Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2011, Az. VII ZR 4/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4325

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 4/10
Verkündet am:

28. Juli 2011

Seelinger-Schardt,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 635, 638 a.F.
Die zur Sekundärhaftung des Architekten entwickelten Grundsätze sind grundsätzlich nicht auf [X.] anwendbar.
[X.], Urteil vom 28. Juli 2011 -
VII ZR 4/10 -
OLG Frankfurt am Main

[X.]

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Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli
2011 durch [X.]
Dr.
[X.], [X.]
Kuffer, [X.], die Richterin [X.] und [X.] Eick
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n zu 4 wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Dezember
2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.]n zu 4 entschieden worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der [X.] zu 4, ein Elektroingenieur (im Folgenden: [X.]r), [X.] sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz. Im Revisi-onsverfahren geht es nur darum, ob er sich aufgrund einer Sekundärhaftung nicht auf die Einrede der Verjährung berufen kann.
Der Kläger beauftragte in den Jahren 1990 und 1997 die [X.]n zu 1 und 3 sowie den früheren [X.]n
zu 2 mit den Leistungen der Leistungs-1
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phasen 1 bis 9 des §
15 Abs.
2 [X.] a.F. hinsichtlich des Um-
und [X.] zweier Altenpflegeheime. Beim ersten Bauvorhaben übertrug der Kläger dem [X.]n mit Vertrag vom 26.
April
1995 "Teilleistungen des
Elektro-Ingenieurs
nach [X.]" von insgesamt 62
%. Hinsichtlich des zweiten Bauvorhabens beauftragte der Kläger den [X.]n durch Vertrag vom 12.
August
1997 mit insgesamt 68
% der Leistungen nach den Leistungsphasen des §
73 [X.] a.F. In der Präambel dieses Vertrages heißt es:

Die vom [X.]n über die von ihm erbrachten Leistungen erstellten Schlussrechnungen vom 9.
November
1998 und 6.
April
2000 wurden vom Klä-ger bezahlt.
Die Elektroarbeiten wurden von der Streithelferin des [X.] ausgeführt. Sie waren mangelhaft. Der [X.] wendet sich nicht dagegen, dass er als vom Kläger für den Bereich Elektrotechnik eingeschalteter Sonderfachmann für die Mängel einzustehen hat.
Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hat der Klä-ger mit der im Jahre 2005 erhobenen Klage die [X.]n auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Er hat beantragt, die [X.]n als Gesamtschuldner zur Zahlung von 68.456,90

und ihre [X.] Ersatzpflicht hinsichtlich näher bezeichneter Mängel festzustellen. Das [X.] hat, soweit hier von Interesse, den [X.]n verurteilt, an den Kläger 50.638,97

