Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2009, Az. 3 StR 27/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 5022

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[X.] vom 17. Februar 2009 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 17. Februar 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30. September 2008 im [X.] aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in zwei Fällen, davon in einem Fall in drei rechtlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verur-teilt. Es hat außerdem seine Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat zum [X.] Erfolg. Im Übrigen ist sie unbe-gründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Der Angeklagte leidet etwa seit dem [X.] an einer wahnhaften Störung in Form eines Querulantenwahns. Seit Anfang 2005 wurde er wegen dieser Erkrankung vielfach, zuletzt aufgrund vormundschaftsgerichtlicher An-ordnung in psychiatrischen Krankenhäusern behandelt. Nach den zu den [X.] - 3 - lasstaten getroffenen Feststellungen warf der Angeklagte am 4. Oktober 2007 mit einem Telefon nach dem Rechtspfleger der [X.] des [X.], nachdem sich dieser geweigert hatte, ihm bei der [X.] behilflich zu sein. Das Telefon traf das Tatopfer am Kinn ([X.] 1). Nach seiner vormundschaftsgerichtlich angeordneten Einweisung in eine psychiatrische Klinik versetzte er am 4. April 2008 während der [X.] zwei Ärzten und einem Krankenpfleger mit einer Metallstange mehrere, zum Teil erhebliche Schläge, nachdem diese ihm erklärt hatten, eine Entlassung aus der Klinik komme im Hinblick auf die richterliche Anordnung nicht in Betracht ([X.] 2). Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähig-keit des Angeklagten infolge seiner psychischen Erkrankung bei beiden Taten erheblich vermindert war. 2. Die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Kranken-haus hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar begegnet die Annahme vermin-derter Schuldfähigkeit rechtlich keinen Bedenken. Ohne Rechtsfehler ist das [X.] ferner davon ausgegangen, dass die für die Anordnung nach § 63 StGB weitere Voraussetzung eines fortdauernden Zustandes beim Angeklagten gegeben ist. 3 Gleichwohl hat der [X.] keinen Bestand, weil die [X.] die für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vor-ausgesetzte Gefährlichkeitsprognose nicht ausreichend begründet hat. 4 Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Deshalb darf sie nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, dass der Täter infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Ta-ten begehen werde (vgl. BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11 und 26). Diese 5 - 4 - Voraussetzungen hat das [X.], dem Sachverständigen folgend, zwar bejaht, seine Begründung erschöpft sich jedoch in dem Hinweis, "es sei von einer erheblichen Wiederholungsgefahr bezüglich Gewaltdelikten auszugehen". Den erhöhten Anforderungen, die an die Begründung der Gefährlich-keitsprognose zu stellen sind, ist damit nicht im Ansatz genügt. 6 Es ist bereits zu besorgen, dass das [X.] seiner Beurteilung ei-nen falschen Maßstab zugrunde gelegt und verkannt hat, dass die Unterbrin-gung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur angeordnet werden darf, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades und nicht nur die Möglichkeit häufiger schwerer Störungen des Rechtsfriedens bestehen ([X.], 265). 7 Diese vom Gesetz vorausgesetzte bestimmte Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger Gewalttaten ist auch dem Ge-samtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu entnehmen. Die bisherigen Feststellungen zu dem strafrechtlichen Vorleben des Angeklagten belegen die Gefährlichkeitsprognose nicht. Der Angeklagte wurde zwar einmal im Jahr 1986 - mithin vor Ausbruch seiner psychischen Erkrankung - wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Ferner führte die [X.] gegen ihn in den Jahren ab 2005 verschiedene Ermittlungsverfahren, u. a. wegen räuberischen Diebstahls und wegen Körperverletzungsdelikten, die wegen Schuldunfähigkeit des Angeklagten eingestellt wurden. Die diesen Ver-fahren zugrunde liegenden Sachverhalte teilt das Urteil indes nicht mit. Ob die-sen Taten [X.] für die Gefährlichkeit des Angeklagten zukommt, ist daher nicht zu erkennen. 8 Zwar können auch allein die [X.] die Gefährlichkeit des [X.] für die Allgemeinheit begründen. Dies hätte hier jedoch besonderer Prüfung und Erörterung bedurft, da es sich bei der Tat zum Nachteil des [X.] um 9 - 5 - einen eher geringfügigen Vorfall handelte, und die Tat zum Nachteil des Klinik-personals im Rahmen der stationären Unterbringung des Angeklagten began-gen wurde. Eine solche Tat ist jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - ihre Ursa-che (auch) in der durch die Unterbringung für den Betreffenden bestehenden Situation hat, für die Anordnung einer strafrechtlichen Unterbringung nach § 63 StGB nur eingeschränkt verwertbar (vgl. [X.], 21). Auch hiermit hat sich die [X.] nicht auseinandergesetzt. 3. Die der [X.] zugrunde liegenden Feststellungen [X.] bestehen bleiben, da sie für sich genommen Rechtsfehler nicht aufweisen. Soweit zum strafrechtlichen Vorleben des Angeklagten ergänzende Feststellun-gen zu treffen sind, wird der neue Tatrichter dies nachzuholen und auf der er-weiterten Tatsachengrundlage unter Hinzuziehung eines Sachverständigen die Voraussetzungen einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus neu zu beurteilen haben. 10 [X.]von [X.]Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 27/09

17.02.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2009, Az. 3 StR 27/09 (REWIS RS 2009, 5022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 5022

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