Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2011, Az. 5 StR 489/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 421

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5 StR 489/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen

wegen Körperverletzung u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat
des Bundesgerichtshofs hat am
14. Dezember 2011
beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Juni 2011 nach § 349 Abs.
4 StPO aufgehoben, soweit die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus [X.] worden ist; die Maßregelanordnung entfällt.

2.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Ausla-gen der Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

3.
Die Entscheidung über die Entschädigung der
Angeklag-ten wegen zu Unrecht erlittener
einstweiliger
Unterbrin-gung bleibt dem [X.] vorbehalten.

4.
Der Unterbringungsbefehl des [X.] vom 22.
September 2010 wird aufgehoben. Die Angeklagte ist in dieser Sache sofort aus der einstweiligen Unterbrin-gung zu entlassen.

[X.]e

Das [X.] hat die Angeklagte vom Vorwurf der

im Zustand verminderter Schuldfähigkeit begangenen

gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen freigesprochen und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Auf die Revision der Angeklagten hebt der Senat

entsprechend dem Antrag des [X.]

die [X.] auf; diese entfällt.

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1. Nach den Feststellungen des [X.] leidet die Angeklagte spätestens seit dem [X.] an einer chronischen schizophrenen [X.]. Aufgrund dieser Erkrankung beging sie im Zustand der Schuldunfähigkeit folgende Taten:

Im Juni 2008 versetzte sie einer im [X.] [X.] eine gefüllte Bierflasche, die sie zufällig im Bereich eines Abfallbehäl-te
Kunststoffbeutel nach ihr, in dem sich verpackte Imbissgerichte befanden.

Im Januar 2009 beschmierte sie einen auf der [X.] abgestellten Pkw im Bereich der Türgriffe mit Hundekot. Als sie von der Fahrzeugbesitze-rin zur Rede gestellt wurde, beschimpfte sie diese, spuckte der ihr folgenden Frau ins Gesicht und schlug mit einer Lederhandtasche kräftig auf sie ein.

In beiden Fällen sah die [X.] den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) als nicht belegt an, sondern wür-digte die Taten als vorsätzliche Körperverletzungen. Hinsichtlich des weite-ren Anklagepunktes wurde die Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freige-sprochen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Misshandlung oder Gesundheitsbeschädigung des betroffenen Zeugen nicht nachweisbar war.

2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat Rechtsfehler in-soweit ergeben, als das [X.] die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Diese hat keinen Be-stand.

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5
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4
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Der [X.] hat hierzu zutreffend Folgendes ausgeführt:

Die von der Angeklagten begangenen
Taten siedeln allesamt im unte-ren Bereich der Kriminalität. Festgestellt sind ausnahmslos Beleidi-gungen und Körperverletzungshandlungen leichterer Art, deren Folgen in allen Fällen binnen Stunden, spätestens jedoch nach wenigen Ta-gen, vollständig abgeklungen waren.

Soweit die Angeklagte dabei auf ihr zur Verfügung stehende Gegen-stände zurückgegriffen hatte, handelte es sich jeweils entweder um solche Tatobjekte, die für sich genommen kaum geeignet waren, er-hebliche Verletzungen hervorzurufen (dünner Kunststoffbeutel mit verpackten Imbissgerichten, lederne Handtasche, mäßig heißer Tee), oder aber ihr Einsatz beschränkte sich auf solche Handlungen, die ei-ne Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens von vornherein nicht erwarten ließen (Schlagen mit dün

UA S.
16; [nicht ausschließbar leichter] Wurf einer gefüll-ten Bierflasche gegen die Hüfte des Opfers ohne Verursachung von Schmerzen oder Verletzungen

UA S.
15).

Zwar hat sich das sachverständig beratene [X.]

insoweit rechtsfehlerfrei

davon überzeugt, dass von der Angeklagten infolge ihres psychischen Zustands künftig weitere Rechtsverstöße zu erwar-ten sind, die nach Art und Schwere den festgestellten Taten entspre-
das heißt die Wahrscheinlichkeit höheren Grades für schwere Störun-gen des Rechtsfriedens
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 22. Juni
2006

3
StR 89/06

, NStZ-RR
2006, 265; [X.], Urteil vom 27. Novem-ber
2008

3
StR 450/08

, [X.]R StGB §
63 Gefährlichkeit 30), ist damit jedoch nicht belegt.

An dieser Einschätzung ändert auch nichts, dass das [X.] e-mäß §
224 Abs.
1 Nr.

21) für möglich hält. Denn der
zur Begründung dieser Erwartung herangezogene Umstand, die An-geklagte habe bei Begehung der ihr vorgeworfenen Handlungen auch gefährliche Werkzeuge eingesetzt und auf mögliche Verletzungen ih-rer Opfer keine Rücksicht genommen (UA S.
21), steht zu den [X.] dargelegten Feststellungen in einem unauflöslichen Wider-spruch und ist deshalb von vornherein nicht geeignet, eine die Maßre-gelanordnung rechtfertigende Gefahrprognose zu stützen.

3. Der Senat schließt aus, dass sich noch weitergehende Feststellun-gen zur Gefährlichkeit der Angeklagten treffen lassen. Er hebt daher den [X.] in entsprechender Anwendung des §
354 Abs. 1 StPO 7
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auf und lässt die Maßregel wegfallen (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Mai 2005

4 [X.], [X.]R StPO § 354 Abs. 1 Sachentscheidung 8).

4. Mit dem [X.] ist auch die Grundlage für die einst-weilige Unterbringung entfallen
(§ 126a Abs. 2 Satz 1, § 126 Abs. 3 StPO).

5. Die gemäß § 6
Abs. 1 Nr. 2 StrEG nach [X.] zu treffende Entscheidung über eine Entschädigung der
Angeklagten wegen zu Unrecht erlittener einstweiliger Unterbringung bleibt dem [X.] vor-behalten.

Basdorf Brause Schaal

Schneider König

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Meta

5 StR 489/11

14.12.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2011, Az. 5 StR 489/11 (REWIS RS 2011, 421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 421

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