsweise in der [X.] 3 655 604 ([X.]) beschrieben sind (Merkmal M1) (vgl. [X.], Spalte 2, Zeile 63), und die mit einer Beschichtung versehen sind, welche ein teilchenförmiges Fluorkohlenwasserstoffpolymer, ein Ammoniak-stabilisiertes kolloidales [X.] und einen flüssigen Träger enthält (vgl. [X.], Spalte 1, Zeilen 35 bis 41). Die Beschichtungszusammensetzung kann z. B. durch Sprühen (vgl. [X.], Spalte 2, Zeile 37) auf das Substrat aufgebracht werden, gefolgt von Trocknen und Wärmebehandlung bei 230 bis 400°C (vgl. [X.], Spalte 2, Zeilen 48 bis 52 i. V. m. Zeilen 41 bis 43). Hierdurch entsteht ein anorganisches Polymer. Insoweit erfüllen die aus [X.]en hergestellten Schichten, die ein [X.] als anorganisches Polymer enthalten, die Merkmale M3a und M4. Nicht angesprochen sind in [X.] die Merkmale [X.] und M3.

[X.] bekannten, aus [X.] beschichteten Bügeleisensohlenplatte objektiv nur darum, eine in ihren speziellen Eigenschaften verbesserte Sol-Gel-Schicht zu erzielen.

[X.]0 zuwenden, weil dort abriebbeständige [X.] beschrieben sind, die über den Sol-Gel-Prozess erhalten werden. Die [X.]0 stellt daher für den Fachmann einen vielversprechenden Einstieg in seine Problemstellung dar, wie ihn die Rechtsprechung erfordert (vgl. [X.] 2009, 1039 - [X.]).

[X.]0 ausgeführt ist, stellt der mechanische Schutz von Oberflächen für viele Substratmaterialien immer noch ein aktuelles Problem dar. Werden aus optischen Gründen transparente Schutzschichten verwendet, zeigen die gebräuchlichen Beschichtungsmaterialien auf Basis organischer Polymere meist geringe mechanische Stabilität gegen Verkratzung und Abrieb sowie oftmals mangelnde Resistenz bei [X.], z. [X.] bei Einwirkung von Feuchtigkeit bzw. Unterwanderung beschädigter Bereiche (vgl. [X.]0, Seite 115, Absatz 1 der Einleitung). Über den Sol-Gel-Prozess können sog. Nanokomposite ([X.]0, Seite 116, Absatz "Synthese anorganisch-organischer Nanokomposite"). Das flüssige System wird mit üblichen Beschichtungsverfahren (z. B. Tauch-, Schleuder-, Sprühverfahren, etc.) auf [X.] aufgebracht und dann thermisch gehärtet. Die Schichtdicke wird durch Variation der Viskosität eingestellt (vgl. [X.]0, Seite 116, letzter Absatz). Die hohe Kratz- und Abriebbeständigkeit im Vergleich zu organischen Polymeren resultiert aus den nanoskaligen anorganischen Partikeln (vgl. [X.]0, Seite 118, Absatz 1).

Infolgedessen war es in der Fachwelt schon zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bekannt, dass mittels des [X.] aus metallorganischen Precursoren hergestellte anorganische Polymere die Träger der charakteristischen Eigenschaften einer auf einem Substrat aufgebrachten dünnen Schicht sind, wobei der Fachmann mit Sol-Gel-Schichten vor allem Schutzschichten verbindet.

[X.]0 zwangsläufig den üblicherweise als Precursoren verwendeten [X.]n zuwenden und die hieraus im Rahmen des [X.] erhaltenen [X.]beschichtungen auf die gewünschten Eigenschaften untersuchen, zumal diese speziellen Eigenschaften in der [X.]0 bereits angesprochen sind. Bei Kenntnis des Standes der Technik im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents lag für den Fachmann deshalb die Erprobung von [X.]n als parate Precursoren auf der Hand, weshalb ausgehend von der [X.] der Lösungsweg für den Erfindungsgedanken des Streitpatents durch die [X.]0 nahegelegt war.

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung und damit gemäß Hauptantrag hat daher mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

b) Die Zusammenschau der Dokumente [X.] und [X.]0 vermittelt dem Fachmann in naheliegender Weise aber auch die Merkmale [X.] bis [X.] des angegriffenen Patentanspruchs 3 gemäß Hauptantrag - wie vorstehend zu Patentanspruch 1 dargelegt ist - und somit insgesamt die Lehre, dass eine reibungsmindernde, harte Schicht aus anorganischem Polymer mit hoher Kratzfestigkeit sich durch ein Sol-Gel-Verfahren auch auf einer Bügeleisensohlenplatte erhalten lässt.

Folglich hat auch der erteilte [X.] 3 gemäß Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

c) Nicht bestandsfähig sind ebenfalls die auf Patentanspruch 1 oder 3 rückbezogenen Unteransprüche 2 sowie 4 bis 7 gemäß Hauptantrag.

