Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. V ZR 416/97

V. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3496

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] [X.]ES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet [X.] Januar 2000K a n i k ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] §§ 157 [X.], 433 Abs. 2Sind die Parteien irrtümlicherweise übereinstimmend davon ausgegangen, daß [X.] über [X.] nicht der Umsatzsteuer unterliegt, kann [X.], wer die tatsächlich angefallene Umsatzsteuer zu tragen hat, einer ergänzen-den Vertragsauslegung zugänglich sein.[X.], [X.]. v. 14. Januar 2000 - [X.] - KammergerichtLG [X.]- 2 -[X.]er V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche [X.] durch [X.] [X.] und [X.] [X.]r. [X.], [X.]r. Lambert-Lang, Tropf und [X.]für Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil des [X.] in [X.] vom 2. Oktober 1997 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] worden ist.[X.]ie Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1991 kaufte die damals noch [X.] befindliche Klägerin von der [X.], die nunmehr unterdem Namen der [X.] handelt, das [X.] zweier [X.]für den Bodenschatz "Kiese und Kiessande" zum Preis von 2.500.000 [X.]M.Nach Erteilung der erforderlichen Genehmigungen wurde der Kaufpreis be-zahlt; Übergabe, Nutzung und Lastentragung sind [X.] -Mit Schreiben vom 4. August 1993 forderte die Klägerin von der Treu-handanstalt eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der nach ihrer [X.] im vereinbarten Kaufpreis enthaltenen Umsatzsteuer. Nachdem das Fi-nanzamt der [X.] in anderer Sache mit Schreiben vom19. November 1993 mitgeteilt hatte, daß die entgeltliche Übertragung von[X.] umsatzsteuerbar und umsatzpflichtig sei, erteilte die Treu-handanstalt mit Schreiben vom 22. März 1994 der Klägerin eine Rechnungüber netto 2,5 Mio. [X.]M zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, insgesamt 2,85 Mio. [X.]Mund forderte sie zur Zahlung der (weiteren) 350.000 [X.]M auf. Ein [X.] Klägerin überwies ohne Anweisung der Geschäftsführung diesen Betragam 12. April 1994 an die [X.], die ihn an das zuständige Finanz-amt weiterleitete.Mit der Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der nach ihrer [X.] zu Unrecht von der [X.] geforderten und von ihr gezahlten Umsatz-steuer von 350.000 [X.]M sowie die Erteilung einer Rechnung über einen Kauf-preis von 2.192.982,50 [X.]M zuzüglich 307.017,55 [X.]M Mehrwertsteuer. [X.]asLandgericht hat die Klage abgewiesen. [X.]ie hiergegen gerichtete Berufung [X.] wesentlichen Erfolg gehabt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die [X.] des landgerichtlichen [X.]eils. [X.]ie Klägerin beantragt die Zu-rückweisung der Revision.Entscheidungsgründe:I.[X.]as Berufungsgericht hält einen Rückforderungsanspruch der Klägeringemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB sowie einen Anspruch auf [X.] 4 -stellung mit Umsatzsteuerausweis gemäß § 14 Abs. 1 UStG für begründet. [X.]ieZahlung von 350.000 [X.]M Umsatzsteuer sei ohne Rechtsgrund erfolgt. EineZahlungspflicht der Klägerin folge weder aus dem Vertrag noch aus einer an§§ 133, 157 BGB orientierten Auslegung der getroffenen vertraglichen Verein-barungen noch aus einem Handelsbrauch. Eine [X.] der Geschäftsgrundlage zugunsten der [X.] scheitere schondaran, daß der von ihr behauptete beiderseitige Irrtum für sie weder unver-meidbar noch unvorhersehbar gewesen sei. Auch eine im Wege der Vertrags-ergänzung auszufüllende Regelungslücke im Sinne des § 9 Ziff. 2 Satz 3 derKaufurkunde liege nicht vor. Selbst wenn die getroffene Regelung unbillig sei,habe sich die Verkäuferin lediglich wegen falscher Einschätzung der [X.] verkalkuliert.II.[X.]as hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis nicht stand.1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß ein vereinbarterKaufpreis grundsätzlich auch die hierauf zu entrichtende Umsatzsteuer mit [X.], falls nicht etwas anderes vereinbart wurde oder sich ein [X.] entwickelt hat ([X.]Z 58, 292 ff, 295 m.w.[X.]; 60, 199 ff, 203m.w.