Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2006, Az. XII ZR 83/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 276

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 83/04
vom 13. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Dezember 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter [X.] und [X.], die Richte-rin [X.] und [X.] beschlossen: [X.] des Beklagten gegen den [X.] vom 6. September 2005 wird zurückgewiesen. Gründe: [X.] Mit Beschluss vom 31. August 2005 hat der Senat die Nichtzulassungs-beschwerde des Beklagten gegen ein Urteil des [X.] in [X.] zu-rückgewiesen und dem Beklagten die Kosten auferlegt. Die in diesem Verfah-ren entstandenen Gerichtsgebühren sind mit [X.] des [X.] vom 6. September 2005 auf 1.112 • festgesetzt worden. Der [X.] hat zunächst beantragt, ihm wegen seiner religiösen Ausrichtung und seiner bedrängten wirtschaftlichen Verhältnisse die Gerichtskosten zu erlassen. [X.] Antrag hat der Präsident des [X.] abgelehnt und den [X.] des Beklagten gegen den Ablehnungsbescheid zurückgewiesen. In einem dem Präsidenten des [X.] am 28. Februar 2006 zugelei-teten Entwurf einer Klage zum [X.] gegen die Versa-gung des Kostenerlasses hat der Beklagte erstmals geltend gemacht, er sei eine Untergliederung der [X.] Religionsgemeinschaft. Diese sei als 1 - 3 - Körperschaft des öffentlichen Rechts von den Gebühren befreit, die die ordent-lichen Gerichte erheben. Die [X.] von den Gerichtskosten folge auch aus Art. 140 GG in Verbindung mit der [X.]. Dieses [X.] hat der Präsident des [X.] dem Senat zur Prüfung vorge-legt, ob eine Erinnerung gegen den [X.] in Betracht komme, über die dann der Senat zu befinden habe. I[X.] [X.] ist zulässig, aber unbegründet. 2 1. Das Schreiben vom 28. Februar 2006 ist als Erinnerung gegen den [X.] zu werten. In dem diesem Schreiben beigefügten Klageentwurf befasst sich der Beklagte nicht nur mit der Entscheidung des Präsidenten des [X.], ihm den beantragten [X.] zu versagen. Mit der Behauptung einer Gebührenbefreiung macht er auch geltend, die ange-setzten Kosten seien nicht entstanden. Über inhaltliche Einwände gegen den [X.] entscheidet nicht der Präsident des [X.] im Rah-men eines [X.], sondern im Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 1 [X.] das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt worden sind. Diesen - auch im Übrigen zulässigen - Rechtsbehelf will der Beklagte erheben. 3 2. a) In Verfahren vor dem [X.] können [X.]n und Reli-gionsgemeinschaften eine Gebührenbefreiung nicht aus dem Landesrecht [X.]. Landesrechtliche [X.]svorschriften gelten nach ständiger Recht-sprechung des [X.] nur für das Verfahren vor den (ordentlichen) 4 - 4 - Gerichten des betreffenden Landes ([X.], Beschluss vom 19. März 1998 - [X.] - [X.] 1998, 680). 5 b) Für den [X.] gilt die Verordnung betreffend die Gebüh-renfreiheit in dem Verfahren vor dem [X.] vom 24. Dezember 1883 ([X.]. 1884 I S. 1, fortan: [X.]) fort. Sie hat unter Gliederungsnummer 364 - 1 Aufnahme in Teil III des [X.] gefunden und gehört zu den nach § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.] unberührt bleibenden [X.]svorschriften des [X.]. aa) Nach § 1 Nr. 3 [X.] sind in dem Verfahren vor dem [X.] [X.]n, Pfarreien, [X.], [X.] und [X.]en von der Zahlung der Gebühren befreit, wenn die Einnahmen die etatmäßigen Ausgaben nicht übersteigen. Mit der Frage, was unter einer [X.] i.S. dieser Vorschrift zu verstehen ist, haben sich, soweit ersichtlich, weder das [X.] noch der [X.] befasst. Für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Kir-che" kann aber auf die Auslegung von § 8 Abs. 1 Nr. 4 des [X.] von 1895 zurückgegriffen werden ([X.] Ge-richtskostenfreiheit für [X.]n beim [X.] ZfIR 2006, 360, 361). § 1 Nr. 3 [X.] entspricht nämlich wörtlich § 4 Nr. 4 des [X.] von 1851. Diese Vorschrift wiederum ist wörtlich in § 8 Abs. 1 Nr. 4 des [X.] 1895 übernommen worden. 