Anspruch 2 eine reibungsmindernde Schicht vorschlägt, die fluororganische Verbindungen enthält, vermag eine solche Ausgestaltung der Sol-Gel-Schicht die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Denn schon in der [X.]0 findet sich der Hinweis, dass durch Einbau von Precursoren, die durch organische Seitenketten modifiziert sind, organische Komponenten auf [X.] in die anorganischen Netzwerke eingebaut werden können. Zudem ist es auch aus [X.] bekannt, die [X.]schicht durch [X.] zu modifizieren.

Anspruch 4 vorschlägt, eine Sol-Gel-Lösung zu verwenden, die [X.] enthält, liegt ein solches Merkmal für den Fachmann auf der Hand, weil dies eine auf diesem Fachgebiet übliche Precursorwahl ist (vgl. [X.]0). So heißt es sogar schon im Chemie-Lexikon [X.]2, dass Ausgangsverbindungen des [X.] meist [X.] von Metallen wie z. [X.], [X.] oder [X.] sind.

Anspruch 5 vorschlägt, eine Lösung zu verwenden, die zugleich [X.] in einer Menge von maximal 50 Gew.-% der Gesamtmenge an [X.] enthält, so ist die Zugabe eines solchen Silans bei Sol-Gel-Verfahren bekannt (vgl. [X.]1, Seite 6, Beispiele 1 und 2; vgl. [X.]5, Seite 5, Zeile 29 sowie Seite 10, Beispiele 1 und 2). Nicht erfinderisch ist auch die Bemessung des [X.]s, denn eine solche liegt in der handwerklichen Routine des Fachmannes.

Anspruch 6 enthält die Lösung noch eine Fluorsilanverbindung. Wie bereits zu Anspruch 2 dargelegt vermag eine solche Ausgestaltung der Beschichtungslösung die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen, denn auch die Zugabe von [X.] sind auf diesem Fachgebiet bekannt, wie u. a. [X.]2, Seite 16, Beispiel 1 i. V. m. Seite 10, Zeilen 7 bis 19, darlegt.

Anspruch 7 das Aufbringen einer Sol-Gel-Lösung mit Hilfe von Sprühtechniken vorschlägt, ist dies eine naheliegende Maßnahme, die zum liquiden Fachwissen gehört und in zahlreichen Dokumenten beschrieben ist (vgl. z.B. [X.], Spalte 2, Zeilen 36/37; [X.]1, Seite 5, Zeilen 41 bis 43; [X.]2, Seite 14, Zeilen 35 bis 37; [X.]3, Spalte 2, Zeilen 46 bis 49; [X.]0, Seite 116, letzter Absatz; usw.).

IV.

Hilfsantrag zumindest wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

1. Soweit die Klägerin geltend macht, der Gegenstand des Streitpatents nach Hilfsantrag gehe wegen des nicht offenbarten [X.] "

2. Das Bügeleisen bzw. die Bügeleisensohlenplatte gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nur durch das Disclaimer-Merkmal M4a. Hierdurch sollen laut Vortrag der Beklagten [X.] wie Silikonöle, Silikonkautschuk und Silikonharze als anorganische Polymere vom Schutzumfang ausgeschlossen werden. Ein durch dieses Merkmal ausgestaltetes Bügeleisen ist aber nicht erfinderisch, wobei vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen zu Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unter Punkt III 3a) verwiesen wird. Die dort abgehandelten [X.]beschichtungen bilden zwar ein Netzwerk durch Siloxanbindungen aus, die Kondensation führt aber zu oxidartigen Schichten und nicht zu Silikonen, wie unter Punkt III 1a) und III 1b) beschrieben. Nachdem sich der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ansonsten in keinem Merkmal von dem entsprechenden Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet, ist er aus den zum Hauptantrag ausgeführten Gründen mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.

III 3b) und [X.]) gilt Entsprechendes auch für die angegriffenen Patentansprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag.

V.

Bei dieser Sachlage war auf die übrigen, von der Klägerin eingeführten Druckschriften ebenso wenig einzugehen wie auf die seitens der Beklagten vorgelegten weiteren Dokumente, aus denen sich keine Anhaltspunkte ergaben, die den Senat zu einem anderen Ergebnis hätten gelangen lassen können.

VI.

Bei dieser Sachlage musste auf den Hilfsantrag der Klägerin nicht mehr eingegangen werden, mit dem sie die Feststellung beantragt hat, dass das Streitpatent aufgrund vorhandener Übersetzungsfehler in der [X.] keine Wirkung entfaltet.

[X.].

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Meta

3 Ni 1/11 (EP)

14.07.2011

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 14.07.2011, Az. 3 Ni 1/11 (EP) (REWIS RS 2011, 4808)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4808

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