r-pflichtet ist, dem Kläger den durch näher bezeichnete Mängel entstehenden weiteren Schaden zu ersetzen, und im Übrigen die Klage gegen den [X.]n abgewiesen. Dessen Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt er weiterhin Klageabweisung.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des [X.]n erkannt worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht lässt es dahinstehen, ob die Leistungen des [X.] abgenommen worden sind und ob die Verjährung des Schadensersatz-anspruches des [X.] aus §
635 BGB a.F. durch Verhandlungen gehemmt worden ist. Denn jedenfalls könne sich der [X.] entsprechend den [X.] zur Sekundärhaftung von Architekten nicht auf die Verjährung berufen. Diese Grundsätze gälten auch für als [X.] beauftragte Ingenieure, wenn diese eine dem umfassend beauftragten Architekten vergleichbare Sach-walterstellung innehätten. Das
sei beim [X.]n der Fall. Bei beiden [X.] könne im Hinblick darauf, dass die übertragenen Teilleistungen mit ins-gesamt 62
% bzw. 68
% bewertet worden seien, von einem wesentlich einge-schränkten "abgespeckten" Leistungsbild nicht die Rede sein. Der [X.] sei durch den Bauherrn direkt beauftragt worden. Eine weitgehende Abhängigkeit des [X.]n von den Architekten habe daher nicht vorgelegen. Diese und der [X.] seien bezüglich des [X.] Elektroarbeiten umfassend und gleichwertig beauftragt worden. Zudem heiße es in der Präambel des [X.], der [X.] sei unabhängiger Sachwalter des Bauherrn. Schließlich werde die besondere Vertrauensstellung des [X.]n auch dadurch doku-mentiert, dass dieser an insgesamt sechs Projekten des [X.] als [X.] für den Bereich Elektrotechnik beteiligt gewesen sei.
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II.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht versagt dem [X.]n zu Unrecht in Anwendung der Grundsätze der Sekundärhaftung des Architekten die Einrede der [X.].
1. Nach der Rechtsprechung des Senats obliegt dem umfassend [X.]en Architekten im Rahmen seiner [X.] nicht nur die Wah-rung der Auftraggeberrechte gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs-
oder [X.] gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden [X.] herbeiführt, begründet -
nicht anders als eine falsche Beratung
-
einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs-
und Schadensersatzansprüche als nicht eingetre-ten gilt. Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten ist der übernommene Aufgabenkreis. Eine Pflicht zur Aufklärung über eigene Fehler muss sich aus den übernommenen [X.]n ergeben. Derartige Betreuungspflichten folgen für den umfassend beauftragten Architekten daraus, dass er die Objektüberwachung und die Objektbetreuung übernommen hat. Er ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen und dem [X.] auch nach Fertigstellung des Bauwerks bei der Untersuchung und Behe-bung des Baumangels zur Seite zu stehen. Mit der umfassenden Beauftragung eines Architekten räumt der Besteller diesem eine zentrale Stellung bei der Pla-nung und Durchführung des Bauwerks ein. Er ist der primäre Ansprechpartner des Bestellers, wenn es zu Problemen bei der Bauabwicklung kommt. Dies 8
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setzt sich auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens fort. Deshalb ist der Architekt auch nach der Fertigstellung des Bauvorhabens Sachwalter des [X.], der ihm bei der Durchsetzung
der Ansprüche gegen die anderen Bau-
und Planungsbeteiligten behilflich sein muss ([X.], Urteil vom 23.
Juli
2009 -
VII
ZR
134/08, [X.], 1607 = NZBau 2009, 789 = [X.] 2009, 781).
2. Die Anwendung dieser Grundsätze, die das Berufungsgericht an sich
nicht verkennt, ist nicht auf den Architekten beschränkt. Sie gelten auch für den umfassend beauftragten Ingenieur, der mit der Errichtung eines Ingenieurbau-werks, §
51 Abs.
1 [X.] a.F., §
40 [X.] n.F., betraut wurde. Sie gelten dage-gen grundsätzlich nicht für den Tragwerksplaner ([X.], Urteil vom 27.
September
2001 -
VII
ZR
320/00, [X.], 108 = NZBau 2002, 42 = [X.] 2002, 61; vgl. nunmehr auch §
3 Abs.
5 [X.]). Sie sind grundsätzlich auch nicht
auf
andere [X.]
anzuwenden
(Koeble in [X.]/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3.
Aufl., 12.
Teil Rn.
511; von [X.], [X.], 209, 213; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 16.
Juli
2010, §
634a BGB Rn.
81; Löffelmann, [X.], 28; a.[X.] in Locher/Koeble/Frik, [X.], 10. Aufl., Einleitung Rn.
331).
Diese [X.] haben regelmäßig keine dem umfassend [X.]en Architekten vergleichbare Stellung. Sie werden zusätzlich zu dem Archi-tekten für die Bearbeitung von Teilbereichen des Bauvorhabens hinzugezogen. Ihnen kommt keine zentrale Stellung als primärer Ansprechpartner des Bau-herrn für das Bauvorhaben als Ganzes zu.
3. Danach hat das Berufungsgericht zu Unrecht eine Sachwalterstellung des [X.]n bejaht. [X.] hat es nur die Stellung des [X.]n innerhalb der ihm übertragenen Aufgabenbereiche im Blick und nicht
seine Stel-lung in den jeweiligen
Bauvorhaben als Ganzes.
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Dem [X.]n waren als Sonderfachmann bei beiden Bauvorhaben die Planung der elektrotechnischen Stark-
und Schwachstrominstallationsanlagen und damit nur Teilbereiche der technischen Ausrüstung (vgl. §
68 Satz
1 Nr.
3 [X.] a.F., §
51 Abs.
2 Nr.
4 [X.] n.F.) übertragen worden. Der [X.] hatte damit keine zentrale Stellung hinsichtlich der Planung und Durchführung der Bauwerke als Ganzes inne. Seine Position ist mit der eines umfassend [X.]en Architekten nicht vergleichbar. Es ist daher nicht gerechtfertigt, ihn zu verpflichten, im Rahmen der Mängelhaftung Maßnahmen zu ergreifen, die dazu führen, dass
der Anspruch gegen ihn nicht verjährt. Auf die Frage, in welchem Umfang ihm die Überwachung der Elektroarbeiten übertragen worden ist, kommt es nicht an. Ebenso ist es unerheblich, dass er vom Kläger direkt [X.] worden war und dass er an insgesamt sechs Bauvorhaben des [X.] mitgewirkt hat. Eine Sachwalterstellung kann auch nicht durch die formelhafte Wendung in der Präambel des Vertrags vom 12.
August
1997 begründet wer-den, der Ingenieur sei unabhängiger Sachwalter des Bauherrn. Entscheidend ist der übertragene Aufgabenkreis.

III.
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Da die [X.] nicht auf den [X.]n anwendbar sind, kommt es darauf an, ob und gegebenenfalls wann die Leistungen des [X.]n abge-nommen wurden, ob die Behauptung des [X.] zutrifft, der [X.] habe den Mangel seiner Planung arglistig verschwiegen,
oder
ob die Verjährung 14
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durch Verhandlungen gehemmt war. Zu diesen Punkten hat das Berufungsge-richt, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen getroffen.
[X.]
Kuffer
[X.]

[X.]

Eick
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.05.2008 -
10 [X.]/05 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 10.12.2009 -
3 [X.]/08 -

Meta

VII ZR 4/10

28.07.2011

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2011, Az. VII ZR 4/10 (REWIS RS 2011, 4325)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4325

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 4/10

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