6 Unter [X.] wurde in § 8 Abs. 1 Nr. 4 [X.].[X.] 1895 nicht nur das mit [X.], Pfarrei, Vikarie, Kaplanei und [X.] näher bezeichnete [X.]ngut verstanden. [X.] waren vielmehr die [X.]ngemeinden als Trägerinnen die-ses [X.]nguts (Mügel, [X.].[X.], 5. Aufl., 1907; § 8 [X.]. 9; [X.], [X.].[X.], 2. Aufl. 1910 § 8 [X.]. 13). Die [X.] galt allerdings nur für die, wie damals formuliert wurde, öffentlich aufgenommenen [X.]nge-7 - 5 - sellschaften, nicht für die damals so bezeichneten, nur geduldeten anderen [X.]. An diesem Verständnis des früheren [X.] Rechts kann unter Geltung des Grundgesetzes nicht festgehalten werden ([X.] Beschluss vom 28. April 1965 - 1 BvR 346/61 - NJW 1965, 1427, 1429). Für § 1 Nr. 3 [X.] gilt nichts anderes. Die Vorschrift ist für alle Religionsgemeinschaften anwendbar ([X.] aaO). [X.]) Die Gebührenbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 [X.].[X.] 1895 kam nicht den [X.]ngesellschaften (und Religionsgemeinschaften) als solchen und für den Gesamtbereich ihres Wirkens, sondern nur den in ihr bestehenden rechtlich selbständigen Trägern von [X.]n- und Kulturzwecken dienendem Vermögen zu. Diese Einschränkungen gelten auch für § 1 Nr. 3 [X.] ([X.] aaO 362). Von Gerichtskosten befreit ist damit vor dem [X.] nur ein als rechtsfähiger Verein oder sonst in rechtsfähiger Form errichteter Träger von [X.]ngut. Dazu gehört auch ein rechtsfähiger Verein, der Rechtsträger der Moschee einer muslimischen Glaubensgemeinde ist ([X.] aaO). 8 cc) Von den Gerichtsgebühren befreit sind [X.]n nach § 1 Nr. 3 [X.] aber nur, wenn sie bedürftig sind. Bedürftig sind [X.]n nach dieser Vorschrift nur, wenn ihre Einnahmen die etatmäßigen Ausgaben nicht überstei-gen ([X.] aaO). Der Senat hat mit Beschluss vom 12. Juli 2006 dem Beklagten aufgegeben, eine geordnete Aufstellung seines Vermögens so-wie eine Zusammenstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben bis [X.] 30. September 2006 vorzulegen. Dem ist der Beklagte nicht nachgekom-men, so dass dem Senat eine Überprüfung der Bedürftigkeit nicht möglich ist. 9 c) Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich eine Gebührenbe-freiung der [X.]n für Verfahren vor dem [X.] auch nicht aus 10 - 6 - Verfassungsrecht. Zwar wird aus der in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 [X.] bestimmten, bislang nicht umgesetzten Verpflichtung zur Ablösung der bei Inkrafttreten der [X.] bestehenden Staatsleis-tungen teilweise eine Garantie solcher Staatsleistungen abgeleitet (dazu [X.], Beschluss vom 30. September 2000 - 2 BvR 708/96 - NVwZ 2001, 318). Eine solche Garantie würde aber, falls man sie bejahte, dem Beklagten nicht weiterhelfen, weil Gebührenbefreiungstatbestände nach herrschender Meinung, der sich der Senat anschließt, mit Staatsleistungen in Art. 138 Abs. 1 [X.] nicht gemeint sind ([X.] aaO). Schließlich würde eine solche Garantie auch nur für Gebührenbefreiungen des Landesrechts gelten, die sich aber, wie ausgeführt, nicht auf Verfahren vor [X.]gerichten erstrecken ([X.] aaO 362). Hahne [X.] Ahlt Vézina Dose
Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 06.06.2002 - 25 O 821/00 - KG [X.], Entscheidung vom 19.04.2004 - 20 U 168/02 -

Meta

XII ZR 83/04

13.12.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2006, Az. XII ZR 83/04 (REWIS RS 2006, 276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 276

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