[X.]; 103, 284 ff, 287; 115, 47 ff, 50).2. Ohne Rechtsfehler vertritt es auch die Auffassung, daß die [X.] Frage, wer eine etwaige Umsatzsteuer zu tragen hat, nicht ausdrücklichgeregelt haben. Zwar wendet sich die Revision zu Recht gegen die [X.], schon der gewählte Vertragswortlaut "der Kaufpreis für- 5 -das [X.] beträgt insgesamt [X.]M 2.500.000" spreche für eineabschließende Regelung. [X.]enn der verwendete Begriff "insgesamt" beziehtsich erkennbar nur auf die aufgeschlüsselten [X.] von 0,6 [X.] 1,9 Mio. [X.]M für die beiden verkauften [X.]. Unstreitig haben [X.] jedoch über die Frage, wer eine Umsatzsteuer zu tragen hat, nichtverhandelt. [X.]ie Beklagte macht vielmehr geltend, der Vertrag sei in der beider-seitigen Annahme geschlossen worden, das vereinbarte Rechtsgeschäft [X.] nicht der Umsatzsteuerpflicht. [X.]ann aber kommen außerhalb des Erklä-rungsaktes liegende Umstände, die im Rahmen der Auslegung den zwingen-den Rückschluß auf eine gewollte Überwälzung der Umsatzsteuerpflicht auf dieKlägerin zuließen, nicht in Betracht. [X.]ie in § 5 Ziff. 1 des Kaufvertrags enthal-tene Freistellungsverpflichtung der Käuferin betrifft nur die Pflichten der Käufe-rin im Rahmen der Nutzung und Wiedernutzbarmachung des [X.], nicht den steuerlichen Aspekt.3. [X.]agegen kann dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, daßdem Vertrag eine Regelung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertrags-auslegung entnommen werden kann. Zwar ist es richtig, daß die hierzu erfor-derliche Lücke nicht daraus hergeleitet werden kann, daß sich die [X.] als unbillig erweist. Wohl aber sind die Voraussetzungen fürdie ergänzende Vertragsauslegung dann gegeben, wenn der Vortrag der [X.] zutrifft, nach dem die Parteien übereinstimmend davon ausgegangensind, daß der Kaufvertrag nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege. [X.]enn indiesem Fall haben die Parteien die Frage, wer die Umsatzsteuer zu tragen hat,an sich als regelungsbedürftig angesehen, ihre Regelung aber als unerheblicherachtet. Es liegt dann kein in ihre [X.] fallender einseitiger Kalkula-tionsirrtum der [X.], sondern eine Regelungslücke vor, die im Wege der- 6 -ergänzenden Auslegung zu schließen ist. [X.]ies geht den Grundsätzen der An-passung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei einem gemeinschaftli-chen Kalkulationsirrtum (vgl. [X.], [X.]. v. 4. April 1973, [X.], [X.], 677, 679; [X.], [X.]. v. 18. November 1975, [X.], [X.]B 1976,234 ff, 235; [X.], [X.]. v. 14. [X.]ezember 1977, [X.], [X.], 91 ff [X.] 1978, 237 m. Anm. [X.] = M[X.]R 1978, 834 m. Anm. Weiß; [X.]/[X.] 58. Aufl. § 242 Rdn. 150 m.w.[X.]; Soergel/[X.] 12. Aufl. § 242Rdn. 237 m.w.[X.]; Knapp, Einfluß nicht erwarteter steuerlicher Folgen [X.], [X.] 1979, 1207 ff) vor. [X.]ie von der Revisionserwiderung in [X.] genommene Entscheidung des [X.]. Zivilsenats vom 4. April 1973([X.], [X.], 677) steht nicht entgegen, weil dort die Parteien [X.] des UStG 1967 auf die Vertragsabwicklung, d.h. die aktuellesteuerrechtliche Behandlung des Vorgangs, gerade nicht bedacht haben. Hierhaben sie sie nach dem Vortrag der [X.] dagegen bedacht, jedoch über-einstimmend falsch eingeschätzt. Hätten sie sich insoweit aber nicht geirrt,hätten sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach [X.] als redliche Vertragspartner den Kaufpreis als Nettokaufpreis ausge-wiesen, weil dies die Klägerin im Hinblick auf ihre Vorsteuerabzugsberechti-gung wirtschaftlich im Ergebnis nicht nachteilig belastet und eine andere Re-gelung der [X.] nicht zugemutet werden könnte.[X.]as [X.]eil ist daher aufzuheben und die Sache zur weiteren Aufklärungan das Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.]abei wird das [X.] zu würdigen haben, daß die Klägerin eine Rechnung mit gesondertemUmsatzsteuerausweis von der [X.] erst mit zeitlicher Verzögerung [X.] und den Vorsteuerabzug erst aufgrund steuerrechtlicher Beratung ge-raume Zeit nach Vertragsschluß durchführte.- 7 -[X.] [X.]Lambert-LangTropf [X.]

Meta

V ZR 416/97

14.01.2000

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2000, Az. V ZR 416/97 (REWIS RS 2000, 3496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3496

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.